Mit lernfeldorientierten Lehrplänen wird auf curricularer Ebene versucht, die bisher stark fachbezogene Strukturierung der Lehrpläne durch eine handlungsorientierte - an beruflichen Tätigkeiten ausgerichtete - Struktur zu ersetzen. Erfahrungen der letzten Jahre haben eine zu große Diskrepanz zwischen dem fachsystematischen Unterricht und dem beruflichen Alltag gezeigt, wobei der Lerntransfer erschwert wurde und damit zur Motivationsabnahme seitens der Schüler führte.
Die Idee einer Lernfeldstruktur soll nun den bisher stark disziplinorientierten Unterricht durch einen handlungsorientierten, der auf die Bearbeitung von authentischen Problemen ausgelegt ist, ersetzen. Diese Entwicklung vollzieht sich in Anlehnung an die exemplarischen Handlungsfelder und soll didaktisch-methodisch so umgesetzt werden, dass die Auszubildenden eine berufliche Handlungskompetenz erwerben. Zur Erreichung dieses Zieles soll der Unterricht die Handlungsorientierung betonen, um die schulischen Inhalte näher an die berufliche Erfahrungswelt der Schüler heranzuführen. Die Aufbereitung dieses Konzeptes für den Unterricht an Berufsschulen stellt eine Herausforderung dar und wirft die Frage auf, wie lernfeldstrukturierte Anforderungen aus Rahmenlehrplänen in handlungsorientierten Lernsituationen realisiert werden können und ob dabei dem zentralen Aspekt der Handlungsorientierung entsprochen wird.
In dieser Hausarbeit wird nun, exemplarisch an dem Modellversuch, untersucht, wie die Umsetzung eines Lernfeldes über eine Reihe von Lernsituationen konkretisiert werden kann. Alternativ hätte ein Vergleich von Umsetzungsmöglichkeiten zweier Lernfelder verschiedener Ausbildungsberufe erfolgen können, was jedoch aufgrund der Umfangsbegrenzung zu einem unerwünschten Wegfall des zweiten Kapitels geführt hätte. Für Grundideen der Umsetzung weiterer Lernfelder sei der interessierte Leser an die Handreichung zur Umsetzung des KMK-Rahmenlehrplanes verwiesen. Zunächst werden im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung die grundlegenden Aspekte des Lernfeldkonzeptes präzisiert.
Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung
2 Komponenten des Lernfeldkonzeptes
2.1 Rahmenlehrplan Einzelhandel
2.2 Lernfelder und Lernsituationen
3 Umsetzung lernfeldorientierter Lehrpläne anhand des Modellversuchs segel-bs
3.1 Umsetzungsproblematik der Lernfelder
3.2 Umsetzungskriterien aus dem Modellversuch
4 Abschließende Diskussion
Literaturverzeichnis
1 Problemstellung
Mit lernfeldorientierten Lehrplänen wird auf curricularer Ebene versucht, die bisher stark fachbezogene Strukturierung der Lehrpläne durch eine handlungsorientierte - an beruflichen Tätigkeiten ausgerichtete - Struktur zu ersetzen. Erfahrungen der letzten Jahre haben eine zu große Diskrepanz zwischen dem fachsystematischen Unterricht und dem beruflichen Alltag gezeigt, wobei der Lerntransfer erschwert wurde und damit zur Motivationsabnahme seitens der Schüler[1] führte (Handreichung zur Umsetzung der KMK-Rahmenlehrpläne, 2004, S. 1).
Die Idee einer Lernfeldstruktur soll nun den bisher stark disziplinorientierten Unterricht durch einen handlungsorientierten, der auf die Bearbeitung von authentischen Problemen ausgelegt ist, ersetzen (Dubs, 2000, S. 24). Diese Entwicklung vollzieht sich in Anlehnung an die exemplarischen Handlungsfelder und soll didaktisch-methodisch so umgesetzt werden, dass die Auszubildenden eine berufliche Handlungskompetenz erwerben. Zur Erreichung dieses Zieles soll der Unterricht die Handlungsorientierung betonen, um die schulischen Inhalte näher an die berufliche Erfahrungswelt der Schüler heranzuführen (KMK, 2004, S. 6). Die Aufbereitung dieses Konzeptes für den Unterricht an Berufsschulen stellt eine Herausforderung dar und wirft die Frage auf, wie lernfeldstrukturierte Anforderungen aus Rahmenlehrplänen in handlungsorientierten Lernsituationen realisiert werden können und ob dabei dem zentralen Aspekt der Handlungsorientierung entsprochen wird.
