Seit Ende der Franko-Diktatur beansprucht Katalonien immer mehr Rechte für sich. Die Katalanen sind ein Volk für sich, halten an ihrer Eigenständigkeit fest und bezeichnen sich ungern als Spanier. Jeder der bereits in Katalonien war, ist sicherlich mit dem folgenden Ausruf vertraut: „Catalunya no es Espanya! Diese Einstellung und Sichtweise der Katalanen ist tief in der Geschichte Kataloniens verwurzelt und besteht bis heute. Die Wahrung der Identität steht seit jeher in einem Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit in einer sich zunehmend globalisierenden Welt.
Die leitende Frage dieser Arbeit ist, ob die Katalanen wirklich in der Lage sind, ihre Identität zu wahren, da Katalonien zu Spanien gehört und kein eigenständiger Staat ist. Da Spanien selbst einem Staatenverbund, der Europäischen Union (EU), angehört, ist es umso schwieriger für eine Teilregion eines Mitgliedstaates seine Identität zu wahren. Es gilt also herauszufinden, ob der starke Drang nach Eigenständigkeit lediglich ein utopischer Wunschgedanke ist, oder ob dieser Drang realistisch ist und die Wahrung einer regionalen Identität auch in einem solchen Staatenverbund überleben kann.
Das Ziel dieser Projektarbeit besteht zum einen darin, herauszufinden, was die Katalanen in Bezug auf das Streben nach Identitätswahrung bisher erreicht haben und zum anderen, welche Bedeutung Katalonien für Spanien und die Europäische Union hat. Eine weitere offene Frage ist, inwieweit sich dieser Drang nach Eigenständigkeit auf Spanien und die Europäische Union auswirkt.
Diese Erkenntnisse sollen die Grundlage sein, um festzustellen, ob das katalanische Streben nach der Wahrung seiner regionalen Identität möglich ist und wie die konkreten Ziele der Katalanen aussehen.
Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Begrifflichkeiten definiert, welche für das Verständnis der Arbeit notwendig sind. Anschließend folgen im dritten Kapitel grundlegende Informationen über den Autonomiestaat Katalonien. Denn die geschichtlichen Hintergründe, sowie Kenntnisse über die Bedeutung dieser Region für Spanien stellen eine wichtige Grundlage dar. Das vierte Kapitel behandelt den Beitritt Spaniens zur Europäischen Union. Dabei geht es insbesondere darum, welche Hürden Spanien auf sich nehmen musste, um Mitglied zu werden und warum Spanien die Mitgliedschaft erreichen wollte. Weitere Fragen sind, inwieweit der Beitritt Auswirkungen auf Katalonien hatte und welche Rolle Katalonien in der Europäischen Union spielt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2. Begriffserklärungen
2.1 Regionalismus
2.2 Regionale Identität
2.3. Katalanismus
2.4 Autonomiestaaten
3. Der Autonomiestaat Katalonien
3.1 Geschichtliche Hintergründe
3.2 Bedeutung Kataloniens für Spanien
4. Beitritt Spaniens zur Europäischen Union
4.1 Bedeutung Kataloniens für die Europäische Union
4.2 Auswirkungen des Beitritts für Katalonien
4.3 Kataloniens Position in der Europäischen Union
5. Wichtigkeit der regionalen Identität für die Bevölkerung Kataloniens
5. 1 Jüngste Entwicklungen
5.2 Bisher errungene Erfolge der katalanischen Bevölkerung zur Wahrung ihrer Identität
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Online-Quellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Katalanischer Sprachraum
Abbildung 2: Spaniens Krisenregionen
Abbildung 3: Ergebnis Regionalwahl in Katalonien 2012
1. Einleitung
Seit Ende der Franko-Diktatur beansprucht Katalonien immer mehr Rechte für sich. Die Katalanen sind ein Volk für sich, halten an ihrer Eigenständigkeit fest und bezeichnen sich ungern als Spanier. Jeder der bereits in Katalonien war, ist sicherlich mit dem folgenden Ausruf vertraut: „Catalunya no es Espanya!“[1] Diese Einstellung und Sichtweise der Katalanen ist tief in der Geschichte Kataloniens verwurzelt und besteht bis heute. Die Wahrung der Identität steht seit jeher in einem Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit in einer sich zunehmend globalisierenden Welt.
