Betriebsräte spielen in Unternehmen eine große Rolle. Ein aktiver Betriebsrat ist für die Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Unternehmen unumgänglich, vorausgesetzt er wird auch entsprechend legitimiert.
Diese Arbeit behandelt die Wahl, Funktion und Bedeutung eines Betriebsrats im Hinblick auf das BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz). Sie erklärt dabei die für Arbeitnehmer/innen, Arbeitgeber/innen und Betiebsräte wichtigsten Gesetze des BetrVG und gibt somit ein umfangreiches Grundwissen zur Thematik.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
I. Einleitung
1. Die historische Entwicklung des BetrVG
2. Der Aufbau des BetrVG
II. Der Betriebsrat
1. Voraussetzungen für die Bildung eines Betriebsrats
1.1. Betrieb
1.2. Wahlberechtigte Arbeitnehmer
2. Größe
3. Zusammensetzung
3.1. Organisationsbereiche und Beschäftigungsarten
3.2. Vertretung des Geschlechts in der Minderheit
4. Amtszeit des Betriebsrats
5. Kosten und Sachaufwand
5.1. Kostenübernahme
5.2. Sachaufwand
III. Wahl
1. Zeitpunkt
2. Wahlrecht und Wählbarkeit
2.1. Aktives Wahlrecht
2.2. Passives Wahlrecht
3. Wahlverfahren
3.1. Reguläres Wahlverfahren
3.2. Vereinfachtes Wahlverfahren
4. Kosten
IV. Allgemeine Aufgaben des Betriebsrats
V. Geschäftsführung
1. Betriebsratsvorsitzender und Stellvertreter
2. Betriebsausschuss
3. Betriebsratssitzungen und Beschlüsse
3.1. Betriebsratssitzungen
3.2. Beschlüsse
4. Freistellungen
4.1. Freistellung aus konkretem Anlass (§ 37 Abs2 BetrVG)
4.2. Freistellung auf Grund der Betriebsgröße (§ 38 BetrVG)
4.3. Freistellung zum Erwerb erforderlicher Kenntnisse (§ 37 Abs6 BetrVG)
4.4. Freistellung zum Erwerb geeigneter Kenntnisse (§ 37 Abs7 BetrVG)
4.5. Entgeltfortzahlung
5 Sprechstunden
VI. Fazit
VII. Quellen
VIII. Abbildungsverzeichnis20
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I. Einleitung
1. Die historische Entwicklung des BetrVG
Mit Beginn der industriellen Revolution und der Bildung erster großer Unternehmen, gab es die ersten Bedürfnisse nach betrieblicher Mitbestimmung von Seiten der AN.
Den Ursprung fand das Konzept der Arbeitnehmervertretung bei der Nationalversammlung der Paulskirche in Frankfurt 1848. Hier wurde versucht eine „Fabrikordnung“ zu entwerfen. Dieser Entwurf beinhaltete erste, größtenteils erfolglose Diskussionen über sogenannte „Fabrikausschüsse“.[1]
Das Betriebsrätegesetz von 1920 war das erste deutschlandweite Gesetz zur Gründung von Arbeitnehmervertretungen, nachdem es zuvor auch einzelne regionale Versuche zur Regelung von Arbeitnehmervertretungen gab.[2]
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Betriebsrätegesetz 1933 von dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG) abgelöst. Dieses Gesetz wurde nach den „Grundlagen des Führerprinzips“ (Schrader, 2012, S. 8) aufgebaut. Dieses beinhaltete, dass lediglich der Betriebsführer den Betrieb leitete. Es stand ihm zwar ein Vertrauensrat zur Seite, jedoch war dieser nicht dazu berechtigt mir dem Betriebsführer Vereinbarungen zu schließen. Nach dem Untergang der Nationalsozialisten 1945 wurde das AOG aufgehoben.[3]
Nach dem zweiten Weltkrieg kam 1952 das erste Betriebsverfassungsgesetz zustande. Dies entsprach bereits den heutigen Grundsätzen des Betriebsverfassungsgesetzes, bei denen sich AG und AN auf Augenhöhe begegnen. Jedoch enthielt das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 zu großen Teilen nur Kompromisslösungen. Hierbei wurden die Bedürfnisse der Gewerkschaften und Arbeiterverbände zum großen Teil nicht erfüllt, sodass der Wunsch nach einer Neufassung größer wurde.[4]
1972 versuchte man diese Bedürfnisse mit der reformierten Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes zu erfüllen. Die Mitbestimmungsrechte der AN wurden im Hinblick auf die sozialen und personellen Angelegenheiten allmählich ausgeweitet. Zusätzlich wurde die Position der Gewerkschaft gefestigt.
2001 fand die letzte große Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes statt. Hierbei wurde die Betriebsratsgröße (§ 9 BetrVG), sowie die Freistellung (§ 38 BetrVG) verkleinert und die Beteiligungsrechte des BR ausgebaut. Die letzte Änderung fand im Juli 2009 statt. Bei dieser Änderung wurden Beamte, Soldaten und AN des öffentlichen
Dienstes zum Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 BetrVG hinzugefügt.[5]
2. Der Aufbau des BetrVG
Das Betriebsverfassungsgesetz ist systematisch nach acht Teilen aufgebaut. Der erste Teil (§ 1 bis § 6 BetrVG) des BetrVG befasst sich mit allgemeinen Vorschriften.
