Dass die Europäische Währungsunion kein optimaler Währungsraum im Sinne der Theorie der optimalen Währungsräume ist, ist in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend Konsens. Die Frage nach einer solchen Optimalität eines Währungsraumes ist dabei vor allem die Frage, unter welchen Bedingungen es sich für eine Gruppe von Ländern lohnt, sich zu einer gemeinsamen Währungsunion zusammenzuschließen. Dementsprechend ist es das Anliegen der vorliegenden Arbeit die Frage aufzuwerfen, was die notwendigen ökonomischen Bedingungen sind, die zur Erreichung eines bestmöglichen Zustandes im Sinne eines optimalen Währungsraumes führen können. Hier soll also weniger gefragt werden, welche konkreten politischen Maßnahmen vonnöten sind, um die Defizite der Europäischen Währungsunion zu beseitigen, sondern vielmehr welche ökonomischen Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit die Länder der Eurozone einen optimalen Währungsraum bilden könnten.
Zur Beantwortung dieser Frage wird im Folgenden zuerst die Theorie der optimalen Währungsräume vorgestellt. Daran anknüpfend wird die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen gemeinsamer Währungsräume erörtert und abschließend die Frage nach der Europäischen Währungsunion als optimaler Währungsraum und die damit verknüpften ökonomischen Bedingungen beantwortet.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Ursprung der Theorie der optimalen Währungsräume
3 Die Kritik an der Theorie optimaler Währungsräume
4 Kosten und Nutzen gemeinsamer Währungsräume
5 Die Europäische Währungsunion als optimaler Währungsraum
6 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Auswirkungen eines asymmetrischen Nachfrageshocks
auf die aggregierte Nachfrage in Frankreich und Deutschland
Abbildung 2: Zwei Ansichten möglicher Auswirkungen einer verstärkten Handelsintegration
Abbildung 3: Zwei Ansichten über Kosten und Nutzen einer
Währungsunion
Literaturverzeichnis
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1 Einleitung
Dass die Europäische Währungsunion kein optimaler Währungsraum im Sinne der Theorie der optimalen Währungsräume ist, ist in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend Konsens. Die Frage nach einer solchen Optimalität eines Währungsraumes ist dabei vor allem die Frage, unter welchen Bedingungen es sich für eine Gruppe von Ländern lohnt, sich zu einer gemeinsamen Währungsunion zusammenzuschließen. Dementsprechend ist es das Anliegen der vorliegenden Arbeit die Frage aufzuwerfen, was die notwendigen ökonomischen Bedingungen sind, die zur Erreichung eines bestmöglichen Zustandes im Sinne eines optimalen Währungsraumes führen können. Hier soll also weniger gefragt werden, welche konkreten politischen Maßnahmen vonnöten sind, um die Defizite der Europäischen Währungsunion zu beseitigen, sondern vielmehr welche ökonomischen Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit die Länder der Eurozone einen optimalen Währungsraum bilden könnten.
Zur Beantwortung dieser Frage wird im Folgenden zuerst die Theorie der optimalen Währungsräume vorgestellt. Daran anknüpfend wird die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen gemeinsamer Währungsräume erörtert und abschließend die Frage nach der Europäischen Währungsunion als optimaler Währungsraum und die damit verknüpften ökonomischen Bedingungen beantwortet.
2 Der Ursprung der Theorie der optimalen Währungsräume
Der Begriff des optimalen Währungsraumes geht auf den amerikanischen Ökonomen und Nobelpreisträger Robert Mundell zurück. Dieser hatte 1961 in dem einflussreichen Artikel „A Theory of Optimum Currency Areas“ die Frage aufgeworfen, was der optimale Bereich[1] eines gemeinsamen Währungsraumes sei, wobei ein gemeinsamer Währungsraum als ein Bereich definiert wurde, innerhalb dessen feste Wechselkurse zwischen verschiedenen Ländern herrschen.[2] Hiermit wurde, wie Broz anführt, das erste Mal dezidiert eine Perspektive eingenommen, der zufolge nationale Grenzen und die Grenzen eines Währungsraumes nicht notwendigerweise übereinstimmen müssen. Dieses Gedankenspiel war 1961, dies schreibt auch Mundell, zwar in erster Linie intellektuell-akademischer Natur, sollte sich jedoch vor allem im Hinblick auf Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union als sehr weitsichtig erweisen.[3] Eine gemeinsame Währung wird nun durch eine gemeinsame Zentralbank verwaltet. Dieser Verzicht der einzelnen Länder auf ihre jeweiligen nationalen Geldpolitiken kann dabei als der entscheidende Kostenfaktor in der Analyse der optimalen Währungsräume verstanden werden. Im Falle makroökonomischer Erschütterungen, die die jeweiligen Länder je unterschiedlich betreffen, könnte eine einheitliche Geldpolitik, die allen Ländern der Währungsunion nützt, nicht mehr gefunden werden. Die Zentralbank kann nämlich, so Görgens et al. auf kein einzelnes Land mehr Rücksicht nehmen, sondern müsste sich stets am gesamten Währungsraum orientieren.[4]
Mundell verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand eines einfachen Beispiels, in dem zwei Länder betrachtet werden, die einmal eine solche gemeinsame Währung besitzen, in einem anderen Fall über jeweils eigene nationale Währungen verfügen. Hierbei betrachtet er vor allem die jeweiligen Auswirkungen sogenannter asymmetrischer Shocks. Diese sind makroökonomische exogene Erschütterungen, wie etwa Konjunkturübertragungen, internationale Zinsanstiege oder Weltmarktpreissteigerungen durch internationale Nachfrageverschiebungen, die sich auf verschiedene Länder je unterschiedlich auswirken.[5]
Im Anschluss an Grauwe könnte man nun folgendes Beispiel anführen: Wir betrachten Deutschland und Frankreich und unterstellen eine Nachfrageverschiebung von französischen hin zu deutschen Produkten. Dies wird dazu führen, dass die Nachfrage nach deutschen Produkten steigt, während die nach französischen Produkten sinkt (Vgl. Abb. 1). In der Folge dieser Entwicklung wird die Arbeitslosigkeit in Frankreich steigen und in Deutschland abnehmen, wobei in Deutschland allerdings Preissteigerungen, also höhere Inflationsraten zu erwarten sind.[6]
Die Auswirkungen eines asymmetrischen Nachfrageshocks seien in Abb. 1 noch einmal verdeutlicht.
[...]
[1] Ein optimaler Währungsraum, so McKinnon, ist dabei ein gemeinsamer Währungsraum, in dem die drei teilweise konfligierenden Ziele (1) Vollbeschäftigung, (2) ausgeglichene internationale Zahlungsbilanzen und (3) stabiles internes Preisniveau gleichzeitig und bestmöglich verwirklicht werden können. Vgl. McKinnon 1693, S. 717.
[2] Vgl. Mundell 1961, S. 657.
[3] Vgl. Broz 2005, S. 54f.
[4] Vgl. Görgens et al. 2004, S. 12.
[5] Vgl. Rübel 2009, S. 203f.
[6] Vgl. Grauwe 2009, S. 5f.