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Wissenschaftlicher Aufsatz, 2013
27 Seiten
Einleitung
1. Organisationstheoretische Grundlagen
1.1 Drei Definitionen
1.2 Prozessmodell nach Deming
1.3 Systemtheoretische Überlegungen
1.4 Kooperation
2. Öffnung nach Innen
2.1 Öffnung für den bestehenden Bedarf
2.2 Öffnung der Konzeption
2.3 Öffnung der Organisationsstruktur, Teamarbeit, Elternarbeit
2.3.1 Öffnung der Organisationsstruktur
2.3.2 Öffnung der Teamarbeit
2.3.3 Öffnung für Elternarbeit
3. Öffnung und Außen
3.1 Öffnung für die Zusammenarbeit mit Trägern
3.2 Öffnung für die Vernetzung und Kooperation
3.3 Öffnung für politische Fragen
Anhang
Glossar und Abkürzungen
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Literaturempfehlungen
Wer nicht in der Lage ist, über den Tellerrand zu schauen, der ist auch nicht in der Lage, sich zu verändern!
(Ralf-Peter Nungäßer)
Das Thema „Öffnung nach Innen und Außen“ beschäftigt die Verantwortlichen von Trägern und Einrichtungen schon von je her, da die Wechselwirkung von Außen auf innere Prozesse und innere Prozesse den Willen nach äußerer Beteiligung hervorrufen und dies schon immer Gegenstand der wissenschaftlichen Betrachtung mit Blick auf Organisationsentwicklung war.
Um die Entwicklung von Organisationen verstehen zu können beschäftigen sich die Lernenden zunächst mit den organisationstheoretischen Grundlagen, die ihnen erste Einblicke darin verschaffen, wie Betriebswirtschaftler und Soziologen Organisationen definieren. Als nächstes beschäftigen sie sich mit dem Prozessablauf von Arbeitsvorgängen in Organisationen und in Folge dessen sich mit den Systemen und Strukturen von Organisationen näher zu befassen. Zuletzt werden die potenziellen Kooperationsformen von Organisationen nach außen hin beschrieben.
Nach diesen Grundlagenbeschreibungen von Organisationsabläufen erfahren die Lernenden etwas darüber worum es sich bei der Öffnung nach Innen handelt. Hier werden insbesondere die Themen der Bedarfe, die an soziale Einrichtungen herangetragen werden oder sich aus der inneren Struktur einer Einrichtung heraus ergeben behandelt. Nachfolgend lernen die Studierenden wie die innere Öffnung sich auf die Entwicklung von Konzepten auswirken. Letztlich führt die Innere Öffnung auch zu Veränderungen der Organisationsstrukturen. Welche Auswirkungen die innere Öffnung auf die Teamstrukturen hat ist ebenfalls Gegenstand unserer Betrachtung. Welche Folgen die Einbindung der Eltern in die konzeptionelle Arbeit hat, wird abschließend in diesem Kapitel bearbeitet.
Die Öffnung nach Außen einer Einrichtung ist ein wesentlicher Bestandteil der Gemeinwesenarbeit. Wie diese funktioniert erfahren die Lernenden im Kapitel Vernetzung und Kooperation. Doch zuvor ist ein wesentlicher Bestandteil der Öffnung nach Außen in der Kooperation mit dem Träger zu finden, womit sich die Studierenden ausführlich beschäftigen. Zuletzt soll noch einmal abschließend der Zusammenhang zwischen politischer Entwicklung und Einfluss auf die Einrichtungsarbeit aber auch die Notwendigkeit der politischen Einflussnahme durch die Einrichtung verdeutlicht werden.
