Der Fall „Hoyzer“ hat in Deutschland die Diskussion um Spielmanipulationen im Fußball neu entfacht. Doch wie werden Fußballspiele manipuliert, welche Merkmale gibt es und wie wirksam sind Schutzmechanismen? Auf diese grundsätzlichen Fragen gibt die vorliegende Arbeit Antworten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitende Worte
2. Einführung in die organisierte Kriminalität im Fußball
2.1 Definitionen und Einordnung
2.2 Dimensionen der Wettmanipulation im Fußball
3. Wie Spiele manipuliert werden
3.1 Merkmale verschobener Begegnungen
3.2 Auswertung der DFB-Pokal-Begegnung zwischen dem SC Paderborn 07 und dem Hamburger SV vom 21. August 2004
4. Schutzmechanismen und ihre Grenzen
4.1 Maßnahmen der Verbände
4.2 Maßnahmen des Wettmarkts
4.3 Grenzen der Schutzmaßnahmen
3.4 Rechtsprechung zu Spielmanipulationen in Deutschland
5. Abschließende Bemerkung
6. Quellen
6.1 Literaturverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitende Worte
Es war der vorläufige Höhepunkt verschiedener Fußball-Wettmanipulationen der letzten Jahre. Am 4. Februar 2013 erschütterten die Ermittlungsergebnisse der europäischen Polizeibehörde Europol auf einer Pressekonferenz im niederländischen Den Haag die internationale Fußballwelt. Die Rede war vom bislang größten Wettskandal der Fußballgeschichte, aufgedeckt in Zusammenarbeit von Polizeiteams aus 13 Ländern.1 Mehr als 380 Fußballspiele in 15 Ländern sollen demnach zwischen 2008 und 2011 verschoben worden sein.2 Insgesamt ließen sich dem Bericht zufolge 420 Funktionäre, ehemalige oder noch aktive Spieler und Unparteiische zu Spielmanipulationen hinreißen.3 Als Drahtzieher nannte die Behörde ein asiatisches Verbrechersyndikat, welches von Singapur aus agiert hatte.4 In Deutschland ist das Thema Spielmanipulationen spätestens seit dem Fußball-Wettskandal aus dem Jahre 2005 präsent. Damals hatte der Schiedsrichter Robert Hoyzer mehrere Begegnungen verschoben und wurde vom Landgericht Berlin wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt.5 6 Immer mehr Betrüger setzen heutzutage auf die Masche der Wettmanipulation. Der Grund hierfür ist offensichtlich. Mit verschobenen Spielen lassen sich enorme Summen verdienen. Die asiatischen Betrüger sollen nach Angaben von Europol alleine acht Milliarden Euro durch Wettbetrug erhalten haben.7 Trotz dieses jüngsten Ermittlungserfolges bleiben viele Spielmanipulationen unentdeckt. Die Kriminellen gehen hierbei sehr professionell vor.8 Doch wie werden Spiele überhaupt manipuliert? Welche Merkmale gibt es? Und wie wirksam sind Schutzmechanismen? Auf diese grundsätzlichen Fragen gibt die vorliegende wissenschaftliche Arbeit Antworten.
2. Einführung in die organisierte Kriminalität im Fußball
2.1 Definitionen und Einordnung
Bei einer Manipulation handelt es sich grundsätzlich um eine Beeinflussung von Personen, um daraus zu seinen Gunsten einen Vorteil zu ziehen.9 Von einer Spielmanipulation ist die Rede, wenn durch unerlaubte Handlungen das Spielgeschehen und dessen Ausgang beeinflusst wird.10 Im Fußball werden die Spielmanipulatoren im allgemeinen Sprachgebrauch oft als „Wettmafia“ bezeichnet, weil sie unter Einsatz mafiöser Strukuren ihre Gewinnchancen bei Sportwetten gesetzeswidrig erhöhen.11 Bei Sportwetten geht es generell darum, auf das Eintreffen eines Endergebnisses oder bestimmter Spielaktionen zu wetten.12 Die Machenschaften der „Wettmafia“ fallen in Deutschland unter den Tatbestand der organisierten Kriminalität. Hierfür legt das Bundesministerium des Innern folgende Definition zugrunde:
