Die vorliegende Bachelor-Thesis hat zum Ziel, den Konflikt zwischen gesetzlich garantierter
Medien- und Kunstfreiheit und den auf dem Jugendschutz- und Strafgesetz basierenden
Zensureingriffen zu untersuchen unter Berücksichtigung impliziter sozialisationstheoretischer
Konzepte und Erkenntnissen der Medienwirkungsforschung sowie rechtssoziologischer
Aspekte. Die Annahme, dass die Jugend im Hinblick auf die Sozialisationstheorien
und die Wirkung von Gewaltdarstellungen zu schützen sei, wird implizit unterstellt
und als realistisch angesehen. Allerdings soll evaluiert werden, ob eine Verknüpfung der
gesetzlichen Regelungen mit den theoretischen Ansätzen der Sozialisations- und Medienwirkungsforschung
aufgrund unzureichender empirischer Ergebnisse sowie fehlender
oder nicht eindeutiger Definitionen und unbestimmter Rechtsbegriffe im juristischen Sinne
überhaupt nachweisbar ist. Mit Hilfe einer kritisch-dialektischen Analyse soll außerdem ein
struktureller Zusammenhang zwischen restriktiv behandelten Filmprodukten und den soziokulturellen
Verhältnissen aufgezeigt werden, „der sich (…) in entweder juristisch verfügten
oder sozial verankerten Eingriffen in verfassungsmäßig verbriefte Grundrechte
niederschlägt“. Die hierin enthaltene und im weiteren Verlauf dieser Arbeit ebenfalls zu
untersuchende These besagt, „dass nicht nur die Medienprodukte selbst, sondern auch
die Zensur (…) [von gewaltdarstellenden Filmen] sowie die [daraus resultierenden] Verbotsumgehungsstrategien
als ein Spiegelbild der Gesellschaft zu betrachten sind.“ Jugendliche
müssen folglich vor Medien geschützt werden, die aus aktueller Sicht der Erwachsenen
nicht für ihre Sprösslinge geeignet sind oder gar dazu beitragen, eine kontraproduktive
Entwicklung ihrer Schützlinge hins. unmoralischen und aggressiven Verhaltens
abseits der sittlichen Normen zu fördern. Dass die zensierten oder gar verbotenen Medien
meistens nicht menschenverachtend oder gewaltverherrlichend im Sinne des § 131
Abs. 1 StGB sind, führt zu der Vermutung willkürlicher Eingriffe des Staates zum Schutz
der Gesellschaft und seiner selbst, nicht aber der Jugend. Dabei ist es u.a. von den bestehenden
Machtverhältnissen und den jeweiligen gesellschaftlichen Normen und Wertevorstellungen
abhängig, welche künstlerischen Produkte mit Tabus und Verboten belegt
werden und welche nicht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung in die Thematik und Problemaufriss
- 2. Die geschichtliche Entwicklung der Filmzensur in Deutschland
- 2.1 Die Filmzensur von der Jahrhundertwende bis zur NS-Zeit
- 2.2 Die Filmzensur während der Zeit des Nationalsozialismus
- 2.3 Die Filmzensur von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart
- 2.4 Die FSK und weitere staatliche Institutionen der Filmzensur
- 3. Definition des Zensurbegriffs im Spannungsfeld der Grundrechte
- 3.1 Selbstzensur
- 3.2 Präventiv- und Prohibitivzensur
- 3.3 Formelle und materielle Zensur
- 4. Einführung in die Sozialisationstheorien
- 4.1 Definition des Sozialisationsbegriffs
- 4.2 Klassische Sozialisationstheorien
- 4.2.1 Die strukturfunktionalistische Systemtheorie
- 4.2.2 Die Handlungstheorie oder das Konzept des „symbolischen Interaktionismus“
- 4.3 Neuere sozialisationstheoretische Ansätze
- 4.3.1 Das Life-Course-Modell
- 4.3.2 Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung (MPR)
- 4.4 Implizite Theorien als rechtliche Legitimation der Filmzensur
- 5. Einführung in die Medienwirkungsforschung
- 5.1 Definition des Gewaltbegriffs
- 5.2 Stand der Medienwirkungsforschung
- 5.3 Die Katharsisthese
- 5.4 Die Inhibitionsthese
- 5.5 Die Habitualisierungsthese
- 5.6 Die Suggestionsthese
- 5.7 Die Rationalisierungsthese
- 5.8 Lerntheoretische Ansätze
- 6. Die Filmzensur in der Praxis
- 6.1
- 6.2 „The Texas Chainsaw Massacre“ – Beschlagnahme und Urteilsbegründungen
- 6.3 Die deutsche Zensurhärte im Vergleich zu anderen europäischen Ländern
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelor-Thesis untersucht den Konflikt zwischen der in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierten Medien- und Kunstfreiheit und den auf dem Jugendschutz- und Strafgesetz basierenden Zensureingriffen in Deutschland. Dabei werden implizite sozialisationstheoretische Konzepte, Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung und rechtssoziologische Aspekte berücksichtigt. Die Arbeit evaluiert die Verbindung zwischen gesetzlichen Regelungen und theoretischen Ansätzen, hinterfragt die empirische Basis und die Klarheit der Definitionen und Rechtsbegriffe. Ziel ist eine kritisch-dialektische Analyse des strukturellen Zusammenhangs zwischen zensierten Filmprodukten und soziokulturellen Verhältnissen.
