Dieser Aufsatz behandelt den derzeitigen Stand des nationalen Rechtsschutzes bei Urheber- und Leistungsschutzverletzungen in der EU.
Nationaler Rechtsschutz bei Urheber- und Leistungsschutzverletzungen
von Rechtsanwalt Volker Burkhardt
Während es im Zeitalter vor Einführung und Verbreitung des Internets noch vergleichsweise einfach war, Rechtsverletzer zur Verantwortung zu ziehen, ist es gerade bei Rechtsverletzungen im Internet – insbesondere im Rahmen des Filesharings – relativ schwierig, die Störer ausfindig zu machen. Die Ermittlung der IP-Adressen kann nur durch das Gericht angeordnet werden.
Die Arten der Rechtsverletzungen sind recht vielfältig. Neben den relativ geringfügigen Rechtsverletzungen im Rahmen des Filesharing – bei dem die Systematik des Teilens jedem User die Rolle eines Anbieters aufzwingt - - gibt es auch gravierende Rechtsverletzungen, bei denen Andere fremde Schöpfungen kopieren, um sie selbst gewinnbringend zu vermarkten, oder wo sich fremde Leistung zunutze gemacht wird, um Eigenes darauf aufzubauen. Während es in den Fällen des Filesharing häufig auch um die Verantwortung der Eltern geht, deren minderjährige Kinder die einschlägigen Programme auf ihren Rechnern hatten oder um die Angemessenheit der verlangten Schadensersatzsummen, wird in den anderen Fällen auch darum gestritten, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt.
Bei Verletzung der im Urhebergesetz geschützten Rechte kann der Verletzte sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Ansprüche geltend machen.
I. Strafrecht
Das strafrechtliche Vorgehen bei Verletzungen des Leistungsschutzrechts ist geregelt in § 108 und 108 a UrhG, wobei letztere Bestimmung im Wesentlichen besagt, dass eine gewerbsmäßige Rechtsverletzung strenger bestraft wird. Die Strafdrohung – ansonsten bis zu drei Jahren, bei Gewerbsmäßigkeit bis zu fünf Jahren – richtet sich gegen die unerlaubte Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe eines wissenschaftlichen Werkes oder eines Lichtbildes oder einer Bearbeitung oder Umgestaltung davon, außerdem gegen unerlaubte Verwertungen der Darbietungen ausübender Künstler, Tonträger, Funksendungen, Bild- bzw. Bild- und Tonträger oder einer Datenbank. Die Strafbarkeit des Versuchs wird ausdrücklich festgestellt.
Strafbar sind nach § 108 b UrhG auch unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderliche Informationen. Soweit die Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse bejaht, werden die Taten gemäß § 109 UrhG nur auf Antrag verfolgt. Gegenstände auf die sich die Straftat bezieht, können gemäß § 110 UrhG eingezogen werden. Bei berechtigtem Interesse des Verletzten und auf Antrag kann gemäß § 111 UrhG bei einer Verurteilung auch angeordnet werden, dass die öffentlich bekannt gemacht werden soll. Dann wird die Art der Bekanntmachung im Urteil bestimmt.
Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von Bußgeldvorschriften, die hier nicht näher erörtert werden sollen. In der Praxis ist das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht in diesem Zusammenhang praktisch eher unbedeutend. Die Zielrichtung der Geschädigten besteht eher darin, weitere Rechtsverletzungen zu unterbinden und für bereits geschehene Rechtsverletzungen entschädigt zu werden.
In einem der relativ wenigen dokumentierten Verfahren wehrte sich ein Verdächtiger erfolgreich dagegen, dass die Staatsanwaltschaft seine Daten aus der Ermittlungsakte einem Anzeigenerstatter überlassen hatte, der zuvor auf den Privatklageweg verwiesen worden war. In diesem konkreten Fall hatte sich die mutmaßlich Verletzte unter Angabe mehrerer IP-Adressen an die Staatsanwaltschaft gewandt und mitgeteilt, dass sie Rechteinhaberin von Computerspielen sei, die in Internet-Tauschbörsen angeboten würden.