1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit
Die leitende Frage dieser Arbeit ist, ob die Katalanen wirklich in der Lage sind, ihre Identität zu wahren, da Katalonien zu Spanien gehört und kein eigenständiger Staat ist. Da Spanien selbst einem Staatenverbund, der Europäischen Union (EU), angehört, ist es umso schwieriger für eine Teilregion eines Mitgliedstaates seine Identität zu wahren. Es gilt also herauszufinden, ob der starke Drang nach Eigenständigkeit lediglich ein utopischer Wunschgedanke ist, oder ob dieser Drang realistisch ist und die Wahrung einer regionalen Identität auch in einem solchen Staatenverbund überleben kann.
Das Ziel dieser Projektarbeit besteht zum einen darin, herauszufinden, was die Katalanen in Bezug auf das Streben nach Identitätswahrung bisher erreicht haben und zum anderen, welche Bedeutung Katalonien für Spanien und die Europäische Union hat. Eine weitere offene Frage ist, inwieweit sich dieser Drang nach Eigenständigkeit auf Spanien und die Europäische Union auswirkt.
Diese Erkenntnisse sollen die Grundlage sein, um festzustellen, ob das katalanische Streben nach der Wahrung seiner regionalen Identität möglich ist und wie die konkreten Ziele der Katalanen aussehen.
1.2 Aufbau der Arbeit
Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Begrifflichkeiten definiert, welche für das Verständnis der Arbeit notwendig sind. Anschließend folgen im dritten Kapitel grundlegende Informationen über den Autonomiestaat Katalonien. Denn die geschichtlichen Hintergründe, sowie Kenntnisse über die Bedeutung dieser Region für Spanien stellen eine wichtige Grundlage dar. Das vierte Kapitel behandelt den Beitritt Spaniens zur Europäischen Union. Dabei geht es insbesondere darum, welche Hürden Spanien auf sich nehmen musste, um Mitglied zu werden und warum Spanien die Mitgliedschaft erreichen wollte. Weitere Fragen sind, inwieweit der Beitritt Auswirkungen auf Katalonien hatte und welche Rolle Katalonien in der Europäischen Union spielt. Im fünften Kapitel geht es um die Bedeutung der regionalen Identität für die Katalanen und die Frage, aus welchem Grund der Bevölkerung die Wahrung seiner Traditionen, Kultur und Sprache so wichtig ist. Des Weiteren werden die jüngsten Entwicklungen in diesem Prozess dargestellt. Es soll nicht nur erarbeitet werden, was die Katalanen jüngst erreicht haben, sondern auch verdeutlicht werden, welche Erfolge sie bisher verzeichnen konnten, um ihre Identität innerhalb Spaniens und auch in der Europäischen Union zu wahren.
Im sechsten Kapitel werden die Ergebnisse zusammen getragen und aufgezeigt, ob Katalonien reale Chancen hat, seine Identität in der Europäischen Union zu wahren, oder ob dies nur auf einem Wunschdenken beruht.
2. Begriffserklärungen
2.1 Regionalismus
Der Begriff „Regionalismus“ kann nicht eindeutig definiert werden, da er sehr breit gefächert ist.[2] Bei der Erläuterung dieses Terminus ist es zum einen wichtig, die Ursachen zu genauer zu betrachten, die „Regionalismus“ hervorrufen und zum anderen die Ziele aufzuzeigen, die durch regionalistische Bewegungen erreicht werden sollen.[3] Es gibt jedoch zwei grundlegende Formen des Regionalismus, welche es zu unterscheiden gilt. Den grenzüberschreitenden und den innerstaatlichen Regionalismus. Letzterer ist jener, der im Fall Spaniens vorliegt und „die innerstaatlichen regionalen Bewegungen zumindest um die Anerkennung regionaler Autonomie mit dem Zweck der eigenständigen Entwicklung […]“[4] beschreibt. Des Weiteren beinhaltet der innerstaatliche Regionalismus im Hinblick auf Katalonien die Wahrung der ethnisch-kulturellen Identität und die ökonomisch, sowie kulturelle Selbstbestimmung zur selbstständigen Entwicklung.[5] Es gibt drei verschiedene Erscheinungsformen des innerstaatlichen Regionalismus, den Separatismus, den Föderalismus und den Autonomismus. Da die katalanischen Regionalisten Vertreter des Föderalismus sind, wird diese Erscheinungsform hier in den Fokus gestellt. Föderalisten „sehen die gesamt- und substaatliche Territorialität als unterschiedliche Ebenen, die nach dem Prinzip der Subsidiarität einen eigenständigen Geltungsbereich für politische Handlungen und Entscheidungen bilden“[6].