In dieser Hausarbeit wird nun, exemplarisch an dem Modellversuch segel-bs, untersucht, wie die Umsetzung eines Lernfeldes über eine Reihe von Lernsituationen konkretisiert werden kann.
Alternativ hätte ein Vergleich von Umsetzungsmöglichkeiten zweier Lernfelder verschiedener Ausbildungsberufe erfolgen können, was jedoch aufgrund der Umfangsbegrenzung zu einem unerwünschten Wegfall des zweiten Kapitels geführt hätte. Für Grundideen der Umsetzung weiterer Lernfelder sei der interessierte Leser an die Handreichung zur Umsetzung des KMK-Rahmenlehrplanes (Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz, 2004) verwiesen.
Zunächst werden im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung die grundlegenden Aspekte des Lernfeldkonzeptes präzisiert, wobei insbesondere der Rahmenlehrplan, Lernfelder und Lernsituationen im Fokus stehen (Kapitel 2). Danach werden die Umsetzungsprobleme der Lernfelder im Unterricht, die mit der Einführung dieses Konzeptes entstanden sind, mit Hilfe des Modellversuches segel-bs aufgegriffen, die verschiedenen Ebenen genauer beleuchtet, sowie ein möglicher Lösungsansatz vorgestellt (Kapitel 3). Am Ende erfolgt eine kritische Betrachtung und Diskussion der Ergebnisse aus der möglichen Umsetzung des Lernfeldes in den beruflichen Unterricht (Kapitel 4).
2 Komponenten des Lernfeldkonzeptes
2.1 Rahmenlehrplan Einzelhandel
Der aktuelle Rahmenlehrplan trat, durch den Beschluss der Kultusministerkonferenz, am 17.06.2004 in Kraft. Vor der Einführung lernfeldorientierter Lehrpläne an beruflichen Schulen wurde jedes Fach einzeln unterrichtet, wobei diese Einteilung an das Wissenschaftswissen der Universitäten angelehnt war und die Inhalte rein fachsystematisch durch die Lehrkräfte vermittelt werden sollten (Beck, Fritz, Otte & Schäfer, 2008, S. 11). Weltweite empirische Studien zeigten allerdings, dass Lernende zwar über ein hohes Maß an Fachwissen verfügten, ohne jedoch in der Lage zu sein, dieses in konkreten beruflichen Handlungssituationen anwenden zu können. So führte diese wenig anwendungsorientierte Form der Wissensvermittlung bei den Auszubildenden lediglich zu einem trägen Wissen (Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz, 2002, S. 2). Da die bloße fachwissenschaftliche Vermittlung der Komplexität von beruflichen Situationen nicht gerecht wird muss der Unterricht, um berufliche Handlungsfähigkeit zu erreichen, dem Lernenden auch stets Bezüge zu seiner Lebenswelt aufzeigen und ihm die Anwendung des Fachwissens an praktischen Problemstellungen ermöglichen (Kruber, 1999, S. 2). Daher ist es, nach der Handreichung zur Umsetzung lernfeldorientierter Rahmenlehrpläne in der Berufsschule (2002, S. 1), unabdingbar, Lerninhalte mit beruflichen Handlungssituationen zu verknüpfen, um so Arbeits- und Geschäftsprozesse mit Fachwissen in Zusammenhang zu bringen. Auf diese Weise ermöglichen die nach Lernfeldern strukturierten Lehrpläne erstmals eine handelnde Auseinandersetzung mit Lerngegenständen und eine ganzheitliche Entwicklung von Lernprozessen (Weitz, 1997, S. 4).