Der zweite Teil (§ 7 bis § 59a BetrVG) umfasst den BR und beinhaltet die Zusammensetzung und Wahl, sowie die Amtszeit und die Geschäftsführung des BR. Noch dazu sind hier die Betriebsversammlung, der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat geregelt.
Der dritte Teil (§ 60 bis § 73b BetrVG) beinhaltet die Jugend- und Auszubildendenvertretung. Hier ist die betriebliche, sowie die Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung geregelt. Der vierte Teil (§ 74 bis § 113 BetrVG) befasst sich mit der Mitwirkung und Mitbestimmung der AN.
Im fünften Teil (§ 114 bis § 118 BetrVG) werden die besonderen Vorschriften für einzelne Betriebsarten geregelt.
Der sechste Teil (§ 119 bis § 121 BetrVG) umfasst die Straf- und Bußgeldvorschriften. Und die Teile sieben und acht (§ 122 bis § 132) beinhalten die Änderung von Gesetzen, sowie die Übergangs- und Schlussvorschriften.[6]
II. Der Betriebsrat
1. Voraussetzungen für die Bildung eines Betriebsrats
1.1. Betrieb
„Unter Betrieb wird die organisatorische Einheit verstanden, innerhalb derer der Unternehmer allein oder mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt“ (Klebe, 2010, §1 Rn. 1)
Gem. § 1 Abs. 1 BetrVG kann „in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind“ (§ 1 Abs. 1 BetrVG) ein BR gewählt werden.
Die Wahl des BR setzt jedoch die Initiative der AN voraus oder hängt von der im Betrieb vertretenden Gewerkschaft ab.
Ein Betrieb ist von einem Unternehmen zu unterscheiden. Unternehmen sind auf „wirtschaftliche Zweckverfolgung“ (Huke, 2010 S. 9) spezialisiert und können aus einem oder mehreren Betrieben bestehen. Wenn die Voraussetzungen gem. § 1 BetrVG vorliegen können in diesen Betrieben jeweils Betriebsräte gewählt werden. Im Gegensatz zum Betrieb umfasst das Unternehmen im Hinblick auf die Betriebsverfassung den „gesamten geschäftlichen Tätigkeitsbereich des Arbeitgebers“ (Huke, 2010, S. 11). Bei dieser Organisationseinheit ist bei vorhanden sein mehrerer Betriebsräte und somit Betrieben gem. § 47 Abs. 1 BetrVG ein Gesamtbetriebsrat zu bilden.
Unter einem Konzern im Sinne des BetrVG versteht man eine Unternehmensverbindung. Diese können durch Beschlüsse der verschiedenen Betriebsräte gem. §§ 57 ff. BetrVG einen Konzernbetriebsrat errichten.[7]
1.1.1. Gemeinsamer Betrieb
Eine Arbeitsstätte kann von mehreren Unternehmen gemeinsam genutzt werden. Diese bildet als gemeinsamer Betrieb eine eigenständige betriebsfähige Organisationseinheit.
Der Begriff gemeinsamer Betrieb ist im BetrVG nicht definiert. Die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb als betriebsratsfähige Einheit sind nach der Rechtsprechung, dass die Arbeitgeberfunktionen in jedem Unternehmen einheitlich wahrgenommen werden und, dass diese sich rechtlich zu einer gemeinsamen Führung verbunden haben. Diese beinhaltet mit personellen und sozialen Angelegenheiten die wesentlichen Funktionen eines AG.[8]
Somit hängt das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebs von der vorhandenen Betriebseinheit und des einheitlichen Leitungsapparates ab.[9]
Es ist ein BR für einen „gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen“ (§ 1 Abs. 1 BetrVG) zu wählen, falls die Voraussetzungen gem. § 1 Abs. 1 vorliegen.[10]
1.1.2. Vereinbarte Organisationsstrukturen, § 3 BetrVG
Seit der Änderung des BetrVG 2001 ist es für die Errichtung von Betriebsräten möglich abweichende Organisationsstrukturen zu vereinbaren. Diese durch Tarifverträge geregelten Gestaltungsmöglichkeiten wurden aufgrund des nachhaltigen Strukturwandels eingeführt und sind somit im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes die einzige Möglichkeit für einen gewissen Spielraum. Ziel des § 3 BetrVG ist es, dass sich mit diesem Spielraum Unternehmen bei wandelnden Betriebs- und Unternehmensstrukturen
[...]
[1] http://www.wissen.de/lexikon/betriebsrat ; Stand: 3. Mai 2012
[2] Huke, Rainer; Prinz, Thomas (2010); S. 8
[3] Schrader, Arno; Schwind, Hans-Dieter; Hauptmann, Peter-Helge (2012); S. 8
[4] Hoyningen-Huene, von, Gerrick (1998) S. 11ff.
[5] Huke, Rainer; Prinz, Thomas (2010); S. 8
[6] Klebe, Thomas; Ratayczak, Jürgen; Heilmann, Micha; Spoo, Sibylle (2010); § 1 Rn. 1
[7] Huke, Rainer; Prinz, Thomas (2010); S. 9
[8] Huke, Rainer; Prinz, Thomas (2010); S. 12
[9] Richardi, Reinhard; Thüsing, Gregor; Annuß, Georg (2012) § 1 Rn. 69
[10] Klebe, Thomas; Ratayczak, Jürgen; Heilmann, Micha; Spoo, Sibylle (2010); §1 Rn. 2