2.2 Regionale Identität
Der Begriff „regionale Identität“ spiegelt sich in Institutionen, der Regionalsprache, in diesem Fall katalanisch, in jeglichen kulturellen Bezügen und in alltäglichen Gebräuchen wider. Aus der Heimatbezogenheit entwickelt sich ein regionales Bewusstsein. Dieses Bewusstsein manifestiert sich darin, dass die eigenen Gruppenmerkmale überschätzt und die anderer Gruppen somit unterschätzt werden. Wichtig in Bezug auf Katalonien ist auch, dass das Aufleben regionaler Identitäten meistens durch Bedrohungen aktiviert wird.[7]
2.3. Katalanismus
Dieser Begriff ist abgeleitet aus den Worten Katalanisch und Nationalismus. Der Katalanismus ist das Streben nach politischer, kultureller und sprachlicher Anerkennung und Eigenständigkeit der spanischen Region Katalonien.[8] Aufgrund der in der Geschichte der Region permanenten Verluste der Rechte und Autonomie Kataloniens, ist der Katalanismus entstanden. Eine Bewegung mit der die Katalanen genau das zurückerlangen wollen, was ihnen stets entrissen wurde.
2.4 Autonomiestaaten
Laut der spanischen Verfassung von 1978, „[…] anerkennt und gewährleistet [der spanische Staat] das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen, die Bestandteil der Nation sind, und auf die Solidarität zwischen ihnen“[9]. Des Weiteren haben jegliche aneinandergrenzende Provinzen, die historische, kulturelle oder wirtschaftliche Gemeinsamkeiten innehaben, das Recht auf Selbstregierung und können somit eine autonome Gemeinschaft bilden. Dasselbe gilt für Inselgebiete und Provinzen, die eine durch seine Geschichte fundierte regionale Gemeinsamkeit haben.[10]
In Spanien gibt es 17 Autonomiestaaten, die sogenannten Comunidades Autónomas, jede dieser autonomen Regionen hat ein eigenes Autonomiestatut. Im Jahre 1979, ein Jahr nachdem die spanische Verfassung verabschiedet wurde, wurden die Autonomiestatuten für Katalonien (und das Baskenland) durchgesetzt. Diese Statuten brachten den Regionen weitreichende Kompetenzen ein.[11]
3. Der Autonomiestaat Katalonien
Um die Thematik verstehen zu können, sind sowohl die wichtigsten Eckdaten Kataloniens, als auch die geografischen Daten von enormer Wichtigkeit. Die leitende Frage ist, wie Katalonien zu seinem Autonomiestatut kam und was es für eine Bedeutung hat und welche Rechte die Region durch sein Statut inne hat. Zudem sind die geschichtlichen Hintergründe enorm wichtig, denn um eine Bevölkerung verstehen zu können, muss man nicht nur ihre derzeitige Lage, sondern auch ihre Vergangenheit kennen. Das Kapitel wird beendet mit der Bedeutung Kataloniens für Spanien. Hier soll erörtert werden, warum die Region unentbehrlich für Spanien ist.
Katalonien befindet sich im Nordosten Spaniens und gehört zur Iberischen Halbinsel. Die Hauptstadt ist Barcelona, welche gleichzeitig eine wichtige Hafenstadt ist. Sechs Prozent der Landesfläche Spaniens fällt auf Katalonien.[12] Katalonien ist eine Region, die schon seit vielen Jahrhunderten und bis heute versucht, ihre regionale Identität, also ihre Traditionen, Sprache und Kultur aufrecht zu erhalten und weiter zu geben. Keine andere Region Spaniens steht so fest hinter seiner Identität und versucht diese so sehr zum Ausdruck zu bringen wie Katalonien.
Durch seine Autonomierechte hat die Region eigene Institutionen wie die Generalitat, die Regierung Kataloniens, und sie hat ihre eigene Rechtsverordnung die Constitucions i altres drets de Catalunya[13]. Das Autonomiestatut Kataloniens wurde 1979, nach der Franco-Diktatur mit der neuen Demokratie und der Verfassung Spaniens von 1978, zurückerlangt.[14] Dieses Statut bildet eine wichtige Grundlage für Katalonien, da hierin die Ansprüche der Region gegenüber Spanien geltend gemacht werden und die Katalanen mit diesem Statut auch die Wichtigkeit ihrer regionalen Identität unterstreichen.
