Akademsiche Arbeit zum Leben und Wirken des heiligen Paulus nach dem Buch von Eckhard Reinmuth (Gott neu denken).
Inhaltsverzeichnis: Hausarbeit zu Paulus – Gott neu denken
Einleitung
1. Vorzeichen sowie Konturen der Briefe und der Apostelgeschichte
2. Paulus und die Geschichte Jesu Christi
3. Darstellung
4. Wirkung
5. Persönliche Stellungsnahme
Literatur: Paulus Gott neu denken
Eckart Reinmuth
Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Leipzig
Nikolaus Wandinger
„Ihr Frauen, ordnet euch den Männern unter“
Predigt, Leseraum der Universität Innsbruck
Einleitung:
Das Leben des Apostels Paulus ist eine Heilsgeschichte und somit war es für mich nahe liegend dieses Thema zu wählen. Paulus, der ein erbitternder Feind der frühen Christengemeinde war, erinnert mich sehr an meine frühere Haltung gegenüber dem Christentum. War ich doch selbst ein Gegner der Kirche und wie er durfte ich eine alles verändernde Erfahrung durch Gott machen. Das, was mich an Paulus aber fasziniert, sind sein bedingungsloser Aufbruch und seine beharrliche Nachfolge in Christus.
Weil auch ich über zehn Jahre diese Welt durchkreuzt habe und von Land zu Land gereist bin, habe ich eine ungefähre Vorstellung von den Strapazen die dieser Mann auf sich nahm, ganz zu schweigen von den Gefahren und Foltern, die er erlitten hat. Die Missionsreisen des Paulus haben ihn sicher nicht nur Kraft gekostet. Mit Gewissheit haben sie ihn auch befreit. Die Reisen des Paulus haben seinen Horizont vermutlich erweitert, sodass es für ihn nicht nur logische Konsequenz und Auftrag Gottes war die damalige Heidenwelt zu bekehren. Es war für ihn greifbar und damit auch leichter zu verstehen, dass das Reich Gottes für alle Menschen bestimmt war und nicht allein für das Volk Israel.
Es war eine für die damalige Zeit radikale Haltung, wenn man sich vor Augen führt, dass Paulus vor seiner Bekehrung ein glühender Pharisäer gewesen war. Kein anderer hat das Wort im wahrsten Sinne des Wortes an die Grenzen der damaligen Welt getragen. Wenn man sich das Leben des Paulus vor Augen führt so gibt es eine sehr gute Richtschnur vor, was Evangelisation bedeutet und welch reiche Frucht sie bringen kann. Ohne Abstriche und ohne Kompromisse und gerade deshalb in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes, hat dieser Apostel wahrlich Großes geleistet, im Bewusstsein dass er nur ein Knecht Gottes war und nicht mehr!
Zusammenfassung des Buches „Paulus – Gott neu denken- „ Eckart Reinmuth
1. Vorzeichen sowie Konturen der Briefe und der Apostelgeschichte
Unweigerlich muss Paulus wieder entdeckt werden, denn sein Denken entspringt der Mitte christlichen Glaubens. Gott ist für ihn keine Einbildung und die Auferweckung Christi ist keine Erfindung sondern „Gott hat Christus von den Toten erweckt“ (vgl. 1 Kor 15,4). Der Glaube an Gottes Sohn wäre vergeblich und die Christen wären elender dran als alle anderen, wäre die Auferweckung Christi nicht Wirklichkeit und somit Glaubenswahrheit. Diese Wirklichkeit transportierte Paulus in seinen Briefen in die Welt und ließ sie so zur Glaubenswirklichkeit für viele werden.
