Seit dem Jahr 2007 kämpfen sowohl Regierungen als auch Unternehmen gegen die Auswirkungen der Finanzkrise. Anfänglich waren vor allem Finanzinstitute aus den USA betroffen, welche hoch riskante Investments eingegangen waren. Darunter vielen bspw. US Banken wie Fannie May oder Freddi Mac, die verstaatlicht werden mussten. Andere Banken, wie Lehmen Brothers, konnten der Insolvenz nicht entkommen. Auf Grund starker Vernetztheit und Abhängigkeit untereinander sowie falscher und hoch riskanter Investments waren innerhalb kürzester Zeit auch andere Finanzinstitute weltweit von der Krise betroffen. Durch den Vertrauensverlust zwischen den Finanzinstituten wurde es ebenso für Unternehmen anderer Branchen kritisch Kredite zu erhalten, wodurch sich die Krise verschärfte. Um den Markt zu beruhigen und die Wirtschaft zu stabilisieren, entschlossen sich viele Staaten Notkredite und Bürgschaften an Finanzinstitute zu vergeben. Diese zum Teil voreiligen Entscheidungen führten wiederum dazu, dass heute sogar Staaten in eine finanzielle Schieflage geraten sind und durch Kredite und Bürgschaften anderer Länder gestützt werden müssen.
Die Entwicklung der Finanzkrise führt zu der Frage, warum Unternehmen und Politik diese Krise nicht vorhersehen konnten. Schon deutlich vor Krisenanfang warnten renommierte Ökonomen wie bspw. Max Otte vor dem Ausbruch einer Krise. Diese Warnungen wurden allerdings von Wirtschaft und Politik nicht beachtet oder unterschätzt. Selbst Finanzexperten wie Ben Bernanke erklärten im Jahr 2007, dass die Probleme auf dem Hypothekenmarkt wohl keine Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.
Eine Folge dieser Krise ist neben dem Vertrauensverlust zwischen den einzelnen Finanzinstituten auch der bei deren Kunden. Ein bis heute präsentes Beispiel ist der „Bank-Run“ auf die britische Bank Northern Rock, ausgelöst durch unzureichende Versprechen der Regierung und verunsicherte Kunden. Das Resultat des Runs war die Verstaatlichung der Bank, um für das Einlagengeschäft garantieren zu können. [...]
CD ist nicht im Lieferumfang enthalten
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung und Vorgehen
1.1. Problemstellung
1.2. Ziel und Gang der Untersuchung
1.3. Existenzbedrohliche Risiken in Banken
1.3.1. Liquiditätsrisiko
1.3.2. Insolvenz
1.4. Begründung der Arbeit
1.4.1. Allgemeine Begründung
1.4.2. Wissenschaftliche Begründung
1.4.3. Praktische Begründung
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Krisen
2.1.1. Grundlagen
2.1.2. Spezifische Grundlagen
2.1.2.1. Ursachen von Unternehmenskrisen
2.1.2.2. Eigenschaftenvon Unternehmenskrisen
2.1.2.3. Zusammenhänge von Unternehmenskrisen
2.1.2.4. Phasen von Unternehmenskrisen
2.1.3. Kritische Reflexion
2.1.3.1. Vorhandene Aspekte
2.1.3.2. Fehlende Aspekte
2.2. Krisenmanagement
2.2.1. Grundlagen
2.2.2. Spezifische Grundlagen
2.2.2.1. Aktives Krisenmanagement
2.2.2.2. Reaktives Krisenmanagement
2.2.2.3. Zusammenfassung
2.2.3. Kritische Reflexion
2.2.3.1. Vorhandene Aspekte
2.2.3.2. Fehlende Aspekte
2.3. Marketing
2.3.1. Grundlagen
2.3.2. Spezifische Grundlagen
2.3.2.1. Produkt-/Dienstleistungspolitik
2.3.2.2. Preispolitik
2.3.2.3. Kommunikationspolitik
2.3.2.4. Vertriebspolitik
2.3.3. Kritische Reflexion
2.3.3.1. Vorhandene Aspekte
2.3.3.2. Fehlende Aspekte
2.4. Zwischenfazit
3. Empirische Untersuchung
3.1. Vorstellung der Untersuchung
3.2. Überprüfung der heutigen Krisenmanagementliteratur
3.2.1. Vorgehen
3.2.2. Erläuterung des Fragenkatalogs
3.2.3. Quantitative Auswertung
3.2.4. Zwischenergebnisse
3.2.5. Qualitative Auswertung
3.2.6. Ergebnisse der Untersuchung
3.2.6.1. Allgemeine Ergebnisse
3.2.6.2. Spezifische Ergebnisse
3.2.7. Kritische Würdigung
3.3. Expertenbefragung
3.3.1. Vorgehen und Aufbau des Fragebogens
3.3.2. Auswertung der Befragungsergebnisse
3.3.3. Ergebnisse der Expertenbefragung
3.3.3.1. Allgemeine Ergebnisse
3.3.3.2. Spezifische Ergebnisse
3.3.4. Kritische Würdigung
3.4. Zwischenfazit
4. Die Rolle des Marketings
4.1. Bedeutung des Marketings
4.1.1. Vor der Krise
4.1.2. Während der Krise
4.1.2.1. Langfristige Maßnahmen
4.1.2.2. Kurzfristige Maßnahmen
4.1.3. Nach der Krise
4.2. Erkenntnisse der Untersuchung
4.2.1. Aus Marketingsicht
4.2.2. Aus Krisenmanagementsicht
4.2.3. Aus Bankensicht
4.2.4. Zusammenfassung
5. Fazit
5.1. Zusammenfassung der Arbeit
5.2. Beantwortung zentraler Fragen
Quellenverzeichnis
Anhangverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung Nr. 1: Liquiditätsrisiko
Abbildung Nr. 2: Zusammenhang zwischen Unternehmenskrise
und anderen Phänomenen
Abbildung Nr. 3: Phasen der Unternehmenskrise nach R. Müller
Abbildung Nr. 4: Krisenphasen nach Krystek
Abbildung Nr. 5: Gegenüberstellung der Phasenmodelle
Abbildung Nr. 6: Zusammenfassung der Phasenmodelle und Krisenkomponenten
Abbildung Nr. 7: Marketing-Mix
Abbildung Nr. 8: Marketing-Mix und Maßnahmen
Abbildung Nr. 9: Aufbau der zu untersuchenden Krise
Abbildung Nr. 10: Zielmatrix
Abbildung Nr. 11: Aufbau des Fragenkatalogs
Abbildung Nr. 12: Aufbau des Fragenkatalogs mit Bewertungsskala
Abbildung Nr. 13: Auswertungsprozess der Literaturrecherche
Abbildung Nr. 14: Beispielhafte Darstellung quantitative Auswertung
Abbildung Nr. 15: Prozess der qualitativen Eingrenzung (erster Teil)
Abbildung Nr. 16: Prozess der qualitativen Eingrenzung (zweiter Teil)
Abbildung Nr. 17: Y-Achse für die Ergebnisse der Literaturrecherche
Abbildung Nr. 18: Maßnahmenaufteilung und Krisenverlauf
Abbildung Nr. 19: Ergebnisse Frage Nr. 7 – Preispolitik
Abbildung Nr. 20: Ergebnisse Frage Nr. 4
Abbildung Nr. 21: Ergebnisse Frage Nr. 5
Abbildung Nr. 22: Ergebnisse Frage Nr. 6
Abbildung Nr. 23: Ergebnisse Frage Nr. 7 – Produktpolitik
Abbildung Nr. 24: Ergebnisse Frage Nr. 7 – Kommunikationspolitik
Abbildung Nr. 25: Ergebnisse Frage Nr. 7 – Vertriebspolitik
Abbildung Nr. 26: Ergebnisse Frage Nr. 7 – Durchschnittliche Bewertung
Abbildung Nr. 27: Hebelwirkung auf die Gründe/Ursachen von Kundenbindung
Tabellenverzeichnis
Tabelle Nr. 1: Andere Krisenähnliche Begriffe
Tabelle Nr. 2: Untersuchte Literatur
Tabelle Nr. 3: Bewertungsskala
Tabelle Nr. 4: Erklärung Exceltabelle „Quantitative Auswertung“
Tabelle Nr. 5: Maximaler Nutzwert pro Tab
Tabelle Nr. 6: Auswertung gesamt – tabellarische Darstellung
Tabelle Nr. 7: Bewertungsschema quantitative Auswertung
Tabelle Nr. 8: Ergebnis quantitative Auswertung
Tabelle Nr. 9: Zuordnung der Antworten
Tabelle Nr. 10: Kategorische Merkmale des offenen Kodierens
Tabelle Nr. 11: Bereiche der kategorischen Merkmale
Tabelle Nr. 12: Offenes Kodieren der Antworten
Tabelle Nr. 13: Phase eins der selektiven Kodierung (Vorbereitung)
Tabelle Nr. 14: Aufwertungsschema zweite Phase
Tabelle Nr. 15: Phase zwei der selektiven Kodierung
Tabelle Nr. 16: Aufwertungsschema dritte Phase
Tabelle Nr. 17: Phase drei der selektiven Kodierung
Tabelle Nr. 18: Entwicklung von Maßnahmen und Zielen
Tabelle Nr. 19: Ergebnisse der Literaturrecherche
Tabelle Nr. 20: Gründe/Ursachen von Kundenbindung
Tabelle Nr. 21: Erkenntnisse der Untersuchung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Seit dem Jahr 2007 kämpfen sowohl Regierungen als auch Unternehmen gegen die Auswirkungen der Finanzkrise. Anfänglich waren vor allem Finanzinstitute aus den USA betroffen, welche hoch riskante Investments eingegangen waren. Darunter vielen bspw. US Banken wie Fannie May oder Freddi Mac, die verstaatlicht werden mussten. Andere Banken, wie Lehmen Brothers, konnten der Insolvenz nicht entkommen. Auf Grund starker Vernetztheit und Abhängigkeit untereinander sowie falscher und hoch riskanter Investments waren innerhalb kürzester Zeit auch andere Finanzinstitute weltweit von der Krise betroffen. Durch den Vertrauensverlust zwischen den Finanzinstituten wurde es ebenso für Unternehmen anderer Branchen kritisch Kredite zu erhalten, wodurch sich die Krise verschärfte. Um den Markt zu beruhigen und die Wirtschaft zu stabilisieren, entschlossen sich viele Staaten Notkredite und Bürgschaften an Finanzinstitute zu vergeben. Diese zum Teil voreiligen Entscheidungen führten wiederum dazu, dass heute sogar Staaten in eine finanzielle Schieflage geraten sind und durch Kredite und Bürgschaften anderer Länder gestützt werden müssen.[1]
Die Entwicklung der Finanzkrise führt zu der Frage, warum Unternehmen und Politik diese Krise nicht vorhersehen konnten. Schon deutlich vor Krisenanfang warnten renommierte Ökonomen wie bspw. Max Otte vor dem Ausbruch einer Krise. Diese Warnungen wurden allerdings von Wirtschaft und Politik nicht beachtet oder unterschätzt. Selbst Finanzexperten wie Ben Bernanke erklärten im Jahr 2007, dass die Probleme auf dem Hypothekenmarkt wohl keine Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.[2]
Eine Folge dieser Krise ist neben dem Vertrauensverlust zwischen den einzelnen Finanzinstituten auch der bei deren Kunden. Ein bis heute präsentes Beispiel ist der „Bank-Run“[3] auf die britische Bank Northern Rock, ausgelöst durch unzureichende Versprechen der Regierung und verunsicherte Kunden. Das Resultat des Runs war die Verstaatlichung der Bank, um für das Einlagengeschäft garantieren zu können.[4]
Bis heute zeigen verschiedenste repräsentative Umfragen, dass das Vertrauen der Kunden zu Banken nur in Teilen wiederhergestellt ist. Der in regelmäßigen Abständen in den USA erhobene Financial Trust Index bewertet das Vertrauen der Kunden zu ihren Banken mit gerade einmal 40%. Auch wenn dies eine Steigerung zu vorherigen Erhebungen ist, wird deutlich, dass weniger als die Hälfte der Kunden den Banken vertrauen.[5] Eine vom Bankenverband in Deutschland im Jahr 2011 durchgeführte Befragung zum Vertrauen in Banken zeigt, dass 47% der Probanden der Meinung sind, dass das Vertrauen zu den Finanzinstituten während der Finanzkrise stark gelitten hat.[6]
Die Krise hatte jedoch nicht nur Auswirkungen auf das Vertrauen der Kunden, sondern auch auf andere Faktoren. So hat sich seit der Finanzkrise das Risiko- und Investitionsverhalten von Verbrauchern stark verändert. Im Gegensatz zu den Jahren vor der Krise werden heute verstärkt weniger komplexe und somit durchsichtigere Produkte bei Banken nachgefragt, welche wiederum den Kreditinstituten weniger Margen einbringen. Des Weiteren sind Kriterien wie Informationspolitik und gezielte Ansprache des Kunden als Auswahlkriterium bei einem Bankenwechsel deutlich in den Vordergrund gerückt.[7]
Es wird deutlich, dass eine wechselseitige Beziehung zwischen dem Verhalten der Kunden und der Intensität der Krise besteht. Ein Beispiel dafür ist das Vertrauen der Kunden in das jeweilige Finanzinstitut, da einerseits durch das geringere Vertrauen weniger Dienstleistungen in Anspruch genommen werden und somit die Krise verschärft wird und andererseits die stärkere Intensität der Krise das Vertrauen der Kunden und somit auch die Inanspruchnahme der Dienstleistungen weiter verringert. Mit dem Verhältnis zwischen dem Kunden und einem Unternehmen beschäftigt sich in der Betriebswirtschaft hauptsächlich das Marketing. Somit widmet sich diese Arbeit folgenden auf den Finanzdienstleistungssektor bezogenen Forschungsfragen:
(1) Können Marketingmaßnahmen an existenzbedrohliche Phasen einer Krise angepasst werden?