Bereits in der Anzeige teilte sie mit, dass sie bereits jetzt - falls möglich vor Abgabe der Verfahren an die sodann örtlich zuständigen Ermittlungsbehörden - für jeden Einzelfall um formlose Übermittlung der jeweils festgestellten Namen und Postadressen der Urheberrechtsverletzer, gerne per Telefax oder per E-Mail an ihre Anwälte bitte. In der Einstellungsverfügung vom 9.11.2007 stellte die Staatsanwaltschaft fest, „dass es sich im vorliegenden Fall ... bei der strafrechtlich gebotenen Einzelfallbetrachtung um eine Schutzrechtsverletzung geringen Ausmaßes“ handele. Es sei „im konkreten Fall ... daher kein Schaden entstanden, der den Rechtinhaber in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht. ... auch wurde der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört ...“.[1]
Der mutmaßliche Verletzer vertrat die Auffassung, „die Rechtswidrigkeit der erteilten Akteneinsicht ergebe sich bereits daraus, dass der Anzeigenerstatterin kein realer Schaden entstanden sei. Sie habe nur vermutete volkswirtschaftliche Schäden zur Argumentation herangezogen. Ferner ergebe sich aus der Zusammenschau von § 101 a UrhG mit § 101 Abs. 9 S. 1 UrhG, dass der Gesetzgeber einen Auskunftsanspruch eines Urheberrechtsinhabers nur bei einer Rechtsverletzung gewerblichen Ausmaßes und nur durch richterlichen Beschluss habe ermöglichen wollen. Dies sei bei der Abwägung im Rahmen des § 406 e StPO zu berücksichtigen. Diese Abwägung ergebe, dass im vorliegenden Fall überwiegende Interessen des Antragstellers der Gewährung von Akteneinsicht entgegenstünden. Dies seien insbesondere Grundrechte aus Art. 10 GG sowie Art. 2 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Ferner sei zu berücksichtigen, dass gegen den Anschlussinhaber kein hinreichender Tatverdacht bestanden habe, sondern ein bloßer Anfangsverdacht. Dieser könne aber ein Akteneinsichtsrecht für einen Dritten noch nicht begründen.“[2]
Dieser Sichtweise stimmte das Landgericht Karlsruhe zu, in dem es feststellte:
„Eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Interessen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ergibt, dass eine die persönlichen Daten der Anschlussinhaber offenbarende Akteneinsicht gemäß § 406e StPO nur in Betracht kommt, wenn ein schwerwiegender Fall einer Urheberrechtsverletzung vorliegt. Ein derart schwerwiegender Eingriff wird in der Regel nur anzunehmen sein, wenn eine größere Anzahl von Dateien über einen nicht ganz unerheblichen Zeitraum durch dieselbe Person in einer Internettauschbörse angeboten wurde, wenn also ein Handeln in gewerblichem Ausmaß stattfand.“[3]
Mit einer solchen Argumentation würde – wie im Folgenden gezeigt werden wird -, ein zivilrechtlicher Anspruch kaum zu Fall zu bringen sein. Geht es um Unterlassung und Schadensersatz, spielt Schuld und Schwere der Tat allenfalls bei der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes eine Rolle, während sich die Feststellungen hinsichtlich der IP-Adresse auf die Frage beschränken, ob damit der Inhaber des Anschlusses, von dem die Rechtsverletzung ausgegangen ist, zweifelsfrei ermittelt worden ist. Berücksichtigt man aber, dass ohne Mithilfe der Staatsanwaltschaft kaum die Möglichkeit besteht, einen Anschlussinhaber einer IP zuzuordnen, dann zeigt sich auch, wie schwer es in der Praxis sein kann, Rechtsverletzungen effektiv zu verfolgen. Wenn eine Adressenbekanntgabe bei „geringfügigen“ Verletzungen nicht erfolgt, dann lassen sich die Ansprüche auch nicht geltend machen, sofern nicht eine Kennzeichnung der illegal getauschten Dateien – etwa durch datenschutzrechtlich bedenkliche DRM-Verfahren- auf die unten noch eingegangen wird, erfolgt ist. Dies sollte im Auge behalten werden, wenn es später um die Frage der möglichen Einführung einer Kulturflatrate geht.
