Hinter dem Terrorismus steckt eine ausgeklügelte Strategie, die ihn zu einer äußerst gefährlichen Waffe und Bedrohung für die Menschen und den Rechtsstaat werden lässt. In Spanien muss sich die Regierung seit über 50 Jahren mit den Machenschaften der „Euskadi ta Askatasuna“, kurz ETA, auseinandersetzen. Im Lauf der Zeit unterlief diese Vereinigung bessere und schlechtere Zeiten, konnte sich jedoch stets neu formieren und neue blutrünstige Anschläge ausüben.
Ziel dieser Arbeit ist eine terrorismustheoretische Einordnung der gewalttätigen baskischen Terrorgruppe ETA und hierfür werden bestimmte Kriterien verwendet, die für die jeweilige Einordnung sprechen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Spezifische Attribute des Terrorismus
2.1 Begriffsexplikation
2.2 Konsens aus Terrorismusdefinitionen
3. Klassifizierungsmöglichkeiten von Terrorismus-Typologien
3.1 Terrorismusformen nach der räumlichen Ausdehnung
3.1.1 Nationaler Terrorismus
3.1.2 Internationaler Terrorismus
3.2 Terrorismusformen nach Subjekt der Durchführung
3.2.1 Terrorismus von oben
3.2.2 Terrorismus von unten
3.3 Terrorismusformen nach Modus Operandi
3.3.1 Konventioneller Terrorismus
3.3.2 Superterrorismus
3.4 Terrorismusformen nach Motivation und Zielsetzung
3.4.1 Sozialrevolutionärer Terrorismus
3.4.2 Ethnisch-nationalistischer bzw. nationalistisch-separatistischer Terrorismus
4. Konturen der ETA als terroristische Vereinigung
4.1 Gewaltanwendung über bestimmten Zeitpunkt
4.2 Geplante und organisierte Gewalt
4.3 Politische Motivation
4.4 Terroristische Mittel
4.4.1 Gewalttaten
4.4.2 Medien
4.4.3 Politische Vertretung
4.5 Hauptziele
4.5.1 Beeinflussung der Zielgruppe
4.5.2 Zerstörung des spanischen Staates und Befreiung des Baskenlandes
5. Terrorismustheoretische Zuordnung
6. Kommentar zur ETA
7. Schluss
Bibliographie
1. Einleitung
„Man hat also, soweit es die Umstände gestatten, eine natürliche Pflicht, Ungerechtigkeiten zu beseitigen und bei den schlimmsten anzufangen, die am weitesten von der vollkommenen Gerechtigkeit abweichen“. (Rawls 1975: S.278.)
Dieses Zitat des amerikanischen Philosophen John Rawls könnte genauso gut von einer terroristischen Vereinigung stammen, die in ihren Handlungen die natürliche Pflicht zur Bekämpfung von Ungerechtigkeit sieht. Das illegitime Fehlverhalten in Bezug auf die Gewaltanwendung gerät dabei in den Hintergrund. Verantwortlich für das Entstehen terroristischer Vereinigungen und die Bereitschaft zur Gewaltanwendung sind unter anderem ein ideologisch geprägtes Weltbild und eben diese Realitätswahrnehmung. Diese Einstellung stellt nicht nur ein Problem für den Rechtsstaat dar, sondern auch für die Bevölkerung, denn bei Betrachtung der Datenerfassung von Europol zu diesem Thema machten im Jahre 2010 Attentate von Separatisten den größten Teil von Terroranschlägen aus mit steigender Tendenz. (Vgl. UNAOC 2011: o.S.)
Hinter dem Terrorismus steckt eine ausgeklügelte Strategie, die ihn zu einer äußerst gefährlichen Waffe und Bedrohung für die Menschen und den Rechtsstaat werden lässt. In Spanien muss sich die Regierung seit über 50 Jahren mit den Machenschaften der „Euskadi ta Askatasuna“[1], kurz ETA, auseinandersetzen. Im Lauf der Zeit unterlief diese Vereinigung bessere und schlechtere Zeiten, konnte sich jedoch stets neu formieren und neue blutrünstige Anschläge ausüben.