(2) Ist es möglich, dass Banken gezielt Marketingmaßnahmen nutzen, um die Intensität der existenzbedrohlichen Krisenauswirkungen unter besonderer Berücksichtigung der Liquiditätskrise von Seiten der Kunden auf eine Bank abzuschwächen
In vielen Fachartikeln und Veröffentlichungen wird zunehmend davon gesprochen, dass die Anzahl der Krisen durch die immer höhere Komplexität der Wirtschaftsverflechtungen zunimmt. Andererseits wäre es auch möglich Krisen als ein „normales“ Phänomen für Unternehmen und somit auch für Finanzinstitute zu sehen, mit welchem diese in unregelmäßigen Abständen konfrontiert sind. Durch diesen Perspektivenwechsel wird die Konzentration weg von der „Anzahl der Krisen“ und auf die „Bewältigung der Krisen“ gelenkt. Um eine Krise bewältigen zu können, muss in einem ersten Schritt die Ausprägung der Krise analysiert werden.[8] Dabei kann zwischen einem idiosynkratrischen / namensspezifischen Charakter und einem marktweiten Charakter unterschieden werden, wobei sich die idiosynkratrische Krise auf ein Unternehmen bezieht und die marktweite Krise mehrere Unternehmen betrifft. Bezogen auf den Bankensektor wird von einer individuellen Bankenkrise und einer generellen Bankenkrise gesprochen. Eine Besonderheit liegt darin, dass sich durch die starke Vernetzung der Banken untereinander eine individuelle Krise schnell zu einer generellen Krise entwickeln kann. In dieser Arbeit werden sowohl die Begriffe Idiosynkratrisch, namensspezifisch und individuell bezogen auf den Krisencharakter als Synonym verwendet, als auch die Begriffe marktweit und generell. Da Bankenkrisen sowohl einen individuellen als auch einen generellen Charakter haben können, kann davon ausgegangen werden, dass sich auch die jeweiligen Marketingmaßnamen zur Krisenbekämpfung unterscheiden. Daher stellt sich die Frage:
(3) Kann bei der Bewältigung von existenzbedrohlichen Krisen im Bankensektor unter besonderer Berücksichtigung der Liquiditätskrise zwischen idiosynkratrischen und marktweiten Krisen unterschieden werden?
(4) Können je nach Ausprägung der Unternehmenskrise unterschiedliche Marketingmaßnahmen benannt werden, um die Auswirkungen der existenzbedrohlichen Krise abzuschwächen?
Bis heute beschäftigen sich weltweit viele Untersuchungskommissionen damit, wie die Krise hätte verhindert werden können und versuchen Maßnahmen zu entwickeln, die eine solche oder ähnliche Krise zukünftig verhindern oder zumindest die Auswirkungen abschwächen. Regulierungen wie Basel III[9] sollen dazu beitragen, die Liquidität von Banken zu sichern und so das Risiko einer Insolvenz zu mindern. Andere Maßnahmen wie das „leverage ratio“[10] dienen dazu die Verschuldung von Banken, unabhängig vom Risiko neuer Geschäfte, zu begrenzen.[11] Hierbei handelt es sich jedoch um monetäre Maßnahmen, die der reinen monetären Absicherung und Stabilität einer Bank dienen. Da sich das Vertrauen von Kunden und anderen Stakeholdern in das Bankensystem bis heute nicht erholt hat und davon auszugehen ist, dass der Branche weitere Krisen bevorstehen, sollte sich somit auch über Maßnahmen Gedanken gemacht werden, die einen größeren Zeitraum als nur die Krise berücksichtigen. Somit stellt sich die Frage:
(5) Ist neben der Betrachtung der reinen Krisenphase auch eine Betrachtung der Phasen vor der Krise und nach der Krise, unter besonderer Berücksichtigung der Liquiditätskrise empfehlenswert?
(6) Können Marketingmaßnahmen diesen Phasen angepasst werden?
1.2 Ziel und Gang der Untersuchung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand einer Literaturrecherche und einer Expertenbefragung zu überprüfen, inwieweit es möglich ist, das Marketing in Banken zur Bekämpfung existenzgefährdender Krise unter besonderer Berücksichtigung der Liquiditätskrise einzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Arbeit in fünf verschiedene Bereiche aufgeteilt, welche in den folgenden Absätzen beschrieben werden.
Innerhalb des ersten Teils der Arbeit wird anhand der Problemstellung das Untersuchungsfeld abgesteckt. Nachdem das Ziel und der Gang der Untersuchung erläutert sind, wird auf die existenzbedrohlichen Risiken einer Bank eingegangen. Dieses dient dem Verständnis des Lesers für die Relevanz des Themas. Dabei wird sowohl auf das Liquiditätsrisiko als auch auf die Insolvenz als zwei existenzbedrohliche Risiken eingegangen. Darauf folgend wird die Arbeit sowohl aus allgemeiner als auch aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht begründet.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den Grundlagentheorien, die für die weiteren Untersuchungen und für das allgemeine Verständnis von Nöten sind. Dabei wird zuerst auf die Krisentheorie eingegangen und nach einem Grundlagenteil vertieft auf die Ursachen, Eigenschaften, Zusammenhänge und Phasen einer Unternehmenskrise eingegangen. Aufbauend auf die Krisentheorie wird sich innerhalb der Krisenmanagementtheorie vertieft mit den Managementaufgaben und –möglichkeiten beschäftigt. Der dritte Theorieblock beschäftigt sich mit dem Marketing unter besonderer Berücksichtigung des Marketing-Mix. Somit unterteilen sich die spezifischen Grundlagen in die vier Elemente des Marketing-Mix Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik und Vertriebspolitik. Abgerundet wird jeder Theorieblock, bezogen auf die anfangs erarbeiteten Fragestellungen, mit einer kritischen Reflexion.
Der dritte Teil der Arbeit beinhaltet sowohl die Literaturrecherche, bezogen auf die Krisenmanagementtheorie, als auch die Expertenbefragung. Angefangen mit der Literaturrecherche wird das Vorgehen dieser anfangs beschrieben, um darauf aufbauend den Fragenkatalog zu erläutern. Der nächste Schritt ist eine quantitative und qualitative Auswertung des Fragenkatalogs. Innerhalb der quantitativen und qualitativen Auswertung werden die Informationen zu Maßnahmen heruntergebrochen. Darauf folgt die Präsentation der Ergebnisse in einem allgemeinen und einem spezifischen Teil. Nachdem die Ergebnisse der Literaturrecherche kritisch gewürdigt wurden, wird damit begonnen das Vorgehen und den Aufbau des Fragebogens der Expertenbefragung zu beschreiben. Der nächste Schritt ist auch hier die Auswertung und darauf aufbauend die Ergebnispräsentation in einem allgemeinen und einem speziellen Teil.
Innerhalb des vierten Teils der Arbeit soll anhand der vorher erarbeiten Grundlagentheorie und Untersuchungen die Rolle des Marketings analysiert werden. Dazu wird in einem ersten Schritt die Bedeutung des Marketings hinsichtlich der verschiedenen Krisenphasen (vor-, während-, nach der Krise) untersucht. Nachdem dieser Schritt abgeschlossen wurde, wird damit begonnen die Erkenntnisse der Untersuchung aus drei verschiedenen Perspektiven zu erarbeiten. Die Erkenntnisse sollen aus der Marketingsicht, der Krisenmanagementsicht und der Bankensicht erarbeitet und zum Schluss zusammengefasst werden.
Der fünfte Teil der Arbeit beinhaltet das Fazit. Dieses unterteilt sich in die Zusammenfassung der Arbeit, in welcher die unterschiedlichen Schritte der Arbeit noch einmal erläutert werden und die Beantwortung zentraler Fragen. Innerhalb der Beantwortung der zentralen Fragen sollen die, innerhalb der Problemstellung formulierten Fragen, beantwortet werden.
1.4 Existenzbedrohliche Risiken in Banken
Je nach Intensität einer Krise kann diese in einem Unternehmen Risiken aktivieren, die existenzberohlich sind oder nicht. Im Bankensektor zählen zu den existenzbedrohlichen Risiken vor allem das Liquiditätsrisiko und das Risiko einer Insolvenz. Trotz der besonderen Berücksichtigung der Liquiditätskrise sollen im weiteren Teil des Kapitels das Liquiditätsrisiko und das Risiko einer Insolvenz erläutert werden, um einerseits zu verdeutlichen, warum beide Risiken für eine Bank existenzbedrohlich sein können, und andererseits ein Verständnis für den Zusammenhang zu schaffen.