Im Jahre 2002 sprachen sich, bis auf eine, alle Parteien für eine erneute Aushandlung des Autonomiestatus aus. Die wichtigsten Anlässe hierfür waren zum einen die Entfaltung der Katalanischen Sprache und Kultur, zum anderen empfand Katalonien die Finanzsituation bezüglich Steuereinnahmen und dessen Umverteilung als ungerecht. Zudem wollte Katalonien mehr Kompetenzen für sich erlangen, da Katalonien einer der drei historischen Autonomiestaaten ist und dadurch auch mehr Rechte innehaben müsste. Im Jahre 2005 wurde dem spanischen Staat der Entwurf eines veränderten Autonomiestatus vorgelegt, hierauf folgten heftige Proteste, jedoch wurde das Autonomiestatut 2006 dann angenommen. Die Verabschiedung dieses neuen Statuts war ein großer Fortschritt für die Katalanen. In ihrem neuen Statut ist unter der Präambel festgehalten, dass Katalonien von nun an als eine Nation zu bezeichnen ist.[15] Somit hat Katalonien sein Selbstverständnis, eine Nation zu sein durchgerungen, trotz der Tatsache, dass es sowohl politisch als auch geografisch eine Region Spaniens ist.
Die Amtssprache des Autonomiestaats ist neben dem Spanischen das Katalanische, oder wie die Katalanen sagen català. Das Katalanisch gehört zu den neulateinischen Sprachen und entwickelte sich zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert. Es gibt insgesamt sieben Regionen, in welchen Katalanisch gesprochen wird. Diese Regionen befinden sich in Andorra, Spanien, Frankreich und Italien. Es sprechen über 13 Millionen Menschen katalanisch. Allein in Katalonien sprechen 84,7 Prozent der Einwohner katalanisch und 97,4 Prozent verstehen katalanisch.[16]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Katalanischer Sprachraum[17]
Über die Jahrhunderte hinweg wurde durch Kriege und dadurch folgende Besatzungen die katalanische Sprache häufig verboten. Im 20. Jahrhundert jedoch entstand ein politischer Katalanismus, eine Bewegung in der beispielsweise Schulunterricht auf Katalanisch gefordert, ein Sprachinstitut gegründet und ein katalanisches Wörterbuch hervorgebracht wurde. Die Verfassung, sowie das Autonomiestatut aus den 1930-ern brachten die erneute Gründung der katalanischen Landesregierung hervor, der sogenannten Generalitat. Hierauf folgte die Franco-Diktatur, in der alles katalanische strengstens verboten wurde, doch auch dies überlebte die katalanische Sprache und Kultur. Nach dem Tod Francos wurde 1978 die spanische Verfassung verabschiedet, in der die Mehrsprachigkeit anerkannt wurde. Das Autonomiestatut Kataloniens besagt, dass das Katalanisch als offizielle Sprache anerkannt ist.[18]
Das Durchsetzen des Autonomiestatuts und den dadurch erlangten Status als „Nation“, verdeutlicht die Wichtigkeit der katalanischen Identität für die Bevölkerung. Hiermit und durch den politischen Katalanismus haben die Katalanen sich bereits Meilensteine gelegt, ihre regionale Identität in der Europäischen Union zu bewahren. Die Tatsache, dass über 13 Millionen Menschen katalanisch beherrschen, bestärkt dies noch.
3.1 Geschichtliche Hintergründe
Dieses Kapitel ist für diese Arbeit äußerst wichtig, da die geschichtlichen Ereignisse die katalanische Bevölkerung genau hier hin geführt haben, wo sie heute sind. Ihre Einstellung und Sichtweise die heute existiert, hat sich aus den Geschehnissen der Vergangenheit entwickelt. Denn Kataloniens Wurzeln reichen weit in die Geschichte zurück.
