Nach der Veröffentlichung von Peter Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied im Jahr 1972 fand sich die aus dem Filmjargon stammende Genre-Bezeichnung „Roadmovie“ in kaum einer der Rezensionen. Im Allgemeinen versuchte man sich stattdessen mit den Begriffen literarischer Gattungen zu behelfen, die traditionellerweise mit dem Reisemotiv in Verbindung stehen: „Auch darin liegt ein Anklang an die Bildungsromane der Tradition: Der Grüne Heinrich unternimmt eine große Ausfahrt, Anton Reisers Name schon deutet auf seine
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Entstehung des Roadmovie-Romans im Kontext der Umbruchsprozesse in den westlichen Gesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg
- 2.1 Jack Kerouacs On the Road als Prototyp des Roadmovie-Romans
- 2.2 Sozialwissenschaftliche Analyse von On the Road auf der Basis von Ulrich Becks Individualisierungs-These, Heiner Keupps Theorie der „Patchwork-Identität“ und Gerhard Schulzes Theorie der „Erlebnisgesellschaft“
- 3. Peter Handkes Roadmovie-Roman Der kurze Brief zum langen Abschied (1972)
- 3.1 Peter Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied als Phänomen der „neuen Innerlichkeit“ in der deutschsprachigen Literatur der 1970er-Jahre
- 3.2 Der kurze Brief zum langen Abschied als Geschichte der „Freisetzung“, „Entzauberung“ und „Reintegration“ des Protagonisten
- 4. Christian Krachts Roadmovie-Roman Faserland (1995)
- 4.1 Christian Krachts Faserland als literarische Provokation der „Alt-68er“ und Manifest der „Erlebnisgesellschaft“
- 4.2 Die Reise des Protagonisten in Faserland als misslungener Versuch, einen individuellen Lebensstil in der „Erlebnisgesellschaft“ zu behaupten
- 5. Thomas Klupps Roadmovie-Roman Paradiso (2009)
- 5.1 Thomas Klupps Paradiso als Phänomen der „neuen Ernsthaftigkeit“ in der deutschen Literatur der 2000er-Jahre
- 5.2 Die Reise des Protagonisten in Paradiso im Zeichen des Existenzkampfes im bedrohten „Selbstverwirklichungsmilieu“
- 6. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des deutschen Roadmovie-Romans im Kontext gesellschaftlicher Umbruchsprozesse, indem sie exemplarisch drei Romane analysiert: Peter Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied, Christian Krachts Faserland und Thomas Klupps Paradiso. Ziel ist es, die spezifischen Merkmale des Genres im deutschsprachigen Kontext zu beleuchten und deren Verhältnis zu den jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten herauszuarbeiten.
- Der Roadmovie-Roman als literarisches Genre und seine Entwicklung
- Der Einfluss gesellschaftlicher Umbrüche auf die Gestaltung des Roadmovie-Romans
- Die Rolle des Protagonisten und seine Suche nach Identität und Freiheit
- Die Darstellung von Individualisierung und der „Erlebnisgesellschaft“
- Vergleichende Analyse der drei ausgewählten Romane
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die späte Rezeption des Begriffs „Roadmovie“ in der deutschsprachigen Literaturkritik und stellt den Mangel an deutschsprachigen literaturwissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Genre fest. Sie verweist auf die filmwissenschaftliche Dominanz im Diskurs um das Roadmovie und führt die Arbeit von Martin Bertelsen an, der das Roadmovie als moderne Version des Western interpretiert und die Suche nach einer freieren Lebensform innerhalb der Gesellschaft als zentrales Motiv herausstellt. Die Einleitung begründet die Notwendigkeit einer sozialwissenschaftlichen Einbettung der Analyse von Roadmovie-Romanen und kündigt die Fokussierung auf die Romane von Handke, Kracht und Klupp an.
2. Die Entstehung des Roadmovie-Romans im Kontext der Umbruchsprozesse in den westlichen Gesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg: Dieses Kapitel untersucht die Entstehung des Roadmovie-Romans im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Es analysiert Jack Kerouacs On the Road als Prototyp und setzt dessen Darstellung der rastlosen Suche nach neuen Lebensformen in Beziehung zu sozialwissenschaftlichen Theorien der Individualisierung (Beck), der Patchwork-Identität (Keupp) und der Erlebnisgesellschaft (Schulze). Der Fokus liegt auf der Darstellung der Herausforderungen junger Menschen in einer sich verändernden Gesellschaft und der Beziehung zwischen Mobilität, Orientierungslosigkeit und der Suche nach Identität.
3. Peter Handkes Roadmovie-Roman Der kurze Brief zum langen Abschied (1972): Dieses Kapitel analysiert Handkes Roman als Beispiel für die „neue Innerlichkeit“ der 1970er Jahre. Es untersucht die Reise des Protagonisten als Prozess der „Freisetzung“, „Entzauberung“ und „Reintegration“, wobei die inneren Konflikte und die Suche nach Selbstfindung im Vordergrund stehen. Der Fokus liegt auf der Darstellung der individuellen Erfahrungen des Protagonisten und deren Kontextualisierung in den gesellschaftlichen Umbrüchen der Zeit. Der Roman wird als Reflexion der schwierigen Suche nach Sinn und Identität in einer sich verändernden Welt interpretiert.