Ziel dieser Arbeit ist eine terrorismustheoretische Einordnung der gewalttätigen baskischen Terrorgruppe ETA und hierfür werden bestimmte Kriterien verwendet, die für die jeweilige Einordnung sprechen.
2. Spezifische Attribute des Terrorismus
2.1 Begriffsexplikation
In der Literatur kann zwischen den beiden Termini Terror und Terrorismus differenziert werden, aber die Ähnlichkeit der Namensgebung weist eine gemeinsame Tendenz auf. Beide Begriffe leiten sich vom Lateinischen „terror,-is“ ab und lassen sich mit Furcht beziehungsweise Schrecken übersetzen und bestehen bereits seit der Antike. Während der französischen Revolution besaß das „régime de la terreur“ für Revolutionäre wie Maximilien de Robbespierre einen positiven Beiklang, indem versucht wurde zur Schaffung einer neuen Gesellschaftsordnung beizutragen. (Vgl. Hoffmann 2007: S.23.) Dies erklärt die Auffassung De Robbespierres zur damaligen Zeit:
„Terror ist nichts anderes als Gerechtigkeit, sofortige, unnachsichtige und unbeugsame Gerechtigkeit; er stellt daher eine Ausdrucksform der Tugend dar.“ (Reichardt 1988: S.68f.)
Mit der Zeit entstanden immer neuartigere Formen von Terrorismus, was die Formulierung einer allgemein gültigen Definition erschwerte und zu einer negativen Assoziation führte. Im Jahre 2005 initiierte Kofi Annan in der UNO Hauptversammlung den Versuch einer Definition, indem er jede Handlung, die darauf abzielt, durch Tötung oder schwerer Verletzung von Zivilpersonen oder Nicht-Kombattanten die Bevölkerung einzuschüchtern oder die Regierung oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen, als Terrorismus charakterisierte. (Vgl. Scheerer 2006: S.511.)
Der Terrorismusforscher, Peter Waldmann, erweitert diese Auslegung:
„Terrorismus sind planmäßig vorbereitete, schockierende Gewaltanschläge gegen die politische Ordnung aus dem Untergrund. Sie sollen allgemeine Unsicherheit und Schrecken, daneben aber auch Sympathie und Unterstützungsbereitschaft erzeugen. Terrorismus, das gilt es festzuhalten, ist primär eine Kommunikationsstrategie.“ (Waldmann 2005: S.10.)
Diese Definition hat große Ähnlichkeit mit der Arbeitsdefinition von Andersen und Woyke:
„Der Terrorismus ist eine Form des politischen Extremismus. Durch die systematische Anwendung von Gewalt insbesondere auf ausgewählte Repräsentanten des "Systems" soll die "herrschende Schicht" verunsichert und die "unterdrückte Klasse" mobilisiert werden - z.B. dadurch, dass der Staat mit seinen Abwehrmechanismen überreagiert.“ (Andersen/Woyke 2003: o.S.)
2.2 Konsens aus Terrorismusdefinitionen
Auch wenn es bis heute nicht möglich ist, das Phänomen Terrorismus eindeutig zu definieren, lässt sich ein gewisser Konsens aus diesen angeführten Definitionen ableiten. Terrorismus zielt immer auf einen selbst definierten Feind ab, auch wenn unterschiedlich motivierte Ziele Anlass für terroristische Handlungen sein können. Hier lässt sich differenzieren zwischen politisch, religiös oder ideologisch motivierten Absichten, die stets unter Gewaltanwendung ausgeführt werden. Die Gewalttat ist eine Methode, um Propaganda zu betreiben und ermöglicht somit die Öffentlichkeit zu erreichen und gegebenenfalls Dritte zu mobilisieren.
„Die einzige Tat macht mehr Propaganda in wenigen Tagen als tausend Pamphlete. Die Regierung wütet gnadenlos; aber dadurch bewirkt sie nur, dass weitere Taten begangen werden und spornt die Aufstände zum Heldentum an.“ (Waldmann 2005: S.55.)
