Im Jahr 2030 werden nach heutigem Stand etwa eine halbe Million Pflegekräfte fehlen, bereits 2020 über 200.000. Schon heute fehlen nach aktuellen Studien mehr als 30.000 examinierte Fachkräfte, besonders in der Altenpflege. Dies führt in vielen Bereichen zu einer Notsituation in der Versorgung alter und pflegebedürftiger Mitmenschen, sowohl in den Heimen als auch in der ambulanten Betreuung zu Hause, welche in den letzten Jahren wieder vermehrt zugenommen hat . Eine Situation, die angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft gravierend ist. Auch wenn einige Aufgaben durch nicht examinierte oder nur einjährig exami-nierte Pflegekräfte aufgefangen werden können, so sorgt der immer größer werdende Bedarf bei den Klienten und Bewohnern nach einer immer höheren Nachfrage von dreijährig exami-nierten Pflegefachkräften. Entsprechend sind Überstunden, teilweise nicht nur in den dafür anfälligen Urlaubs- und Krankheitszeiten schon vielfach Normalität. Bestehende Arbeitszeitmodelle müssen teilweise komplett neu überdacht werden um solche zusätzlichen Problem-zeiten abzufedern, ohne die Mitarbeiter an den Rand ihrer Kapazitäten zu bringen. Auch in die Förderung des Nachwuchses muss weiter investiert werden, was jedoch viele Einrichtungen vor weitere Herausforderungen stellt.
Inhalt
1. Einführung
2. Fachkräftemangel in der Pflege
3. Der Wohlfahrtverein
3.1. Aufbau und Struktur
3.2. Situation im Pflegebereich
4. Rekrutierung von Pflegefachkräften im Wohlfahrtverein
4.1. Analyse des Fachkräftemangels im Verband
4.2. Empfehlungen zur Optimierung der Rekrutierung von Fachkräften
5. Rekrutierungsmodelle
6. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anlagen
Anlage 1 – Anlage 6a: Zeitzuschläge, Überstundenvergütung AVR Caritas
Anlage 2 Anlage 32 – Aktuelle Vergütungstabelle NRW
Anlage 3 Beispielanzeige des Caritasverbandes Limburg
Anlage 4 Leistungsentgelt/Sozialkomponente
1. Einführung
Schon in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts sprach man von einem Pflegenotstand als im Rahmen der Krankenhäusererweiterungen ein massiver Personalmangel auftrat, der nicht selten mit dem Einsatz von ausländischen Personal abgefangen wurde[1]. Auch in der aktuellen Zeit ist das Thema präsent, wenn auch die inhaltlichen Belange sich leicht verschoben haben
Im Jahr 2030 werden nach heutigem Stand etwa eine halbe Million Pflegekräfte fehlen, bereits 2020 über 200.000. Schon heute fehlen nach aktuellen Studien mehr als 30.000 examinierte Fachkräfte, besonders in der Altenpflege.[2] Dies führt in vielen Bereichen zu einer Notsituation in der Versorgung alter und pflegebedürftiger Mitmenschen, sowohl in den Heimen als auch in der ambulanten Betreuung zu Hause, welche in den letzten Jahren wieder vermehrt zugenommen hat[3]. Eine Situation, die angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft gravierend ist. Auch wenn einige Aufgaben durch nicht examinierte oder nur einjährig examinierte Pflegekräfte aufgefangen werden können, so sorgt der immer größer werdende Bedarf bei den Klienten und Bewohnern nach einer immer höheren Nachfrage von dreijährig examinierten Pflegefachkräften. Entsprechend sind Überstunden, teilweise nicht nur in den dafür anfälligen Urlaubs- und Krankheitszeiten schon vielfach Normalität. Bestehende Arbeitszeitmodelle müssen teilweise komplett neu überdacht werden um solche zusätzlichen Problemzeiten abzufedern, ohne die Mitarbeiter an den Rand ihrer Kapazitäten zu bringen. Auch in die Förderung des Nachwuchses muss weiter investiert werden, was jedoch viele Einrichtungen vor weitere Herausforderungen stellt.