„Unter dem polizeifachlichen Begriff Organisierte Kriminalität (OK) wird die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten zusammengefasst, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind.“13
Damit von organisierter Kriminalität gesprochen werden kann, gelten ferner gewisse Bedingungen. An dem Vorgehen müssen demnach mehr als zwei Personen gewerbliche oder geschäftsähnliche Strukturen verwenden, von Gewalt oder Einschüchterung Gebrauch machen, oder die Politik, die Medien, die öffentliche Verwaltung, die Justiz oder die Wirtschaft beeinflussen, indem sie auf längere Sicht zusammenarbeiten.14
2.2 Dimensionen der Wettmanipulation im Fußball
Wettmanipulationen im Fußball blühen etwa seit Ende der 90er-Jahre mit dem Beginn der Globalisierung auf. Parallel dazu verbreitete sich allmählich das Internet. Genau das wussten die Kriminellen zu ihren Gunsten zu nutzen. Sie konnten von nun an aus sicherer Entfernung weltweit Spiele verschieben und dabei sekundenschnell auf Ereignisse reagieren.15 Nach dem von Europol aufgedeckten Wettskandal [siehe Kapitel 1: Einleitende Worte] äußerte sich Friedhelm Althans, Hauptkommissar und Sprecher der Ermittlergruppe, infolge der Ermittlungsergebnisse gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wie folgt:16
„Das Problem internationaler Wettbetrug wird immer größer. Internationale Verbrecherbanden wenden sich vom Drogenhandel ab und steigen auf Wettbetrug um. Es gibt hohen Profit bei geringem Risiko.“17 Spielmanipulationen im Fußball haben sich folglich in den vergangenen Jahren sukzessive ausgeweitet, sodass sie mittlerweile zur Realität gehören.18 Dafür spricht auch die zunehmende Berichterstattung über Sportereignisse in Verbindung mit dem Wettmarkt.19 So hat beispielsweise alleine Spiegel-Online von Januar bis Juni 2013 in 28 Artikeln das Thema „Manipulationen im Fußball“ behandelt oder zumindest erwähnt.20
3. Wie Spiele manipuliert werden
3.1 Merkmale verschobener Begegnungen
Generell ist festzuhalten, dass bei einem Fußballspiel 22 Spieler beteiligt sind. Hinzu kommen der Schiedsrichter, der Linienrichter, der vierte Offizielle, in internationalen Wettbewerben mittlerweile auch Torrichter und die Trainer beider Mannschaften.21
Jede einzelne der genannten Personen hat einen gewissen Einfluss auf den Ausgang einer Fußballbegegnung.22 Kriminelle, die Spiele manipulieren, bedenken demnach stets mehrere Faktoren. Im Vorfeld verschobener Spiele wenden sie sich besonders an zwei Personengruppen auf dem Feld. Diese zwei Personengruppen sind einerseits die Spieler und auf der anderen Seite die Schiedsrichter. Spieler sind ein beliebtes Ziel der Kriminellen, da sie aktiv in das Geschehen eingreifen. Sie erzielen bzw. verhindern Tore und bestimmen mit ihrem Verhalten auf dem Platz das Endergebnis. Deshalb wendet sich die „Wettmafia“ gewöhnlich an fünf bis sieben Spieler eines Teams, wenn sie eine Partie manipuliert.23 Hierbei sind Stars oder der Mannschaftskapitän besonders beliebt. Sie genießen innerhalb ihrer Mannschaft große Wertschätzung und können dadurch Teamkollegen leichter in eine Manipulation involvieren.24 Je mehr Spieler im Dienste der Kriminellen stehen, desto höher ist letztlich die Wahrscheinlichkeit, dass das von den Manipulatoren gewünschte Ergebnis eintritt.25 Nicht immer gelingt es den Betrügern, derart viele Spieler anzuwerben. Dann versucht die „Wettmafia“ zumindest drei Spieler in Schlüsselpositionen zu erreichen. Diese