„Propaganda der Tat“ gilt als Devise der Terrorismusstrategie, um den Feind einzuschüchtern und politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Ein wichtiges Charakteristikum von terroristischen Gruppierungen ist, dass das Erlangen von Territorium im militärischen Sinne nicht zur Terrorismusstrategie zählt und diese Eigenschaft bietet somit eine Abgrenzungsmöglichkeit zum Partisanenkampf. (Vgl. Elter 2006: S.1060.)
Je nach Grad der Ausprägung des jeweiligen Kriteriums lassen sich verschiedene Terrorismusklassifikationen unterscheiden.
3. Klassifizierungsmöglichkeiten von Terrorismus-Typologien
Ähnlich wie die Tatsache, dass es keine allgemein gültige Terrorismusdefinition existiert, verhält es sich auch mit den Terrorismustypen. Grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal von Terrorismus ist die Frage, wer die terroristischen Anschläge veranlasst, das heißt, ob die Drahtzieher von staatlicher Seite oder aus den Reihen der Bevölkerung stammen. Eine weitere mögliche Unterscheidung liefert die Unterteilung nach Motivation und Zielsetzung, beziehungsweise Ideologie. Dabei soll in dieser Arbeit der religiös motivierte Terrorismus und seine Ausläufer ausgeklammert werden. Desweiteren kann differenziert werden nach Modus Operandi, dies meint die Art des Handels und Durchführungsformen sowie nach Grad der räumlichen Ausdehnung, das heißt welchen Aktionsradius die Strategie der Terroristen einnimmt.
3.1 Terrorismusformen nach der räumlichen Ausdehnung
3.1.1 Nationaler Terrorismus
Diese Terrorismusform wird auch als „interner Terrorismus“ bezeichnet, denn der Aktionsradius und die Strategie sind auf das Territorium eines Staates beschränkt. Das heißt, die Terroristen üben in erster Linie ihre Attentate im Inland aus. Täter und Opfer weisen die gleiche Nationalität auf oder unterliegen einer identischen staatlichen Gewalt. Der Aktionsradius steht dabei in engem Zusammenhang mit den Zielen der Terroristen, weil diese vor allem Veränderungen im eigenen Staat wünschen. (Vgl. Glaab 2007: S.12f.)
3.1.2 Internationaler Terrorismus
Man spricht vom internationalen Terrorismus, wenn sich die Ziele des Terrorismus auf staatsinterne Angelegenheiten beziehen aber über die Landesgrenzen hinaus betrieben werden. Umfassen die jeweiligen Absichten einen weltweiten Aktionsradius, nennt man diese Erscheinungsform transnationaler beziehungsweise globaler Terrorismus. (Vgl. Glaab 2007: S.12f.)
3.2 Terrorismusformen nach Subjekt der Durchführung
3.2.1 Terrorismus von oben
Hierbei handelt es sich um den sogenannten Staatsterrorismus, besser ausgedrückt wäre staatlich organisierter Terrorismus, der Aktionsformen meint, die von staatlichen Vertretern angeordnet werden, deshalb spricht hier auch von „Terrorismus von oben“. (Vgl. Stelzer 1993: S.2f.)
3.2.2 Terrorismus von unten
Das Gegenstück hierzu stellt der „Terrorismus von unten“ dar, der auch als insurgent terrorism[2] bezeichnet wird. Dieser beschreibt Aktionen von bestimmten Gruppierungen, zumeist Minderheiten innerhalb einer Bevölkerung, die sich gegen eine staatliche Ordnung auflehnen. (Vgl. Stelzer 1993: S.2f.) Die jeweiligen Motive und Ziele der Terroristen liefern zusätzlich die Möglichkeit einer spezifischeren Unterteilung.
3.3 Terrorismusformen nach Modus Operandi
3.3.1 Konventioneller Terrorismus
Wie der Name bereits vermuten lässt handelt es sich hier um „einfache“ kriminelle Mittel, die im Zuge der Terrorismusstrategie zum Einsatz kommen. Hierzu zählen Entführungen von Einzelpersonen sowie Erpressungen, Hinrichtungen, (Bomben-) Drohungen und Anschläge. Dabei ist der Wirkungsgrad besonders hoch und ein mittleres Medieninteresse vorprogrammiert. Als klassische Waffen der Terroristen gelten Schusswaffen und Bomben.