Als sich das katalanisch-aragonesische Reich im 12. Jahrhundert vereinte, expandierte es in Richtung Balearen, Sizilien und Sardinien, bis in das Königreich Neapel. Aus dem vereinten Reich wurde nun eine aufstrebende Seemacht und Barcelona wurde mitunter zur wichtigsten Handelsmetropole.[19]
Um die Wende zum 15. Jahrhundert verschlechterten sich Kataloniens Zeiten. Durch die Heirat der sogenannten „Katholischen Könige“, Ferdinand II. von Aragón und Isabella von Kastilien verlor Katalonien dann an politischem Einfluss und Macht und das Königreich Kastilien, unter dem sich nun Aragón, Katalonien und Kastilien befanden, war im Vormarsch.[20] Katalonien wurde nun eine Führungsschicht vorgesetzt und die kastilische, spanische, Sprache wurde aufgezwungen. Im 17. Jahrhundert unternahmen die Katalanen einen Volksaufstand wegen der enormen Steuerlast, aus welchem ihre Nationalhymne „Els Segadors“ hervorging.[21] Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden die spanischen Erbfolgekriege. Ein Wechsel der Dynastien folgte, die Bourbonen ersetzten die Habsburger, dies war eine markante Zäsur in der Geschichte Spaniens. Durch diesen Wechsel begann das Land sich in Richtung Zentralstaat zu entwickeln.[22] Da die Katalanen Sympathisanten des Habsburger Erzherzogs Karl waren, der Bourbone Philip V. jedoch als Sieger dieses Krieges hervorging und Barcelona am 11. September 1714 kapitulierte, musste Katalonien einen hohen Preis zahlen: Die Selbstverwaltung aufgeben und sich Kastilien unterordnen. Dieser Tag ging als „La Diada“ in die Geschichte ein, die katalanische Bewegung des 19. Jahrhunderts, welche für den Kampf um Unabhängigkeit steht. Heute ist der 11. September Kataloniens Nationalfeiertag.[23]
Im Verlauf des 18. Jahrhunderts fielen die Zollschranken innerhalb Spaniens weg und im Handel mit Amerika gab es auch keine Beschränkungen mehr. Diese Gegebenheiten hatten zur Folge, dass Katalonien einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte.[24] Katalonien war zu dieser Zeit bereits weiter entwickelt als alle anderen Regionen Spaniens, während die Industrialisierung hier bereits sehr fortgeschritten war und Katalonien vergleichbar mit vielen anderen Industrienationen Europas war, gab es in anderen Teilen des Landes wenig Fortschritt.[25]
Im Jahre 1871 erschien zum ersten Mal die Zeitschrift La Renaixença[26], welche die katalanische Identität verbreiten sollte. Die bürgerlichen Schichten Kataloniens riefen somit den Katalanismus ins Leben. Bereits 1882 wurden Autonomierechte für Katalonien gefordert, wodurch der Katalanismus politischer Natur wurde. Einige Jahre später wurde eine Erklärung verabschiedet, in welcher das Katalanische als einzige offizielle Amtssprache gelten sollte und es wurde gefordert, dass es eine Kompetenzaufteilung zwischen einer autonomen katalanischen Regierung und dem Staat Spanien geben sollte. Der Katalanismus unterstrich, dass Katalonien anders, fortschrittlicher und moderner war als der Rest Spaniens. Zudem wollte die Bewegung des Katalanismus mit der kastilischen rückständigen Vergangenheit brechen und sich von dem Zentralstaat abwenden. 1914 schlossen sich die vier katalanischen Provinzen zur Mancomunitat de Catalunya zusammen, durch die das Katalanisch normiert wurde, so dass es an Schulen und in der Verwaltungssprache Verwendung fand. Die Mancomunitat blieb einzigartig in Spanien und hatte die Befugnis einer selbstständigen Verwaltungseinheit. Dieser Status gab den Katalanen noch mehr das Gefühl, ihren Weg zur Eigenständigkeit zu gehen.[27]