1.4.1 Liquiditätsrisiko
Das Liquiditätsrisiko ist das Risiko zwischen den von der Bank erwarteten und tatsächlichen Zahlungsströmen. Die Gefahr für eine Bank besteht somit darin, dass diese ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr im ausreichenden Maße nachkommen kann, da die tatsächlichen Zahlungsströme geringer sind als die erwarteten. Dieses operative Risiko[12] stellt die Spanne zwischen der eigentlichen Liquidität einer Bank und dem Erfolg bzw. der Rentabilität dar.[13] Grundsätzlich kann das Liquiditätsrisiko einer Bank in zwei verschiedene Bereiche unterteilt werden. Zum einen in das Liquiditätsspannungsrisiko und zum anderen in das Zahlungsmittelbedarfsrisiko. Diese Bereiche lassen sich wiederum noch einmal unterteilen. Das Liquiditätsspannungsrisiko unterteilt sich weiter in das Refinanzierungsrisiko und das Marktliquiditätsrisiko. Das Zahlungsmittelbedarfsrisiko unterteilt sich in das Terminrisiko, das Abrufrisiko und die liquiditätswirksamen Erfolgsrisiken.[14] Die folgende Abbildung stellt die Unterteilung noch einmal dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung Nr. 1: Liquiditätsrisiko
Quelle: Eigene Darstellung
Im Folgenden sollen sowohl das Liquiditätsspannungsrisiko inkl. der weiteren Bereiche als auch das Zahlungsmittelbedarfrisiko samt der weiteren Bereiche beschrieben werden.
Das Liquiditätsspannungsrisiko beschreibt die Liquiditätsherkunft bzw. den Liquiditätszufluss. Das Refinanzierungsrisiko steht dabei im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Refinanzierungsmitteln. Diese Art von Risiko tritt bei einer Bank in Erscheinung, wenn diese nicht mehr in der Lage ist, die aufgrund der Transformation der Kapitalbindungsfristen notwendige Anschlussrefinanzierung durchzuführen. Das Marktliquiditätsrisiko ist die Folge einer zu schwachen Liquidität am Markt, wodurch die Liquidation erschwert oder sogar verhindert werden kann. Folglich ist die Gefahr, eine Transaktion nicht zu einer gewünschten Zeit und den gewünschten Konditionen durchzuführen, erheblich. In manchen Fällen wird das Marktliquidationsrisiko auch als Liquidationsrisiko beschrieben.[15]
Das Zahlungsmittelbedarfrisiko besteht darin, dass der tatsächliche Zahlungsmittelbedarf größer ist als der Geplante. Wie bereits erwähnt, lässt sich auch dieser Bereich in drei weitere Teilbereiche unterteilen. Das Terminrisiko ist die Folge von Verzögerungen bei der Rückzahlung im Kreditgeschäft. Um solche Ausfälle auffangen zu können, müssen kurzfristig finanzielle Mittel aufgenommen werden.[16] Als Abrufrisiko wird zum einen das Risiko bezeichnet, dass unerwartet aber vertragskonform Kreditzusagen in Anspruch genommen werden und zum anderen, dass Einlagen unerwartet abgezogen werden. Somit spielen Erfahrungswerte bei diesem Risiko eine wichtige und entscheidende Rolle.[17] Das wohl bekannteste Beispiel eines unerwarteten Einlagenabzugs stellt der Bank-Run dar. Von liquiditätswirksamen Erfolgskrisen wird in dem Moment gesprochen, wo Ausfall-, Marktpreis- oder operationale Risiken zu Liquiditätsproblemen führen. Dies ist jedoch sehr stark von der jeweiligen Bonität einer Bank abhängig. Je schlechter diese ist, desto anfälliger ist das Kreditinstitut für liquiditätswirksame Erfolgsrisiken.[18]
Es wird deutlich, dass Unternehmen wie Banken große Liquiditätsprobleme bekommen, wenn sie sich nicht mehr refinanzieren können. Häufig reicht dabei der Kontrollverlust über einen der beschriebenen Bereiche. Gerade im Finanzsektor besteht jedoch die Gefahr, dass auch nur der Eindruck eines Liquiditätsengpasses zu einem Untergang der Bank führen kann. Gerüchte können sowohl an der Börse panikartige Verkäufe verursachen als auch zu einem „Bank-Run“ führen.[19]
1.4.2 Insolvenz
Jedes Unternehmen ist mit Insolvenzrisiken konfrontiert. Diese können sich durch verschiedene Faktoren verstärken oder verringern. Bspw. steigt das Risiko einer Insolvenz durch die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an die Anteilseigner, da die Liquidität (Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital) des Unternehmens sinkt. Das Insolvenzrisiko wird unterteilt in das Investitionsrisiko und das Finanzrisiko. Beide Bereiche werden in den folgenden Absätzen beschrieben.[20]
Als Investitionsrisiko wird die Gefahr beschrieben, dass eine Investition nicht die erwarteten Einnahmen bzw. Überschüsse einbringt.[21] Dieses lässt sich in exogene und endogene Unsicherheiten unterteilen. Dabei wird von exogenen Unsicherheiten gesprochen, wenn die an einer Transaktionsbeziehung beteiligten Subjekte nicht beeinflussbar sind. Hierbei können als Beispiel Preisänderungsrisiken genannt werden. Gerade konjunkturelle Entwicklungen und strukturelle Veränderungen auf den nationalen und internationalen Märkten können entscheidend für exogene Unsicherheiten sein.[22] Endogene Verzerrungen können vom Unternehmen beeinflusst werden. Wesentliche Ursachen für Verzerrungen in diesem Bereich sind Führungsfehler.[23] Vor allem in Banken resultieren endogene Verzerrungen aus Informationsverzerrungen und der Möglichkeit für opportunistisches Verhalten innerhalb einer Transaktionsbeziehung. Die Moral-Hazard-Problematik[24] ist ein Beispiel.[25]
Als Finanzrisiken werden Risiken bezeichnet, welche in einem direkten Zusammenhang mit den Finanzströmen einer Bank stehen. Das bedeutet, dass diese Risikokategorie alle im Wertebereich einer Bank entstehenden Risiken abdeckt. Gerade für Unternehmen der Finanzbranche ist dieses Risiko relevant, da das Finanzgeschäft den Kernbereich darstellt. Grundsätzlich können die Finanzrisiken in zwei verschiedene Kategorien unterteilt werden.
1. Direkte Finanzrisiken (Marktrisiko, Risiko aus Derivaten, Wertpapiere, Währungen)
2. Indirekte Finanzrisiken (Liquiditätsrisiko, Kreditrisiko, Ausfallrisiko, etc.)
Es wird deutlich, dass auch das Liquiditätsrisiko zu den Finanzrisiken einer Bank dazu gezählt wird. Im Folgenden werden das direkte und indirekte Finanzrisiko näher erläutert.
Wie bereits erwähnt, unterteilen sich die direkten Finanzrisiken in das Marktrisiko sowie das Risiko aus Derivaten, Wertpapieren und Devisen. Das Risiko des Marktes wird beeinflusst durch Schwankungen des Preises auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten. Auch Schwankungen auf den Devisen- oder Wertpapiermärkten können zu erheblichen Risiken einer Bank führen. Häufig zeigen sich diese jedoch nicht in tatsächlichen Liquiditätsabflüssen, sondern vielmehr in buchtechnischen Gewinnen oder Verlusten. Das Währungsrisiko unterteilt sich in das Transaktionsrisiko, das Translationsrisiko und das ökonomische Wechselkursrisiko. Ein Transaktionsrisiko entsteht bei Vertragsabschluss, bei welchem ein bestimmter Termin für den Mittelabfluss in eine Fremdwährung festgelegt wird, jedoch nicht der Wechselkurs. Somit ist lediglich der Termin der Transaktion, jedoch nicht der Wechselkurs der jeweiligen Währung bekannt. Translationsrisiken sind das Bewertungsrisiko, welches bei der Umrechnung in die Fremdwährung entsteht. Das ökonomische Wechselkursrisiko beschreibt die noch nicht geleisteten bzw. fest kontrahierten Zahlungen.[26]
Die indirekten Finanzrisiken, wie bspw. das Liquiditätsrisiko, das Kreditrisiko oder das Ausfallrisiko, stellen für eine Bank eine besonders hohe Gefahr dar. Diese entstehen in den meisten Fällen durch Verzögerungen der Liquiditätszuflüsse oder durch Insolvenzen der Kunden, was wiederum zu Forderungsausfällen und einer Herabstufung der Bonität führen kann.[27] Da das Liquiditätsrisiko bereits ausführlich erläutert wurde, wird sich verstärkt auf das Kredit- und Ausfallrisiko konzentriert. Das Kreditrisiko stellt die Gefahr dar, dass ein Schuldner seinen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzinstitut nicht mehr nachkommen kann. Somit sind alle Kreditderivate mit einem gewissen Kreditrisiko verbunden. Das Kreditrisiko kann in das Kreditrisiko aus dem Referenzaktivum[28], das Kontrahentenrisiko und den zeitgleichen Ausfall von Referenzaktivum und Kontrahent unterteilt werden. Das erstgenannte Risiko berücksichtigt den Verlust des Referenzaktivums im Zusammenhang mit den zu Vertragsabschluss definierten Kreditereignissen. Das Kontrahentenrisiko bezieht sich auf die Gefahr, dass Kontrahenten ausfallen, bevor eine Transaktion beendet ist. Somit ist die Höhe des Ausfalls gleich den Wiedereindeckungskosten. Dieses Risiko entsteht bei Derivatepositionen und Wertpapieranleihentransaktionen. Der zeitgleiche Ausfall des Referenzaktivums und des Kontrahenten entsteht speziell beim Abschluss von Sicherheitsgeschäften. Dies ist von besonderer Bedeutung für den Sicherheitskäufer, da durch den Ausfall des Kontrahenten eine eventuelle Ausgleichszahlung nicht erbracht werden kann.[29] Das Ausfallrisiko steht in einem engen Zusammenhang mit dem Kreditrisiko und beschreibt die Gefahr, dass ein Schuldner eines Kredites seinen Zahlungsverpflichtungen nicht bzw. nicht zum vereinbarten Zeitpunkt nachkommen kann.[30]
Wie bereits erwähnt, decken Finanzrisiken alle Risiken ab, die im Wertebereich einer Bank liegen. Durch unerwartete Ausfälle oder Verzögerungen bspw. von Kreditrückzahlungen in Verbindung mit einer zu geringen Eigenkapitaldeckung seitens des Finanzinstituts, können schnell Liquiditätsengpässe auftreten, was wiederrum eine Insolvenz der Bank zur Folge haben kann.
1.5 Begründung der Arbeit
Dieses Kapitel soll dem Leser die Möglichkeit geben die Gedankengänge vom Titel der Arbeit bis zu den Forschungsfragen zu verstehen, um so ein Verständnis für die Thematik zu bekommen. Dabei wird in einem „Allgemeinen Teil“ die grundsätzliche Problematik und Ausgangssituation der Arbeit erläutert. Im zweiten Teil „Wissenschaftlich“ soll der heutige Forschungsstand hinsichtlich des Marketings in Krisenzeiten vorgestellt werden. Der letzte und dritte Teil „Praktisch“ soll die Möglichkeiten des Marketings in Krisenzeiten für Entscheidungsträger aufzeigen.
