„Die meisten Menschen sind bereit zu lernen, aber nur die wenigsten, sich belehren zu lassen.“
(Winston Churchill)
In Schulen, Universitäten und Weiterbildungsstätten ist noch immer der Frontalunterricht mit einer Lehrer-Schüler-Situation Standard. Es gilt das Prinzip: Der Lehrer weiß alles, die Schüler lernen von ihm. Was in Schule und Universitäten durchaus seine Daseinsberechtigung hat, fängt jedoch bei der Bildung Erwachsener an zu bröckeln. In der Erwachsenenbildung geht es, anders als in der Pädagogik, nicht um die Weitergabe kultureller Bestände, sondern um Lehr-Lernverhältnisse zwischen gleichberechtigen Personen mit gleichberechtigen Wissensständen und Expertisen auf verschiedenen Gebieten.
Leider wird dies oft bei Weiterbildungen und Seminaren mit Erwachsenen missachtet, sodass sich die Lernenden in eine unterdrückte Position gedrängt fühlen. „Lernen er-scheint dann von außen erzwungen, den Beschäftigten wird Weiterbildung zugemutet, Lernen wird ‚lebenslänglicher Zwang.’“ Dies fördert eine produktive Lernumgebung kaum.
„Um diesem Dilemma zu entkommen, ist es zunächst erforderlich (...) Kommunikations-formen zu schaffen, innerhalb derer die wirklichen Lerninteressen der Betroffenen (...) berücksichtigt werden können. Dies bedeutet, daß der ‚Lernstoff’ nicht eindeutig fixiert und vorgeschrieben ist, sondern ‚Angebots’-Charakter hat.“
Es werden also neue Weiterbildungsangebote benötigt, die sich von der starren Lehrer-Lernender-Form lösen und den Teilnehmer mehr Platz für ein selbstbestimmtes Lernen bieten, ohne sie mit ihren Lernaufgaben allein zu lassen.
Diese Arbeit will hinterfragen, ob Barcamps als ein solches Weiterbildungsangebot gelten und dabei helfen können, effizient Wissen und Kompetenzen zu vermitteln.
Gliederung
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Barcamps
2.2 Erwachsenenbildung
2.3 Konnektivismus
3 Barcamp als Form der Weiterbildung
3.1 Barcamps im Kontext des Konnektivismus
3.2 Die Rolle der Teilnehmer
3.3 Die Rolle des Lehrers
4 Schlussbetrachtungen
Literaturverzeichnis
Barcamps – die moderne Form der Erwachsenenbildung
1 Einleitung
„Die meisten Menschen sind bereit zu lernen, aber nur die wenigsten, sich belehren zu lassen.“
(Winston Churchill)
In Schulen, Universitäten und Weiterbildungsstätten ist noch immer der Frontalunterricht mit einer Lehrer-Schüler-Situation Standard. Es gilt das Prinzip: Der Lehrer weiß alles, die Schüler lernen von ihm. Was in Schule und Universitäten durchaus seine Daseinsberechtigung hat, fängt jedoch bei der Bildung Erwachsener an zu bröckeln. In der Erwachsenenbildung geht es, anders als in der Pädagogik, nicht um die Weitergabe kultureller Bestände, sondern um Lehr-Lernverhältnisse zwischen gleichberechtigen Personen[1] mit gleichberechtigen Wissensständen und Expertisen auf verschiedenen Gebieten.
Leider wird dies oft bei Weiterbildungen und Seminaren mit Erwachsenen missachtet, sodass sich die Lernenden in eine unterdrückte Position gedrängt fühlen. „Lernen erscheint dann von außen erzwungen, den Beschäftigten wird Weiterbildung zugemutet, Lernen wird ‚lebenslänglicher Zwang.’“[2] Dies fördert eine produktive Lernumgebung kaum.
