Für neue Autoren:
kostenlos, einfach und schnell
Für bereits registrierte Autoren
Hausarbeit, 2011
20 Seiten, Note: 1,0
1 Einleitung
2 Der Mythos vor dem Hintergrund des Bolognaprozesses
2.1 Die Umsetzung der Forderungen des Bolognaprozesses in Deutschland
2.2 Das Leistungspunktesystem
2.3 Modularisierung
3 Analyse des Mythos
3.1 Verschulung
3.2 Arbeitsbelastung
4 Fazit
5 Literatur und Quellen
6 Abbildungsverzeichnis
7 Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Frühjahrstrimester 2010 wurde im Rahmen des Seminars „Stimmts? – Erziehungswissenschaftliche Analysen von Alltagsmythen der Erziehungswirklichkeit“ unter anderem der Mythos behandelt, ob mit der Einführung von Bachelor und Master das Studium verschult worden ist und die Arbeitsbelastung gestiegen sei. Aufgrund eigener Erfahrungen als Student im Bachelorstudiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaften und des Interesses am Bolognaprozess wurde der Mythos als Thema der Hausarbeit gewählt.
Der erste Abschnitt bietet einen kurzen Überblick über den Bolognaprozess, da dieser den Hintergrund des genannten Alltagsmythos bildet. Weiterhin wird sich in diesem Kapitel mit einem Teil der Forderungen des Bolognaprozess und der Umsetzung in Deutschland durch die Vorgaben und Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) befasst. Des Weiteren wird hier der aktuelle Stand der Umsetzung bezüglich der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen aufgezeigt. Auch wird auf den geforderten Aspekt der Qualitätssicherung, insbesondere den der Akkreditierung der neuen Studiengänge in Deutschland eingegangen.
Im sich anschließenden Abschnitt wird die Funktion des Leistungspunktesystems erläutert, danach die Modularisierung von Studiengängen beschrieben.
Das folgende Kapitel widmet sich dem Mythos der Verschulung und der gestiegen Arbeitsbelastung.
Die Verschulung soll durch die drei Perspektiven einer Hochschulpolitischen Institution, eines Wissenschaftlers und einer Betroffenen, nämlich die der Hochschulrektorenkonferenz, die des Hamburger Bildungswissenschaftlers Rolf Schulmeister und die der Bremer Lehramtsstudentin Alexa Tegler beleuchtet werden. Auf der Grundlage der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes soll im Anschluss der Aspekt der Arbeitsbelastung untersucht werden.
Abschließend folgt auf der Basis der in den einzelnen Abschnitten gewonnen Erkenntnisse eine Stellungnahme zur genannten Frage.
„Mit B.A. / M.A. ist das Studium verschult worden und die Arbeitsbelastungen sind gestiegen.“, so lautete einer der Alltagsmythen im Seminar „Stimmts?“.
Zunächst ist zu klären was diese Thes besagt. Sie gliedert sich im ersten Teil des Satzes in die Aussage, dass mit der Einführung von Bachelor und Master das Studium verschult worden ist. Was aber ist Verschulung? Und im zweiten Halbsatz mit der Aussage, dass durch die Einführung der neuen Studiengänge, die Arbeitsbelastungen gestiegen seien. Sind die Arbeitsbelastungen tatsächlich gestiegen?
Hinter der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge steht unter dem Stichwort ‚Bologna‘ eine europäische Hochschulreform, die die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums anstrebt. Aus diesem Grund soll im ersten Teil der vorliegenden Arbeit kurz auf den Bolognaprozess und seine Umsetzung in Deutschland eingegangen werden. Im Mittelpunkt werden das Leistungspunktesystem und die Modularisierung stehen, da diese im engen Zusammenhang mit der im Mythos angesprochenen „Verschulung“ und der „gestiegen Arbeitsbelastung“ stehen.