1.5.1 Allgemeine Begründung
Bereits im einleitenden Teil dieser Arbeit wird verdeutlicht, welche Ausmaße die Krise bis heute angenommen hat. Davon betroffen sind sowohl Privatpersonen, Unternehmen als auch Staaten. Seit Jahren ringen Manager und Politiker um einen Ausweg aus der Krise, bisher jedoch mit wenigen Erfolgen. Gerade an den weltweiten Börsenplätzen ist die anhaltende Nervosität zu spüren. Selbst kleine Gerüchte können zu enormen Kursschwankungen führen und panische Verkäufe auslösen. Bis heute werden immer neue Probleme sowohl bei Staaten als auch bei Unternehmen deutlich, welche Auswirkungen der im Jahr 2007 begonnenen Finanzkrise sind. So titelte das Handelsblatt am 15.07.2013:
„Krise treibt europäische Firmen in die Pleite“
Laut dem Bericht sind gerade südeuropäische Unternehmen aus Griechenland, Portugal oder Spanien von den Insolvenzen betroffen. Ein Grund für die zum Teil starke Zunahme ist das mangelhafte Insolvenzrecht mancher Staaten was eine Liquidation der Unternehmen erschwert.[31] Die Zeitschrift „Capital“ veröffentlichte am 22.05.2013 einen Bericht mit dem Titel:
„Von Krise zu Krise“
Mit dem Titel gemeint sind die häufigsten Suchbegriffe in der Onlinesuchmaschine Google. Auch wenn sich die Suchbegriffe seit Anfang der Krise verändert haben, so verdeutlicht dieser Artikel die bis heute anhaltende Verunsicherung von Privatpersonen.[32] Diese Verunsicherungen spiegeln sich auch in verschiedenen Erhebungen wieder. Ein Beispiel dafür ist der bereits in Kapitel 1.1 erwähnte Financial Trust Index, wonach das Vertrauen der Kunden zu ihrer Bank mit gerade einmal 40% bewertet wird.
Neben Privatpersonen leiden auch viele Manager von Unternehmen an einer Zunahme von Verunsicherung. Ein Grund dafür sind die immer dynamischer und komplexer werdenden Märkte, in denen sich die Unternehmen befinden. Auch die schnelle technologische Entwicklung sowie Themen wie der demografische Wandel machen es Managern schwer, richtige Prioritäten bzgl. der Entscheidungen zu setzten. Krisen wie die Finanzkrise erschweren das Handeln und verdeutlichen, dass auch ein gutes Risikomanagement nicht gegen alle Eventualitäten schützen kann.[33]
Es wird immer deutlicher, dass es den „perfekten“ Weg aus der Krise nicht gibt. Somit sollte sich über alternative Maßnahmen Gedanken gemacht werden, die zum einen aus der Krise führen und zum anderen zukünftige Krisen verhindern oder in ihrer Intensität abschwächen. Diese Arbeit setzt sich genau dies zum Ziel. Durch den Ansatz, das Marketing und die Krisentheorie, bezogen auf den Bankensektor, zu verbinden, sollen neue Wege gefunden werden, das Vertrauen bei Kunden wieder aufzubauen und zu stabilisieren. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit es möglich ist ein Marketingkonzept zu entwickeln, welches in Krisenzeiten genutzt werden kann, um den Kunden Vertrauen zu schenken und so Schlimmeres zu verhindern.
1.5.2 Wissenschaftliche Begründung
Wie bereits erwähnt, soll in diesem Teil der Arbeit der Grund für die Fragestellungen aus wissenschaftlicher Sicht erläutert werden. Dabei wird sich auf den heutigen Forschungsstand der Marketingliteratur für Banken und andere Dienstleistungsunternehmen gestützt und der Frage nachgegangen, inwieweit sich die heutige Marketingliteratur, unter Berücksichtigung der Autoren Manfred Bruhn und Christian Grönroos, bereits mit dem Thema Marketing in Krisenzeiten auseinandersetzt. Als Krisen werden reine Existenzkrisen (bspw. Finanz- und/oder Weltwirtschaftskrisen) verstanden und keine Leistungskrisen, die zwischen dem Kunden und der Bank durch bspw. mangelhaften Service ausgelöst werden können. Da eine Literaturrecherche dieses Ausmaßes den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, ist eine Literaturrecherche samt Auswertung und Ausblick vorgeschaltet worden. In diesem Kapitel soll eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse als wissenschaftliche Begründung dienen.
Konkret hat sich der Autor der Arbeit mit der Thematik beschäftigt, in wieweit sich die Marketingliteratur mit Existenzkrisen bis heute auseinander gesetzt hat und ob zwischen normalen Markt- und Krisenphasen unterschieden wird. Beantwortet werden sollte diese Frage mit Hilfe von Hypothesen, die wie folgt lauten[34]:
Nullhypothese:
Die Marketingliteratur unterscheidet nicht zwischen normalen Marktphasen und Krisenphasen (zum Beispiel Finanz- und/oder Weltwirtschaftskrisen).
Alternativhypothese:
Die Marketingliteratur unterscheidet zwischen normalen Marktphasen und Krisenphasen (zum Beispiel Finanz- und/oder Weltwirtschaftskrisen) – je nach Phase schlägt sie andere Konzepte vor (zum Beispiel Krisenmarketing).[35]
Die Analyse der Recherche zeigt, dass sich die Marketingliteratur unter der Berücksichtigung der bereits genannten Autoren nur vereinzelt mit Existenzkrisen auseinandergesetzt hat. Mit der Wirtschaftskrise und kriegerischen Auseinandersetzungen werden lediglich zwei Krisenarten in der untersuchten Literatur benannt, die laut der Autoren in ihren Auswirkungen zu einer Abschwächung des Marketings und anderer Aktivitäten führen. Maßnahmen zur Bewältigung dieser Krisen seitens des Marketings werden nicht behandelt. Lediglich das Marktrisiko wird in der untersuchten Marketingliteratur als existenzbedrohlich eingestuft. Es werden jedoch keine Maßnahmen oder Instrumente benannt, wie diesem Risiko mit Hilfe des Marketings entgegen getreten werden kann.[36]
Vielmehr liegt der Fokus auf Leistungskrisen, welche sich auf die reine Kunden-Bank-Beziehung beziehen. Dabei wird zwischen Risiken unterschieden, die das Unternehmen betreffen und Risiken, die den Kunden betreffen. Deutlich zu erkennen ist, dass für die meisten behandelten Risiken auf der Ebene der Leistungskrise sowohl Gründe, Auswirkungen, Maßnahmen als auch Instrumente seitens des Marketings benannt wurden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die heutige Marketingliteratur bisher sehr wenig und in manchen Fällen eher unbewusst dem Thema Existenzkrise gewidmet hat. Jedoch stellt sich die Frage, warum sich die heutige Marketingliteratur nur in vereinzelten Fällen mit Existenzkrisen bei Banken auseinandersetzt hat. Ein aktuelles Beispiel für die gezielte Verwendung von Marketing bei Banken während einer sich potenziell verschärfenden, marktweiten Krise, ist die Santander‘s UK. Durch preis- und produktpolitische Maßnahmen wird gezielt versucht Kunden bestimmter Segmente zu gewinnen. Dabei wird sich vor allem auf das Massengeschäft mit Privatkunden und kleinen und mittelständischen Unternehmen konzentriert, um so das Gesamtrisiko der Bank zu senken und evtl. Kreditausfälle auffangen zu können.[37]
Aus dem Beispiel geht hervor, dass die Bank das Marketing bereits vor der Krise bzw. während einer sich potentiell verschärfenden Krise, nutzt. Somit sollte das Potential des Marketings nicht nur für den Krisenzeitraum untersucht werden, sondern auch für die Zeit vor und nach der Krise.
1.5.3 Praktische Begründung
In der Marketingtheorie wird das Marketing heutzutage als eine Art Führungskonzept bzw. Managementansatz verstanden. Verdeutlicht wird die heutige Rolle des Marketings durch Konzepte wie den Marketing-Mix, welche die Spannweite des Marketings verdeutlichen. In Kapitel 2.3 wird sich mit dieser Thematik intensiver auseinandergesetzt.[38]
Aktuelle Beispiele zeigen jedoch, dass Theorie und Praxis zum Teil weit voneinander entfernt sind. In einem Artikel des Harvard Business Manager wird eine Studie zitiert, die aussagt, dass nur 10% der CEOs aus den größten deutschen Unternehmen die Arbeit ihrer Marketingmanager schätzen. Hervorgehoben wird diese Aussage durch Unternehmen wie Walt Disney oder AOL, die das Marketing als Vorstandaufgabe für überflüssig halten.[39]
Jedoch ist es verwunderlich, dass gerade in Zeiten der aktuellen Finanzkrise der Fokus vom Marketing abgelenkt wird, da dieses gerade in Bezug auf den Bankensektor und unter Berücksichtigung von Liquiditätsrisiken ein hohes Potenzial aufweisen kann. So wäre es möglich das Marketing als eine Art Führungsinstrument zu nutzen und die damit verbundenen Maßnahmen sowohl auf die normale Marktphase als auch auf verschiedenste Krisenphasen, die in Kapitel 2.1.2.4 näher betrachtet werden, auszurichten, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Das Ergebnis könnte eine höhere Kundenzufriedenheit sein und ein damit zusammenhängendes stärkeres Vertrauen der Kunden in das jeweilige Finanzinstitut. Somit würde sowohl die Gefahr immenser Kundenverluste als auch die Gefahr eines Bank-Runs verringert werden.
Eine weitere Überlegung wäre die geplanten Maßnahmen in einem Marketing-Krisen-Konzept zu bündeln und in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Dieses würde dazu dienen, Krisenszenarien in Verbindung mit den Risiken und Auswirkungen für das entsprechende Finanzinstitut zu definieren und entsprechende Maßnahmen zu entwerfen. Im Falle einer bevorstehenden Krise müsste lediglich auf vorhandene Maßnahmenpläne zurückgegriffen und diese eingeleitet werden. Der Vorteil wäre eine geringere Anfälligkeit des Finanzinstituts auf Krisen und eine damit verbundene Verringerung des Risikos.
Diese beiden Denkansätze zeigen, dass es sinnvoll erscheint den Gedanken zu vertiefen und empirisch zu untersuchen. Die Grundlagen dafür sollen im nächsten Kapitel geschaffen werden.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Krisen
Der Punkt „Krise“ unterteilt sich in drei verschiedene Unterpunkte. Dabei sollen in dem Punkt „Grundlage“ erste Kenntnisse über verschiedene Arten von Krisen geschaffen werden. Konkret wird zwischen Individualkrisen und Unternehmenskrisen unterschieden. In dem zweiten Punkt „Spezifische Grundlagen“ wird die Unternehmenskrise weiter vertieft und sich ausführlich mit den Ursachen, Eigenschaften, Zusammenhängen und Phasen einer Unternehmenskrise beschäftigt. Der letzte Punkt ist die „Kritische Reflexion“, wo die erarbeitete Theorie mit den aus der Einleitung bekannten Fragestellungen der Arbeit abgeglichen und erste Schlüsse gezogen werden.
