Der Beschluss zur Aufgabe der Kernenergie ist eine Angelegenheit, die in ihrer Vielschichtigkeit nicht nur die Politik betrifft, sondern ebenfalls einen Einfluss auf die Industrie, die Wirtschaft, die Ethik und den Umweltschutz hat. Die Fragen nach der Verwendung von Kernenergie, nach Sicherheitsgarantien- und maßnahmen, langfristigen Folgen, Endlagerung und Alternativen lassen sich in dem tendenziellen Begriff der Energiewende zusammenfassen. Spätestens nach dem Reaktorunglück von Fukushima scheint sich ein gesellschaftlicher und medialer Konsens zum Atomausstieg herauskristallisiert zu haben. Ein Konsens, der nicht nur ethische, politische und philosophische Diskussionen, sondern ebenfalls technische Entwicklungsprozesse vorangetrieben hat. Geforscht wird an alternativen, nachhaltigen und regenerativen Energien, um weiterhin den stetig wachsenden Bedarf an Strom decken zu können. Ein Bewusstseinswandel hat eingesetzt, der zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Ressourcen und der Umwelt führen soll. Doch auch hier gibt es divergierende Interessen, Überzeugungen und Meinungen.
Index:
1. Der Atomausstieg Deutschlands als historischer Fortschritt
1.1 Einleitung
1.2 These
2. Bewusstseinswandel
2.1 Der Atomausstieg in der Praxis
2.2 Legitimation der Kernenergie
2.3 Technischer Fortschritt
2.4 Erfahrungshorizont und Nachhaltigkeit
3. Kant und der Begriff der Vernunft
3.1 Der Geschichtsbegriff und die Nutzbarmachung der Natur
3.2 Naturanlagen und Vernunft
3.3 Die weltbürgerliche Absicht
4. Historischer Fortschritt durch Kurskorrektur
4.1 Atomausstieg und Vernunft
4.2 Das globale Energieproblem und die Moral
5. Abschließende Stellungnahme
Literatur
1. Der Atomausstieg Deutschlands als historischer Fortschritt
1.1 Einleitung
Der Beschluss zur Aufgabe der Kernenergie ist eine Angelegenheit, die in ihrer Vielschich- tigkeit nicht nur die Politik betrifft, sondern ebenfalls einen Einfluss auf die Industrie, die Wirtschaft, die Ethik und den Umweltschutz hat. Die Fragen nach der Verwendung von Kernenergie, nach Sicherheitsgarantien- und maßnahmen, langfristigen Folgen, Endlage- rung und Alternativen lassen sich in dem tendenziellen Begriff der Energiewende zusam- menfassen.1 Spätestens nach dem Reaktorunglück von Fukushima scheint sich ein gesell- schaftlicher und medialer Konsens zum Atomausstieg herauskristallisiert zu haben.2 Ein Konsens, der nicht nur ethische, politische und philosophische Diskussionen, sondern ebenfalls technische Entwicklungsprozesse vorangetrieben hat. Geforscht wird an alterna- tiven, nachhaltigen und regenerativen Energien, um weiterhin den stetig wachsenden Be- darf an Strom decken zu können.3 Ein Bewusstseinswandel hat eingesetzt, der zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Ressourcen und der Umwelt führen soll. Doch auch hier gibt es divergierende Interessen, Überzeugungen und Meinungen. Nach der anfängli- chen Euphorie in den 60ern steht die Kernenergie heutzutage stark in der Kritik. Doch wo- her kommt diese Kritik? Haben Forschung und Entwicklung an der Kernenergie nicht auch tausende Arbeitsplätze geschaffen, physikalische und astronomische Rätsel gelöst und zuletzt unzählige Haushalte mit Strom versorgt? Ist die Kernenergie tatsächlich so viel sauberer als konventionelle Kohlekraftwerke?4
1.2 These
Gegenstand dieser Hausarbeit ist die Frage nach dem historischen Fortschritt. Untersucht werden soll der gesellschaftliche, politische und ethische Wandel in Bezug auf die Einstellung zur Kernenergie. Daher stelle ich die These auf:
„ Der Atomausstieg in Deutschland ist ein historischer Fortschritt. “
2. Bewusstseinswandel
2.1 Der Atomausstieg in der Praxis
In der politischen Praxis ist eine Abschaltung der Kernkraftwerke vorgesehen. Diese Schrittweise Stilllegung der Reaktoren hat in Deutschland ihren bisherigen Höhepunkt im Jahre 2011 erreicht. Nach dem Reaktorunglück von Fukushima, Japan beschloss die Bundesregierung alle 17 verbleibenden Reaktoren einer ausgedehnten Sicherheitsprüfung zu unterziehen, das sogenannte Atom-Moratorium. Im November des Jahres wurde dann per Gesetz ein gestaffelter Ausstieg bis zum Jahre 2022 festgelegt, sowie eine sofortige Betriebsaufgabe für acht Kraftwerke verordnet, welche die Sicherheitsbestimmungen nicht mehr vollständig erfüllen.5 Gleichzeitig forderte die Bundesregierung eine intensivere Nutzung von alternativen, regenerativen Energien wie bspw. Windparks, Wasserkraft, Solar- und Geothermalenergie:
„Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung soll wie bisher schon geplant bis 2020 auf mindestens 35 Prozent steigen, bis 2030 auf 50 Prozent, bis 2040 auf 65 Prozent und bis 2050 auf 80 Prozent. Zugleich soll der Stromverbrauch sinken und zwar bis 2020 um zehn Prozent.6 Festgehalten wird diese Entwicklungsforderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz.7 Weiterhin Teil des Atomausstiegs ist der Ausbau der Stromnetzwerke, um bspw.