Schlüsselpositionen nehmen der Torhüter, ein Verteidiger und ein Stürmer ein.26 Der Torhüter ist bei Spielmanipulationen eine Hauptfigur, er kann eine Begegnung alleine entscheiden.27 Ist beispielsweise ein Verteidiger einer Mannschaft bestochen, kann ein ehrlicher Torwart die absichtlichen Fauxpas seines Mannschaftskollegen dennoch ausbügeln.28 Andererseits führen Fehler des Schlussmannes häufig zu sicheren Gegentoren. Deshalb ist der Torwart für eine erfolgreiche Spielmanipulation essentiell. Für den Zuschauer ist ein korrupter Torwart kaum von einem gewöhnlichen Schlussmann zu unterscheiden. Ein manipulierter Torhüter verlässt beispielsweise seinen Torraum so oft wie möglich, lässt Bälle vor die Füße eines herannahenden Gegenspielers abprallen oder tut so, als könnte er einen Ball nicht mehr erreichen.29 Er vermeidet auffällige Aktionen und begeht vorsätzlich Fehler, die auch ehrlichen Schlussmänner vereinzelt unterlaufen. Eine ähnliche Bedeutung für verschobene Spiele hat der Verteidiger.30 Genauso wie der Torhüter kann auch ein Abwehrspieler bewusste Fehler als Missgeschicke vortäuschen. Er spielt beispielsweise Pässe zu seinem Schlussmann zurück, die Letzterer nicht mehr erreichen kann, greift Gegenspieler nur nachlässig an oder hebt eindeutige Abseitssituationen auf, indem er zu tief in der eigenen Hälfte steht.31 Die letzte der drei Schlüsselpositionen ist der Stürmer. Täuschen Defensivspieler und Torhüter Fehler vor, kann der Stürmer in der Offensive dennoch Tore erzielen und somit das gewünschte Ergebnis gefährden.32 Sein Verhalten auf dem Feld ist eindeutig. Ein bestochener Stürmer vermeidet unauffällig jegliche Torgefahr. Er hält den Ball beispielsweise solange, bis er ihn an einen Gegenspieler verliert oder vergibt Torchancen kläglich durch bewusstes Zielen auf den Torwart der gegnerischen Mannschaft.33 Die zweite Personengruppe auf dem Spielfeld, die im Fokus der Wettbetrüger steht, sind die Unparteiischen. Sie treffen bedeutende Entscheidungen auf dem Platz und können damit Begegnungen in gewünschte Bahnen lenken. Im Vergleich zu Spielern ist die Manipulation von Schiedsrichtern unkomplizierter, da hier meist nur eine Person bestochen werden muss. Das Vorgehen der Wettbetrüger bei der Manipulation von Spielern oder Schiedsrichtern lässt sich in 3 Phasen gliedern. Diese unterteilen sich in die sogenannte Annäherung, die Einforderung der Manipulation und die Bezahlung.34 Im ersten Abschnitt geht es zunächst darum, sich den Spielern oder Schiedsrichtern anzunähern. Die Methoden hierfür sind vielfältig. Ein Teil der Wettbetrüger versucht eine offizielle Funktion in einem Verein einzunehmen oder sich zufällig im gleichen Mannschaftshotel einzubuchen. Wesentlich häufiger erkaufen sich die Kriminellen jedoch indirekt den Kontakt über Personen, die sich als Spieler-Berater ausgeben. Vereinzelt täuschen die Manipulatoren auch selbst vor, als Berater tätig zu sein, die Spieler oder Schiedsrichter in juristischen und geschäftlichen Belangen zur Seite stehen.35 Ist diese erste Kontaktaufnahme abgeschlossen, wird versucht, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Der Übergang zur Aufforderung, ein Spiel zu manipulieren, ist folglich fließend. Dies geschieht entweder in einem heimlichen Prozess, der für Spieler oder Schiedsrichter häufig nicht offensichtlich erkennbar ist. Denn die Wettbetrüger geben den potentiellen Spielfälschern teilweise durch eine neutrale Sprache nicht das Gefühl, an kriminellen Machenschaften beteiligt zu sein.
