Zunächst soll in dieser Arbeit ein knapper Überblick der Schlacht bei Pylos und die Verhandlungen der Lakedaimonier mit Athen gegeben werden. Im Folgenden sollen die Entwicklungen in beiden Poleis Sparta und Athen in der Folge der Schlacht betrachtet werden. Zum Abschluß der Arbeit soll noch ein Blick auf die direkte Folgezeit geworfen werden, in dem die Wirkung der jeweiligen Veränderungen betrachtet werden soll. Dies alles soll der Klärung der Frage dienen, ob Athen durch seine Haltung nach Pylos die Veränderungen in Sparta, die zur attischen Niederlage im Jahre 404 v.Chr. beitrugen, selbst herbeiführt. Unter dem Begriff 'Schlacht bei Pylos' möchte ich hierbei die beiden zeitgleichen Kämpfe, den Kampf auf dem Festland bei Pylos und die Gefechte auf der dem Hafen vorgelagerten Insel Sphakteria fassen.
Inhaltsverzeichnis
1 Inhaltsverzeichnis
2 Einleitung
3 Die Schlacht bei Pylos und Friedensverhandlungen
4 Veränderungen nach der Schlacht
4.1 Sparta
4.2 Athen
5 Die Auswirkungen der Veränderungen
6 Fazit
7 Abkürzungsverzeichnis
8 Quellen- und Literaturverzeichnis
2 Einleitung
„ Nun ist aber das Überschreiten dieses Ziels nicht etwa bloß eine unnütze Kraftanstrengung, die keinen Erfolg mehr gibt, sondern eine verderbliche, welche Rückschläge verursacht, und diese Rückschläge sind nach einer ganz einfachen Erfahrung immer von unverhältnismäßiger Wirkung.“[1]
So beschreibt Carl von Clausewitz die Problematik, die entsteht, wenn eine glückliche Situation und militärische Überlegenheit für absolut gehalten wird. Eine Lage, in der sich Athen nach dem Sieg über Sparta bei Pylos wiederfand. All diese Informationen können wir Thukydides' Werk 'Vom Peloponnesischen Krieg' entnehmen. Er ist der einzige antike Autor, der sich explizit mit den Ereignissen des Peloponnesischen Krieges auseinandersetzt. Die ihm folgenden Schilderungen des Xenophon in der Hellenika schließen an Thukydides' Bericht direkt an.
Athen wägte sich 425 v.Chr. in einer überlegenen und unanfechtbaren Position gegenüber den Lakedaimoniern, lehnte deren Angebot zum Friedensschluß durch die über die Maßen erhöhten Forderungen Kleons ab und beharrte auf seiner Position, anstatt zu einem für beide Seiten akzeptablen Vergleich zu kommen.[2] Im Folgejahr musste Athen mehrere größere Niederlagen hinnehmen; die Niederlage gegen die Boiotier bei Delion, sowie den Feldzug des Brasidas durch Makedonien auf die Chalkidike, welcher in seiner Folge schwere Schäden für die attische Flottenrüstung verursachte, sind hier zu nennen. Doch sind diese Niederlagen Athens nicht unbegründet. Sparta befand sich nach der Niederlage bei Pylos in einer prekären Situation. Thommen spricht sogar von einer „Erschütterung für das spartanische Staatswesen“[3], welche, durch die Einnahme von Kythera durch attische Verbände kurz darauf, sogar noch verstärkt worden sein dürfte. Diese Erschütterung führte auf lakonischer Seite zu einer veränderten Heereszusammensetzung und zu einer aggressiveren Vorgehensweise im Konflikt mit Athen.[4] Hierin zeigt sich, auch nach Bleckmanns Meinung, wiederum die dargestellte These Clausewitz', dass Athen es versäumt habe, „unter besonders günstigen Bedingungen Frieden zu schließen“[5]. Ein wenig anders wird die Ablehnung des lakonischen Angebotes von Bleicken betrachtet: „[...] der Wille, sich besonders gegenüber Sparta als führende Stadt durchzusetzen, ferner auch Übermut und Besitzerstolz.“[6] Hier wird weniger auf die verpasste Gelegenheit, als vielmehr auf ein generelles Verhaltensmuster Athens angespielt, welches sich sich in Überheblichkeit niederschlug. Mit dem Sieg bei Pylos, ist laut Delbrück das Kriegsziel, wie es Clausewitz vorsieht, erreicht und dennoch führt Athen den Krieg weiter. Hier sieht Delbrück, wie Thommen, eine versäumte Möglichkeit Athens zum Frieden.[7] Den Werken vieler Autoren ist eine sehr enge Beschreibung der Hergänge aus attischer Sicht vorzuwerfen, die sich nur in wenigen Punkten auf die lakonische Sicht stützt. Obschon sich diese Sichtweise aus der Quellenlage[8] ergibt, soll die vorliegende Arbeit auch einen Blick auf die Entwicklungen in Sparta lenken und klären, inwiefern die Ereignisse bei Pylos einen einschneidenden Charakter in die Kriegsführung und Vorgehensweise der Poleis Athen und Sparta hatte. Zunächst soll in dieser Arbeit ein knapper Überblick der Schlacht bei Pylos und die Verhandlungen der Lakedaimonier mit Athen gegeben werden. Im Folgenden sollen die Entwicklungen in beiden Poleis Sparta und Athen in der Folge der Schlacht betrachtet werden. Zum Abschluß der Arbeit soll noch ein Blick auf die direkte Folgezeit geworfen werden, in dem die Wirkung der jeweiligen Veränderungen betrachtet werden soll. Dies alles soll der Klärung der Frage dienen, ob Athen durch seine Haltung nach Pylos die Weichenstellung in Sparta für die attische Niederlage im Jahre 404 v.Chr. selbst vollführt. Unter dem Begriff 'Schlacht bei Pylos' möchte ich hierbei die beiden zeitgleichen Kämpfe, den Kampf auf dem Festland bei Pylos und die Gefechte auf der dem Hafen vorgelagerten Insel Sphakteria fassen.