Diese Botschaft aber brauchte vor allem den Dialog mit den Menschen - damals wie heute. Wir wissen, dass die Briefe des Paulus nur ein verschwindender Teil dessen sind, was dieser antik- jüdische Christus Missionar tat und sagte. Schließlich wurde die Christusbotschaft zum Großteil mündlich überliefert und damit hatte Paulus Kontakt zu sehr vielen Menschen und den damit verbundenen frühen Gemeinden. Allein durch seine Briefe sind uns über 40 Personen namentlich bekannt, die Paulus auf seinen Missionsreisen begleiteten, unterstützten oder aber auch in den Gemeinden vertraten. Vertieft man sich in die Briefe des Paulus so wird rasch klar, dass er die Geschichte Jesu immer wieder neu, vor neuen Zuhörern zu erzählen hatte. Für ihn war es selbstverständlich, dass sich die Botschaft Christi nicht nur mit Worten verbreitete, sondern auch anhand von Zeichen und Wundern. Im Blick auf die schriftliche Hinterlassenschaft wissen wir nur wenig.“[1] Wir sind daher auf schlüssige Vermutungen angewiesen.
„Relativ einig ist sich die Forschung darüber, dass sieben der Briefe, die im Neuen Testament den Verfassernamen „Paulus“ tragen, auch von ihm geschrieben wurden.[2] Es handelt sich bei diesen Briefen um Röm, 1 Kor, 2 Kor, Gal, Phil, 1Thess, Phlm. Die übrigen Paulusbriefe stammen nicht von ihm, sondern wurden erst später von anderen Autoren verfasst. Eines aber zeigen die Briefe des Paulus sehr deutlich, nämlich dass dieser frühe Theologe keineswegs ein Mensch war, der in Abgeschiedenheit von der Welt lebte. Im Gegenteil, die Aufzeichnungen des Paulus machen deutlich, dass der Verfasser in ständigem Kontakt mit seinen Gemeinden war. Bei genauer Betrachtung, des Philemonbriefes wird klar, dass Paulus „um die Wende zum ersten Jahrhundert nach Christus geboren wurde.“[3] Über die Herkunft des Apostels, wissen wir, dass er ein frommer Jude war, der sich mit dem Judentum tief verbunden wusste und daraus das Christusgeschehen immer wieder reflektierte. Was aber bedeutet es ein frommer Jude zu sein? Für das Pharisäertum bezeichnend sind zwei Dinge. Zum Ersten gebietet die pharisäische Frömmigkeit die Einhaltung aller kultischen Reinheitsgebote, und zum Zweiten war jeder fromme Pharisäer verpflichtet, den Zehnten seines Einkommens oder Erwerbs zu entrichten. Der Sinn dieser Abgabe lag darin, den Stamm Levi, welcher für den Priesterdienst berufen war, mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen. Bestandteil des Pharisäertums war es auch, vorzugsweise nur mit seinesgleichen zu verkehren und den Kontakt zu all jenen zu vermeiden, welche den Reinheitsvorschriften der Tora auf Grund ihrer Lebensumstände oder anderer Zwänge nicht nachkommen konnten.
Zur „schriftlichen Tora“, welche jeder fromme Pharisäer zu befolgen hatte, kam noch die „mündliche Tora“ als die Überlieferung der Ältesten hinzu (vgl. Gal 1,14; Mk 7,3.5.8).
Aus dieser ergänzenden Überzeugung schöpften die Pharisäer die Hoffnung der Auferstehung, obwohl sich dazu in der Tora selbst kein Anhaltspunkt findet. Aus den Psalmen Salomos (vgl. PsSal 17 und 18,1-9) geht deutlich hervor, dass es Grund zur messianischen Hoffnung gibt.