Oder die Manipulatoren unterbreiten den Spielern oder Schiedsrichtern unmittelbar ein verlockendes, finanzielles Angebot, wenn diese für eine Spielfälschung bereit sind. Bereits in dieser ersten Phase kommt es zu kleineren Bezahlungen. Die Kriminellen stellen bestochenen Spielern beispielsweise eine Gewinnprämie für einen Sieg in einer Partie aus, die schon Wochen vorher stattfand. Nimmt der Spieler das Geld an, schließt er damit automatisch eine Geschäftsbeziehung ab. Ab diesem Zeitpunkt verändert sich das Verhältnis zwischen Manipulator und den Bestochenen grundlegend.36 Der freundliche Umgangston geht in Drohungen über. In der zweiten Phase, der Einforderung der Manipulation, rückt für die Kriminellen nur noch das Geschäft in den Fokus. Zu diesem Zeitpunkt kennt der Manipulator bereits die Bewegungen auf dem Wettmarkt und gibt die Wette ab, die den größtmöglichen Gewinn abwirft. Hierfür setzen die Betrüger eine ausreichende Geldmenge, ohne dass die Wette auffällt. Die Wettbetrüger fordern folglich von den bestochenen Spielern oder Schiedsrichtern ein, die Begegnung für sie in gewünschter Weise zu fälschen. Dieser Schritt ist für die Betrüger essentiell. Denn tritt ein anderes Ergebnis ein, verlieren sie riesige Geldsummen.37 Der dritte und letzte Abschnitt stellt die Bezahlung dar, welche sich nochmals in zwei Phasen unterteilt. Zunächst erhalten die Spieler oder Schiedsrichter eine geringe Vorauszahlung vor der Begegnung. Sie stellt sicher, dass sich alle Beteiligten an die jeweiligen Vereinbarungen halten. Die Hauptauszahlung folgt nach dem Spiel, wenn die Manipulation erfolgreich abgeschlossen ist. Dies geschieht gewöhnlich an einem neutralen Ort, wo niemand einen Verdacht schöpfen kann. Zusätzlich zu dieser Barzahlung setzen die Wettbetrüger noch auf eine weitere Form der Belohnung. Sie versorgen die Bestochenen bisweilen mit Prostituierten.38 Für die Fans oder Zuschauer spielen sich jene Vorgänge unbemerkt ab. Dennoch gibt es gewisse Indizien, anhand derer manipulierte Begegnungen zumindest leichter zu erkennen sind. Der kanadische Journalist Declan Hill hat in seinem Buch „Sichere Siege“ Spielmanipulationen ausgewertet, dabei Mythen widerlegt und einige Auffälligkeiten festgestellt. Drei Ereignisse im Fußball können nach objektiven Kriterien gemessen werden. Dabei handelt es sich um Elfmeter, Eigentore und Platzverweise infolge einer roten Karte.39 Grundsätzlich liegt die Vermutung nahe, dass in verschobenen Begegnungen die Zahl dieser drei Ereignisse höher ist als in gewöhnlichen Fußballspielen. Tatsächlich vermeiden die Akteure jedoch jegliche Form von Aufmerksamkeit. Elfmeter kamen in den Auswertungen Hills demnach nicht häufiger vor als in regulären Spielen. Korrupte Spieler lassen den Gegner eher vorbeiziehen, als dass sie durch ein ungeschicktes Einsteigen im Zweikampf die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Anders verhielt es sich hingegen bei bestochenen Unparteiischen. Sie machten in den analysierten Begegnungen von ihrer Entscheidungsmacht auf dem Spielfeld Gebrauch und setzten Strafstöße zur Spielmanipulation ein. Die Wahrscheinlichkeit auf einen Elfmeter in Spielen, die von betrügerischen Schiedsrichtern geleitet wurden, war verglichen mit einer gewöhnlichen Partie doppelt so hoch.40 Besonders Eigentore bieten sich bei Spielverschiebungen an. Ein bestochener Spieler kann den Ball einfach ins eigene Tor schießen und damit den Ausgang der Partie erheblich beeinflussen. Nach Declan Hills Auswertungen ergaben sich bei regulären Partien in zehn Prozent der Fälle Eigentore. Dem gegenüber standen zwanzig Prozent bei verschobenen Spielen. Hier ist ebenfalls eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit bei Wettbetrug zu erkennen. Nichtsdestotrotz sind absichtliche Eigentore sehr auffällig. Die Ergebnisse zeigen, dass gewisse betrügerische Spieler den eigenen Torwart überwinden, nicht aber, dass Eigentore typisch für verschobene Begegnungen sind.41 Letztlich ist auch bei roten Karten davon auszugehen, dass sie von Bestochenen