Der erste Weltkrieg erbrachte dem industrialisierten und neutralen Spanien einen enormen Wirtschaftsaufschwung. Die Diktatur von General Primo de Rivera ab 1923 ging gegen den Katalanismus vor. 1925 wurden die Mancomunitat, sowie jegliches Symbol das auf die katalanische Identität hinwies, verboten. Mit de Riveras Exil wurde alles unter seiner Diktatur verbotene, wieder zurück ins Leben gerufen. 1931 wurde die spanische Republik ausgerufen, Katalonien errang den Status einer autonomen Region und ein Jahr darauf wurde sein Autonomiestatut verabschiedet. Es folgten Aufstände, wonach das Autonomiestatut außer Kraft gesetzt wurde. Nach erneuten Wahlen 1936, in denen jedoch die Linken eindeutig siegten, wurde das Autonomiestatut erneut in Kraft gesetzt. Von 1936 bis 1939 fand der spanische Bürgerkrieg statt, es standen sich die rechtsgerichteten Putschisten unter General Francisco Franco und die linke demokratisch gewählte Volksregierung gegenüber. Der Bürgerkrieg endete mit einem Sieg Francos und Katalonien stand auf der Verliererseite. Die Franco-Diktatur war eine Zeit der Repression, sein Ziel war es, das Land von allem „unspanischem“ zu „reinigen“. Dies bedeutete eine erneute noch drastischere Unterdrückung jeglicher regionaler Identitäten.[28]
Ab Mitte der 1950-er erlebte die katalanische Wirtschaft wieder einen Aufschwung, Menschen aus ganz Spanien zogen nach Katalonien, da die Wirtschaftsleistung im Rest des Landes schleppend verlief. Im Verlauf der 1960-er begann die katalanische Identität wieder zu erblühen und der Gebrauch der katalanischen Sprache fand immer mehr Verwendung. Das Wiederaufkommen der katalanischen Identität machte den Katalanen Mut und ihre Sprache wurde zu einem Freiheitssymbol während der Franco-Diktatur. Jedoch fanden die Repressionsmaßnahmen Francos erst mit seinem Ableben 1975 ein Ende. Es folgte die Zeit der transición, der sogenannte Übergangsprozess von der Franco-Diktatur zu einem demokratischen Spanien.[29]
Nach einer Volksabstimmung trat dann die neue spanische Verfassung 1978 in Kraft, laut derer die drei historischen Regionen, u.a. Katalonien, einen vereinfachten Weg gezeigt bekamen, um die Autonomie zu erreichen, tatsächlich folgte hierauf die Entstehung von siebzehn Autonomiestaaten, wie wir sie heute kennen. Im selben Jahr reichte Katalonien sein Autonomiestatut ein, mit dem Ergebnis, dass der spanische Staat den Katalanen nicht die gleichen Kompetenzen zusprach, wie sie sie im Statut von 1932 kannten. Das Autonomiestatut wurde laut Volksentscheid und mit niedriger Wahlbeteiligung im Oktober 1979 angenommen.[30]
Das Llei de Normalització Lingüística[31] von 1983 und das Llei de Política Lingüística[32] von 1997 hatten zur Folge, dass der Gebrauch des Katalanischen vorangetrieben wurde und katalanisch nun in allen öffentlichen Bereichen Verwendung findet.[33]
Im Jahre 2002 sprachen sich alle Parteien Kataloniens, ausgenommen der Partido Popular (PP), für eine Erneuerung des Autonomiestatus aus, um weitere Kompetenzen für die Region rauszuholen. Im Jahre 2006 und nach viel Kritik seitens Spaniens wurde durch einen Volksentscheid das neue Autonomiestatut Kataloniens verabschiedet.[34]
Das markanteste und auffälligste an der Geschichte Kataloniens, ist, dass ihre regionale Identität, sei es Sprache oder Kultur, stets unterdrückt oder gar verboten wurde und dies über Jahrhunderte hinweg. Trotz dessen gelang es den Katalanen jedoch immer wieder ihre Identität aufblühen zu lassen und somit konnte weder Sprache, noch Kultur oder Tradition je aussterben. Historisch gesehen beruht die Wahrung der katalanischen Identität, trotz der Vorherrschaft einer anderen Krone, vieler Diktaturen und einer Monarchie, somit auf der Wirklichkeit.
3.2 Bedeutung Kataloniens für Spanien
Da Katalonien sich ungern als Teil Spaniens ansieht und sich als Nation betrachtet, was es laut seines Autonomiestatus auch ist, ist es unter anderem notwendig zu wissen, wie wichtig Katalonien für Spanien ist. Die zentrale Frage in diesem Kapitel ist, was Katalonien wirtschaftlich beiträgt und was die Abspaltung der Region, ob rechtlich möglich oder nicht, für Spanien bedeuten würde.