Paulus hat sich also vor seiner Bekehrung keinesfalls am Rande des Judentums befunden, sondern in dessen Zentrum. Deutlich kommt dies im Phil 3,5f zum Ausdruck, in dem es heißt: „ein Pharisäer, was das Gesetz betrifft, ein Gemeindeverfolger, was den Eifer angeht und makellos im Blick auf die Tora-Gerechtigkeit“. In keiner Weise verschweigt Paulus seine Vergangenheit (vgl.Gal 1,23). Paulus versteht seinen neu gefunden Glauben in Christus als identisch mit dem, gegen den er vorgegangen war.[4] Paulus lehnt sich in Bezug auf seine Berufung und Sendung an Jes 49,1.5f. an, welche wir in Gal 1,15-16a finden wo es heißt:
„Als aber Gott Gefallen daran fand, der mich vom Bauch meiner Mutter an ausgesondert und durch seine Gnade berufen hat, seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn durch das Evangelium verkündigen sollte unter den Völkern…“
Der Apostel Paulus sah seine Berufung nicht als Wahl sondern als Indienstnahme, deshalb verwendete er in seinen Briefen gerne den Vergleich des Sklavendienstes (vgl. Röm 1; Phil 1,1). Die Auffassung die Paulus von seinem Apostolat hatte, spiegelt sich sehr deutlich in (Vgl. Jes 49,6): „Ich mache dich zum Licht für die Völker, damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht. Dieser Satz ist für Paulus Realität geworden und in dieser Hinsicht bleibt Paulus seiner Mission treu.
Der Völkerapostel sieht sich in erster Linie als Jünger Jesu, dessen Leben in einem Gehorsamverhältnis ihm gegenüber steht. Darauf basierend begründet Paulus seine Autorität, die er jedoch nicht auf seine Person bezieht, sondern immer auf die Kraft Gottes zurückführt. Paulus findet seine Stärke gerade in seiner Beschränktheit, in seiner Schwachheit und Ohnmacht vor Gott (Vgl. 2Kor12, 7-9)
„Damit ich mich nicht überschätze, ist mir ein Stachel für das Fleisch gegeben, nämlich ein Satansengel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überschätze. Dreimal habe ich seinetwegen den Herrn angerufen, dass er von mir weichen soll. Und er hat zu mir gesagt: Dir genügt meine Gnade; denn die Kraft vollende sich in Schwäche. Darum will ich mir lieber auf meine Schwachheiten etwas einbilden, damit die Kraft Christi bei mir wohne“.
Paulus grenzt sich ganz klar von damaligen Wanderpredigern ab, die sich ebenfalls als Diener Christi bezeichnen ab. In (V.23) konfrontiert er jene mit den Erfahrungen, die er selbst in seinem Dienst erlebt. Es sind dies Erfahrungen des Scheiterns, der Verfolgung, der Folterung und Todesgefahr. (Vgl. 2Kor 11,24-28)[5]
„Von Juden habe ich fünfmal die vierzig weniger einen bekommen ; dreimal bin ich mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen vollen Tag verbrachte ich in Seenot. Oft auf Reisen: in Gefahren durch Flüsse, in Gefahren durch Räuber, in Gefahren durch das eigene Volk, in Gefahren durch Nichtjuden, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Arbeit, oft in schlaflosen Nächten, in Hunger und Durst, oft in Nahrungsmangel, in Frost und Blöße; und außer all dem noch das, was täglich auf mich einstürmt, die Sorge um alle Gemeinden“.
Wenn man bedenkt, dass die Folter, die Paulus erleiden musste, nicht selten mit dem Tod endete, wird klar mit welcher Ausdauer und Zähigkeit dieser Mensch an der Verkündigung der Botschaft Christi festgehalten hat.
Wenden wir uns nun aber der Apostelgeschichte zu, so finden wir Teile aus den Briefen wieder, anderes wiederum nicht. Es zeichnet sich ein anderes Bild. Vieles, was wir über Paulus wissen, wäre ohne die Apostelgeschichte für uns nicht in Erfahrung zu bringen ge
wesen, wie z.B seine Herkunft aus Tarsus, der kilikischen Hauptstadt. Der Völkerapostel kam also aus einer hellenistischen Großstadt, welche einen großen jüdischen Bevölkerungsanteil hatte. Sein Vater besaß das römische Bürgerrecht und damit auch Paulus. Wir nehmen also an, dass Paulus griechisch als Umgangssprache verwendete, die hebräische und aramäische Sprache ergeben sich aus seiner Herkunftsfamilie. Hätte Paulus diese Kenntnisse nicht gehabt, hätte er sich kaum als gesetzestreuen Pharisäer bezeichnen können.