Windenergie, die in der Nordsee und deren Küste gewonnen wird, innerhalb von Deutschland ohne großartigen Energieverlust zu verteilen. Darüber hinaus sollen neue, schonendere und effizientere Gas- und Kohlekraftwerke fertiggestellt werden um den Energiebedarf decken zu können. Eine weitere Maßnahme der Bundesregierung ist die staatlich subventionierte Gebäudesanierung, um den Energieverbrauch bspw. bei den Heizkosten zu verringern.8
2.2 Legitimation der Kernenergie
Die Vordenker der Renaissance suchten ihre Vorbilder in der Antike. Nach dem finsteren Mittelalter erfolgte eine Rückbesinnung auf alte Werte und Errungenschaften. Dieses verschüttete wissen wurde durch die Wiederentdeckung in den alten Bibliotheken zuerst modernisiert und dann in die Wissenschaft, die Technik, die Philosophie usw. integriert. In der Moderne änderte sich diese Einstellung und fortan wurde der Fokus auf die Zukunft gelegt. Aus Nachahmung der Natur in der Antike wurde in der Moderne eine technische Beherrschung der Natur. Die Denker sahen sich als vorbildlos und bisher ging es ihnen primär um Leistungssteigerung. In der Moderne war Fortschritt bisher immer mit Grenzüberschreitung, Entwicklung und Verbesserung verbunden. Doch es stellt sich beim Atomaussteig die Frage, ob Fortschritt gemessen an einem Zuwachs an Leistung in diesem Fall tatsächlicher Fortschritt ist.
2.3 Technischer Fortschritt
Rein technisch gesehen ist der Output von Kernkraftwerken etwas effizienter als der von alternativen Energien und fossilen Brennstoffen. Der Ertrag und die Leistungsfähigkeit von bspw. Kohlekraftwerken wird überschritten und technologiehistorisch gesehen ist der Prozess der Kernspaltung ebenfalls fortschrittlicher als die Wärmeerzeugung durch Braun- oder Steinkohle. Doch spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg und dem nuklearen Wettrüsten im Kalten Krieg entwickelte sich ein Bewusstsein, demnach technischer Wissensfortschritt im Krieg durch Waffen den Menschen nicht voran bringt, sondern ihn zivilisatorisch und ethisch eher zurückdrängt. Die Arterhaltung und wahren Ziele des Menschen als Maßstab für Fortschritt galten als bedroht. Die Metrik des historischen Fortschritts änderte hier ihren Fokus. Zur etablierten Metrik der technische Leistungsfähigkeit und des Wachstum, beides zentrale Faktoren des Fortschritts in der westlichen Welt, etablierte sich in Bezug auf Ressourcenverwendung und Energiegewinnung die Fragen nach der Emissionsreduzierung, des Umweltschutzes, des Raubbaus, der Klimaerwärmung usw. Wie das Industriezeitalter besonders gut gezeigt hat, wurde die Geschichte bisher größtenteils von technischen Mechanismen des Fortschritts vorangetrieben.9
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1 Vgl.: http://www.bmu.de/energiewende/aktuell/47760.php
2 Vgl.: http://www.spiegel.de/thema/atomausstieg/
3 Vgl.: http://www.unendlich-viel-energie.de/de/politik/weltweit.html
4 Vgl.: http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/2_06_bmu.pdf
5 Vgl.: http://www.tagesschau.de/inland/fahrplanatomausstieg100.html
6 Vgl.: http://www.welt.de/wirtschaft/article13425691/Deutschland-schaltet-ab-und-Europa-zahlt.html
7 Vgl.: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/eeg_2009/gesamt.pdf
8 Vgl.: http://www.zeit.de/2011/31/Energiewende-Atomausstieg
9 Vgl.: http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/2_06_bmu.pdf