Schon zur Zeit der Industrialisierung war Katalonien den restlichen Regionen des Landes weit voraus, denn während hier die Industrialisierung bereits weit fortgeschritten war, hinkte der Rest des Landes hinterher. Selbst heutzutage sind Katalonien, vor allen Dingen Barcelona, und Madrid immer noch die treibenden Wirtschaftsregionen Spaniens. Dies war die letzten Jahrhunderte der Fall und hat sich bis heute nicht geändert. Im Jahr 1800 beispielsweise trug Katalonien 8,3 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Spaniens bei, gefolgt von Valencia, Galizien und als viertes Madrid mit 2,4 Prozent. Vor dem EU-Beitritt 1985, trug Katalonien mit 19,4 Prozent, gefolgt von Madrid mit 16,4 Prozent und Valencia mit 10,4 Prozent zum BIP bei. Im Jahre 1999, bereits lange nach dem EU-Beitritt, lag Kataloniens Beitrag zum BIP bei 18,69 Prozent und Madrids Beitrag bei 17,2 Prozent. Dies verdeutlicht, dass der Beitritt Spaniens zur EU die Wirtschaft dieser beiden Regionen nicht beeinträchtigt hat.[35]
[...]
[1] Wortwörtliche Übersetzung im deutschen lautet: Katalonien ist nicht Spanien!
[2] Vgl. Döring, D.: Regionalismus, 1999, S. 1.
[3] Vgl. Döring, D.: Regionalismus, 1999, S. 6.
[4] DÖRING (1999), S. 18.
[5] Vgl. Döring, D.: Regionalismus, 1999 S. 13.
[6] DÖRING (1999), S. 50-51.
[7] Vgl. Döring, D.: Regionalismus, 1999, S. 46 f.
[8] Vgl. o.V.: Katalanismus, http://de.cyclopaedia.net/wiki/Katalanismus, Abrufdatum: 06.12.2013, 18:14 Uhr.
[9] Zitiert aus: Die Spanische Verfassung von 1978, S. 9, Artikel 2.
[10] Vgl. Die Spanische Verfassung von 1978, S. 40, Artikel 1.
[11] Vgl. Döring, D.: Regionalismus, 1999, S. 59 ff.
[12] Vgl. Williams, R.: Barcelona, 2013, S. 12.
[13] Wortwörtliche Übersetzung im Deutschen lautet: Verfassungen und andere Rechtsnormen Kataloniens.
[14] Vgl. Parlament de Catalunya, Autonomiestatut 2006, Präambel.
[15] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007, S. 219 ff.
[16] Vgl. Generalitat de Catalunya: Katalanisch – eine Sprache in Europa, http://www20.gencat.cat/docs/ Llengcat/Documents/Publicacions/Catala%20llengua%20Europa/Arxius/cat_europa_alemany_ 07.pdf, S. 4 ff, Abrufdatum: 01.12.2013, 20:03 Uhr.
[17] Vgl. Schmidt, M.: Identitäten bilden durch Sprache, http://www.pack-jetzt-ein.de /sehenswurdigkeiten/katalanisch, 2012, Abrufdatum: 11.01.2014, 13:25 Uhr.
[18] Vgl. Generalitat de Catalunya: Katalanisch – eine Sprache in Europa, http://www20.gencat.cat/docs/ Llengcat/Documents/Publicacions/Catala%20llengua%20Europa/Arxius/cat_europa_alemany_ 07.pdf, S. 8 ff, Abrufdatum: 01.12.2013, 20:35 Uhr.
[19] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007, S. 7 ff.
[20] Vgl. Schröder , T.: Katalonien, 2012, S. 39 f.
[21] Vgl. ebd. S. 41.
[22] Vgl. Schmidt, P.: Geschichte Spaniens, 2013, S. 209.
[23] Vgl. ebd. S. 213 ff.
[24] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007, S. 105 f.
[25] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007, S. 130 ff.
[26] Renaixença ist die Bewegung zur Wiedergewinnung und Verbreitung der katalanischen Traditionen.
[27] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007, S. 146 ff.
[28] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007. S. 159 ff.
[29] Vgl. ebd. S. 191 ff.
[30] Vgl. ebd. S. 205 f.
[31] Wortwörtliche Übersetzung im Deutschen lautet: Gesetz zur sprachlichen Normalisierung .
[32] Wortwörtliche Übersetzung im Deutschen lautet: Gesetz zur Sprachpolitik.
[33] Vgl. Collado Seidel, C.: Kleine Geschichte Kataloniens, 2007, S. 211 f.
[34] Vgl. ebd. S. 219 f.
[35] Vgl. Dudek, C.M.: EU Accession and Spanish, 2005, S. 67.