Insgesamt bekommen die Teilnehmer mit diesem Seminarreader einen umfassenden Einblick in die Zusammenhänge der Notwendigkeit und Möglichkeit der Kooperationsformen im Inneren und im Äußeren einer Einrichtung. Diese Kenntnisse verhelfen den Lernenden zu der Erkenntnis, dass Organisationen in der Lage sind, sich selbstständig und in Wechselwirkung mit der Umwelt zu steuern und dass man als Individuum stets aktiver teil des Gestaltungsprozesses einer Einrichtung ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Organisation (Quelle: Verfasser)
Wir alle kennen Organisationen der einen oder anderen Art wie beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz, die Kirche oder einen Kindergarten. Im Alltagsleben begegnen wir ständig Organisationen mit ihren unterschiedlichen Funktionen und Angeboten. Ob Supermarkt, Autowerkstatt oder die Schule, sie alle sind Bestandteil unseres gesellschaftlichen Wirkens und Lebens. Wir nutzen sie ganz selbstverständlich und sind sogar aktive Mitglieder von Organisationen in der Familie, im Verein oder im Beruf.
Doch was ist eigentlich eine Organisation im Einzelnen und nach welchen Abläufen und Regeln funktioniert sie? Dieser Fragestellung wollen wir zunächst nachgehen, um zu verstehen, was mit einer „Öffnung nach Innen“ oder mit einer „Öffnung nach Außen“ gemeint ist. Es gibt beispielsweise „Geschlossene Organisationssysteme“ und „Offene Organisationssysteme“ wie wir später noch sehen werden und beide haben Ihre Begründungen und Funktionen die mit unserem Thema unmittelbar verknüpft sind.
Nach Alltagsverständnis ist eine Organisation eine Firma, ein Verein oder die öffentliche Verwaltung mit bestimmten Zielen, Aufgaben und Strukturen. Die Aufgaben werden von den Mitgliedern der Organisation in Arbeitsteilung verrichtet. Juristen teilen bei ihrer organisationsrechtlichen Definition von Organisationen in drei unterschiedliche Rechtsformen ein (vgl. Dieter Kreft u.a, 1996, S.422):
1. Juristische Personen des privaten Rechts (z.B. Vereine, Aktiengesellschaften, Genossenschaften, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, Profit-Stiftungen).
2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Anstalten wie Rundfunk; Körperschaften wie Länder, Kommunen, Kirchen, Hochschulen; Non-Profit-Stiftungen etc.).
3. Teilrechtsfähige Vereinigungen (Parteien, Gewerkschaften, Ehen, Handelsgesellschaften etc.).
Betriebswirtschaft und Soziologie definieren Organisation wie folgt:
In der Betriebswirtschaft wird unter Organisation das Regelwerk eines arbeitsteiligen Zielsystems verstanden. Organisationen verfügen über innere Kommunikationsstrukturen und Hierarchien, sie erbringen Sach- oder Dienstleistungen und wirken nach außen in einem Netzwerk mit anderen Organisationen. Die Betriebswirtschaft befasst sich bei der Betrachtung von Organisationen hauptsächlich mit der Effizienz des Organisationsablaufes[1].
Für die Soziologie ist eine Organisation ein System koordinierter Handlungseinheiten, die auf Positionsinhaber zur Ausführung verteilt sind. Dabei werden Organisationen unter dem Blickwinkel sozialer Prozesse zwischen den Akteuren innerhalb einer Organisation (z.B. Rollenverteilung) und der sozialen Interaktionen zwischen Organisationen betrachtet (z.B. Interessensbeziehungen) (Karl-Heinz Hillmann, 1994, S.638).
Beispiel anhand der Kirche
Im oben beschriebenen Sinne ist die Organisation der Kirche betriebswirtschaftlich ein Zielsystem, welches sowohl Dienstleistungen anbietet (z.B. Soziale Dienste) als auch auf Veränderungen von Personen abzielt (Glaubensfragen). Soziologisch ist die Kirche eine Gemeinschaft, die einerseits ethisch und moralisch auf die Umwelt einwirkt und andererseits die Bedürfnisse ihrer Mitglieder reguliert. Insgesamt ist sie eine eigenständige Funktionseinheit innerhalb einer Stadt. Ihre Eigenständigkeit erhält sie durch die Entscheidungsautonomie ihrer Zielsetzungen und Arbeitsabläufe. Ihre Abhängigkeit vom gesellschaftlichen Geflecht erhält Sie durch die Gesetzgebung, an die sich alle Organisationen zu halten haben.