Der KMK-Rahmenlehrplan für den/die Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel beschreibt den Bildungsauftrag der Berufsschule und gliedert die 14 Lernfelder in ihre jeweiligen Zielformulierungen und Inhalte. Die Umsetzung der Lernfelder in Lernsi- tuationen ist jedoch Aufgabe der Lehrkräfte und bedarf der notwendigen Regelungen durch die Handreichung zur Umsetzung der Länder. Der Beruf des/der Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel hat eine reguläre Ausbildungszeit von 3 Jahren und gehört in den Bereich Wirtschaft und Verwaltung. Der Ausbildungsberuf Verkäufer/Verkäuferin beträgt normalerweise nur 2 Jahre, wobei der/die Auszubildende dabei die gleichen Lernfelder wie der/die Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel in den ersten beiden Ausbildungsjahren durchläuft (KMK, 2004, S. 6). Die Lernfelder des ersten Ausbildungsjahres beziehen sich im Wesentlichen auf die Warenpräsentation und deren Verkauf, sowie die Betreuung des Kunden. Im darauf folgenden Jahr werden Lernfelder aus dem Bereich der Beschaffung, der Lagerung und der Datenbearbeitung behandelt. Die Lernfelder des dritten Ausbildungsjahres thematisieren Handlungsbereiche aus dem Marketing, dem Personal und der Unternehmensentwicklung. Sie entsprechen dem Ausbildungsprofil des/der Kaufmannes/Kauffrau im Einzelhandel (KMK, 2004, S. 8).
2.2 Lernfelder und Lernsituationen
1991 beschloss die KMK: „Die Berufsschule hat zum Ziel, eine Berufsfähigkeit zu vermitteln, die Fachkompetenz mit allgemeinen Fähigkeiten humaner und sozialer Art verbindet“ (Sekretariat der KMK, 1991, S. 2). Um diese Ziele erreichen zu können, muss die Berufsschule den Unterricht an einer spezifischen Pädagogik ausrichten, die Handlungsorientierung betont (vgl. ebd., S. 3). Folglich strukturiert die KMK seit 1996 Lehrpläne für die Berufsschulen nach handlungssystematischen Lernfeldern, die sich aus der Handlungssystematik des Ausbildungsberufes ableiten.
Laut Bader & Schäfer (1998, S. 229) sind Lernfelder didaktisch begründete, schulisch aufbereitete Handlungsfelder, die komplexe Aufgabenstellungen zusammenfassen und in handlungsorientierten Lernsituationen bearbeitet werden. Sie beinhalten Zielformulierungen, die aus Kompetenzbeschreibungen und Inhaltsangaben bestehen. Im Folgenden wird deren Aufbau am Beispiel des Lernfeldes 1 „Das Einzelhandelsunternehmen präsentieren“ aus dem Rahmenlehrplan für den/die Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel (KMK, 2004, S. 9) erläutert: Der erste Satz besteht aus der Zielbeschreibung, welche die Kernkompetenz verdeutlicht, die der/die Auszubildende am Ende des Lernfeldes beherrschen sollte. Zugleich spiegelt dieser Satz die Thematik wider. Im vorliegenden Fall sollen die Auszubildenden lernen, wie sie ihren Ausbildungsbetrieb präsentieren. Die darauf folgenden Zeilen beschreiben die Kernkompetenz genauer und gliedern sie in einzelne Kompetenzen, die dann in handlungsorientierte Lernsituationen umgesetzt werden sollen, auf. Am Ende stehen Inhalte, die den beschreibenden Text näher konkretisieren. So spricht zum Beispiel der inhaltliche Aspekt „Präsentationstechniken“, die Methodenkompetenz an und findet sich auch in dem darüber liegenden Text: „Die Schülerinnen und Schüler präsentieren und dokumentieren ihre Arbeitsergebnisse strukturiert und adressatenorientiert unter Verwendung angemessener Medien“ (KMK, 2004, S. 9).
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[1] Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit ausschließlich die männliche Form verwendet. Diese impliziert aber immer auch die weibliche Form.