In der vorliegen Thesis sollen – nach einer Analyse der Grundproblematik des Fachkräftemangels in der Pflege und im Speziellen im vorliegenden Wohlfahrtsverein – bestehende Maßnahmen zur Gewinnung solcher betrachtet und analysiert werden. Im Anschluss soll eruiert werden, welche Möglichkeiten dem Verein und somit eventuell auch anderen, gleich- oder andersartigen Einrichtungen und Institutionen, zur Verfügung stehen und zukünftig genutzt werden könnten, um neue Fachkräfte zu rekrutieren. Dabei sollen bei Bedarf auch heutzutage für die Branche noch eher ungewöhnliche Wege berücksichtigt werden. Im abschließenden Kapitel werden dann die Notwendigkeiten zur Erweiterung des bestehenden Portfolios zur Fachkräfterekrutierung und Empfehlungen für die Durchführung dieser festgehalten.
2. Fachkräftemangel in der Pflege
In einer Studie der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2011 zum Thema Arbeitsmarkt, hier speziell Gesundheits- und Pflegeberufe, wurde festgestellt, dass die Gesundheitswirtschaft sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsmotor in den vergangenen Jahren entwickelt hat und ein wichtiger Faktor der Volkswirtschaft ist.
„Der Jahresumsatz des Gesundheitssektors lag 2008 bei etwa 260 Mrd Euro. 4,3 Mio. Beschäftigte in über 800 Gesundheits- und Pflegeberufen erzielten somit gut 12 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.“[4]
Eine Entwicklung, welche ohne Frage noch kein Ende gefunden hat, denn waren Ende 2009 noch etwa 2,3 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig[5], sind es 2030 wahrscheinlich bereits 3,37 Mio sein.[6]
„Für die nächsten Jahre ist im Zuge der zunehmenden Alterung der Gesellschaft auch ein Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen wahrscheinlich. Nach den Ergebnissen dieser Vorausberechnung dürfte die Zahl von 2,25 Millionen Pflegebedürftigen im Jahr 2007 auf 2,65 Millionen im Jahr 2015 steigen. Im Jahr 2020 sind 2,90 Millionen Pflegebedürftige und im Jahr 2030 etwa 3,37 Millionen Pflegebedürftige zu erwarten […]. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird unter Zugrundelegung des Status-Quo-Modells zwischen den Jahren 2007 und 2020 um knapp ein Drittel (29 %) ansteigen; von 2007 bis 2030 um 50 %“.[7]
Dabei werden aktuell nur ein Drittel stationär, die restlichen zwei Drittel zu Hause, von Angehörigen[8] und ambulanten Pflegediensten, versorgt. In den Heimen waren im selben Jahr etwa 717.000 Pflegebedürftige stationär untergebracht, welche von etwa 621.000 Beschäftigten in diesen Einrichtungen versorgt wurden.
Doch eine Steigerung der Pflegebedürftigen fordert selbstverständlich auch eine Steigerung des Personals, welches sich um diese kümmert. Hier erwartet man einen Mehrbedarf von mehr als der Hälfte der derzeitigen Beschäftigten in stationären Einrichtungen.
„Bis 2030 erwarten wir einen Mehrbedarf von rund 325 000 Vollkräften in der Altenpflege, darunter etwa 140 000 Pflegefachkräfte. Hinzu kommen Mitarbeiter, die aufgrund von Fluktuation ersetzt werden müssen. Bei einem „Mitarbeiterschwund“ von 2% jährlich müssten bis 2020 insgesamt rund 150 000 Vollstellen ersetzt werden. Dies wird den bereits heute deutlich spürbaren Mangel an Fachkräften weiter erhöhen.“ [9]
Dies bedeutet einen immer stärkeren Konkurrenzkampf für die Unternehmen und Einrichtungen, es bedeutet aber auch, dass ein Umdenken und Handeln nötig ist um diesem entgegenzuwirken. Sowohl von den Unternehmen selber als auch von Seiten des Staates und der Pflegekassen um ein würdiges Leben, auch als pflegebedürftiger Mensch, gewährleisten zu können.
3. Der Wohlfahrtverein
Bei dem vorliegenden Wohlfahrtverein handelt es sich um eine Institution, welche in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegründet wurde und einem der größten kirchlich caritativen Vereinen als weitestgehend autarker Stadtverband angehört. Mit ca. 900 Mitarbeitern zählt er in den beiden Diözesen, denen er jeweils in Teilen zugehörig ist, zu den Größten.