Wegen der Bekanntgabe der Adresse wurde im Übrigen auch erfolgreich die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Das Gericht stellte fest, dass „die Gewährung von Auskünften aus der Akte - und auch ggf. die Erteilung von Akteneinsicht, was nach den rechtlichen Voraussetzungen des § 406 e StPO keinen Unterschied macht“, voraussetzt, „dass dem Betroffenen vor Erteilung der Auskünfte rechtliches Gehör gewährt wird. Die Erteilung von Auskünften aus Verfahrensakten oder die Gewährung von Akteneinsicht nach § 475 StPO stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung solcher Personen dar, deren personenbezogene Daten auf diese Weise zugänglich gemacht werden (BVerfG NJW 2007, 1052). Damit setzt die Auskunftserteilung in jedem Fall eine Abwägung der betroffenen Grundrechte voraus. Diese Abwägung kann nach Lage der Dinge in der Regel nur sachgerecht vorgenommen werden, wenn die Betroffenen insoweit zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Deshalb sind sie in der Regel anzuhören.“[4]
Einer der wenigen Fälle, bei denen die Rechtsverletzung durch unberechtigt hergestellte und vertriebene Tonträger zu einer strafrechtlichen Verurteilung – zu 1 Jahr und 3 Monaten auf Bewährung - führte, ging bis vor den Bundesgerichtshof, wurde dort aber bestätigt. Eine der Fragen, um die es ging, war die Zuständigkeit, weil die CD-Pressungen zwar im Inland, aber zum Vertrieb im Ausland gefertigt worden waren. Hier wurde festgestellt, dass sich „die Strafbarkeit der Verletzung inländischer Tonträgerherstellerrechte durch CD-Pressungen im Inland für einen Auftraggeber im Ausland und für den Export der CDs dorthin …. wegen des im Urheberrecht geltenden Territorialitäts- und Schutzlandsprinzips ausschließlich nach deutschem Urheberrecht“ richtet.[5] Allerdings scheiterte auch die Staatsanwaltschaft mit dem Versuch, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Tatbegehung gem. § 108 a UrhG durchzusetzen.
Der Verurteilte war faktischer Geschäftsführer einer Firma, die in ihrem Presswerk CDs herstellte und vertrieb und hatte auch eine übergeordnete Position in einem Konzern, dem diese Firma angehörte. Im Rahmen des Auftrags für den bulgarischen Markt war von den Auftraggebern zugesichert worden, dass alle Rechte vorlagen. Später wurde präzisiert, dass sie nur für den bulgarischen Markt erworben seien. Für das Gebiet der Bundesrepublik holte niemand eine Genehmigung ein. Die ausschließlichen Nutzungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik lagen bei diversen bekannten Musikfirmen.
Das Landgericht hatte in diesem Fall angenommen, dass der Angeklagte die Verletzungen der Leistungsschutzrechte der betroffenen Firmen zumindest billigend in Kauf genommen und sich weder in einem Tatbestands- noch in einem Verbotsirrtum befunden habe. Gewerbsmäßiges Handeln wurde verneint, da es keine Anhaltspunkte für eine Gewinnbeteiligung gab. Die Strafbarkeit ergab sich ausschließlich nach deutschem Urheberrecht, auch wenn die Tonträger nicht in Deutschland vertrieben werden, sondern ins Ausland exportiert werden sollten. Das Gericht stellte fest:
„Aus dem Territorialitätsprinzip wird abgeleitet, dass sich der Bestand eines Schutzrechts, sein Inhalt und Umfang sowie die Inhaberschaft nach dem Recht desjenigen Staates richten, für dessen Territorium es Wirkung entfalten soll, also nach dem Recht des Schutzlands. Dieses ist auch maßgeblich für die Frage, welche Handlungen als unerlaubte Verwertungshandlungen unter das Schutzrecht fallen.“[6]
II. Zivilrecht
In der Musikindustrie wird jedoch nur selten von dem strafrechtlichen Anspruch Gebrauch gemacht. Relevanter sind hier die zivilrechtlichen Ansprüche, wonach Rechteinhaber bei Urheberrechtsverletzungen ihren Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz gemäß § 97 f. UrhG geltend machen können.
Neben den Rechten der Urheber sind immer auch die Rechte der ausübenden Künstler verletzt. Gemäß §§ 77, 78 UrhG hat der ausübende Künstler das ausschließliche Recht seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, und diese zu vervielfältigen und öffentlich zugänglich zu machen.
II.1. Anspruchsgegner
Anspruchsgegner können Provider oder Inhaber eines nicht hinreichend gesicherten WLAN-Anschlusses sein, generell Inhaber von Anschlüssen, von denen mit einschlägiger Software geschützte Musik- und Filmdateien heruntergeladen werden.
Auch der Access-Provider kann als Störer haften, wie das Landgericht Köln am 12.9.2007 entschieden hat. In den Orientierungssätzen heißt es:
„1. Liegt eine Urheberrechtsverletzung i.S.d. § 97 UrhG vor (hier: Bereitstellung eines Musikwerks zum illegalen Download in einer sog. „Tauschbörse“), an der ein Internetserviceprovider durch die Zurverfügungstellung der technischen Voraussetzungen für den Internetzugang beteiligt ist, haftet der Access-Provider nach den Grundsätzen der Störerhaftung, sobald er einfache positive Kenntnis von der Übermittlung urheberrechtsverletzender Inhalte erlangt, da er dann gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 TMG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen verpflichtet ist (Rn.43).