In Blick auf die jüdisch-griechische Bildung des Paulus darf man die Möglichkeiten, die im Jerusalem des ersten Jahrhunderts vor dem Jüdischen Krieg (66-70) bestanden, nicht unterschätzen. Lukas geht davon aus, dass Paulus sich pharisäische Gelehrsamkeit bei Gamaliel (vgl. Apg 22,3f.) und anderen Lehrern aneignet hatte.[6]
Wenn man nun die geistige Heimat des frühen Paulus bedenkt, so kommt man rasch zu der Einsicht, dass für einen Diasporajuden die Überzeugungen der Christen ein Schlag ins Gesicht war. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die Steinigung des Stephanus, bei der auch Paulus anwesend war. Historisch ist dieser Akt der Lynchjustiz (Der Hohe Rat besaß nicht die Vollmacht ein Todesurteil zu vollstrecken) auf den Anfang der 30 Jahre zu datieren. Zwischen diesem Ereignis und der Kreuzigung Jesu liegt nur ein kurzer Zeitrahmen. Hier wird deutlich, dass eine große Bedrohung von Paulus dem Christenverfolger ausging. (vgl. Apg 7,58; 8,1.3)
Aus den Darstellungen des Lukas geht hervor, dass Paulus sowohl die Christengemeinde in Jerusalem als auch jene in Damaskus vernichten wollte. Dafür ließ er sich hohe - priesterliche Empfehlungsschreiben geben (vgl. Apg. 8,3; 9,1f.). Die größte Gefahr für die Christen ging also von den Juden der Jerusalemer Synagogen aus.
Anhand der Aufzeichnung des Lukas, als auch der historisch belegbaren Austreibung der Juden aus Rom unter Kaiser Claudius (Vgl. Apg 18,2) unter der Amtszeit des Prokonsuls Gallio geht hervor, dass Paulus nur kurze Zeit nach der Kreuzigung Jesu seine Berufung erhielt.
Darauf folgt eine 15 Jahre anhaltende Phase, der Missionstätigkeit in Arabien (damaliges Nabatäerreich), die Rückkehr nach Damaskus mit Verkündigung und anschließender Flucht, Jerusalemaufenthalt (Paulus trifft Petrus), es folgen Missionsreisen in die Gebiete Syriens und Kilikiens (Gal 1,21;vgl. Apg 9,30). Ausgehend von der Geburtsstadt des Apostels, wird Paulus von Barnabas aus Antiochia aufgesucht und nach Antiochia gebracht. Von dort aus werden Barnabas und Paulus zur Mission ausgesandt (13,2ff).[7] Nach Aufzeichnung des Lukas wandern sie von der Hafenstadt Seleukia nach Salamis auf Zypern westwärts nach Paphos. Dort gelingt es den Missionaren den römischen Prokonsul Sergius zu bekehren. (Vgl. Apg 13,6-12). Die beiden setzen über nach Perge und wandern bis nach Antiochia in Pisidien, wo Paulus eine große Rede hält (Apg 13,16-41) und aufgrund seines großes Erfolges aus der Stadt vertrieben wird.
