Der Titel dieser Hausarbeit ist „‚Tauwetter‘ im Ostblock? – Ungarn 1956“. Ziel soll es sein, zu klären inwieweit die Reformen, die im Zuge der Entstalinisierung auch in Ungarn eingeführt wurden, zu einem „Tauwetter“ führten und welche Grenzen die Entstalinisierung hatte. Die Kernfrage dieser Ausarbeitung lautet folglich: „Die Entstalinisie-rung und ihre Grenzen – Die Revolution 1956 in Ungarn als Folge eines gescheiterten Reformprozesses?“.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ungarn in der Krise
3. Die Revolution im Oktober 1956
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Durch den Tod Stalins am fünften März 1953 „brach in der Sowjetunion eine neue Zeit an“[1]. Bis zu diesem Zeitpunkt war Stalin als alleiniger, unangefochtener Führer in sämtlichen Politikbereichen aufgetreten und hatte mit seiner Schreckensherrschaft die Bevölkerung, die Parteikader und andere Eliten des Landes unterdrückt und verfolgt. Sein Tod „markierte eine Zäsur in allen Politikbereichen“[2].Da Stalin keinen Nachfolger benannt hatte, trat „an die Stelle der Alleinherrschaft eine ‚kollektive Führung‘ “[3]. Die neue Führung schlug einen „Neuen Kurs“ in der Innen- und Außenpolitik ein. Da sich intern „heftige Machtkämpfe“[4] um die alleinige Führungsrolle in der Sowjetunion entwickelten, hatte die „Kollektive Führung“ schnell ausgedient und so setzte sich innerhalb weniger Jahre Nikita Chruščev als neue Führungspersönlichkeit durch.[5] Dieser rechnete „mit den Verbrechen der Vergangenheit, für die er Stalin persönlich verantwortlich machte“[6] ab und führte den Weg des „Neuen Kurses“ weiter[7]. Durch die von Chruščev betriebene Politik der Entstalinisierung kam es zu einer Aussöhnung zwischen dem sowjetischen Volk und der Parteispitze. Der Begriff steht für eine Reihe von sozialen und wirtschaftlichen Reformen, wobei „die Lösung der Gesellschaft aus der Erstarrung“[8] und „der Angst vor Verfolgung“[9] auch als „Tauwetter“ (benannt nach einer 1953 erschienen Novelle von Ilja Ehrenburg[10]) beschrieben werden kann[11].
Der Titel dieser Hausarbeit ist „‚Tauwetter‘ im Ostblock? – Ungarn 1956“. Ziel soll es sein, zu klären inwieweit die Reformen, die im Zuge der Entstalinisierung auch in Ungarn eingeführt wurden, zu einem „Tauwetter“ führten und welche Grenzen die Entstalinisierung hatte. Die Kernfrage dieser Ausarbeitung lautet folglich: „Die Entstalinisierung und ihre Grenzen – Die Revolution 1956 in Ungarn als Folge eines gescheiterten Reformprozesses?“.
Die vorliegende Ausarbeitung gliedert sich in zwei Teile. Zunächst soll die soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklung in Ungarn vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1956 dargestellt werden. Hauptaugenmerk soll dabei auf die Protagonisten und vor allem auf die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme gelegt werden, die durch die rasche Umwandlung zu einem sozialistischen System nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind. Im Anschluss an diesen Teil sollen die Gründe der Revolution von 1956 beleuchtet werden, um abschließend die Frage zu klären, ob die Revolution eine Folge des gescheiterten Reformprozesses war, welcher im Zuge der Entstalinisierung in der Sowjetunion und seinen Satellitenstaaten durchgeführt wurde.
2. Ungarn in der Krise
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges „geriet Ungarn in den sowjetischen Machtbereich“[12]. Dies beinhaltete auch, dass ein sozialistisches System nach sowjetischem Vorbild errichtet wurde. Damit einhergehend kam es auch zu einer Umstrukturierung der Wirtschaft. „Dem Dreijahresplan von 1947 folgte 1950 der 1. Fünfjahresplan (1950 -1954)“[13], der zur schnellen Industrialisierung des Landes beitragen sollte. Da der Fokus der Entwicklung vor allem auf die Schwerindustrie gelegt war, kam es als bald zu erheblichen Mängeln in der Konsumgüterindustrie und vor allem in der Landwirtschaft. Die Zeichen einer sich anbahnenden Krise waren bereits im Sommer 1952 unübersehbar und dennoch „wurden diese von der Parteiführung erst ein Jahr später, im Frühsommer 1953, tatsächlich zur Kenntnis genommen“[14]. Die „ernsthaften Disproportionen“[15] der Wirtschaft führten bereits im Sommer 1952 zu ersten Widerstandsversuchen. Trotz all dieser Warnzeichen verzichtete Ministerpräsident Mátyás Rákosi auf tief greifende Veränderungen des Wirtschaftsplanes und behielt auch das nach stalinistischem Vorbild angelegte Terrorsystem bei.
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[1] Dallinger, Gernot (2005): Weltgeschichte der Neuzeit. [vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart]. Lizenzausg. Bonn: Bundeszentrale für polit. Bildung, S. 352.
[2] Merl, Stephan (2001): „Berija und Chruščev: Entstalinisierung oder Systemerhalt? Zum Grunddilemma sowjetischer Politik nach Stalins Tod“, in: GWU, 2001, Jg. 52, S. 484.
[3] Altrichter, Helmut (2007): Kleine Geschichte der Sowjetunion. 1917 - 1991. 3. Aufl. München: Beck, S. 131.
[4] Ebd., S. 131.
[5] Ebd., S.131.
[6] Ebd., S. 131.
[7] Ebd., S. 134.
[8] Merl: „Berija und Chruščev: Entstalinisierung oder Systemerhalt?, S.491.
[9] Ebd., S 491.
[10] Vgl. Altrichter: Kleine Geschichte der Sowjetunion, S. 137.
[11] Vgl. Merl: „Berija und Chruščev: Entstalinisierung oder Systemerhalt?, S.491.
[12] Ahn, Thomas von; Fischer, Holger (2006): Die Ungarische Revolution 1956. Erfurt: Landeszentrale für Politische Bildung Thüringen, S. 8.
[13] Ebd., S.13.
[14] Rainer, János M.: Ungarn 1953 - 1956: Die Krise und die Versuche ihrer Bewältigung. In: Hegedüs, András B. (2000): Satelliten nach Stalins Tod. Der "Neue Kurs" ; 17. Juni 1953 in der DDR ungarische Revolution 1956. Berlin: Akad.-Verl., S. 137–217, S. 137.
[15] Ebd., S. 137.
- Quote paper
- Christoph Grave (Author), 2012, Tauwetter im Ostblock? - Ungarn 1956, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/268795