Am 25. Mai 1998 wurde mit den Willensbekundungen der Bildungsminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und des Vereinigten Königreiches, das Potenzial europäischer Hochschulen in Zukunft besser nutzen zu wollen, der Bolognaprozess mit Unterzeichnung der Sorbonne-Erklärung ins Rollen gebracht. (Vgl. BMBF 1998: 1) Ein Jahr später, am 19. Juni 1999, wurde die durch die Initiative der 29 Unterzeichnerstaaten der Sorbonne-Erklärung angestoßene Bologna-Erklärung („Der Europäische Hochschulraum“) verabschiedet. In dieser setzten sie sich das Ziel, einen gemeinsamen Europäischen Hochschulraum bis zum Jahr 2010 zu schaffen. (Vgl. BMBF 1999) Unter anderem bedeutete dies die „Einführung eines Systems, das sich im wesentlichen auf zwei Hauptzyklen stützt (…)“ und die „Einführung eines Leistungspunktesystems – ähnlich dem ECTS[1] – als geeignetes Mittel der Förderung größtmöglicher Mobilität der Studierenden.“ (Ebd.: 4)
In Deutschland wurden im Zuge des Bologna-Prozesses die bestehenden Diplom- und Magister-Studiengänge durch ein zweistufiges Studiensystem aus Bachelor- und Master-Studiengang sukzessiv ersetzt, sodass zum Wintersemester 2010/2011 „82% aller Studiengänge an deutschen Hochschulen zu den Abschlüssen Bachelor oder Master (…)“ führten. (HRK 2010: 5) Weiterhin wurde der Forderung nach einem Leistungspunktesystem nachgekommen, indem „zur Anrechnung, Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen und –abschlüssen (…)“ das European Credit Transfer System (ECTS) eingeführt wurde. (HRK 2007: 2)
Die Qualitätssicherung der Hochschulbildung auf institutioneller, nationaler, vor allem aber auf europäischer Ebene stellt ein weiteres zentrales Ziel der Bologna-Erklärung dar und wurde besonders auf der Folgekonferenz in Berlin 2003 thematisiert. Demnach sollten bis zur nächsten Folgekonferenz 2005 einheitliche Kriterien der Qualitätssicherung auf den genannten drei Ebenen erarbeitet werden. (Vgl. BMBF 2003: 3) Dazu wurde in Europa unter anderem das European Network for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) aufgefordert, Standards zur Qualitätssicherung zu entwickeln. (Vgl. ebd.: 4) Diese wurden auf der Folgekonferenz von Bergen 2005 mit dem Bericht „Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area“ durch ENQA vorgelegt. Die Qualitätssicherung soll demnach auf drei Ebenen, nämlich hochschulintern, hochschulextern und in den Qualitätssicherungsagenturen erfolgen. (Vgl. Alphei und Michalk 2006: 5-8)
Auf nationaler Ebene richtete Deutschland bereits am 07. Juli 1999, auf Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 3. Dezember 1998, einen Akkreditierungsrat ein, der zunächst probeweise die Aufgabe der Qualitätssicherung übernehmen sollte. Am 30. November 1999 wurden durch den Akkreditierungsrat „Mindeststandards und Kriterien für die Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen und von Studiengängen mit Bachelor- und Masterabschlüssen (…)“ verabschiedet. (KMK 2010a) Eine staatliche Anerkennung von Bachelor- und Master-Studiengängen ist in der Regel, laut Beschluss des Akkreditierungsrates, nur dann möglich, wenn diese eine Akkreditierung erhalten haben. Um diese zu erhalten, müssen neben anderen Kriterien auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, die Studiengangs Inhalte als Module in Verbindung mit einem Leistungspunktesystem vorliegen. In der Regel schließt ein Modul mit einer das gesamte Modul umfassenden Prüfung zum Erwerb der Leistungspunkte (ECTS) ab. (Vgl. Akkreditierungsrat 2009: 2, 10-11)
Im Hinblick auf die Aspekte der Verschulung und der Arbeitsbelastung, auf die in den Kapiteln 3.1 und 3.2 eingegangen wird, soll zunächst das Leistungspunktesystem - ECTS erläutert werden.