Inhaltlich liegen die Kernpunkte des Verbandes besonders in der Jugend- und Altenpflege. So gehören zu dem Verein neben diversen Beratungseinrichtungen – beispielsweise Schuldner-, Schwangeren- und Suchtberatung – auch zwei Kinder- und ein Mutter-Kind-Heim, ambulante Jungendhilfeeinrichtungen, eine stationäre Einrichtung für psychisch Kranke, Einrichtungen für Betreutes Wohnen sowie drei Altenheime und sieben Sozialstationen mit den Schwerpunkten ambulante Pflege und Alltagsbetreuung nach §87b.
3.1. Aufbau und Struktur
Nach einer Umstrukturierung zu Beginn des Jahres 2013 hat sich eine Vielzahl an den bis dato dezentralen Strukturen verändert. Bis Ende 2012 gliederte sich der Verein in sechs sogenannten „Centren“ mit jeweils einer „Centrumsleitung“, welche bis zu einem gewissen Grad Prokura besaß, auf. Dabei richteten sich die „Centren“ – durch die kirchliche Zugehörigkeit des Verbandes – nach den Aufteilungen der Pfarrgebiete. Einige Einrichtungs- bzw. Beratungstypen fand man in jedem „Centrum“, derweil einzelne Einrichtungen nur in einem oder wenigen „Centren“ zu finden waren. Die allgemeine Verwaltung der „Centren“ fand durch die Zentralverwaltung in Form der „Zentralen Dienste“ statt, welche die Personalverwaltung – mit weiterführenden Aufgaben, die Finanzbuchhaltung, die Zentrale Leistungsabrechnung, das Controlling und das Facilitymanagement beinhaltete. All diesem übergeordnet agierte der Vorstand in letzter Entscheidungsinstanz, sowie der darüber angesiedelte Rat, dem der Vorstand gegenüber berichtspflichtig ist.
In regelmäßigen Meetings trafen sich der Vorstand, die Verwaltungs- und die „Centrumsleitungen zur inhaltlichen Absprache und Problemklärung. Ansonsten agierten die „„Centrumsleitungen weitestgehend autark und ihren eigenen Bedürfnissen angepasst, blieben aber dem Vorstand berichtspflichtig und mussten ab einem gewissen Planvolumen dessen Zustimmung einholen. Da dies nicht zu gewünschten Resultaten führte und sich vor allem in einigen Beziehungen herausstellte, dass die Dezentralisierung den Zielen zuwiderlief, entschied man sich zu einer Umstrukturierung, welche die Abschaffung der „Centrumsleitungen nach sich zog, unter Beibehaltung der „Centrumsstrukturen“. Aktuell haben nun die Einrichtungsleitungen mehr Entscheidungsbefugnisse, sind aber zugleich einem neuen Geschäftsführungsteam berichts- und rechenschaftspflichtig, welches sich aus dem Vorstand, der Verwaltungsleitung, einer Geschäftsführung Personalmanagement und einer Geschäftsführung Wirtschaftliche Steuerung zusammensetzt. Im Kontext dieser Umstrukturierung sind auch viele Ablaufoptimierungen geplant, welche diverse Zentralisierungen, unter anderem im Personalwesen, nach sich ziehen.
3.2. Situation im Pflegebereich
Der Verein besitzt im Bereich der Pflege drei stationäre Altenheime, von denen eines noch dem klassischen Stationssystem angehört, derweil die beiden Anderen dem Hausgemeinschaftskonzept[10] entsprechen. Zudem gehören sieben Sozialstationen mit verschieden großen Einzugsgebieten und einer unterschiedlichen Anzahl an Patienten zu dem Verein. Etwa 300 Mitarbeiter sind sowohl als examinierte Altenpfleger und als ungelernte und einjährig examinierte Pflegehelfer – sowohl als Vollzeit-, Teilzeit und geringfügig Beschäftigte – im Verein angestellt.