2.1.1 Grundlagen
Der Ursprung des Begriffs „Krise“ findet sich in dem griechischen Wort „krisis“ wieder, welcher verschiedene Deutungen mit sich trägt. Daher lohnt es sich den Begriff genauer zu betrachten, um ein einheitliches Verständnis dessen zu generieren.[40] Im Allgemeinen wird der Begriff „Krise“ als ein vertrauter und erschreckender Begriff zugleich wahrgenommen. Der ursprünglich aus dem Griechischen stammende Begriff meinte lediglich einen Bruch einer bis dahin kontinuierlichen Entwicklung. Des Weiteren wurde eine Situation gekennzeichnet mit einer extremen Ambivalenz der Entwicklungsmöglichkeiten.[41] Schon die damalige Deutung zeigt, dass der Begriff sowohl als Chance als auch als Risiko verstanden werden kann.[42] Dabei werden unter Krisenerscheinungen Individualkrisen, Unternehmenskrisen sowie weltweite Krisen mit allen denkbaren Szenarien verstanden. Jede der einzelnen genannten Krisen kann eine weitere Krise auslösen. So ist es bspw. möglich, dass eine Unternehmenskrise eine Individualkrise verursacht. Dies verdeutlicht die Spannweite, die mit diesem einen Begriff einhergeht.
Eine Individualkrise kann gut mit dem Vier-Phasen-Modell menschlichen Verhaltens von Fink beschrieben und erläutert werden. Das Modell geht dabei von zwei Grundannahmen aus:[43]
1) Jeder Mensch wird von zwei entgegengesetzt wirkenden Kräftegruppen beeinflusst, die sein Handeln in Individualkrisen maßgeblich beeinflussen;
- Kräfte mit einer Ausrichtung auf die Bewahrung bzw. Rückgewinnung der Bedingungen (Strukturen, Ziele), die vor Eintritt der Individualkrise geherrscht haben;
- Kräfte mit einer Ausrichtung auf eine progressive Veränderung, die auf eine Fortentwicklung der herrschenden Bedingungen (Strukturen, Ziele) abzielen.
2) Die Verhaltensweisen von Personen in Individualkrisen erfolgen in systematischen Mustern und lassen sich in folgende Phasen unterteilen:
- (Phase 1) Schock,
- (Phase 2) Defensiver Rückzug,
- (Phase 3) Eingeständnis,
- (Phase 4) Anpassung und Wandel.[44]
Bei einem starken Verlangen nach Bewahrung und Rückgewinnung der gewohnten Bedingungen durch die inneren Kräfte, nehmen bei vielen Menschen die Kräfte zu, die auf Veränderungen und Fortentwicklung der herrschenden Kräfte abzielen. Dies ermöglicht den Eintritt in die Phasen 3 und 4. Nur durch die vollständige Überwindung der Phasen eins bis drei ist es Menschen möglich, in die Phase vier zu gelangen und sich anzupassen bzw. einen Wandel zu akzeptieren.[45]
Der Begriff „Unternehmenskrisen“ ist mit den Jahren und den damit verbundenen Veränderungen und Erfahrungen in Theorie und Praxis immer weiter gewachsen. Somit lohnt es sich verschiedene Begriffsdefinitionen anzuschauen, um ein besseres Verständnis des Begriffes zu bekommen.[46]
In der Veröffentlichung von W. Hasenack, welche unter dem Eindruck der ersten Weltwirtschaftskrise stand, wurden Krisen ausschließlich als konjunkturelle Phänomene beschrieben . Unternehmenskrisen scheinen in diesem Zusammenhang keine übergeordnete Rolle zu spielen . [47]
Erst nach dem Erdölschock 1974 wurde die Unternehmenskrise in der Betriebswirtschaftsliteratur immer weiter präzisiert. So bezeichnete R. Höhn eine Unternehmenskrise als „ eine für das Leben und den Bestand des Unternehmens bedrohende Situation, bei der das Überleben zur Kernfrage wird.“[48]
Heute gibt es mehrere Definitionen, die den Begriff „Unternehmenskrise“ definieren. Eine von vielen Autoren akzeptierte und alle Phasen der überlebenskritischen Prozesse abdeckende Definition wird von den Autoren U. Krystek und R. Moldenhauer genutzt. Nach dieser Definition sind Unternehmenskrisen „ ungeplante und ungewollte Prozesse von begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit sowie mit ambivalentem Ausgang. Sie weisen unterschiedliche Phasen auf (von der potenziellen bis hin zur akuten Krise) und sind in der Lage, den Fortbestand des gesamten Unternehmens substantiell und nachhaltig zu gefährden oder unmöglich zu machen. Dies geschieht durch die Beeinträchtigung dominanter Ziele, deren Gefährdung oder Nichterreichung gleichbedeutend ist mit einer nachhaltigen Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des Unternehmens als selbstständige und aktiv am Wirtschaftsprozess teilnehmende Einheit mit ihren bis dahin gültigen Zweck- und Zielsetzungen.“[49]
In diesem Kapitel wurde der Grundbegriff der Krise erläutert und sowohl die Individualkrise wie auch die Unternehmenskrise ausführlich beschrieben. Die von U. Krystek und R. Moldenhauer gegebene Definition für Unternehmenskrisen soll auch in dieser Arbeit gelten. In dem nächsten Punkt wird sich nun noch tiefgründiger mit der Unternehmenskrise befasst.
2.1.2 Spezifische Grundlagen
In diesem Kapitel soll sich mit den Ursachen, den Eigenschaften, den Zusammenhängen und den Phasen von Unternehmenskrisen beschäftigt werden. Während der Erarbeitung dieser Punkte soll immer wieder Bezug auf die von U. Krystek und R. Moldenhauer erarbeitete Definition genommen werden.
2.1.2.1 Ursachen von Unternehmenskrisen
Die Ursachen für eine Unternehmenskrise können vielseitig sein. Häufig fallen Symptome an wie bspw. Umsatzeinbrüche oder Zahlungsunfähigkeit. Umso wichtiger ist es, im Vorfeld Krisenursachen zu identifizieren und Lösungswege zu finden. Unternehmenskrisen lassen sich in ihrer Entstehung im Wesentlichen in exogene und endogene Ursachen unterteilen. Dabei fallen unter die endogenen Krisenursachen die überbetrieblichen sowie die zwischenbetrieblichen Ursachen. Die endogenen Krisenursachen hingegen beziehen sich auf innerbetriebliche Ursachen. Alle drei Ausprägungen von Krisenursachen sollen in den folgenden Absätzen erläutert werden.[50]
Zum einen gibt es die überbetrieblichen Ursachen die durch volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen verursacht werden. Bspw. können Veränderungen der politischen Situation oder konjunkturelle Schwankungen die Planung eines Unternehmens von einem zum anderen Tag zu Nichte machen.
Zum anderen beschreiben Zwischenbetriebliche Ursachen das Zusammenspiel eines Unternehmens mit anderen Unternehmen auf den Märkten. Diese können nur sehr schwer durch das Management eines Unternehmens beeinflusst werden.
Als letzte Ursache für Unternehmenskrisen werden die innerbetrieblichen Ursachen genannt. Diese werden durch Managemententscheidungen ausgelöst und können sowohl negativ als auch positiv ausfallen.[51]
2.1.2.2 Eigenschaften von Unternehmenskrisen
Nachdem im letzten Kapitel auf die Ursachen von Unternehmenskrisen eingegangen wurde, soll sich nun mit den Eigenschaften dieser beschäftigt werden. Dabei bauen die Eigenschaften sehr stark auf einzelne Teile der im Kapitel 2.1.1 gegebenen Definition der Unternehmenskrise auf.
Die Existenzgefährdung wird als eine wesentliche Eigenschaft einer Unternehmenskrise beschrieben. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass es sich hierbei um eine nachhaltige Eigenschaft handelt, die nicht kurzfristiger Natur ist. Dies wiederum bedeutet, dass eine Existenzgefährdung zu einer Existenzvernichtung führen kann und somit überlebenskritisch für das betroffene System ist.[52]
Weiterhin wird von einer Ambivalenz des Ausgangs gesprochen. Gemeint ist, dass der Ausgang einer Krise für ein Unternehmen negativ (existenzvernichtend) oder positiv (erfolgreiche Bewältigung) sein kann, was zu Beginn der Krise jedoch nicht absehbar ist.[53]
Die Gefährdung dominanter Ziele beinhaltet die Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit. Dies meint, dass Ziele wie bspw. ein Mindestgewinn oder eine Mindestrendite aufrechterhalten bleiben müssen, um eine Existenzsicherheit zu garantieren.[54]
Der Prozesscharakter beschreibt eine weitere Eigenschaft einer Unternehmenskrise. Dabei sind der Beginn und das Ende eines Prozesses abhängig von der Wahrnehmung und dem Willen des Unternehmens und einzelner Akteure.[55]
Die letzte Eigenschaft ist die begrenzte Steuerbarkeit von Unternehmenskrisen durch ein Krisenmanagement. Wichtig ist hierbei, dass dies nicht unbedingt erfolgreich sein muss, da der Prozess ansonsten autonom verläuft und stark von den Fähigkeiten des Krisenmanagers abhängt.[56]
Die Eigenschaften haben bestimmte Teile der in Kapitel 2.1.1 gegebenen Definition noch einmal aufgegriffen, unterstrichen und verdeutlicht. Klar wird, dass eine Krise für ein Unternehmen zur Existenzfrage werden kann, falls dieser nicht mit richtigen Maßnahmen entgegengesteuert wird. Neben den beschriebenen Eigenschaften ist es auch wichtig, die zusammenhängenden Phänomene einer Unternehmenskrise zu verdeutlichen. Dabei geht es zum einen darum eine Abgrenzung zur Unternehmenskrise zu schaffen und zum anderen Kohärenzen zu verdeutlichen.