2. Aufgrund der bestehenden Störerhaftung kann der Urheberrechtsinhaber vom Internetprovider verlangen, es zwecks Ermöglichung einer effektiven Strafverfolgung und der Geltendmachung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche zu unterlassen, die zur Feststellung des hinter einer mitgeteilten IP-Adresse zu einem mitgeteilten Verbindungszeitpunkt stehenden Kunden erforderlichen Daten zu löschen.“[7]
Störer ist auch der Inhaber eines Ebay-Kontos, das ein Dritter nutzt, um Schutzrechtsverletzungen zu begehen. Der BGH stellte am 11.3.2009 fest:
Benutzt ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay zu Schutzrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstößen, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt ist, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert hat, muss der Inhaber des Mitgliedskontos sich wegen der von ihm geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto gehandelt hat und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, so behandeln lassen, als ob er selbst gehandelt hätte.“[8].
Der Senat verweist darauf, dass die Frage, ob der Inhaber eines online geführten Kontos für bestimmungswidrige Nutzung durch einen Dritten, der die Daten kennt, haftet, unterschiedlich beurteilt wird. Er meint aber, dass für eine „Interessenabwägung ... im Streitfall, in dem es um die Frage der (deliktischen) Haftung für die Verletzung der den Klägerinnen nach deren Vortrag zustehenden Immaterialgüter- und Leistungsschutzrechte geht, jedoch schon deshalb von vornherein kein Raum“ ist, „weil sich derjenige, der die Kontaktdaten seines eBay-Mitgliedskontos pflichtwidrig nicht unter Verschluss hält, grundsätzlich nicht auf ein gegenüber dem Schutz der in Rede stehenden Rechtsgüter vorrangiges Interesse berufen kann.“[9]
Ansprechpartner bei Abmahnungen sind häufig die Eltern von Minderjährigen, denen vorgeworfen wird, ihre Kinder nicht hinreichend überwacht zu haben. Neben unbefugten Downloads gibt es natürlich auch jene Fälle, bei denen sich jemand anders die Leistungen eines anderen zunutze macht, um darauf eigene Ideen aufzubauen, aber auch Konstellationen, bei denen jemand sich das nimmt, was ein Anderer geschaffen hat, um damit selbst zu verdienen. Nach § 99 UrhG haftet auch der Inhaber eines Unternehmens, bei dem Urheber- oder Leistungsschutzrechte Dritter verletzt werden.
Auf Schadensersatz und Abmahnkosten verurteilt wurden die Eltern eines 13jährigen als Gesamtschuldner, auf dessen PC sich über 1000 Musikstücke und eine Filesharing-Software fanden. Die Erklärung der Eltern, sie hätten ihrem Sohn immer wieder gesagt, dass nichts über dürfe, hielt das Gericht für unbeachtlich. Es verwies auf eigene frühere Rechtsprechung:
„Die Beklagten haften für die von ihrem Anschluss aus begangene Rechtsverletzung persönlich. Nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 2010, 633 - Sommer unseres Lebens) besteht zugunsten des Rechteinhabers eine tatsächliche Vermutung, dass die Rechtsverletzungen vom Anschlussinhaber begangen wurden. Die Gegenpartei kann die Überzeugung des Gerichts erschüttern, in dem sie Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich eine ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Geschehensablauf ergibt (Thomas/Putzo/Reichold, 31. Aufl. 2010, § 286 ZPO Rn. 13 m. w. Nachw.). Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag der Beklagten insofern gerecht, als aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eine Tatbegehung durch den 13jährigen Sohn der Beklagten nahe liegt. Dies entlastet die Beklagten jedoch nicht, da sie ihre Aufsichtspflicht gemäß § 832 BGB verletzt haben. Die Beklagten haben keine Tatsachen dargelegt, die auf eine pflichtgemäße Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht schließen lässt.“[10]
Weiter wurde ausgeführt:
„Der Aufsichtspflichtige erfüllt seine Verpflichtung, wenn er zur Verhinderung der Schädigung alles getan hat, was von einem verständigen Aufsichtspflichtigen in seiner Lage, d. h. unter Beachtung von Alter, Eigenart und Charakter des ihm anvertrauten Aufsichtsbedürftigen, der zur Rechtsgutverletzung führenden Situation sowie der Zumutbarkeit vernünftiger- und billigerweise verlangt werden kann (Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011, § 832 BGB Rn. 8)“[11].