systematisch zur Spielmanipulation eingesetzt werden. Begeht ein betrügerischer Spieler beispielsweise ein grobes Foulspiel oder beleidigt den Schiedsrichter, so verschafft er der gegnerischen Mannschaft durch seinen Feldverweis einen offensichtlichen Vorteil. Ebenfalls bietet sich dieses Mittel aus Sicht eines korrupten Schiedsrichters an. Immerhin kann er damit den Starspieler oder die Schlüsselfigur einer Mannschaft des Platzes verweisen und folglich Einfluss auf das Endergebnis nehmen. In der Praxis jedoch war dieses Phänomen weder bei bestochenen Spielern noch bei manipulierten Schiedsrichtern eindeutig erkennbar. Spieler, die in einen Wettbetrug verwickelt sind, vermeiden einen Platzverweis. Denn steht der Betrüger 90 Minuten oder länger auf dem Feld, kann er das Spielgeschehen jederzeit beeinflussen und seinen Teil dazu beitragen, dass das von den Kriminellen gewünschte Ergebnis auch tatsächlich eintritt.42 Bei Elfmetern, Eigentoren und roten Karten handelt es sich also nicht um Ereignisse, die eine Spielmanipulation ausmachen.43 In einer anderen Analyse befasste sich Declan Hill mit der Anzahl der Tore. Demnach kamen in manipulierten Spielen verglichen mit regulären Begegnungen zwanzig Prozent mehr Treffer vor. Um verschobene Spiele rankt sich der Mythos, dass sich entscheidende Spielereignisse in der Schlussphase dieser Fußballpartien vollziehen.44 Die Auswertung ergab jedoch ein vollkommen anderes Bild. Die Zahl der erzielten Tore war zu Beginn der Partien höher als gegen Ende der Begegnungen. In den ersten zehn Spielminuten einer Wettmanipulation schlug der Ball häufiger im Tornetz ein, in den letzten zehn Spielminuten hingegen weitaus seltener. Der abgesprochene Endstand traf bei den Auswertungen größtenteils vor Anbruch der 80. Spielminute ein. Daraus leitet sich folgende Vermutung ab: In Spielen, die von Wettbetrügern verschoben sind, werden sehr viele Treffer in den ersten zehn Spielminuten, also unmittelbar nach Anpfiff, erzielt. Bestochene Spieler oder Schiedsrichter lenken die Partien folglich möglichst früh in die zuvor festgelegte Richtung.45
3.2 Auswertung der DFB-Pokal-Begegnung zwischen dem SC Paderborn 07 und dem Hamburger SV vom 21. August 2004
Es war der 22. Januar 2005, als der Deutsche-Fußball-Bund (DFB) die Öffentlichkeit über Wettmanipulationen in Pflichtspielen hierzulande informierte.46 Diese Meldung schockte den deutschen Fußball. Der Schiedsrichter Robert Hoyzer von Hertha BSC Berlin hatte zugegeben, mehrere von ihm geleitete Partien verschoben und dafür über 50.000 Euro von den kroatischen Wettbetrügern und Brüdern Ante, Milan und Philipp Sapina erhalten zu haben.47 Die Polizei nahm Hoyzer am 12. Februar in Berlin fest. Er gestand, vom Berliner Cafe King aus, Spiele manipuliert zu haben.48 Im Zuge der Ermittlungen rückte besonders eine Partie ins Blickfeld. Am 21. August 2004 standen sich in der ersten Runde des DFB-Pokals der Regionalligist SC Paderborn 07 und der Bundesligist Hamburger SV gegenüber.49 Anhand dieser Begegnung lassen sich bestimmte Merkmale, die bereits in Unterpunkt 3.1 [Merkmale verschobener Begegnungen] genauer ausgeführt wurden, erkennen, aber auch widerlegen. Hierfür ist es hilfreich, sich den Spielverlauf einmal genauer anzuschauen. Der Hamburger SV führte nach einer halben Stunde durch Tore von Christian Rahn und Emile Mpenza mit zwei zu null.50 Aus heutiger Sicht ist klar, dass die Begegnung von Robert Hoyzer zugunsten von Paderborn verschoben wurde. Es handelte sich um eine Schiedsrichtermanipulation. Die Auffälligkeit, dass in verschobenen Partien Schiedsrichter und Spieler häufig bereits in den ersten zehn Minuten entscheidende Aktionen provozieren, trifft hier nicht zu [siehe Unterpunkt 3.1 Merkmale verschobener Begegnungen].
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1 Vgl. Deutsche Presse-Agentur (dpa), Artikel: Größter Wettskandal der Fußballgeschichte? auf: Sportschau-Online, erschienen am 4. Februar 2013, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.sportschau.de/fussball/wettbetrug100.html