ECTS ist ein Leistungspunktesystem „zur Akkumulierung und Übertragung von Studienleistungen, das auf der Transparenz von Lernergebnissen und Lernprozessen basiert. Es dient dazu, die Planung, Vermittlung/Bereitstellung, Evaluation, Anerkennung/Anrechnung und Validierung[2] von Qualifikationen bzw. Lerneinheiten sowie die Mobilität der Studierenden zu erleichtern.“ (Europäische Kommission 2009: 11)
Im Rahmen dieses Leistungspunktesystems werden ECTS Punkte auf der Basis des erforderlichen Arbeitsaufwandes vergeben, der nötig ist, um das erwartete Lernergebnis zu erreichen. Das Lernergebnis beschreibt, was der bzw. die Studierende „nach dem erfolgreichen Abschluss eines Lernprozesses wissen, verstehen und können“ sollte. (Ders.) Unter Arbeitsaufwand sind alle Aktivitäten subsumiert, die der bzw. die Studierende in der Regel aufwendet, das zu erwartende Lernergebnis zu erreichen. Zu diesen Aktivitäten zählen „beispielsweise Vorlesungen, Seminare, Projekte, praktische Arbeit, Selbststudium und Prüfungen“. (Ders.)
Durch die „Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen“ der Kultusministerkonferenz, in der derzeit gültigen Fassung vom 04.02.2010, wurde der Arbeitsaufwand für einen ECTS Punkt mit 25 bis 30 Stunden bemessen. Weiterhin wurde festgelegt, dass normalerweise je Semester 30 ECTS Punkte, im Studienjahr demzufolge insgesamt 60 Leistungspunkte vergeben werden. (Vgl. KMK 2010b: 2)
„Bachelor-Studiengänge sollen drei- bis vierjährig (180-240 Credits) und Master-Studiengänge ein- bis zweijährig (60-120 Credits) angelegt sein, wobei ein konsekutives[3] Bachelor-/Master-Studium nicht länger als fünf Jahre (300 Credits) betragen darf.“ (Alesi et al 2005: 47)
Wie im Kapitel 2.1 beschrieben müssen Bachelor- und Masterstudiengänge modularisiert sein, um akkreditiert und damit staatlich zugelassen zu werden.
Unter Modularisierung ist das Zusammenfassen von Studieninhalten und –ver-anstaltungen zu thematisch abgeschlossenen und abprüfbaren übergeordneten Einheiten zu verstehen. Diese Einheiten werden Module genannt. (Vgl. KMK 2010b: 1) „Sie können sich aus verschiedenen Lehr- und Lernformen zusammensetzen (z. B. Vorlesungen, Übungen, Praktika, e-learning, Lehrforschung etc.). Ein Modul kann Inhalte eines einzelnen Semesters oder eines Studienjahres umfassen, sich aber auch über mehrere Semester erstrecken.“ (KMK 2010b: 1)
In der Regel wird jedes Modul mit einer Prüfung abgeschlossen, wobei das Ergebnis bei bestandener Prüfung, gegebenenfalls als Note, in die Abschlussnote des Bachelor- bzw. Masterabschlusses einfließt. Gleichzeitig werden die für das Modul festgelegten ECTS Punkte für die bestandene Prüfung und die Teilnahme am Modul vergeben. (Vgl. KMK 2010b: 1-2)
Modularisierte Studiengänge bestehen daher aus mehreren Modulen, die sich in Pflicht- und Wahlpflicht- oder Wahlmodule einteilen lassen. Über die Pflichtmodule soll der Ablauf des Studiums gewährleistet werden. Wohingegen der Wahlpflicht- oder Wahlbereich eine inhaltliche Spezialisierung innerhalb des Studienfachs ermöglicht.
Im ersten Teil der vorliegenden Hausarbeit wurde beschrieben, wie die Forderungen, die sich aus dem Bolognaprozess ergeben, national umzusetzen sind.
Die Umsetzung der beschriebenen Vorgaben soll im folgenden Abschnitt zur Analyse der im Mythos angesprochenen Aspekte „Verschulung“ und „gestiegene Arbeits-belastung“ dienen.
Der Mythos spricht von einem „verschulten Studium“, eine Definition von Verschulung lässt sich jedoch nicht finden. Daher stellt sich auf der einen Seite die Frage danach, was Verschulung bedeutet und auf der anderen Seite die Frage danach, wie ein verschultes Studium real aussieht.