Zur Präzisierung der Anforderungen an die Kontrollpflichten der Eltern zitierte das Gericht aus einer vorangegangenen Entscheidung des OLG Köln:
“Nur hilfsweise merkt der Senat an, dass ihr Vortrag auch nicht erkennen lässt, dass sie gegenüber ihren Kindern den gebotenen Kontrollpflichten entsprochen hat. Danach hat sie 'im Rahmen ihrer Erziehung gemeinsam mit ihrem Mann ihre Kinder immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass keine Inhalte aus dem Internet downgeloaded werden dürfen' und dass keine 'Tauschbörsen benutzt' werden dürfen. Zwei der Kinder der Bekl. waren damals 10 und 13 Jahre alt, zumindest bei diesen ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sie - wie es schon im Jahre 2005 in dieser Altersgruppe üblich war - in der Lage waren, mit dem Computer umzugehen und im Internet zu surfen, sowie dessen Angebote zu nutzen.
Das bloße gegenüber zwei Jungen im Alter von 10 und 13 Jahren ausgesprochene Verbot, an Tauschbörsen teilzunehmen, genügte zur Vermeidung von Rechtsverletzungen durch die Kinder nicht. Die Bekl. hatte nach ihrem Vortrag selbst von Computern wenig Kenntnisse und benutzte den PC, der gegen ihren anfänglichen Widerstand auf Betreiben der Schule der Kinder angeschafft worden war, kaum. Die beiden ältesten Kinder konnten danach davon ausgehen, dass von Seiten der Bekl. nicht die Gefahr von Kontrollen drohte, weil sie die hierfür erforderlichen Kenntnisse nicht hatte. Die Kinder mussten deswegen auch die Entdeckung ihrer Teilnahme an Tauschbörsen nicht befürchten. Damit stellte sich das elterliche Verbot als nicht von Sanktionen bedroht dar und die Kinder konnten unbeschränkt über den PC und den Internetzugang verfügen.“
So gar nicht überzeugend fand das Gericht die Behauptung der Eltern, „dass sie die Internetnutzung ihres Sohnes stichprobenartig einmal im Monat kontrolliert hätten“. Wären sie nämlich, „wie vorgetragen, ihrer Aufsichtspflicht durch monatliche stichprobenartige Kontrollen nachgekommen, hätte sie die Filesharing-Software, die sich auf dem Desktop des Computers befand, in den Monaten November bis Januar bei ihren Kontrollen wahrnehmen müssen. Dass der Sohn geglaubt hat, nicht erwischt zu werden, lässt somit entgegen der Auffassung der Beklagten nicht den Schluss auf die Erfüllung der Aufsichtspflicht zu, sondern im Gegenteil auf die pflichtwidrige Nichterfüllung dieser Pflicht.“
Dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts grundsätzlich erforderlich ist und der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gegenüber dem Inhaber des Internetanschlusses besteht, stellte das LG Köln in einer Entscheidung vom 24.11.2010 fest:
[...]
[1] LG Karlsruhe 2. Strafkammer Beschluss vom: 25.09.2009 AZ 2 AR 4/09, MMR 2010, 68-70
[2] LG Karlsruhe 2. Strafkammer Beschluss vom: 25.09.2009 AZ 2 AR 4/09, MMR 2010, 68-70
[3] LG Karlsruhe 2. Strafkammer Beschluss vom: 25.09.2009 AZ 2 AR 4/09, MMR 2010, 68-70
[4] LG Karlsruhe 2. Strafkammer Beschluss vom: 25.09.2009 AZ 2 AR 4/09, MMR 2010, 68-70
[5] BGH, Urteil vom 03.03.2004, AZ 2 StR 109/03, BGHSt 49, 93-112
[6] BGH, Urteil vom 03.03.2004, AZ 2 StR 109/03, BGHSt 49, 93-112
[7] Gericht: LG Köln, Urteil vom 12.9.2007, Az 28 O 339/07 NJW-RR 2008, 915-918
[8] BGH 1. Zivilsenat, Urteil vom 11.3.2009, Az I ZR 114/06, BGHZ 180, 134-144
[9] BGH 1. Zivilsenat, Urteil vom 11.3.2009, Az I ZR 114/06, BGHZ 180, 134-144
[10] LG Köln, Urteil vom 30.3.2011, Az 28 O 716/10 CR 2011, 687-690
[11] LG Köln, Urteil vom 30.3.2011, Az 28 O 716/10 CR 2011, 687-690
- Arbeit zitieren
- Volker Burkhardt (Autor:in), 2013, Nationaler Rechtsschutz bei Urheber- und Leistungsschutzverletzungen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/266847