Bis auf in Teilen das Altenheim, welches noch immer nach dem klassischen Stationssystem agiert, leiden alle Einrichtungen unter einem gravierenden Fachkräftemangel, der teilweise zu drastischen Belastungssituationen führt. Im Jahr 2012 waren im Schnitt monatlich 6000 Überstunden im Pflegebereich[11] festzustellen, die teilweise über einen längeren Zeitraum mitgeführt wurden, da eine stringente Auszahlung – durch stetig wachsenden Stundenaufbau – nicht möglich war. Dadurch entstanden allein im Pflegebereich Mehrkosten auf Grund dieser Überstunden in Höhe von knapp € 300.000 im gesamten Jahr 2012. Selbst im ersten Monat des Jahres 2013, nachdem eine verpflichtende Auszahlung aller Überstunden mit Stichtag 31.12.2012 durchgeführt wurde – beliefen sich die angefallenen Überstunden in der Pflege noch auf über 2000. Da einige Einrichtungen unter Unterbesetzung leiden und zudem zu bestimmten Zeiten mit einem höheren Krankheitsvolumen rechnen sowie die Abdeckung von Urlaubszeiten einkalkuliert werden müssen, kann man davon ausgehen, dass bei einem gleichbleibenden Status quo der Fachkräftesituation eine dauerhafte Reduzierung der Überstunden und Erhöhung des VK- und Köpfeanteils nicht gegeben sein wird. Hierdurch entstehen teilweise unverantwortlich hohe Belastungen für die Mitarbeiter, welche den Dienstgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht in einen weiteren Zwiespalt drängen.
Hinzu kommen teilweise immense Mehrkosten durch die Auszahlung von Überstunden mit den pauschalen Zuschlägen[12] sowie dem Einsatz von Fremdpersonal[13]. Der Versuch bestehende Teilzeitvertragsverhältnisse vorübergehend im VK-Anteil zu erhöhen um somit eine bessere Planbarkeit für die Mitarbeiter bezüglich des zeitlichen Mehraufwandes zu geben, dem Dienstgeber aber auch durch die Ersparnis der Zeitzuschläge Arbeitgeberkosten zu sparen, führen nur in einem geringen Ausmaß zu einer zeitweiligen Entlastung der Gesamtproblematik.
4. Rekrutierung von Pflegefachkräften im Wohlfahrtverein
Im Frühjahr 2011 beschloss die Verwaltungsleitung des Verbandes, in Absprache mit dem Vorstand, dass eine Modernisierung der vorherrschenden Personalverwaltung zwingend notwendig sei. Die beschäftigten Sachbearbeiter waren teilweise bereits bis zu 20 Jahre in der Personalverwaltung beschäftigt und agierten in einigen Belangen auch noch wie zu Beginn ihrer Tätigkeit im Verband. Hier sollte eine Neustrukturierung einhergehen, die bestenfalls auch zu modernerem und zentralisierterem Umgang mit diversen Personalthemen wie das Rekrutieren von Fachkräften und die Personalentwicklung führen sollte, da die „Centren“ bis dato auf ihre Dezentralität bestanden. Ein halbes Jahr später konnten auf Grund der entsprechenden Neueinstellung erste Schritte in die Umgestaltung der „verstaubten Personalverwaltung“ hin zu einem modernen Personalmanagement getätigt werden.
Im Verlauf kam neben diversen anderen Herausforderungen, Neuerungen und Bedarfen auch die Thematik der effektiven Fachkräfterekrutierung für den Verband, besonders in der Pflege, auf. Diverse Arbeits- und Fachkreise hatten bereits in der Vergangenheit über Möglichkeiten diskutiert. Die Ergebnisse daraus entsprachen oft klassischen Wegen, welche nur bedingt an neue Medien und Anforderungen angepasst wurden. So waren die bis dato vorherrschenden Rekrutierungswege wie folgt:
- Anzeigenschaltung in regionalen Zeitungen, vorzugsweise kostengünstig, wodurch die großen Zeitungen der Region sowie sogenannte „Eyecatcher-Anzeigen[14] “ nie in Frage kamen,
- Anzeigenschaltung auf den Internetseiten der Arbeitsagentur und kostengünstiger bis kostenloser Portale,
- Anzeigenschaltung auf der überregionalen, dem Deutschlandverband angehörigen Stellenbörse,
- Schaltung einer großflächigen Anzeige im hauseigenen quartierlichen Mitarbeitermagazin,[15]
- Aushänge im Katholischen Fachseminar[16] für Absolventen.
Der Auftritt auf einschlägigen Jobbörsen in der Region wurde diskutiert aber erstmalig erst für den Spätherbst des Jahres 2011 – auf Grund einer expliziten Einladung seitens der örtlichen Agentur für Arbeit – angestrebt.