- Der Konflikt zwischen Medienfreiheit und Zensureingriffen
- Die Rolle impliziter Sozialisationstheorien in der Filmzensur
- Die Wirkung von Gewaltdarstellungen in Medien
- Rechtssoziologische Aspekte der Filmzensur
- Der Zusammenhang zwischen zensierten Filmen und soziokulturellen Verhältnissen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung in die Thematik und Problemaufriss: Die Einleitung stellt den Konflikt zwischen der in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierten Medien- und Kunstfreiheit und der Praxis der Filmzensur in Deutschland dar. Sie thematisiert die verschiedenen Formen zensorischer Eingriffe (Selbstzensur, Indizierung, Beschlagnahme) und die beteiligten Institutionen (FSK, BPjM). Der Zusammenhang zwischen medialer Gewaltdarstellung und realer Gewalt wird diskutiert, ebenso wie die kontroverse öffentliche Meinung und die Forderungen nach staatlichen Zensurmaßnahmen. Die Arbeit kündigt eine kritische Untersuchung des Konflikts an, unter Berücksichtigung von Sozialisationstheorien, Medienwirkungsforschung und rechtssoziologischen Aspekten.
2. Die geschichtliche Entwicklung der Filmzensur in Deutschland: Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung der Filmzensur in Deutschland von der Jahrhundertwende bis zur Gegenwart. Es beleuchtet die unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Kontexte, in denen die Zensurpraktiken stattfanden, von der Kaiserzeit über die NS-Zeit bis zur Bundesrepublik. Dabei werden die verschiedenen Akteure und Institutionen der Zensur sowie ihre jeweiligen Methoden und Ziele analysiert. Die Rolle der Selbstzensur und die Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen im Laufe der Zeit werden ebenfalls thematisiert.
3. Definition des Zensurbegriffs im Spannungsfeld der Grundrechte: Dieses Kapitel befasst sich mit der Definition des Begriffs „Zensur“ und dessen Einordnung im Spannungsfeld der Grundrechte. Es differenziert zwischen verschiedenen Formen der Zensur (Selbstzensur, Präventiv- und Prohibitivzensur, formelle und materielle Zensur) und analysiert deren jeweilige rechtliche und gesellschaftliche Implikationen. Der Fokus liegt auf dem Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Medien- und Kunstfreiheit und der Notwendigkeit von Zensurmaßnahmen aus Gründen des Jugendschutzes oder der öffentlichen Sicherheit.
4. Einführung in die Sozialisationstheorien: Dieses Kapitel bietet eine Einführung in verschiedene Sozialisationstheorien, sowohl klassische (z.B. strukturfunktionalistische Systemtheorie, symbolischer Interaktionismus) als auch neuere Ansätze (z.B. Life-Course-Modell, Modell der produktiven Realitätsverarbeitung). Es werden die wichtigsten Konzepte und Theorien erläutert und deren Relevanz für das Verständnis der Wirkung von Medieninhalten, insbesondere von Gewaltdarstellungen, auf die Entwicklung von Jugendlichen diskutiert. Der Zusammenhang zwischen diesen Theorien und der rechtlichen Legitimation von Filmzensur wird hergestellt.