2.1.2.3 Zusammenhänge von Unternehmenskrisen
Im Zusammenhang mit einer Unternehmenskrise stehen Phänomene wie Risiken, Konflikte, Störungen und Katastrophen. Bis auf Katastrophen haben diese Erscheinungen in einem Unternehmen sowohl einen eigenständigen Charakter als auch Schnittstellen mit einer Unternehmenskrise.[57] Die folgende Abbildung verdeutlicht die Eigenständigkeit und die Schnittstellen mit anderen Phänomenen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung Nr. 2: Zusammenhang zwischen Unternehmenskrise und anderen Phänomenen
Quelle: Krystek, U; Moldenhauer, R. (2007) Seite 28
Konflikte bezeichnen latente oder manifeste Beziehungen zwischen Personen oder Personengruppen in einem Unternehmen. Diese können durch Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Mitarbeitern entstehen, ebenso durch Interessenskonflikte zwischen Stakeholdern und Management. Das Potenzial für Konflikte besteht grundsätzlich zwischen Personengruppen die direkt oder indirekt mit dem Unternehmen in Verbindung stehen.[58] Im Gegensatz zu einer Krise, welche sich als zeitlich begrenzter Prozess mit dysfunktionalen Wirkungen darstellt, wird ein Konflikt in manchen Unternehmen als zeitlich unbegrenzte Institutionalisierung verstanden, um diesen konstruktiv im Sinne der Unternehmensziele und –philosophie zu nutzen. Die Überschneidung der Begriffe „Krise“ und „Konflikt“ beruht auf der Annahme, dass es sowohl konfliktfreie Krisen als auch konfliktbedingte Krisen in einem Unternehmen gibt. Konfliktfreie Krisen können in Situationen vorkommen, in denen das Unternehmen einer potenziellen bzw. latenten Krise gegenübersteht und Handlungsspielräume vorhanden sind. Konfliktbedingte Krisen wiederrum sind Krisen, welche nicht umgangen werden können, wobei die Interessen verschiedener Interessensgruppen in den Hintergrund rücken, um überlebenswichtige Ziele des Unternehmens zu erreichen.[59]
Als Störungen werden Ereignisse wie Fehlfunktionen bei Sachpotenzial bezeichnet. Damit sind bspw. Maschinen, Läger oder Gebäude gemeint. Durch die Abhängigkeit mancher Unternehmen von deren Sachpotenzial kann eine solche Fehlfunktion zu einer weitreichenden krisenähnlichen Situation führen. Je größer die Abhängigkeit des Sachpotenzials zu wichtigen Systemen des jeweiligen Unternehmens ist, desto höher ist die Gefahr, dass fatale Folgen auftreten.[60]
Als Katastrophe wird die äußerste Ausprägung einer Krise beschrieben. Während bei einer Krise sich die Situation sowohl ins Negative als auch ins Positive entwickeln kann, wird bei einer Katastrophe davon ausgegangen, dass sich die Situation weiter verschlimmert und im Falle eines Unternehmens zur Insolvenz bzw. dem Untergang des Unternehmens führt.[61]
Jedes Unternehmen und jeder Unternehmer ist mit Risiken und den damit verbundenen Chancen konfrontiert. Jedes gesetzte Ziel bringt gewisse Risiken der Verfehlung mit sich. Grundsätzlich können Krisen als Folgeerscheinung von Risiken angesehen werden, wodurch der Zusammenhang zwischen den Risiken und der Unternehmenskrise verdeutlicht wird.[62]
Wie in der Abbildung Nr. 2 zu erkennen ist, gibt es auch noch andere krisenähnliche Begrifflichkeiten in einem Unternehmen, die in manchen Fällen mit einer Unternehmenskrise gleichgesetzt werden oder auf ähnliche Phänomene hinzielen. In der folgenden Tabelle werden diese Begriffe zusammengefasst und kurz erklärt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle Nr. 1: Andere krisenähnliche Begriffe
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an:
Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 30, 31
Innerhalb der beschriebenen Zusammenhänge wurden sowohl Unterschiede als auch Kohärenzen zwischen den genannten Phänomenen und der Unternehmenskrise verdeutlicht. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels soll dieses Vorwissen dazu dienen, die Phasen des Krisenprozesses zu verstehen.
2.1.2.4 Phasen von Unternehmenskrisen
Während der Beschreibung der unterschiedlichen Phasen von Unternehmenskrisen werden zum einen deren Merkmale für ein Unternehmen aufgezeigt und zum anderen verdeutlicht, welche Handlungsspielräume in welchem Stadium möglich sind. Dabei sollen in dieser Arbeit zwei verschiedene Ansätze beschrieben werden, die am Ende dieses Abschnittes miteinander verbunden werden sollen.
Der erste Ansatz von R. Müller fokussiert die verschiedenen Phasen einer Unternehmenskrise unter dem Aspekt der Bedrohung für das jeweilige Unternehmen und der vorhandenen Zeitspanne zur Bewältigung dieser. Dabei wird grundsätzlich zwischen vier verschiedenen Arten von Krisen unterschieden, welche im Zusammenhang mit dem Bewältigungspotenzial in der folgenden Grafik dargestellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung Nr. 3: Phasen der Unternehmenskrise nach R. Müller
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an:
Hutzschenreuter, T.; Griess-Nega, T. (2006) Seite 47
Die strategische Krise beinhaltet die Gefährdung von Erfolgspotenzialen eines Unternehmens. Dies kann beispielsweise die Bedrohung einer Produkt- oder Firmenmarke sein.[63] Wenn finanzielle Unternehmensziele wie der Gewinn oder Umsatz nicht erreicht und damit unterschritten werden, wird von einer Erfolgskrise gesprochen. Wesentliche Erfolgsziele des Unternehmens werden in dieser Phase in Frage gestellt. Ein weiteres Merkmal ist, dass bereits Verluste generiert werden und das Eigenkapital aufgebraucht ist, so dass die Gefahr einer Überschuldung droht. Bei einer dauerhaften Verfehlung der Unternehmensziele kann es zur Zahlungsunfähigkeit kommen.[64] In der Liquiditätskrise rückt die Überschuldung in den Vordergrund. Zahlungsverpflichtungen können häufig nur mit erheblichen Schwierigkeiten nachgekommen werden. Die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit nimmt in dem Moment erheblich zu, wenn Kreditgeber ihr Engagement kündigen.[65] Die Liquiditätskrise kann das Resultat aus der nicht Beachtung der in Kapitel 1.3.1 genannten Risiken sein. Die letzte Phase ist die Insolvenz. Diese ist gekennzeichnet durch das Verfehlen von Zielen seitens der Gläubiger. Obwohl eine gerichtliche Sanierung eines Unternehmens möglich ist, können häufig die Forderungen der Gläubiger nicht erfüllt werden.[66]
Im zweiten Ansatz von U. Krystek werden die Aggregationszustände von Unternehmenskrisen als Basis verwendet, welche während des Prozesses auftreten können. Auch in diesem Modell wird der Prozess der Krise in vier verschiedene Phasen unterteilt:
- Phase 1: Potenzielle Unternehmenskrise
- Phase 2: Latente Unternehmenskrise
- Phase 3: Akut/beherrschbare Unternehmenskrise
- Phase 4: Akut/nicht beherrschbare Unternehmenskrise[67]
Die folgende Grafik zeigt die Phasen in Verbindung mit deren Merkmalen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung Nr. 4: Krisenphasen nach Krystek
Quelle: Hutzschenreuter, T.; Griess-Nega, T. (2006) Seite 48
Eine Unternehmenskrise findet häufig seinen Ursprung in der potenziellen Unternehmenskrise. Dies bedeutet, dass eine Krise lediglich möglich, aber noch nicht real ist. Da in der Phase keine Krisensymptome wahrnehmbar sind, kann diese auch als Quasi-Normalzustand beschrieben werden.[68] Dem Merkmal der Beeinflussbarkeit wird dabei eine besondere Rolle zugesprochen, da durch gedankliche Vorwegnahme potenzieller Krisen und deren Symptome geeignete Strategien entwickelt werden können. Eine große Schwierigkeit liegt dabei in der Identifikation der für das Unternehmen belangvoller Krisen.[69]
Die latente Unternehmenskrise zeichnet sich dadurch aus, dass die Krise bereits da ist, aber für das Unternehmen und das damit verbundene betriebswirtschaftliche Instrumentarium noch nicht spürbar ist. In dieser Phase ist es möglich mit geeigneten und bereits implementierten Instrumenten und Maßnahmen der Krise entgegen zu wirken. Ein weiteres Merkmal ist, dass noch keine Handlungs- oder Entscheidungszwänge vorliegen.[70]
In der akut/beherrschbaren Unternehmenskrise werden Krisen erstmalig für ein Unternehmen wahrgenommen. Es wird auch von einem Wendepunkt in der Entwicklung existenzauflösender Prozesse gesprochen. Durch die immer kürzer werdenden Entscheidungszeiträume, die für das Entgegenwirken der Krise genutzt werden können, wird der Druck auf das Management eines Unternehmens verstärkt.[71] Der Schwerpunkt der vorhandenen Ressourcen eines Unternehmens fokussiert sich eher stärker auf Präventivmaßnahmen zum Entgegenwirken der Krise, als auf das alltägliche Geschäft wodurch es auch zu Liquiditätsengpässen kommen kann. Dies kann dazu führen, dass andere Wirkungen, die ein Unternehmen beeinflussen, verstärkt werden und somit die Krise beschleunigen. Trotz dieser Situation ist es auf Grund des Krisenbewältigungspotenzials eines Unternehmens möglich, auch in dieser Phase dem Prozess entgegenzuwirken.[72]
Innerhalb der akut/nicht beherrschbaren Unternehmenskrise ist es für ein Unternehmen nicht mehr möglich die Krise unter Kontrolle zu bringen. Dies ist der Fall, wenn sämtliche relevante Unternehmensziele nicht mehr erreicht werden können. Die Anforderungen für die Überwindung der Krise übersteigen das zur Verfügung stehende Potenzial eines Unternehmens. Sowohl der zunehmende Zeitdruck, als auch die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten sind Gründe für die Unbeherrschbarkeit des Krisenprozesses.[73]
Je nach Krisenart und Maßnahmenpaket des jeweiligen Unternehmens kann es sein, dass nicht jede Phase des von U. Krystek entwickelten Modells durchlaufen wird. Eine weitere Gefahr ist, dass eine Krise in einer fortgeschrittenen Phase eintritt bzw. das Unternehmen überrascht und es somit sehr schwer ist, schnelle Gegenmaßnahmen einzuleiten.[74]
Um nun die Kompatibilität zwischen dem Phasenmodell von R. Müller und U. Krystek zu überprüfen ist es wichtig, die jeweiligen Phasen der zwei Modelle gegenüberzustellen und zu vergleichen.
Die strategische Krise nach dem Phasenmodell von R. Müller ist vergleichbar mit der potenziellen und latenten Phase von U. Krystek. Die strategische Krise zeichnet dabei aus, dass die Auswirkungen auf die Ergebnisse und die Liquidität für ein Unternehmen noch nicht wahrnehmbar sind. Jedoch können durch eine gedankliche Vorwegnahme potenzielle Krisen prognostiziert oder bereits vorhandene Krisen nicht wahrgenommen werden (latente Krise).
Die Erfolgskrise und die latente Krise zeichnen aus, dass Krisen bspw. durch eine Verschlechterung der Ergebnisse verdeutlicht werden. Ein weiteres Indiz der Erfolgskrise ist, dass negative Entwicklungen in traditionellen Instrumentarien wie bspw. der Kostenrechnung erkennbar sind. Dies gilt auch für die akut/beherrschbare Krise aus dem Modell von U. Krystek.
Die Liquiditätskrise aus dem Modell von R. Müller ist in der akut/beherrschbaren Krise unterzubringen. Begründet werden kann dies mit der Verschiebung der vorhandenen Ressourcen eines Unternehmens und der damit verbundenen Priorisierung auf wichtige Gegenmaßnahmen.
Die Insolvenz ist die Folge von nicht mehr ausreichenden Erfolgen oder einer zu geringen Liquidität im Unternehmen. Beispiele hierfür können eine Überschuldung und/oder die Illiquidität sein. Somit kann diese Phase mit der akut/nicht beherrschbaren Krise verglichen werden.[75]
Die folgende Grafik soll den Vergleich der beiden Modelle noch einmal veranschaulichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung Nr. 5: Gegenüberstellung der Phasenmodelle
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an:
Gabler Wirtschaftslexikon (20.08.2013) Siehe Anhang Nr. 14
www.wirtschaftslexikon.gabler.de/Krisenmanagement
Abrufdatum: 20.08.2013
Innerhalb des Kapitels „Spezifische Grundlagen“ konnte auf den letzten Seiten ein Überblick über die Ursachen, die Eigenschaften, die Zusammenhänge sowie die Phasen von Unternehmenskrisen gegeben werden. Dabei wurde ein besonderer Fokus auf einzelne Krisenphasen gelegt und ein Vergleich zwischen zwei verschiedenen Modellen erarbeitet. Zudem wurde verdeutlicht, welche Krisen durch eine Missachtung oder Fehleinschätzung der in Kapitel 1.3 beschriebenen Risiken entstehen können und welche Folgen dies für Finanzinstitute haben kann.