Mit Einbeziehung der neuen Teamleitung Personalwesen kamen neue Impulse in die Diskussionen, welche auch zu neuen Sichtweisen innerhalb der Arbeitskreise aber auch bei den Führungskräften führte. Die Erkenntnis, dass eine Zentralisierung im Zusammenhang mit Anzeigenschaltungen und Auswahlverfahren sinnvoll ist, wurde vertieft und schlussendlich in Teilen in der Durchführung aufgenommen. Durch die verschiedenen Einrichtungen und ihren unterschiedlichen Bedarfen und der daraus resultierenden Bewerberquantität wie auch –qualität erhoffte man sich dadurch entsprechende Synergien und zugleich Sparpotenziale im Rahmen von Anzeigenkosten.
In mehreren Gesprächen und einem darauf folgenden Termin mit dem Arbeitskreis Altenpflege und –hilfe ergaben sich seitens der Teamleitung Personalwesen diverse Analysepunkte und Empfehlungen.
4.1. Analyse des Fachkräftemangels im Verband
Um die Situation dem Arbeitskreis fachlich näher zu bringen, wurden zunächst die Ursachen der Besetzungsproblematik besprochen.
„Mögliche Ursachen für Besetzungsprobleme:
- Organisation von Besetzungsverfahren: rechtzeitiges Einleiten, Suchwege, (technisch) standardisierte Auswahlverfahren, ...
- Zu geringe Bekanntheit des Arbeitgebers, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)
- Geringe Attraktivität und negatives Image des Arbeitgebers oder des Berufsfeldes an sich
- Unattraktive Arbeitsbedingungen (Befristungen, fixe Arbeitszeiten, Schichtarbeit, fehlende Benefits, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit Familie und Beruf, ...)
- Konzessionsbereitschaft des Arbeitgebers
- Regionaler Mismatch
- Qualifikatorischer Mismatch und
- mittelfristig: Demografischer Wandel“[17]
Tatsächlich trifft eine Vielzahl dieser Ursachen auch auf den Verein zu. Das Besetzungsverfahren verlief durch die Alleinstellungsbestrebungen der „Centren“ suboptimal und obwohl der Verein einer der größeren Arbeitgeber in der Stadt ist, ist sein Bekanntheitsgrad bis dato im Branchenvergleich um einiges geringer als bei diversen Konkurrenzunternehmen. Durch den katholischen Hintergrund büßt er zudem einige Attraktivität bei potenziellen Mitarbeitern ein, teilweise schlicht auf Grund der Tatsache, dass diese der Meinung sind, dass sie als Nicht-Katholiken dort nicht arbeiten dürften.[18] Auch das Berufsfeld Altenpflege besitzt vielfach auf Grund der Arbeitsbedingungen und der nicht selten schlechten Bezahlung ein negatives Image. Beim vorliegenden Stadtverband kommt neben dem allgemeinen Demographischen Wandel erschwerend hinzu, dass die Stadt in den letzten 40 Jahren auf Grund des Strukturwandels auch heute noch mit der Abwanderung von Bewohnern zurechtkommen muss, wodurch Nachwuchskräfte nur schwer zu finden sind. Hinzu kommt – trotz Anschluss an eine leistungsstarke Region – die vielfach benannte Unattraktivität der Stadt, weshalb viele Menschen lieber in den nahe liegenden Nachbarstädten tätig und wohnhaft sind.
4.2. Empfehlungen zur Optimierung der Rekrutierung von Fachkräften
Folgende Empfehlungen wurden im Anschluss an die Analysebesprechung seitens der Teamleitung ausgesprochen und innerhalb des Arbeitskreises besprochen.
- Mitarbeiter binden
- Mitarbeiterzufriedenheit stärken
- Anreizsysteme schaffen
- Prämien
- Beste Mitarbeiter des Monats Preis etc.