Eine Antwort auf diese Fragen gibt die Hochschulrektorenkonferenz in ihrem Dokument ‚Zahlen und Argumente zur Umsetzung der Studienreform‘ vom 3. Januar 2011. Darin sieht sie die Herausforderung, dem in Veranstaltungen im Bachelorstudium vornehmlich vermittelten Faktenwissen und dem Fehlen von Freiräumen für die „wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten und Methoden des Fachs (…)“ entgegenzuwirken. (HRK 2011: 11)
Eine ähnliche Position wird auch vom Hamburger Bildungswissenschaftler Rolf Schulmeister vertreten. Dieser führte in einem Interview der österreichischen Zeitung “Die Presse“ an, dass weniger Freiraum für das Selbststudium in der derzeit praktizierten Organisation des Semesters zur Verfügung stünde. Ihm zufolge finden die verschiedenen Module parallel, meist verteilt über das Semester in Veranstaltungen zu zwei-Semester-Wochenstunden statt. (Vgl. Witzmann 2010) Schulmeister kritisiert die Umsetzung der bestehenden Modulstruktur wie folgt: „Sie haben zwei Stunden da, zwei Stunden dort, dazwischen eine Stunde Zeit, die aber zu kurz für ein Selbststudium ist. Das Selbststudium geht verloren (…)“ und fügt hinzu, dass es ihm geeigneter scheint, im Sinne der bestehenden Modulstruktur, jedes einzelne Modul als Block abzuhalten, so „dass sich die Studierenden auf ein Thema konzentrieren können.“ (Ders.)
Ein weiterer Aspekt der eng mit der Modularisierung zusammenhängt und zum Verschulungscharakter beiträgt, ist laut Schulmeister die fehlende Wahlfreiheit. So wird das Studium eher als Ausbildung statt als Bildung wahrgenommen. (Vgl. Ders.)
Von studentischer Seite wird die fehlende Wahlfreiheit zum Beispiel durch die Lehramtsstudentin Alexa Tegler in ihrem Aufsatz zur „Studienreform in der Lehrerbildung“ thematisiert. Vorab definiert sie den negativ konnotierten Begriff Verschulung als „starre Strukturen, vorgegebene Inhalte und Lernmethoden und damit einhergehend wenig Freiheiten und wenig Mitbestimmung für die Lernenden (…)“.(Tegler 2010) Sie führt weiter aus: „Verschulung in diesem negativen Sinn findet sich im Studium in Form von wenig Wahlmöglichkeiten bei der Belegung von Lehrveranstaltungen wieder.“ (Ders.)
Auf ihr Lehramtsstudium bezogen bedeutet diese eingeschränkte Wahlfreiheit, dass es neben einer Pflichtvorlesung in einem Modul „ein oder zwei Vertiefungsseminare [gibt], die aus einem Pool von Veranstaltungen gewählt werden können (…)“, wobei es nur sehr wenige „[i]nhaltliche Wahlmöglichkeiten innerhalb einer Veranstaltung (…)“ gibt. (Ders.)
[...]
[1] European Credit Transfer and Accumulation System
[2] Gültigkeit
[3] aufeinanderfolgendes
Diplomarbeit, 81 Seiten
Masterarbeit, 101 Seiten
Seminararbeit, 27 Seiten
Diplomarbeit, 81 Seiten
Masterarbeit, 101 Seiten
Seminararbeit, 27 Seiten
Der GRIN Verlag hat sich seit 1998 auf die Veröffentlichung akademischer eBooks und Bücher spezialisiert. Der GRIN Verlag steht damit als erstes Unternehmen für User Generated Quality Content. Die Verlagsseiten GRIN.com, Hausarbeiten.de und Diplomarbeiten24 bieten für Hochschullehrer, Absolventen und Studenten die ideale Plattform, wissenschaftliche Texte wie Hausarbeiten, Referate, Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Diplomarbeiten, Dissertationen und wissenschaftliche Aufsätze einem breiten Publikum zu präsentieren.
Kostenfreie Veröffentlichung: Hausarbeit, Bachelorarbeit, Diplomarbeit, Dissertation, Masterarbeit, Interpretation oder Referat jetzt veröffentlichen!
Kommentare