Immer wieder gibt Lukas an, dass die Nichtjuden die Botschaft Jesu Christi freudig annehmen, die Juden jedoch diese mit aller Kraft ablehnen und versuchen die Arbeit der Missionare zu unterbinden. Nachdem die Wanderprediger die Stadt Antiochia in Richtung Osten verlassen, führt ihr Weg nach Ikonium über Lystra und Derbe (Apg 14,1ff.). Nach der Heilung eines Gelähmten in Lystra durch den Apostel Paulus, glauben die Einwohner, die Götter seien vom Olymp herabgestiegen und sie nennen daraufhin Barnabas „Zeus“ und Paulus „Hermes“. Im Trubel dieser Geschehnisse schlägt die Stimmung jedoch um, da Juden aus Ikonium und Antiochia die Menschen aufhetzen. Es kommt soweit, dass Paulus von der Menge gesteinigt wird. Da man ihn für tot hält wird er aus der Stadt geschliffen. Paulus aber steht wieder auf und betritt die Stadt erneut. Die Missionare besuchen die Stätten ihres Wirkens erneut und kehren nach Antiochia zurück (Apg 14,21-28). Wie aber ging die Missionstätigkeit tatsächlich vonstatten? In erster Linie nutzen die wandernden Prediger die Synagogen der jüdischen Diasporagemeinden, denn dort waren nicht nur Juden sondern auch Nichtjuden anwesend. Es mag befremdend erscheinen, doch viele die sich vom jüdischen Glauben angezogen fühlten waren dort zu finden. Man nannte diese Menschen „Gottesfürchtige“, jene aber die bereits zum jüdischen Glauben übergetreten waren „Proselyten“. Zu dieser Zeit als Wanderprediger zu leben, bedeutete ständige Bedrohung und Entbehrung für die Apostel. Von Lukas aber wissen wir, dass Paulus seinen Lebensunterhalt als Zeltmacher bestritt und somit eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit besaß. Von Antiochia setzen die beiden Apostel ihre Reise fort, um nach Jerusalem zu wandern (Apg 13f.). Dort wollten sie am Apostelkonzil teilnehmen. Es ging bei diesem Konzil um die Frage der Beschneidung der Heidenchristen und damit um den zukünftigen Weg der entstehenden Kirche. Nach den Berichten des Paulus über die erfolgreiche Missionsarbeit unter den Nichtjuden (Gal 2,2; Apg 15,4.12) auf dem Apostelkonvent, wird entschieden auf das Beschneidungsritual zu verzichten (Gal 2,6; Apg 15,19f.). Diese Entscheidung war eine revolutionär, wenn man bedenkt, dass die Beschneidung aus jüdischer Sicht Zeichen für den Bund mit Gott darstellte und aus Sicht der Tora unerlässlich war. Hier setzt Paulus das universelle Heilswerk Gottes durch Christus in den Vordergrund und stellt somit in den Mittelpunkt, dass Gott keine Vorbedingung an den Menschen stellt. Diese Entscheidung war keinesfalls unumstritten (Gal 2,4), für Paulus aber absolut notwendig um der Wahrheit des Evangeliums vollends zu entsprechen. Die Einigung der Apostel brachte mit sich, dass Petrus, Jakobus und Johannes für die Mission unter den Juden bestellt wurden. Paulus und Barnabas hingegen wurden mit der Missionierung der Nichtjuden beauftragt. Die Apostel hatten jedoch ihre Abmachung einzuhalten, was in folgender Episode von Antiochia zum Ausdruck kommt: Nachdem Christen aus Jerusalem zu Besuch kamen, beginnt Petrus sich aus der Tischgemeinschaft zurück zu ziehen, weil Nichtjuden dabei waren. Die eintretende Polarisierung erfasst mit Ausnahme des Paulus alle und veranlasst ihn, sich an Petrus zu wenden, der bis vor kurzem noch Tischgemeinschaft mit Nichtjuden hielt. Sehr wahrscheinlich hat dieses Erlebnis dazu geführt, dass sich Paulus von der antiochenischen Gemeinde löste, sich von Barnabas trennte und seine Missionsarbeit eigenständig fortsetzte. Die letzte Phase des Apostels dauerte ca. 7 Jahre und betrifft die Zeit zwischen dem Apostelkonvent und der Verhaftung des Paulus. Nach Lukas (Apg 15,36-21,14) ging die Reise des Paulus folgendermaßen weiter: Paulus zieht nach der Trennung von Barnabas mit Silas (auch Silvanus genannt) noch einmal nach Derbe und Lystra, wo sie auf Timotheus treffen. Von dort wandern die Gefährten westwärts durch Kleinasien bis zur Hafenstadt Troas. Anders als geplant, setzen die Missionare nach Samothrake über und gelangen von dort über Neapolis nach Philippi. In einer nächtlichen Vision (vgl. Apg 16/6) sieht Paulus einen Makedonier, der ihn bittet herüberzukommen, um zu helfen und so entschieden sich die Missionare für diesen Weg.
