Die Gesellschaft in Deutschland hat sich in den vergangenen 30 Jahren wirtschaftlich und sozial immer mehr gespalten. Im Jahre 2003 befanden sich 13,5 % der Bevölkerung in Deutschland unter der Armutsgrenze. Verwunderlich ist, angesichts der erschreckenden Zahlen, dass Deutschland immer noch über die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes diskutiert. Die Mehrzahl der Vertragsstaaten des Europarates hat diesen mittlerweile bereits eingeführt. Auf nationaler Ebene des deutschen Rechts ist die Sicherung der Arbeiter vor Ausbeutung und Armutslöhnen daher nicht geregelt. Auf internationaler Ebene schon. Im Jahre 1965 trat die Europäische Sozial-Charta in Kraft. Diese ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte der Bevölkerung absichert. Obwohl die Charta demnächst ihren 50. Geburtstag feiert, ist sie in Deutschland kaum bekannt. In der ESC werden den Vertragsstaaten sozialen Mindestnormen garantiert. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, die ESC näher vorzustellen, ihren Inhalt zu beleuchten und einen Blick auf die mit der ESC verbundene deutsche Rechtsprechung zu werfen. Eine besondere Bedeutung soll der Art. 4 Abs. 1 der ESC in dieser Arbeit erhalten. Dieser Artikel beschreibt das Recht eines jeden Beschäftigten auf ein gerechtes Arbeitsentgelt, um sich und seiner Familie einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. In der Arbeit soll untersucht werden, welche inhaltlichen Bestimmungen mit dem Artikel verknüpft werden und wie diese in der deutschen Rechtsprechung angewendet werden. Des Weiteren wird veranschaulicht, wie die Einhaltung der ESC durch die Vertragsstaaten international gewährleistet wird. Bevor in dieser Arbeit jedoch näher darauf eingegangen werden kann, wird zum besseren Verständnis vorab die Europäische Sozial-Charta, deren Protokolle und die revidierte Europäische Sozial-Charta charakterisiert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Allgemeines zur Europäischen Sozial-Charta
I. Geschichtliche Entwicklung der Europäischen Sozial-Charta
1. Europarat
2. Entstehungshintergründe und Ausgestaltungsproblematik der Europäischen Sozialcharta
II. Die Europäische Sozial-Charta (ESC) und die Revidierte Europäische Sozial-Charta (RESC)
1. Zusammenfassende Übersicht über die Europäische Sozial - Charta und deren Inhalt
2. Protokolle der Europäischen Sozialcharta
a. Zusatzprotokoll von
b. Änderungsprotokoll (ÄP) von
3. Revidierte Europäische Sozial-Charta
B. Das Recht auf ein gerechtes Arbeitsentgelt nach Art4 Abs1 der Europäischen Sozialcharta
I. Geschichtlicher Hintergrund des Artikels durch die internationale Rechtsetzung
II. Interpretation des Art4 Abs1 der Europäischen Sozial-Charta
III. Bedeutung des Art4 Abs1 der Europäischen Sozialcharta als völkerrechtliche Grundlage für das deutsche Recht
1. Völkerrechtlicher Vertrag
2. Praktische Relevanz des Art4 Abs1 der ESC auf das nationale Recht
C. Kontrolle der Anwendung des Art4 Abs1 der ESC.
I. Beteiligte Organe
1. Europäisches Komitee der Sozialen Rechte (EKSR)
2. Regierungsausschuss der Europäischen Sozial-Charta
3. Parlamentarische Versammlung
4. Ministerkomitee
II. Überwachungsmechanismen
1. Staatenberichtsverfahren
2. Kollektivbeschwerdeverfahren
D. Resümee
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Die Gesellschaft in Deutschland hat sich in den vergangenen 30 Jahren wirtschaftlich und sozial immer mehr gespalten. Im Jahre 2003 befanden sich 13,5 % der Bevölkerung in Deutschland unter der Armutsgrenze [1]. Verwunderlich ist, angesichts der erschreckenden Zahlen, dass Deutschland immer noch über die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes diskutiert. Die Mehrzahl der Vertragsstaaten des Europarates hat diesen mittlerweile bereits eingeführt. Auf nationaler Ebene des deutschen Rechts ist die Sicherung der Arbeiter vor Ausbeutung und Armutslöhnen daher nicht geregelt. Auf internationaler Ebene schon. Im Jahre 1965 trat die Europäische Sozial-Charta in Kraft. Diese ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte der Bevölkerung absichert. Obwohl die Charta demnächst ihren 50. Geburtstag feiert, ist sie in Deutschland kaum bekannt. In der ESC werden den Vertragsstaaten sozialen Mindestnormen garantiert. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, die ESC näher vorzustellen, ihren Inhalt zu beleuchten und einen Blick auf die mit der ESC verbundene deutsche Rechtsprechung zu werfen. Eine besondere Bedeutung soll der Art. 4 Abs. 1 der ESC in dieser Arbeit erhalten. Dieser Artikel beschreibt das Recht eines jeden Beschäftigten auf ein gerechtes Arbeitsentgelt, um sich und seiner Familie einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. In der Arbeit soll untersucht werden, welche inhaltlichen Bestimmungen mit dem Artikel verknüpft werden und wie diese in der deutschen Rechtsprechung angewendet werden. Des Weiteren wird veranschaulicht, wie die Einhaltung der ESC durch die Vertragsstaaten international gewährleistet wird. Bevor in dieser Arbeit jedoch näher darauf eingegangen werden kann, wird zum besseren Verständnis vorab die Europäische Sozial-Charta, deren Protokolle und die revidierte Europäische Sozial-Charta charakterisiert.