„Um diesem Dilemma zu entkommen, ist es zunächst erforderlich (...) Kommunikationsformen zu schaffen, innerhalb derer die wirklichen Lerninteressen der Betroffenen (...) berücksichtigt werden können. Dies bedeutet, daß der ‚Lernstoff’ nicht eindeutig fixiert und vorgeschrieben ist, sondern ‚Angebots’-Charakter hat.“[3]
Es werden also neue Weiterbildungsangebote benötigt, die sich von der starren Lehrer-Lernender-Form lösen und den Teilnehmer mehr Platz für ein selbstbestimmtes Lernen bieten, ohne sie mit ihren Lernaufgaben allein zu lassen.
Diese Arbeit will hinterfragen, ob Barcamps als ein solches Weiterbildungsangebot gelten und dabei helfen können, effizient Wissen und Kompetenzen zu vermitteln.
Die Autorin organisiert selbst Barcamps, in denen sich Foodblogger über das Veröffentlichen von Rezepten im Internet austauschen und weiterbilden können. Dabei ist ihr aufgefallen, dass die Teilnehmer aus diesen Wochenenden sehr viel Input und neue Erfahrungen mitnehmen, die ihnen bei der Weiterentwicklung ihrer Blogs sehr helfen.
In dieser Arbeit sollen vor allem die äußeren Bedingungen, die ein Barcamp zu einer geeigneten Lernumgebung machen, untersucht werden. Nebensächlich sind hierbei die in den Teilnehmenden ablaufenden Prozesse während des Lernens auf einem Barcamp.
Zunächst wird die Verfasserin theoretische Grundlagen über die Begriffe „Barcamp“ und „Erwachsenenbildung“ darstellen und auf das Lernkonzept des Konnektivismus eingehen.
Anschließend wird das Barcamp als Form der Erwachsenenbildung betrachtet. Hierbei wird das Lernformat in den Kontext des Konnektivismus eingeordnet und es wird geprüft, ob die Merkmale des Lernen im Konnektivismus auch auf Barcamps zutreffen. Weiterhin wird in Kapitel 3 erläutert, welche Rolle Teilnehmer und Lehrer auf Barcamps spielen. Zum Schluss widmet sich die Verfasserin noch einmal der Forschungsfrage und gibt einen kleinen Ausblick auf die Zukunft des Barcamps.
In dieser Arbeit wird die geschlechtsneutrale Form bevorzugt. Mit der männlichen Form sind ausdrücklich Personen beider Geschlechter gemeint.
2 Theoretische Grundlagen
Im folgenden Abschnitt werden die Begriffe „Barcamp“ und „Erwachsenbildung“, sowie das Lernkonzept des Konnektivismus nach Siemens erläutert, da diese für das weitere Verständnis der Arbeit wichtig sind.
2.1 Barcamps
Barcamps sind Unkonferenzen, die erstmals 2005 in San Francisco durchgeführt wurden. Das erste Barcamp im deutschsprachigen Raum fand 2006 in Wien statt.[4]
Die Bezeichnung „Unkonferenz“ zeigt zunächst einmal auf, was Barcamps nicht sein wollen: Starre Konferenzen, mit festgelegten Rednern und Themen.
Ein Barcamp ist somit eine Veranstaltung ohne festen Themenplan und ohne feste Redner, jedoch mit einem Themenrahmen.
„Barcamps sind aus dem Bedürfnis heraus entstanden, dass sich Menschen in einer offenen Umgebung austauschen und voneinander lernen können. Es ist eine intensive Veranstaltung mit Diskussionen, Präsentationen und Interaktion der Teilnehmer untereinander.“[5]
Die Teilnehmer eines Barcamps sorgen größtenteils selbst für die Organisation des Events und bringen ihre eigenen Themen und Ideen mit, indem sie selbst Vorträge halten oder Diskussionsrunden ins Leben rufen – also sogenannte Sessions leiten.