Nachdem Paulus eine Sklavin von einem Wahrsagegeist befreit hatte und sich dadurch den Unmut des Besitzers zuzog, wurde Paulus aufgrund falscher Anschuldigungen ausgepeitscht und gefangen genommen. Ein Erdbeben lässt auf wundersame Weise die Türen des Gefängnisses aufspringen, Paulus und Silas nutzen die Gelegenheit zur Flucht aber nicht. Über solch Verhalten kommt der Gefängniswärter zum Glauben. Daraufhin werden sie ehrenhaft entlassen, da sie als römische Bürger zu Unrecht ausgepeitscht und gefangen genommen wurden (Vgl.Apg 16). In Thessalonich angekommen sorgen die Apostel erneut für Aufruhr, Paulus und Silas aber wandern unbehelligt nach Beröa. Dort angekommen predigen sie dort bis Juden aus Thessalonich dies unterbinden. Während Silas und Timotheus in Beröa bleiben, wandert Paulus indes weiter nach Athen. Auf dem Areshügel nordwestlich der Akropolis kommt es zu der Rede des Paulus (vgl.Apg 17,22-31), in der er an die Vorstellungen seiner philosophisch gebildeten Zuhörer anknüpft. Nach der Erwähnung der Auferstehung der Toten sind es aber nur noch ein paar wenige die dem Apostel zuhören und zum Glauben kommen.
Paulus kehrt Athen den Rücken und zieht nach Korinth weiter, wo er auf Priska und Aquila trifft. Bald schon kann Paulus nicht mehr in der Synagoge predigen und setzt sein Wirken im Hause eines Gottesfürchtigen fort (Apg 18,7). Aus dieser Notiz geht eine bereits eingesessene Organisationsstruktur der frühen Kirche hervor. Paulus verbringt zweieinhalb Jahre in Korinth bis es zur Anklage vor dem Prokonsul Gallio kommt.[8] Nachdem der Prokonsul keinen Gesetzesverstoß des Paulus sah, wurde der Synagogenvorsteher verprügelt. Paulus aber blieb noch längere Zeit, um dann über Ephesus nach Antiochia zu gelangen, wobei er auf dem Weg nach Jerusalem hinaufzog, um dort die Gemeinde zu besuchen. Nachdem Paulus einige Zeit in Antiochia war, ging er weiter durch das galatische Land und dann nach Phrygien, um dort die Jünger zu stärken. Nachdem Paulus das Hochland durchwandert hatte, gelangte er nach Ephesus. Dort blieb er über zwei Jahre bis es zu Unruhen kommt und Paulus den Entschluss fasst, erneut durch Makedonien und Griechenland nach Jerusalem zu reisen (Apg 19,21) und von dort nach Rom. Es kommt aber anders als geplant. Nachdem der Aufruhr der Silberschmiede gegen Paulus im Sande verläuft, bricht Paulus auf und reist durch Makedonien nach Griechenland. Er kehrt jedoch aufgrund von Warnungen wieder zurück und reist von Philippi nach Troas. Während einer nächtlichen Predigt stürzt Eutychus aus dem Fenster und stirbt. Der Apostel aber erweckt ihn von den Toten. Paulus verlässt Troas und reist über Assos und Mytilene nach Chios, Samos und Milet (Agp 20,13-15). Hier hält der Apostel seine Abschlussrede, in der er bezeugt, dass sie ihn nicht mehr sehen werden (Apg 20,18-35). In großer Trauer und unter Tränen verabschieden sich die Jünger von Paulus. Die Stimmung des Paulus ist bedrückt, denn er weiß durch den Propheten Agabus, dass ihn nichts Gutes in Jerusalem erwartet. Die