Wer in einer sozialen Einrichtung arbeitet ist eingebettet in dynamische Umfeldstrukturen und in einen Steuerungsverlauf der Arbeitsvorgänge. Die Umfeldstruktur erstreckt sich von der Arbeit mit der Klientel bis hin zur internationalen Entwicklung im Arbeitssektor (z.B. Branche) wie sie in Abbildung 1 dargestellt ist:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Organisationsumfeld (Grafik: Verfasser)
Beispiel anhand der Flüchtlingsarbeit
Dieser Zusammenhang lässt sich am Beispiel von internationalen Krisenherden mit den Konsequenzen für die soziale Flüchtlingsarbeit in einem Großstadtviertel verdeutlichen. Die flüchtigen Menschen werden vom Staat auf die Kommunen verteilt. Von dort werden sie einem Träger für Flüchtlingsarbeit einer Einrichtung zugewiesen. Die Einrichtungsleitung steuert die Arbeit des Personals welches sich um die Belange des Flüchtlings kümmert.
Die Arbeitsvorgänge einer Organisation unterliegen einem Managementprozess, den der Amerikaner William E. Deming, von der Zielsetzung bis zur Kontrolle umfasst, wie er in Abbildung 2 dargestellt ist:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Deming-Kreis: Steuerung der Arbeitsvorgänge[2]
Beispiel anhand eines Projektes
Ein Kinderhort hat die Idee ein Tanzprojekt ins Leben zu rufen. Die Zielsetzung legt konkret fest, dass 16 Kinder drei Lieder in fünf Wochen für das Sommerfest einstudieren. Die Planung legt den zeitlichen Übungsrahmen, die Lieder und die notwendigen Materialien sowie die pädagogische Vorgehensweise fest. In der Realisierung werden die Tänze eingeübt und die Materialien eingesetzt um Beispielsweise ein Bühnenbild zu gestalten. Die Kontrolle des Projektes überprüft, woran es gelegen haben könnte, dass vier Kinder abgesprungen sind und nur zwei Lieder vorgeführt wurden. Dabei wird festgelegt, was beim nächsten Projekt anders gemacht werden soll.
Es ist ersichtlich, dass Organisationen prozesshaft funktionieren. Dabei ist unter Prozess eine Abfolge von aufeinander bezogenen Handlungen zu verstehen, sowohl von den Umfeldeinflüssen bis zur Anpassungsleistung einer Organisation als auch von der Idee bis zur Erfolgskontrolle. Es lässt sich also nach prozessorientierten Gesichtspunkten einer Organisation feststellen: Jede Organisation ist Wandlungen und Veränderungen in ihrer Struktur und ihren Arbeitsvorgängen durch Wechselwirkungen zwischen außen und innen ausgesetzt, auf die sie angemessen reagieren muss, wenn sie einwandfrei funktionieren will.
Alle Organisationen haben ein System wonach sie funktionieren. Nach der Systemtheorie des Biologen und Systemtheoretikers Ludwig von Bertalanffy stellt ein System die Gesamtheit von Elementen dar, die durch einen gemeinsamen Auftrag aufeinander bezogen sind und untereinander in Wechselwirkung stehen (vgl. Thomas von Villiez, 1986). Ein System weist bestimmte Strukturen auf (z.B. Rollen, Kompetenzen, Hierarchien), die sowohl die Kommunikation als auch die Interaktion innerhalb des Gesamtsystems und unter den jeweiligen Untersystemen (Subsystemen) steuern.
Beispiel anhand einer Kindertagesstätte
Eine Kindertagesstätte (Organisation) hat verschiedene Abteilungen (Untersysteme): 1. Die Leitung und Verwaltung. 2. Die Mitarbeiter. 3. Die theoretische und praktische pädagogische Arbeit. 4. Die Hauswirtschaft. 5. Der Träger. 6. Die Elternarbeit. 7. Die Gemeinwesenarbeit. Die Subsysteme müssen nun miteinander Kommunizieren, um den gemeinsamen Auftrag zielorientiert ausführen zu können. Dabei spielt vor allem die Art und Weise des Umgangs der Subsysteme untereinander eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Organisation. Die Abteilungen mit ihren spezifischen Aufgaben und der informelle und formelle Umgang bilden das System der Organisation.