2 Vgl. Deutsche Presse-Agentur (dpa), 2013
3 Vgl. ebd.
4 Vgl. ebd.
5 Vgl. Schmeh, Klaus, Kapitel: Wettfieber und Wildwest-Das umstrittene Geschäft mit den Sportwetten in: Titel, Tore, Transaktionen: Ein Blick hinter die Kulissen des Fußball-Business, Heidelberg, 2005, Redline Wirtschaft, S.180
6 Vgl. Stern-Online, Artikel: Ex-Schiri Hoyzer muss ins Gefängnis, erschienen am 15. Dezember 2006, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.stern.de/sport/fussball/fussball-wettskandal-ex-schiri-hoyzer-muss-ins-gefaengnis-578652.html
7 Vgl. Deutsche Presse-Agentur (dpa), 2013
8 Vgl. Mustroph, Tom, Der Freitag-Online, Artikel: Millionen von der Mafia?, erschienen am 25. Mai 2013, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.freitag.de/autoren/der-freitag/millionen-von-der-mafia
9 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Begriffsdefinition Manipulation, Wiesbaden, 2010, Gabler GWV Fachverlage, 17. Auflage, S. 2002
10 Vgl. Kainz, Florian (Hrsg.), Scherrer, Urs (Hrsg.) und Werner, Christian (Hrsg.), Sportwetten und Sportfinanzierung: Reflexionen zu Phänomenen, Möglichkeiten und Gefahren im kommerziellen Sport, Zürich, 2012, Schriftenreihe Causa Sport, Band 6, Schulthess juristische Medien, Richard Boorberg Verlag, Jan Sramek Verlag, Anhang Sportwettenbegriffe, S. 228
11 Vgl. Kainz, Florian (Hrsg.), Scherrer, Urs (Hrsg.) und Werner, Christian (Hrsg.), 2012, S. 228
12 Vgl. ebd.
13 Bundesministerium des Innern, Artikel: organisierte Kriminalität, kein Erscheinungsdatum angegeben, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.bmi.bund.de/DE/Themen/Sicherheit/Kriminalitaetsbekaempfung/Organisierte- Kriminalitaet/organisierte-kriminalitaet_node.html
14 Vgl. Bundesministerium des Innern, 2013
15 Vgl. Schabelon, Thorsten und Seher, Dietmar, WAZ-Online, Artikel: Wie funktioniert der Wettbetrug im Fußball?, erschienen am 4. Februar 2013, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.derwesten.de/sport/fussball/wie-funktioniert-der-wettbetrug-im-fussball-id7568624.html
16 Vgl. Becker, Christoph, Frankfurter Allgemeine Zeitung-Online, Artikel: Hoher Profit bei geringem Risiko, erschienen am 4. Februar 2013, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.faz.net/aktuell/sport/fussball/internationaler-wettskandal-hoher-profit-bei-geringem-risiko- 12051203.html
17 Becker, Christoph, 2013
18 Vgl. Koerl, Carsten, Aufsatz: Wettbetrugstechniken und Abwehrmaßnahmen im internationalen Fußball in: Wettkampfmanipulationen und Schutzmechanismen, Steiner, Udo (Hrsg.), Stuttgart, 2012, Richard Boorberg Verlag, S. 9
19 Vgl. Koerl, Carsten, 2012, S. 9
20 Vgl. Spiegel-Online, Thema Manipulationen im Fußball, Alle Artikel und Hintergründe, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.spiegel.de/thema/manipulationen_im_fussball/
21 Die folgenden Gedanken beruhen auf den Thesen von Hill, Declan, Sichere Siege: Fußball und organisiertes Verbrechen oder wie Spiele manipuliert werden, Köln, 2008 Kiepenheuer & Witsch, S.
22 Vgl. Hill, Declan, 2008, S. 36
23 Vgl. ebd. S. 32
24 Vgl. ebd.
25 Vgl. ebd.
26 Vgl. ebd. S. 33
27 Vgl. ebd. S. 38
28 Vgl. ebd.
29 Vgl. ebd. S. 38 f.
30 Vgl. ebd. S. 39
31 Vgl. ebd. S. 40
32 Vgl. ebd.
33 Vgl. ebd.
34 Vgl. ebd. S. 148 ff.
35 Vgl. ebd. S. 147 ff.
36 Vgl. ebd. S. 153
37 Vgl. ebd. S. 154
38 Vgl. ebd. S. 158
39 Vgl. ebd. S. 48
40 Vgl. ebd. S. 48 f.
41 Vgl. ebd. S. 49
42 Vgl. ebd. S. 49 f.
43 Vgl. ebd. S. 50
44 Vgl. ebd.
45 Vgl. ebd. S. 51 f.
46 Vgl. Schmeh, Klaus, 2005, S. 179
47 Vgl. ebd. S. 180
48 Vgl. ebd.
49 Vgl. ebd.
50 Vgl. Kicker-Online, Spielbericht und Spieldaten: Paderborn schafft Sensation (für die exakten Spielereignisse verwendet), erschienen am 24. August 2004, zuletzt aufgerufen am 15. Juli 2013, www.kicker.de/news/fussball/dfbpokal/spielrunde/dfb-pokal/2004-05/1/677205/spielbericht_sc- paderborn-07-109_hamburger-sv-12.html