Befürchtungen des Apostels kommen im Brief an die Römer zum Ausdruck (Röm15,30f.): „Steht mir mit Eurer Fürbitte zu Gott bei, damit ich vor den Ungehorsamen in Judäa errettet werde und mein Dienst für Jerusalem den Heiligen dort willkommen sei“. Paulus stehen also zwei Gruppen gegenüber die ihn Schlimmes befürchten lassen. Zum einen die Juden, die in ihm einen Verräter sehen und zum anderen die Juden-Christen in Jerusalem, die sein Wirken unter den Heiden mit Argwohn und Misstrauen beäugen, aufgrund seiner Forderung auf die Beschneidung bei Nichtjuden zu verzichten. In Apg 21,27-30 berichtet Lukas von einer Falschaussage gegen Paulus[9], die dazu führt, dass der Apostel von einem römischen Offizier gefangen genommen wird. Der Offizier aber schützt den Prediger vor der wütenden Menge und gibt ihm Gelegenheit sich zu äußern (Apg 22,1-21). Die Rede des Paulus verschärft die Situation noch mehr, sodass er ausgepeitscht und verhört wird, um einen Anklagegrund gegen ihn zu finden. Paulus aber macht sein römisches Bürgerrecht geltend, was dazu führt, dass er am nächsten Tag dem Hohen Rat vorgeführt wird. Es kommt aber erneut zu einem Aufstand und man hegt einen Mordanschlag auf den Prediger. Die Römer beschließen, Paulus zum Prokurator Felix nach Cäsarea zu überstellen. Aber auch dort wollen die jüdischen Hohepriester Anklage gegen ihn erheben. Felix vertagt die Verhandlung aufgrund der Unschuldsbeteuerungen des Apostels, welcher volle zwei Jahre als Gefangener in Cäsarea bleibt. Erst durch den Amtsantritt von Porcius Festus, der Felix ersetzt, kommt es zur erneuten Anklage gegen Paulus. Der Apostel legt Berufung beim Kaiser ein und soll deshalb per Schiff nach Rom überstellt werden. Durch die Auseinandersetzung mit den Oberen des römischen Reiches, erfüllt sich das Schriftwort (Apg 9,15): „Dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel“. Die Reise über das Meer beginnt zu spät. Paulus erkennt die Gefahr, wird jedoch ignoriert. Das Schiff strandet an der Küste Maltas (Apg 26,30-32) und die ganze Besatzung überlebt durch das Eingreifen des Paulus. Nach drei Monaten Aufenthalt auf der Insel wird die Reise auf einem Schiff aus Alexandria fortgesetzt. Wenig später erreichte der Apostel Rom, wo es ihm erlaubt wurde in einer Wohnung zu bleiben, zusammen mit einem Soldaten, der ihn bewachte. Von dort aus wirkte der Apostel volle zwei Jahre und empfing alle die zu ihm wollten, um ihnen die Lehre Jesu Christi näher zu bringen. Dem ersten Clemensbrief zufolge hat Paulus vermutlich im Jahr 64 während der Christenpogrome unter Nero zusammen mit Petrus den Märtyrertod gefunden.[10]
[...]
[1] Vgl. E. Reinmuth, S. 15
[2] Vgl. E. Reinmuth, S. 15
[3] Vgl. E. Reinmuth, S. 16
[4] Vgl. E. Reinmuth, S. 22
[5] Vgl. auch 1Kor 4,11-13; 2Kor 6,4-10
[6] Vgl. E. Reinmuth S. 37-38
[7] Vgl. E.Reinmuth, S. 43-44
[8] der Autor gibt hier zweieinhalb Jahre Aufenthalt in Korinth an, in Apg 18,11 ist jedoch die Rede von einem Jahr und sechs Monaten.
[9] Vgl. E. Reinmuth, S. 61
[10] Vgl. E. Reinmuth, S. 66