3 Die Schlacht bei Pylos und Friedensverhandlungen
Die Schlacht bei Pylos entsteht, mehr oder weniger zufällig, in und um die Bucht von Navarino. Ursprünglich sollte eine attische Flotte von 40 Schiffen auf dem Weg nach Sizilien in Kerkyra die Fraktion der Unterstützer Spartas niederschlagen. Doch zwingt ein Unwetter dazu, einen Vorschlag von Demosthenes zur Ausführung zu bringen. Dieser schlug vor, im Hafen von Pylos anzulegen und eine kleine Landzunge zu befestigen. Nach der gezwungenen Anlandung wurde Demosthesnes mit fünf Schiffen und einer geringen Besatzung zurückgelassen, während die Flotte ihren Kurs nach Kerkyra fortsetzte.[9]
Dieses Unterfangen war insofern gut durchzuführen, als dass gerade zu dieser Zeit die lakonische Armee Attika verwüstete und zugleich Sparta ein Fest feierte: „Αλλ' οι Λακεδαιμόνιοι έτυχε να τελούν τότε κάποιαν πανήγυριν, [...]“[10] Daher gelang es der Besatzung binnen sechs Tagen ohne Werkzeuge eine Befestigung zu errichten.
Die Lakedaimonier zogen dennoch schnell ihr Heer aus Attika nach Pylos ab und sandten auch sechzig Schiffe ihrer Flotte aus Kerkyra in den Hafen bei Pylos. Doch ein zeitgleicher Angriff Spartas mit Land- und Seestreitkräften scheiterte an starker Gegenwehr der attischen Truppen. Da nun die Athener ihre Flotte zurückbeordert hatten und die Lakedaimonier vergessen hatte, die Einfahrten in den Hafen mit ihren Schiffen zu sperren, konnte Athen mit seinen Schiffen in die Bucht einfahren. Nach einem überraschenden Angriff der attischen Schiffe, erlangten diese die Seekontrolle über den Hafen und schlossen so eine größere lakonische Armeegruppe, die auf der Insel Sphakteria stationiert war, vom Nachschub ab. Da sich unter den Eingeschlossenen viele Spartiaten hoher Abstammung befanden, war Sparta nunmehr bereit zunächst einen Waffenstillstand und im Anschluß Verhandlungen über einen Frieden mit Athen aufzunehmen.[11] Sparta sandte Diplomaten nach Athen, um über einen Frieden und die Herausgabe der Eingeschlossenen auf Sphakteria zu verhandeln, musste jedoch, um den dafür notwendigen Waffenstillstand zu erwirken, seine komplette Flotte für die Zeit der Verhandlungen in attische Obhut geben.
Doch scheiterten die Gespräche sehr schnell durch Kleons Einwirken. „Kleon betrieb trotz einer für Athen äußerst günstigen Situation den Abbruch der diplomatischen Unterredungen, indem er die Gegenforderungen immer höher schraubte. Ihm gelang es schließlich, einen Kriegsplan des Demosthenes zu exekutieren und die Spartiaten, wie der Volksversammlung angekündigt, […], tatsächlich gefangenzunehmen.“[12] Die zuvor eingeforderte Flotte gab man nicht wieder heraus, daher befand sich Athen nun in einer weit überlegenen Position. Man konnte mit der Drohung, die gefangenen Spartiaten zu töten, weitere lakonische Verwüstungen in Attika verhindern[13] und hatte zudem die gesamte Flotte Spartas ausgeschaltet. Anschließend wurde die Befestigung mit Messeniern besetzt, die die Gelegenheit genutzt hatte und von Sparta abgefallen waren. Die Gegend um Pylos blieb also für Sparta nach der Schlacht ein andauernder Gefahrenherd[14] und band lakonische Kräfte viel stärker auf der Peloponnes ein, als in den Jahren davor.
[...]
[1] Clausewitz, Carl von: Vom Kriege, Deutsche Literatur 12, Hamburg 172009, S. 200.
[2] Vgl. Thuk. IV 21.
[3] Thommen, Lukas: Sparta. Verfassungs- und Sozialgeschichte einer griechischen Polis, Stuttgart/ Weimar 2003, S. 155.
[4] Vgl. ebd.
[5] Bleckmann, Bruno: Der Peloponnesische Krieg, München 2007, S. 65.
[6] Bleicken, Jochen: Die athenische Demokratie, Paderborn 41995, S. 383.
[7] Delbrück, Hans: Geschichte der Kriegskunst. Teil 1: Das Altertum, Hamburg ³2008, S.143.
[8] Vor allem dem Werk „Der Peloponnesische Krieg“ von Thrukydides.
[9] Vgl. Thuk. IV 3.
[10] Thuk. IV 5,1 : „Aber die Lakedämonier feierten gerade ein Fest“ (Übersetzung durch August Horneffer).
[11] Vgl. Thuk. IV 13, 14, 15.
[12] Bleckmann: Der Peloponnesische Krieg, S. 62f.
[13] Dreher, Martin: Athen und Sparta, München 2001, S. 128.
[14] Bradford, Alfred S.: Leonidas and the kings of Sparta. Mightiest warriors, fairest kingdom, Santa Barbara (Kalifornien) 2011, S. 127.