5. Einführung in die Medienwirkungsforschung: Das Kapitel widmet sich der Medienwirkungsforschung und verschiedenen Theorien zur Wirkung von Mediengewalt (Katharsisthese, Inhibitionsthese, Habitualisierungsthese, Suggestionsthese, Rationalisierungsthese, lerntheoretische Ansätze). Es werden die verschiedenen Forschungsansätze und deren Ergebnisse dargestellt und kritisch bewertet. Die Diskussion der Definition von Gewalt im medialen Kontext bildet einen wichtigen Bestandteil.
6. Die Filmzensur in der Praxis: Dieses Kapitel analysiert die Filmzensur anhand von konkreten Beispielen, wie etwa die Beschlagnahme von "The Texas Chainsaw Massacre". Es vergleicht die deutsche Praxis mit der anderer europäischer Länder und beleuchtet die Kriterien und die Folgen von Indizierungen und Beschlagnahmungen. Die Kapitel beschreibt verschiedene rechtliche und praktische Aspekte der Filmzensur im Detail.
Schlüsselwörter
Filmzensur, Medienfreiheit, Kunstfreiheit, Jugendschutz, Sozialisationstheorien, Medienwirkungsforschung, Gewaltdarstellung, Rechtssoziologie, Grundrechte, FSK, BPjM, Indizierung, Beschlagnahme, Selbstzensur, Deutschland.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Bachelorarbeit: Filmzensur in Deutschland
Was ist der Gegenstand der Bachelorarbeit?
Die Bachelorarbeit untersucht den Konflikt zwischen der in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierten Medien- und Kunstfreiheit und der Praxis der Filmzensur in Deutschland. Sie analysiert die verschiedenen Formen der Zensur, die beteiligten Institutionen (FSK, BPjM) und berücksichtigt dabei sozialisationstheoretische Konzepte, Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung und rechtssoziologische Aspekte.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die geschichtliche Entwicklung der Filmzensur in Deutschland, verschiedene Definitionen von Zensur (Selbstzensur, Präventiv- und Prohibitivzensur etc.), relevante Sozialisationstheorien (klassische und neuere Ansätze), die Medienwirkungsforschung (verschiedene Theorien zur Wirkung von Gewaltdarstellungen), und die Filmzensur in der Praxis anhand von Beispielen wie der Beschlagnahme von "The Texas Chainsaw Massacre". Der Vergleich der deutschen Zensurpraxis mit anderen europäischen Ländern wird ebenfalls thematisiert.
Welche theoretischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf Sozialisationstheorien (z.B. strukturfunktionalistische Systemtheorie, symbolischer Interaktionismus, Life-Course-Modell, Modell der produktiven Realitätsverarbeitung), Theorien der Medienwirkungsforschung (Katharsisthese, Inhibitionsthese, Habitualisierungsthese, Suggestionsthese, Rationalisierungsthese, lerntheoretische Ansätze) und rechtssoziologische Aspekte.
Welche Institutionen der Filmzensur werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) und das BPjM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften) sowie die historische Entwicklung der staatlichen Filmzensur in Deutschland.
Welche konkreten Beispiele werden in der Arbeit analysiert?
Ein konkretes Beispiel ist die Analyse der Beschlagnahme des Films "The Texas Chainsaw Massacre" und ein Vergleich der deutschen Zensurhärte mit anderen europäischen Ländern. Weitere Beispiele sind implizit in der Analyse der gesetzlichen Regelungen und deren Anwendung enthalten.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Ziel der Arbeit ist eine kritisch-dialektische Analyse des strukturellen Zusammenhangs zwischen zensierten Filmprodukten und soziokulturellen Verhältnissen. Sie evaluiert die Verbindung zwischen gesetzlichen Regelungen und theoretischen Ansätzen und hinterfragt die empirische Basis und die Klarheit der Definitionen und Rechtsbegriffe.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Filmzensur, Medienfreiheit, Kunstfreiheit, Jugendschutz, Sozialisationstheorien, Medienwirkungsforschung, Gewaltdarstellung, Rechtssoziologie, Grundrechte, FSK, BPjM, Indizierung, Beschlagnahme, Selbstzensur, Deutschland.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert: Einführung, geschichtliche Entwicklung der Filmzensur, Definition des Zensurbegriffs, Sozialisationstheorien, Medienwirkungsforschung und Filmzensur in der Praxis. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
- Quote paper
- Tobias Laaf (Author), 2013, Implizite Sozialisationstheorien in der deutschen Filmzensur, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/265025