- Gutes Betriebsklima schaffen
- Flexible Arbeitszeiten schaffen
- Altersgerechte System/Arbeitsplätze/Dienste anbieten
- Gesundheitsmanagement etablieren
- Einzelgespräche mit Mitarbeitern führen (MA das Gefühl des ernst genommen geben), ggf. Zielvereinbarungen ausmachen
- „Seelsorge“ im Alltag und besonders bei seelisch belastenden Situationen
- Familienfreundlichkeit verstärken – Familie mit einbeziehen
- Neue Mitarbeiter gewinnen
- Stellenanzeigen in Print und Online (Anzeigen, Facebook und andere)
- Weitere Alternativen: Bus, Bahn, Auto
- Attraktivität des Arbeitgebers durch effektive Öffentlichkeitsarbeit darstellen
- Synergien aus bestehenden Arbeitsverhältnissen nutzen: Mund-zu-Mund-Propaganda, Netzwerke etc.
- Messeauftritte
- Positionierung durch Präsenz
- Tagungen
- Messen
- Ausschüsse
[...]
[1] Vgl. Wiemeyer (1984), S. 44.
[2] Vgl. http://www.stern.de/wirtschaft/familie/pflegenotstand-90381468t.html.
[3] Vgl. http://www.focus.de/panorama/vermischtes/pflegedienste-private-ambulante-betreuung-nimmt-zu_aid_656320.html.
[4] Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 3.
[5] Ebd.
[6] Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2010), S. 27.
[7] Ebd.
[8] Etwa eine Million Pflegebedürftiger werden ausschließlich von Angehörigen versorgt, ohne Unterstützung seitens Pflegedienste. Vgl. Bundesagentur für Arbeit, S.3.
[9] Vgl. Rheinisch - Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (2011), S. 8.
[10] Statt wie bisher auf Stationen mit 20 oder mehr Personen, teilweise in Mehrbettzimmern, zu leben, beinhaltet dieses Konzept die Schaffung von kleinen Wohngruppen mit bis zu 12 Personen in kleinen Einzelzimmern, die über einen gemeinsamen Wohn- und Lebensbereich verfügen und dabei von einer festen Bezugsperson betreut werden. In der Regel sind die Schichten mit einer Pflegefachkraft, ein bis zwei Pflegehelfern, einer Hauswirtschaftskraft und einem oder mehreren Alltagsbetreuern besetzt. Vgl. Hinkelmann, Folie 2ff.
[11] Zzgl. Alltagsbegleiter nach §87b, welche jedoch nur einen geringen Anteil an dem Überstundenkontingent zu verzeichnen haben.
[12] Der zu betrachtende Wohlfahrtsverein ist den „Allgemeinen Vertraglichen Richtlinien – Caritas“ (AVR-C) tariflich unterstellt und muss sich entsprechend an die dort vorgegebenen Vergütungsregelungen für Überstunden halten. Siehe auch Anlage 1.
[13] Im Schnitt entstehen dem Verein durch den Einsatz von Fremdpersonal in der Pflege monatlich Kosten in Höhe von 25.000,-- Euro. Würde man stattdessen qualifizierte Mitarbeiter einstellen können, könnte man für dieselbe Menge an Personal im Schnitt 8.000,-- Euro monatlich sparen – ausgehend von einer Einstufung in KR7a, Stufe 3 (nach 3 Jahren Berufserfahrung). Siehe dazu auch Anlage 2.
[14] Anzeigen welche durch ihre Größe und/oder Vielfarbigkeit auffallen, dadurch jedoch auch entsprechend teuer sind.
[15] Das etwa 80-100 seitige Magazin mit einer Auflage von ca. 5000 Stück wird sowohl den Mitarbeitern, den Förderern als auch zur Auslage in den Einrichtungen zur Verfügung gestellt.
[16] Das Katholische Fachseminar ist langjähriger Kooperationspartner des Verbandes Im Rahmen der Altenpflegeausbildung – zunächst nur für den stationären Bereich, mit der Neuregelung der Altenpflege-Ausbildungsumlage und den neuen gesetzlichen Bestimmungen aber auch im Ambulanten.
[17] Vgl. Bundesagentur für Arbeit - Arbeitsmarktberichterstattung (CF4) (2012), S. 11.
[18] Diese Meinung wird durch die Praxis einiger Diözesen wie dies beispielsweise in Köln, Limburg und Fulda der Fall ist, unterstrichen, da hier in den Stellenanzeigen vielfach explizit darauf hingewiesen wird, dass der zukünftige Mitarbeiter Mitglied der Katholischen Kirche sein muss. Siehe Anlage 3.