Auf Basis der in der Einleitung erarbeiteten Forschungsfragen wird sich innerhalb dieser Arbeit mit existenzbedrohlichen Krisen beschäftigt. Da die Theorie verdeutlicht, dass Unternehmen innerhalb der Insolvenz nicht mehr in der Lage sind, eigenständig ihre Krise zu bewältigen, wird der Fokus in der weiteren Arbeit auf die von R. Müller erarbeitete Phase der „Liquiditätskrise“, bzw. die von U. Krystek erarbeitete Phase drei gelegt. Das gesamte Modell wird jedoch noch einmal im Kapitel „Krisenmanagement“ zur Erklärung aufgegriffen, um weitere Zusammenhänge zu verdeutlichen.
Die kritische Reflexion dient der Analyse der erarbeiteten Theorie im Bezug auf das Kapitel „Krise“. Dabei sollen vorhandene und fehlende Aspekte der Theorie im Hinblick auf die erarbeiteten Fragestellungen erarbeitet werden.
2.1.3 Kritische Reflexion
In diesem Kapitel soll auf Basis der in der Einleitung erarbeiteten Forschungsfragen die Theorie zum Thema „Krise“ kritisch reflektiert werden, um vorhandene und fehlende Aspekte zu verdeutlichen.
2.1.3.1 Vorhandene Aspekte
Die erarbeitete Theorie verdeutlicht, dass das Thema Krise in der Theorie bereits ausführlich behandelt wurde. So kann ein guter Überblick über Ursachen, Eigenschaften, Zusammenhänge und Phasen von Unternehmenskrisen gegeben werden. Gerade die zusammenhängenden Faktoren von Krisen verdeutlichen die Komplexität und Abhängigkeiten, die zu einer Krise führen können. Im Hinblick auf eine Verbindung mit Marketingmaßnahmen können durch die Komplexität von Krisen enorme Chancen gesehen werden, da Maßnahmen des Marketings in der Theorie genannt werden, um bspw. Störungen auf kommunikativer Ebene entgegenzuwirken.
Weiterhin sind in der Theorie mehrere Modelle zu finden, die Krisen beschreiben. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf den Krisenmodellen von R. Müller und U. Krystek. Es wird deutlich, dass diese Konzepte Krisen in verschiedene Phasen einteilen, was einen Überblick ermöglicht. Weiterhin sind die Modelle tiefgreifend beschrieben, wodurch die einzelnen Phasen und die Modelle miteinander verbunden werden können.
Da die Modelle branchenunabhängig entwickelt wurden, können diese auch im Bankenbereich angewandt werden, bedürfen jedoch einer spezifischen Anpassung an das jeweilige Unternehmen.
2.1.3.2 Fehlende Aspekte
Die behandelte Theorie zu Unternehmenskrisen beinhaltet keine Unterscheidung zwischen Krisen, die sich auf ein Unternehmen beziehen (idiosynkratrische Krisen) und Krisen die den ganzen Markt betreffen (marktweite Krisen). Es wird bei den Ursachen einer Krise lediglich auf überbetriebliche, zwischenbetriebliche und innerbetriebliche Krisenursachen eingegangen. Jedoch muss eine Krise, die durch innerbetriebliche Ursachen ausgelöst wurde, nicht unbedingt zu einer idiosynkratrischen Krise führen. Für eine Anwendung in der Praxis und eine genauere Erarbeitung der Maßnahmen im Falle einer Krise, wäre eine solche Unterteilung nicht nur bei den Ursachen, sondern auch bezogen auf die Krisenphasen sinnvoll. Gerade für den Bankensektor sollte zwischen idiosynkratrischen und marktweiten Krisen unterschieden werden. Begründet werden kann dies durch die Erklärung des Liquiditätsrisikos einer Bank im Kapitel 1.3.1. Hier wird deutlich, dass insbesondere Banken einem dauerhaften Liquiditätsrisiko von Seiten der Kunden ausgesetzt sind, welches im Extremfall zu einer idiosynkratrischen Krise führen kann. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass sich durch die unterschiedlichen Ursachen der Krisenentstehung auch die Maßnahmen zur Krisenbewältigung unterscheiden.
Liquiditätskrisen sind gerade bei Banken durch deren Komplexität häufig nicht nur auf eine Ursache, sondern auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Somit ist es wichtig die Ursachen für eine Krise auch in der Theorie miteinander zu verknüpfen und nicht nur getrennt voneinander zu betrachten.
Die Phasenmodelle von R. Müller und U. Krystek sind theoretisch miteinander zu verbinden, beruhen jedoch auf unterschiedlichen Verknüpfungen der Phasen. So basieren die Phasen in dem Modell von R. Müller auf einer zeitlichen Verknüpfung, wobei die Zeitspanne von Phase zu Phase in Abhängigkeit des Unternehmens und der Krisenintensität variieren kann. Die Phasen in dem Modell von U. Krystek, basieren auf einer logischen Verknüpfung miteinander und stehen in keiner zwingenden zeitlichen Reinfolge zueinander. Weiterhin ist die Abgrenzung der Phasen in Krisenzeiten eher schwierig, da häufig ein fließender Übergang stattfindet oder einzelne Phasen gänzlich übersprungen werden. Auch die Bedeutung der Krisenphasen variiert zwischen Unternehmen und Krisen, wodurch eine hohe Flexibilität auf Seiten der Mitarbeiter und der Maßnahmen vorhanden sein muss.
Bezogen auf das Modell von R. Müller wird deutlich, dass sich dieses nur auf die reine Krisenbekämpfung fokussiert, jedoch keine vorbeugenden Maßnahmen nennt oder auf Lerneffekte nach der Krise eingeht.[76]
Individuelle Schwächen in dem Modell von Krystek können vor allem in dem fehlenden Praxisbezug gesehen werden. So sind wesentliche Maßnahmen zur Krisenbekämpfung wie bspw. die Kommunikation nicht enthalten. Des Weiteren beziehen sich die letzten beiden Phasen des Modells auf den Ausgang der Krise und nicht auf den Verlauf.[77]
Es wird deutlich, dass sich die Krisenliteratur eher mit dem Verlauf, den Ursachen und den Wirkungen von Krisen beschäftigt. Um jedoch zu verstehen welche Möglichkeiten einem Unternehmen bleiben im Hinblick auf Krisenvermeidung und Krisenbewältigung, soll im folgenden Kapitel die Theorie des Krisenmanagements betrachtet werden.
2.2 Krisenmanagement
Auch das Kapitel „Krisenmanagement“ unterteilt sich in drei verschiedene Teile. Der erste Teil „Grundlagen“ verschafft dem Leser einen Überblick über die Thematik und unterteilt sich in die funktionale Sichtweise des Krisenmanagements und das Krisenmanagement als Institution. Im zweiten Teil „spezifische Grundlagen“ soll die funktionale Sichtweise des Krisenmanagements weiter vertieft werden. Dabei wird zwischen dem aktiven und reaktiven Krisenmanagement unterschieden, welche sich jeweils in zwei weitere Bereiche unterteilen. Abschließend wird innerhalb der kritischen Reflexion die erarbeitete Theorie mit den Forschungsfragen aus der Einleitung abgeglichen.
2.2.1 Grundlagen
Während der 70er Jahre hat sich das Krisenmanagement zu einer in der Betriebswirtschaft häufig genutzten und angewandten Begrifflichkeit entwickelt. Der Ursprung dessen wird dabei in der Kuba-Krise im Jahr 1962 gesehen. Im weitesten Sinne kann das Krisenmanagement als Umgang mit Krisen beschrieben werden. Häufig steht dabei die reaktive Komponente im Vordergrund, welche Maßnahmen zur Erhaltung der Überlebensfähigkeit eines akut bedrohten Unternehmens einschließt.[78] Grundsätzlich kann Krisenmanagement sowohl als Funktion als auch als Institution gesehen werden.
Die funktionale Sichtweise des Krisenmanagements bezieht sich auf die Veränderungen und Anpassungen der Prozesse, welche als Gegenmaßnahmen für Krisenerkennung, -vermeidung und -bewältigung entwickelt wurden.[79] In Abhängigkeit der in Kapitel 2.1.2.4 beschriebenen Phasen lässt sich das Krisenmanagement in eine aktive und eine reaktive Komponente unterteilen.[80] Diese Unterteilung wird in Kapitel 2.2.2 weiter erläutert und vertieft.
Das Krisenmanagement als Institution legt seinen Fokus auf die jeweils für den Prozess verantwortlichen Personen. Diesen obliegt die Verantwortung für die Erkennung, die Vermeidung und die Bewältigung von Krisen. Häufig ist das Krisenmanagement in den oberen Managementebenen eines Unternehmens angesiedelt, wobei es vorkommen kann, dass vereinzelte Mitarbeiter aus unteren Hierarchieebenen und externe, wie bspw. Berater, in die Prozesse integriert sind.[81] Gerade für krisenanfällige Unternehmen ist es sinnvoll ein dauerhaftes Krisenmanagement zu implementieren, welches den Markt permanent nach möglichen Risiken, welche zur Existenzgefährdung eines Unternehmens führen können, durchleuchtet.[82]
In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem funktionalen Teil des Krisenmanagements. Dabei soll im folgenden Teil das aktive und das reaktive Krisenmanagement näher erläutert werden, um diese Komponenten später mit der Abbildung Nr. 5 zu verbinden.
2.2.2 Spezifische Grundlagen
Bei dem aktiven Krisenmanagement handelt es sich um Krisenvorsorge und Krisenfrüherkennung, beim reaktiven Krisenmanagement um die Krisenbewältigung.[83] In der darauf folgenden Zusammenfassung sollen die Phasen des Krisenprozesses aus Kapitel 2.1.2.4 mit den Komponenten aus diesem Kapitel verbunden werden.