4. Christian Krachts Roadmovie-Roman Faserland (1995): Dieses Kapitel untersucht Krachts Faserland als literarische Provokation der „Alt-68er“ und als Manifest der „Erlebnisgesellschaft“. Die Reise des Protagonisten wird als misslungener Versuch interpretiert, einen individuellen Lebensstil in einer von Konsum und oberflächlichen Erlebnissen geprägten Gesellschaft zu behaupten. Der Roman wird als scharfe Kritik an den gesellschaftlichen Entwicklungen der 1990er Jahre analysiert, wobei der Fokus auf den Konflikten zwischen Individualität und gesellschaftlichem Druck liegt.
5. Thomas Klupps Roadmovie-Roman Paradiso (2009): Das Kapitel analysiert Klupps Paradiso als Beispiel für die „neue Ernsthaftigkeit“ in der deutschen Literatur der 2000er Jahre. Die Reise des Protagonisten wird im Kontext des Existenzkampfes im „Selbstverwirklichungsmilieu“ gedeutet, wobei die Herausforderungen der Selbstfindung und der Umgang mit den gesellschaftlichen Erwartungen im Vordergrund stehen. Der Roman wird als Reflexion auf die ambivalenten Aspekte des Strebens nach Selbstverwirklichung in einer komplexen und oft unübersichtlichen Welt interpretiert.
Schlüsselwörter
Roadmovie-Roman, deutsche Literatur, gesellschaftliche Umbrüche, Individualisierung, Erlebnisgesellschaft, Identitätssuche, Peter Handke, Christian Kracht, Thomas Klupp, „neue Innerlichkeit“, „neue Ernsthaftigkeit“, Reisemotiv, Mobilität, Existenzkampf, Selbstverwirklichung.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse des deutschen Roadmovie-Romans
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Entwicklung des deutschen Roadmovie-Romans im Kontext gesellschaftlicher Umbrüche nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Fokus liegt auf der exemplarischen Untersuchung dreier Romane: Peter Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied, Christian Krachts Faserland und Thomas Klupps Paradiso. Ziel ist die Beleuchtung spezifischer Genremerkmale im deutschsprachigen Kontext und deren Verhältnis zu den jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten.
Welche Romane werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf drei Schlüsselwerke des deutschen Roadmovie-Romans: Peter Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied (1972), Christian Krachts Faserland (1995) und Thomas Klupps Paradiso (2009). Diese Romane werden als repräsentativ für verschiedene Epochen und gesellschaftliche Strömungen betrachtet.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit untersucht verschiedene Themen, darunter die Entwicklung des Roadmovie-Romans als literarisches Genre, den Einfluss gesellschaftlicher Umbrüche auf die Gestaltung der Romane, die Rolle des Protagonisten und seine Suche nach Identität und Freiheit, die Darstellung von Individualisierung und Erlebnisgesellschaft sowie einen vergleichenden Analyse der drei ausgewählten Romane. Theorien von Beck (Individualisierung), Keupp (Patchwork-Identität) und Schulze (Erlebnisgesellschaft) werden herangezogen.
Wie wird Jack Kerouacs "On the Road" in die Analyse einbezogen?
Jack Kerouacs On the Road wird als Prototyp des Roadmovie-Romans betrachtet und dient als Ausgangspunkt für die Analyse der Entwicklung des Genres. Der Roman wird im Kontext sozialwissenschaftlicher Theorien interpretiert, um die Darstellung der Herausforderungen junger Menschen in einer sich verändernden Gesellschaft zu beleuchten.
Wie werden die einzelnen Romane analysiert?
Jeder Roman wird in einem eigenen Kapitel detailliert analysiert. Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied wird im Kontext der „neuen Innerlichkeit“ der 1970er Jahre untersucht, Krachts Faserland als literarische Provokation der „Alt-68er“ und Manifest der „Erlebnisgesellschaft“, und Klupps Paradiso als Beispiel der „neuen Ernsthaftigkeit“ der 2000er Jahre. Die Analysen berücksichtigen jeweils die spezifischen gesellschaftlichen Kontexte und die individuellen Erfahrungen der Protagonisten.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit zeigt die Entwicklung des deutschen Roadmovie-Romans als Spiegel gesellschaftlicher Umbrüche auf. Sie belegt, wie die Suche nach Identität und Freiheit der Protagonisten in den jeweiligen historischen Kontexten verankert ist und wie die literarische Darstellung von Individualisierung und Erlebnisgesellschaft in den ausgewählten Romanen reflektiert wird. Eine detaillierte Zusammenfassung der Schlussfolgerungen findet sich im Kapitel "Schluss".
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Roadmovie-Roman, deutsche Literatur, gesellschaftliche Umbrüche, Individualisierung, Erlebnisgesellschaft, Identitätssuche, Peter Handke, Christian Kracht, Thomas Klupp, „neue Innerlichkeit“, „neue Ernsthaftigkeit“, Reisemotiv, Mobilität, Existenzkampf, Selbstverwirklichung.
- Arbeit zitieren
- Christoph Galle (Autor:in), 2012, Die Entwicklung des deutschen Roadmovie-Romans im Kontext gesellschaftlicher Umbruchsprozesse, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/262853