Alle Systeme von Organisationen unterliegen den Merkmalen der Selbstorganisation, die der Soziologe und Philosoph Niklas Luhmann derart beschreibt, dass Organisationen sich durch Kommunikation von Ihrer Umwelt abgrenzen. Organisationen bestehen somit aus selbsterzeugender und selbsterhaltender Kommunikation (vgl. Niklas Luhmann, 1986). Wenn Selbstorganisation das zielgerichtete oder spontane Auftreten neuer, stabiler und effizient erscheinender Strukturen, Verhaltensweisen sowie der damit verbundenen Musterbildungen in offenen Systemen darstellt, dann ist ein selbstorganisiertes System in der Lage, seine grundlegende Struktur infolge seiner Erfahrungen und Umwelteinflüsse heraus zu verändern bzw. anzupassen. Diesen Veränderungsprozessen schreibt der Schweizer Ökonom Gilbert Probst bestimmte Eigenschaften zu, die wir an dieser Stelle nachfolgend skizzieren wollen (vgl. Gilbert Probst, 1987):
1. Komplexität (Vielfältigkeit):
Organisationssysteme werden als komplex bezeichnet, wenn ihre Mitglieder durch wechselseitige, sich permanent ändernde Beziehungen miteinander vernetzt sind (flexible Fraktionierung).
2. Selbstreferenz (Selbstbezogenheit):
Selbstorganisierende Systeme geben Auskunft über ihr internes Verhalten. Jedes Verhalten innerhalb der Organisation wirkt auf sich selbst zurück (Reflexivität) und wird zum Ausgangspunkt für weiteres Verhalten der Organisationsmitglieder.
3. Redundanz (Mehrfachheit):
In selbstorganisierten Organisationssystemen können die einzelnen Mitglieder gleiche oder ähnliche Verhaltensweisen und Verhaltensmuster haben, die sich in ihrer Zielsetzung und Durchführung überschneiden können.
4. Autonomie (Unabhängigkeit):
Selbstorganisierende Organisationssysteme sind als von außen unabhängig zu bezeichnen, wenn die jeweiligen Beziehungen und Interaktionen im Organisationssystem unabhängig von äußeren Einflüssen erfolgen.
Insbesondere im Hinblick auf „Offene Systeme“ und „Geschlossene Systeme“ lässt sich die Selbstorganisation von Organisationen anhand der nachfolgenden Beispiele verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Systemfunktionen „Offen“ und „Geschlossen“ geben wichtige Anhaltspunkte für die Arbeit in sozialen Einrichtungen im Hinblick auf die „Öffnung nach innen und außen“. Hierbei beschreibt insbesondere das „Offene System“ die Fähigkeit, einen auf Veränderungen eingestellten Prozess zu initiieren, wie er für die Öffnung einer sozialen Einrichtung nach innen und nach außen notwendig ist. Das „Geschlossene System“ hingegen beinhaltet rigide Verhaltensmuster, die Veränderungen Widerstand entgegensetzen, und somit einer „Öffnung nach Innen und Außen“ aufgrund eines Prozessstilltandes unzweckdienlich sind.
Organisationen aller Art sind von den Wechselwirkungen in ihren inneren Zusammenhängen und in ihren äußeren Bezügen abhängig. Die Effektivität kommunikativer und interaktive Vorgänge im Inneren sowie im Äußeren hängen von der Kooperationsform ab. Als Kooperation bezeichnen die Soziologen das geordnete, produktive und erfolgreiche Zusammenwirken von Individuen oder von sozialen Gebilden als notwendiges Grundverhältnis zur Bewältigung bestimmter Aufgaben (vgl. Hillmann, 1994, S.447).
[...]
[1] Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/organisation.html und http://de.wikipedia.org/wiki/Organisation (Stand: 09.05.2011)
[2] Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Demingkreis (Stand: 09.05.2011)