2.2.2.1 Aktives Krisenmanagement
Das aktive Krisenmanagement setzt ein, wenn sich die Krise noch nicht manifestiert hat und damit noch keine direkte Bedrohung für das Unternehmen darstellt. Somit erfolgt das aktive Krisenmanagement während potenziellen und latenten Krisen. Weiterhin lässt sich dieses in antizipatives und präventives Krisenmanagement unterteilen.[84]
Innerhalb des antizipativen Krisenmanagements werden Szenarien und Prognosen entwickelt, welche sich auf potenzielle Krisen beziehen. Durch das Erstellen von Krisenplänen und die Planung möglicher Alternativen, kann sich das Unternehmen bestmöglich auf künftige Krisen vorbereiten. Das Erarbeiten möglicher Szenarien und Prognosen sollte es dem Unternehmen ermöglichen, im Ernstfall schnell reagieren zu können und so die Auswirkungen der Krise abzufedern.[85]
Das präventive Krisenmanagement bezieht sich auf latente Unternehmenskrisen und somit auf die zweite Phase des von U. Krystek entwickelten Phasenmodells. Wie bereits beschrieben, sind die Krisenerscheinungen für das Unternehmen in diesem Stadium noch nicht spürbar. Das Ziel des Krisenmanagements ist es, in dieser Phase die Krisenfelder zu erkennen, um mit gezielten Maßnahmen diesen entgegenzusteuern. Je früher potenzielle Krisen erkannt werden, desto geringer sind die Risiken und die im Zusammenhang stehenden Auswirkungen für das Unternehmen.[86]
2.2.2.2 Reaktives Krisenmanagement
Für den Fall, dass das aktive Krisenmanagement und die damit verbundenen Maßnahmen nicht mehr ausreichen, wird sich dem reaktiven Krisenmanagement bedient. Dies ist sichtbar in den Phasen der akut/beherrschbaren und akut/nicht beherrschbaren Krise bzw. der Liquiditätskrise und Insolvenz. In diesem Stadium der Krise sind Auswirkungen wie bspw. finanzielle Einbußen und die Zunahme von Handlungs- und Zeitdruck bereits deutlich für Unternehmen wahrnehmbar. Somit besteht die Aufgabe darin die bereits eingetretene Unternehmenskrise abzuwenden, das Unternehmen auf die jetzige Situation einzustellen und entsprechend zu sanieren, um die Auswirkungen zu minimieren.[87] Das reaktive Krisenmanagement lässt sich in repulsives und liquidatives Krisenmanagement unterteilen.
Vom repulsiven Krisenmanagement wird gesprochen, wenn die Auswirkungen der Krise noch zu beheben sind. Es wird versucht die Symptome der Krise zu bekämpfen um das Unternehmen am Leben zu erhalten. Im Gegensatz zur potenziellen und latenten Krise sind die Krisenerscheinungen bereits deutlich erkennbar, so dass alle Anstrengungen des Unternehmens auf das erfolgreiche Bestehen gegen die Krise gerichtet werden. Dabei sind die bekanntesten Formen des Krisenmanagements zum einen Sanierungsstrategien und zum anderen gerichtliche Ordnungsverfahren, wie bspw. der Vergleich.[88]
Wenn ein Eingriff nicht zum gewünschten Erfolg führt bzw. keine Wirkungen zeigt, wird von einem liquidativen Krisenmanagement gesprochen. Die Anstrengungen werden von der Krisenbekämpfung auf die Vorbereitung der Liquidation verlagert. Die Begründung für dieses Vorgehen liegt in der Unbeherrschbarkeit der Krise. Die Vorbereitung der Liquidation beinhaltet den Schutz von Personen oder Institutionen, die mittelbar oder unmittelbar etwas mit dem Krisenunternehmen zu tun haben. Durch geplante, umgesetzte und kontrollierte Liquidationsmaßnahmen wird dieses Vorhaben erreicht.[89]
2.2.2.3 Zusammenfassung
Im Folgenden werden alle Phasen des Krisenprozesses von R. Müller und U. Krystek mit der in diesem Kapitel erarbeiteten Theorie verbunden. Bereits in der Beschreibung der aktiven und reaktiven Komponenten ist zu erkennen, dass Zusammenhänge zu den Phasenmodellen bestehen. Dies ermöglicht es Unternehmen in der jeweiligen Phase die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um der Krise optimal entgegen zu wirken. Die folgende Abbildung soll diese Zusammenhänge zwischen den einzelnen Phasenmodellen und den Komponenten des Krisenmanagements noch einmal verdeutlichen.
[...]
[1] Vgl. Franke, Alexander (2009) Seite 4
[2] Vgl. Machnig, Jan (2011) Seite 68
[3] Erklärung: Bei einem Bank-Run zieht eine Vielzahl von Anlegern gleichzeitig ihre Einlagen bei einer Bank ab.
Vgl. Stasch, Katharina (2007) Seite 66
[4] Vgl. Reinhart, C.M.; Rogoff, K.S. (2011) Seite 38
[5] Vgl. Financial Trust Index (02.07.2013) Siehe Anhang Nr. 1
[6] Vgl. Bankenverband – Bundesverband Deutscher Banken (02.07.2013) Siehe Anhang Nr. 2
[7] Vgl. Ziegler, S.; Sohl, M. (2011) Seite 22
[8] Vgl. Thießen, Ansgar (2013) Seite 6
[9] Erklärung: Basel III stellt die Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Banken dar, in Anlehnung an Basel II
Vgl. Wirtschaftslexikon Gabler (28.11.2013) Siehe Anhang Nr. 3
[10] Erklärung: Als Laverage Ratio wird der Verschuldungsgrad eines Unternehmens bezeichnet.
Finanz-Lexikon.de (28.11.2013) Siehe Anhang Nr. 4
[11] Vgl. Deutsche Bundesbank Eurosystem (14.11.2013) Siehe Anhang Nr. 5
[12] Erklärung: Das operative Risiko ist das Risiko, aus Defiziten in den Informationssystemen oder internen Kontrollwesen unerwartet, meist hohe Verluste zu erleiden.“...“ Die operativen Risiken sind schwer zu quantifizieren und werden somit meist durch Einschätzungen des Managements und ein internes Controlling erfasst.
Börsennews.de (12.11.2013) Siehe Anhang Nr. 6
[13] Vgl. Moneke, Christian (2010) Seite 4
[14] Vgl. Dürrnagel, Christoph (2011) Seite 7
[15] Vgl. Hofmann, Mathias (2009) Seite 50
[16] Vgl. Blum, Andreas (2008) Seite 8
[17] Vgl. Berndt, Michael (2008) Seite 207
[18] Vgl. Kunze, Britta (2007) Seite 23
[19] Vgl. Weißschnur, Sebastian (2012) Seite 21,22
[20] Vgl. Scholz, Alexandra (2008) Seite 13
[21] Vgl. Beigler, Michael (2011) Seite 137
[22] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 51
[23] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 51
[24] Erklärung: Das Moral-Hazard-Problem ist die Kollision der Interessen zwischen Vertragspartnern, wo Verhaltensänderungen bei einer der Vertragsparteien aufgrund einer vermeintlichen Absicherung gegen ein Risiko eintreten können.
Mein-wirtschaftslexikon.de (12.11.2013) Siehe Anhang Nr. 7
[25] Vgl. Nikolov, Svetlozar R. (2000) Seite 40
[26] Vgl. Schmitz, T.; Wehrheim, M. (2006) Seite 41
[27] Vgl. Schmitz, T.; Wehrheim, M. (2006) Seite 41
[28] Erklärung: Als Referenzaktivum werden Bezugsbündel verschiedener Vermögenswerte bezeichnet, die als Bezugsgröße für ein oder mehrere Finanzwert(e) dienen.
Finanz-Lexikon.de (12.11.2013) Siehe Anhang Nr. 8
[29] Vgl. Gehrmann, Volker (2009) Seite 124, 125
[30] Vgl. Wagner, Eva (2008) Seite 7
[31] Vgl. Handelsblatt (18.07.2013) Siehe Anhang Nr. 9
[32] Vgl. Capital (18.07.2013) Siehe Anhang Nr. 10
[33] Vgl. Schoemaker, P.J.H.; Gunther, R.E. (2002) Seite 8
[34] Vgl. Zühr, Benjamin (2013) Seite 2, Siehe Anhang Nr. 11
[35] Zühr, Benjamin (2013) Seite 2, Siehe Anhang Nr. 11
[36] Vgl. Zühr, Benjamin (2013) Seite 38, Siehe Anhang Nr. 11
[37] Vgl. The Independent (07.08.2013) Siehe Anhang Nr. 12
[38] Vgl. Pepels, Werner (2004) Seite 350
[39] Vgl. Harvard Business Manager (07.08.2013) Siehe Anhang Nr. 13
[40] Vgl. Ramm, Justus (2009) Seite 13
[41] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 24
[42] Vgl. Hölzemann, Desiree (2007) Seite 7
[43] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 60
[44] Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 60
[45] Vgl. Rüssen, Tom A. (2009) Seite 68
[46] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 25
[47] Vgl. Wilhelm Hasenack (1932) Seite 705 - 722
[48] Krystek, U; Moldenhauer, R. (2007) Seite 25
[49] Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 26
[50] Vgl. Wöltje, Jörg (2011) Seite 243
[51] Vgl. Wöltje, Jörg (2011) Seite 244
[52] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 26
[53] Vgl. Welsch, Christian (2010) Seite 16
[54] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 27
[55] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 27
[56] Vgl. Welsch, Christian (2010) Seite 16
[57] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 28
[58] Vgl. Welsch, Christian (2010) Seite 17
[59] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 29
[60] Vgl. Welsch, Christian (2010) Seite 17
[61] Vgl. Welsch, Christian (2010) Seite 17
[62] Vgl. Krystek, U.; Moldenhauer, R. (2007) Seite 30
[63] Vgl. Hutzschenreuter, T.; Griess-Nega, T. (2006) Seite 47
[64] Vgl. Hommel, U.; Knecht, T.C.; Wohlenberg, H. (2006) Seite 35
[65] Vgl. Hommel, U.; Knecht, T.C.; Wohlenberg, H. (2006) Seite 35
[66] Vgl. Hutzschenreuter, T.; Griess-Nega, T. (2006) Seite 47
[67] Vgl. Klein, Johannes (2008) Seite 21
[68] Vgl. Schiel, Alexandra (2007) Seite 55
[69] Vgl. Krystek, U; Moldenhauer, R (2007) Seite 37
[70] Vgl. Klein, Johannes (2009) Seite 21
[71] Vgl. Schiel, Alexandra (2007) Seite 55
[72] Vgl. Hutzschenreuter, T.; Griess-Nega, T. (2006) Seite 49,50
[73] Vgl. Schiel, Alexandra (2007) Seite 56
[74] Vgl. Hutzschenreuter, T.; Griess-Nega, T. (2006) Seite 50
[75] Vgl. Vgl. Krystek, U; Moldenhauer, R (2007) Seite 39
[76] Vgl. Tietz, Isabel (2009) Seite 103
[77] Vgl. Tietz, Isabel (2009) Seite 106
[78] Vgl. Richter, Nicole (2007) Seite 25
[79] Vgl. Glaeßer, Dirk (2005) Seite 39
[80] Vgl. Richter, Nicole (2007) Seite 26
[81] Vgl. Glaeßer, Dirk (2005) Seite 39
[82] Vgl. Richter, Nicole (2007) Seite 27
[83] Vgl. Krystek, U; Moldenhauer, R. (2007) Seite 138
[84] Vgl. Dreyer, Axel (2001) Seite 27
[85] Vgl. Fürst, R.A.; Sattelberger, T.; Heil, O.P. (2007) Seite 29
[86] Vgl. Ajjane, Nicola (2004) Seite 13
[87] Vgl. Dietrich, M.; Ussar, M. (2007) Seite 39
[88] Vgl. Ajjane, Nicola (2004) Seite 14
[89] Vgl. Ajjane, Nicola (2004) Seite 14
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- Benjamin Zühr (Autor:in), 2013, Marketing im Kontext existenzieller Unternehmenskrisen unter besonderer Berücksichtigung des Bankensektors, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/268524