Franz Patzig, selbst Organisator einer Barcamp-Reihe, beschreibt den Ablauf eines Barcamps so:
„BarCamps leben von ihren Teilnehmern. Es gibt keine Planung im Vorfeld, keine Einladungen und keine festen Redner. Sessions werden nach einer kurzen Einführungsrunde, bei der sich jeder kurz vorstellt und drei Tags gibt, abgestimmt. Diejenigen Teilnehmer die eine Session leiten möchten, stellen das Thema am Morgen kurz vor, per Aufzeigen wird die Zahl der Interessenten ermittelt und ein passender Raum zugewiesen. Es laufen immer so viele Sessions gleichzeitig wie Räume zur Verfügung stehen. Die Sessions sind in der Regel 30 Minuten lang, man kann aber einen zweiten Slot belegen. Alle Teilnehmer sind gehalten, die Sessions aufzuzeichen, darüber zu bloggen oder in einer sonstigen Form der Allgemeinheit zugänglich zu machen.“[6]
Die Themen werden also ganz allein von den Teilnehmern erstellt. Neben klassischen Vorträgen sind hierbei aber auch die zur Diskussion gestellten Themen und Fragestellungen, die die Teilnehmer mitbringen, sehr interessant. Denn gerade hier löst sich das Barcamp noch mehr von klassischen Konferenzen und der sehr steifen Lehrer-Schüler-Form.
Dass es sich beim Barcamp eben nicht um dieses belehrende Lernen handelt, sieht man auch im Umgang der Teilnehmer untereinander. Im Mittelpunkt eines jeden Barcamps stehen der Austausch und die Kommunikation der Teilnehmer, sowie deren Vernetzung untereinander.[7] Auf einem Barcamp wird fast immer geduzt und das Verhältnis ist sehr freundschaftlich. Oft entstehen Ideen für Sessions in den kurzen Pausen zwischen den einzelnen Programmpunkten in Gesprächen, sodass hier schnell auf aktuelle Themen, die die Teilnehmer interessieren, eingegangen werden kann. Dies macht Barcamps nicht nur zu sehr lockeren, offenen Veranstaltungen, sondern zeigt auch, dass flexibel auf aktuelle Themen reagiert werden kann.
Gaby Filzmoser beschreibt ihre Eindrücke nach dem Ende eines Barcamps: „Die Vernetzung der TeilnehmerInnen endet nicht mit dem Ende des Barcamps. Nach dem Barcamp wird gebloggt, getwittert und gefacebookt. Manche Diskussionen werden fortgesetzt, neue Projekte können entstehen.“[8]
2.2 Erwachsenenbildung
Das Feld der Erwachsenenbildung ist sehr groß und vielfältig.
Im Allgemeinen bezieht sich Erwachsenenbildung auf alle Arten des Lernens von Menschen nach der abgeschlossenen Berufsausbildung.
„Erwachsenenbildung umfasst alle Tätigkeiten Erwachsener, wenn sie lernen – in verschiedenen Lernformen und –kontexten, Programmen und Institutionen sowie in Bezug auf deren ökonomische und politische Regulation.“[9]
[...]
[1] Vgl. Faulstich, Peter/ Zeuner, Christine (2006): Erwachsenenbildung. Eine handlungsorientierte Einführung in Theorie, Didaktik und Adressaten, 2. aktualisierte Auflage, u.a. München, S.11
[2] Faulstich, Peter/ Zeuner, Christine (2006): Erwachsenenbildung. Eine handlungsorientierte Einführung in Theorie, Didaktik und Adressaten, 2. aktualisierte Auflage, u.a. München, S.25
[3] Holzkamp, Klaus in Rolf Arnold (Hrsg.) (1996): Lebendiges Lernen. Hohengehren, S. 32
[4] Vgl. BarCamp Austria (Hrsg): Was ist ein Barcamp, http://www.barcamp.at/Was_ist_ein_BarCamp (Zugriff am 05.09.2014)
[5] ebd.
[6] Patzig, Franz (2007): Was ist eigentlich BarCamp?, http://www.franztoo.de/?p=113 (Zugriff am 05.09.2014)
[7] Vgl. Filzmoser, Gaby, ARGE Bildungshäuser Österreich (Hrsg.) (2013): Bildungshaus 2.0, Die Veränderung der Bildungskultur in Bildungshäusern durch den Einsatz digitaler Medien, Norderstedt, S. 124
[8] ebd.
[9] Faulstich, Peter/ Zeuner, Christine (2006): Erwachsenenbildung. Eine handlungsorientierte Einführung in Theorie, Didaktik und Adressaten, 2. aktualisierte Auflage, u.a. München, S.7