3.3.2 Superterrorismus
Der Superterrorismus zeichnet sich durch zwei Typen aus. Zum Einen den sogenannten NBC-Terrorismus[3] oder auch als MVW-Terrorismus[4] bezeichnet und zum Anderen den Cyberterrorismus. Während beim NBC-Terrorismus Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen, stellen im Cyberterrorismus Computer und Computernetzwerke die Waffen dieser Terrorismusform dar, indem sie elektronische Steuerungssysteme manipulieren. Kennzeichnend in beiden Fällen ist ein besonders hohes Medieninteresse. (Vgl. Hutter 2001: S.483f.)
3.4 Terrorismusformen nach Motivation und Zielsetzung
3.4.1 Sozialrevolutionärer Terrorismus
Unter „sozialrevolutionär“ versteht sich das Handeln von Subjekten, die sich für eine radikale Verbesserung wirtschaftlich Benachteiligter einsetzen. Grundsätzlich besitzt diese Einstellung nichts Verwerfliches, jedoch birgt sie ihre Tücken sobald Gewalt als Druckmittel gegen führende Personen des Systems eingesetzt wird. In dieser Situation verliert die ursprüngliche „Robin-Hood-Assoziation“ jeglichen Rückhalt und Legitimation. Während der französischen Revolution bekam der sozialrevolutionäre Ansatz eine kommunistische Komponente zugesprochen, als sich die ausgebeutete Klasse gegen ihre Unterdrücker erhob. Mit der Zeit wurde der Marxismus als politische Bewegung ein Teil dieser Weltanschauung und zählte fortan zur Grundlage dieser Terrorismusstrategie. Maßgeblich für den sozialrevolutionären Terrorismus ist der Umsturz der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung hochindustrialisierter Staaten und die partielle Etablierung einer neuen Ordnung mit Hilfe des Konzepts der Stadtguerilla. (Vgl. Glaab 2007: S.12f.)
3.4.2 Ethnisch-nationalistischer bzw. nationalistisch-separatistischer Terrorismus
In der Literatur existieren unterschiedliche Bezeichnungen zu dieser Terrorismusform. So ist zum Einem die Rede von ethnisch-nationalistischen und zum Anderen vom nationalistisch-separatistischen Terrorismus. Letztere Bezeichnung leitet sich von Separatismus ab, was die „politische Absicht eines Teils der Bevölkerung, sich aus einem Staatsverband zu lösen, um einen eigenen Staat zu gründen bzw. sich einem anderen Staat anzugliedern“, ausdrückt. (Schubert/Klein 2011: o.S.) Der ethnisch-nationalistische Terrorismus betont die Einzigartigkeit der ethnischen Identität und den Kampf für eine Ausweitung ihrer Autonomierechte oder „der Sezession von einem Territorialstaat mit nachfolgender Gründung eines eigenen Staates auf Basis der ethnischer Dominanz und Homogenität“. (Heitmeyer/Schröttle 2006: S.496.) Dabei kann sich die ethnische Besonderheit historisch entwickelt haben und ihre kulturellen Gemeinsamkeiten in Form von einer eigenen Sprache oder Religion zum Ausdruck kommen. Die Konfliktivität als traditionelles Erbe ist ein unausweichliches Charakteristika dieser Terrorismusform. (Vgl. Thamm 2002: o.S.)
Beachtlich ist, dass die Auslöser für den bewaffneten Kampf stark differieren. Dennoch lässt sich generalisieren, dass die Verfolgung oder die Unterdrückung der jeweiligen Volksgruppe durch die jeweilige Zentralregierung als Grund für den Ausbruch und Entstehung dieser Terrorismusform genannt werden kann. Das Verteidigungsmoment gegenüber dem „Peiniger“ tritt dadurch in den Vordergrund. (Imbusch 2006: S.497.)
[...]
[1] Übersetzung: Baskenland und Freiheit
[2] Übersetzung: aufständischer Terrorismus
[3] NBC ist die englische Abkürzung für „nuclear-biological-chemical“
[4] MVW ist die deutsche Abkürzung für Massenvernichtungswaffen