A. Allgemeines zur Europäischen Sozial-Charta
Im Folgenden erstem Kapitel werden grundlegende Informationen zur Europäischen Sozial-Charta (ESC), sowie die Rechte und Freiheiten aller Menschen, welche in ihrem täglichen Leben tangieren [2], in den einzelnen Abschnitten dargestellt. Hierbei wird im ersten Abschnitt auf die Entstehungshintergründe und die Ausgestaltungsproblematik der ESC und den damit verbundenen Part des Europarates eingegangen. Der zweite Abschnitt konzentriert sich auf den Inhalt der Europäischen Sozial-Charta, der Revidierten Europäischen Sozial-Charta (RESC) und deren Protokolle. Des Weiteren wird näher auf die Vertragsstaaten der ESC bzw. der RESC und den damit zusammenhängenden Unterzeichnungs- und Ratifikationsständen eingegangen. Zum Schluss wird der aktuelle Stand der Unterzeichnungen und Ratifikation Deutschlands näher betrachtet.
I. Geschichtliche Entwicklung der Europäischen Sozial-Charta
Die Europäische Sozialcharta wurde 1961 in Turin als völkerrechtlicher Vertrag von den Mitgliedsstaaten Europas unterzeichnet [3]. Vorab entstand, kurz nach der Verabschiedung des Grundgesetzes (GG) [4] im Jahre 1951 die Idee, neben der schon vorhandenen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) [5], eine Charta für die sozialen Rechte zu schaffen. Diese war als Pendant zur EMRK gedacht, deren Relevanz sie bis heute noch immer nicht erreichen konnte [6].
Die beschwerliche Entstehung der ESC, von den ersten Fassungen einer Sozialcharta bis zu deren Unterzeichnung, wird auf den folgenden Seiten aufgezeigt [7]. Zur leichteren Auffassung wird zuerst die
Entstehungsgeschichte und die Wirkungsweise des Europarates verdeutlicht [8].
1. Europarat
Im Mai 1948 lud die britische Regierung unter Winston Churchill Delegierte aus 30 Ländern zu einem Kongress nach Den Haag ein [9]. Das Ergebnis war, dass die 30 Delegierten forderten, eine europäische Versammlung einzuberufen. Insgesamt zehn Staaten [10] kamen dieser Forderung nach und gründeten, durch Unterzeichnung der Satzung des Europarates [11], am 05. Mai 1949 den Europarat [12]. Im Oktober des gleichen Jahres trat sie in Kraft [13]. Damit ist der Europarat die älteste zwischenstaatliche Organisation in Europa, die auf einem völkerrechtlichen Vertrag [14] basiert. Der Sitz des Europarates ist in Straßburg. Seine Amtssprachen sind Französisch und Englisch. Derzeitig sind insgesamt 47 Staaten Mitglied des Europarates [15]. Durch Unterzeichnung der Satzung des Rates haben sich die Mitgliedsstaaten nach der Präambel der Satzung [16] verpflichtet, die Ideale und Grundsätze der europäischen Staaten, wie z.B. die Freiheit der Einzelperson, die politische Freiheit, sowie die Herrschaft des Rechts zu fördern und somit die Grundlage einer Demokratie zu sichern [17]. Deshalb gehört zur Aufgabe des Europarates nach Kapitel I Art. 1 Bst. a der Europasatzung [18] ebenfalls „einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen und die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe sind, zu schützen und zu fördern und um ihren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu begünstigen“ [19]. Daher machte sich der Europarat zum Ziel, die bürgerlichen und sozialen Rechte ausreichend durch europäische Abkommen zu sichern. Zur Erreichung dieses Ziels wollte der Rat diese Rechte in einem gemeinsamen Vertrag festlegen. Doch die Kodifizierung von sozialen Grundrechten bereitete dem Europarat Schwierigkeiten. Deshalb wurden diese Rechte in einem gesonderten Vertrag, der ESC, aufgenommen [20].
Zur Erreichung dieses Ziels wird der Rat durch seine Organe (Kapitel III Art. 10), das Ministerkomitee und die Parlamentarische Versammlung [21], nach Kapitel I Art. 1 Bst. b der Europäischen Satzung, unterstützt.
2. Entstehungshintergründe und Ausgestaltungsproblematik der Europäischen Sozialcharta
Im Jahre 1950 entstand durch Ausarbeitung des Europarates zuerst die Europäische Menschenrechtskonvention, welche 1953 in Kraft trat [22]. In diesem Vertrag verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten, gemäß der Präambel [23], nur die bürgerlichen und politischen Grundrechte und Grundfreiheiten zu schützen [24]. Schon ein Jahr nach Ratifikation der EMRK, legte die Parlamentarische Versammlung dem Ministerkomitee nahe, die in der EMRK fehlenden sozialen Grundrechte in einem gesonderten Vertrag festzulegen [25]. Aus dieser Empfehlung entstand das zweite große bedeutende Vertragswerk, neben der EMRK, welches vom Europarat ausgearbeitet wurde, die sog. ESC. Die ESC gewährleistet die ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte, die in der EMRK nicht garantiert werden [26]. Die unterschiedlichen Funktionen wurden von Levy zusammengefasst, in dem er sagte: „The Convention enables man to live in dignity and the Charter allows him to work in dignity“ [27]. Der Weg bis zur Verabschiedung der ESC war jedoch ein langer und problematischer Weg. Die beteiligten Parteien hatte Schwierigkeiten die geforderten sozialen und ökonomischen Rechte in einem Katalog zusammenzufassen. Diese Rechte waren bis dato wenig geläufig und schwer zu definieren. Dazu mussten die Unterschiede zwischen den sozialen und wirtschaftlichen Strukturen der einzelnen Staaten des Europarats ebenfalls berücksichtigt werden [28]. Im Jahr 1953 wurde dem Ministerkomitee der Vorschlag zur Kodifizierung einer Sozialcharta vorgelegt [29]. Einige Mitglieder des Ministerkomitees waren skeptisch. Sie befürchteten eine Mehrarbeit für die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und der Vereinten Nationen. Die Argumente für eine Charta überwiegten jedoch [30]. Ungeachtet der unterschiedlichen Meinungen, beauftragte das Ministerkomitee im Mai 1954 ein Sozialkomitee, welches aus Regierungsbeamten aller Mitgliedsstaaten bestand, die Kodifikation der Europäischen Sozial-Charta zu entwickeln [31]. Der erste Entwurf der heutigen ESC wurde der Parlamentarischen Versammlung am 26. Oktober 1955 präsentiert [32]. Dieser wurde vom Wirtschaftsausschuss der Parlamentarischen Versammlung kritisiert. Daraufhin erarbeiteten das Sozialkomitee und der Wirtschaftsausschuss gemeinsam einen zweiten Entwurf, welcher am 14. April 1956 [33] der Parlamentarischen Versammlung überreicht wurde [34] . Allerdings konnten sich die Mitgliedsstaaten auch bei diesem Entwurf nicht einigen, woraufhin ein dritter Entwurf [35] der Sozial-Charta ausgearbeitet und im Oktober des gleichen Jahres [36] zur Begutachtung der Versammlung vorgelegt wurde [37]. Auch dieser Entwurf fand keine ausreichende Akzeptanz. Das Problem bei allen Entwürfen waren die unterschiedlichen Meinungen bei den zentralen Fragen der Charta. Einige Staaten wollten eine starke Charta, in der die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet werden sollten, die Grundsätze der Charta zu erfüllen. Andere Staaten forderten ein weniger verbindliches Dokument, eine Absichtserklärung [38]. Der letze Entwurf, dem auch das Ministerkomitee zustimmte, wurde im Februar 1958 erarbeitet und bei einer Drei-Parteien-Konferenz in Straßburg [39] überabreitet, sodass der endgültige Text der ESC 1960 ausformuliert wurde. Im September des Folgejahres wurde die ESC vom Ministerkomitee genehmigt und konnte am 18. Oktober in Turin von 13 [40] der damals 16 Mitgliedsstaaten des Europarates unterzeichnet werden [41]. Am 26. Februar 1965 trat die Europäische Sozial-Charta in Kraft [42].
II. Die Europäische Sozial-Charta (ESC) und die Revidierte Europäische Sozial-Charta (RESC)
Nach dem Inkrafttreten der ESC, wurde diese oft als Inbegriff der sozialen Grundrechte charakterisiert. Unter der Bezeichnung „ soziale Grundrechte“ versteht man, dass dem Individuum die materiellen Voraussetzungen zur Nutzung der Freiheit gesichert werden und die sozialen Voraussetzungen der Freiheitsausübung garantiert sind [43]. Auf Grund dieser vagen Definition ist eine Katalogisierung der sozialen Grundrechte oft kompliziert, da diese Grundrechte dynamisch angelegt sind [44]. Dennoch hat man in der ESC die sozialen Grundrechte in drei Obergruppen unterteilt: Die erste Gruppe führt das Recht auf Arbeit aus. Darunter werden alle Rechte katalogisiert, welche im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen [45]. Das Recht auf soziale Sicherheit bzw. auf Existenzsicherheit bildet die zweite Gruppe. Darin enthalten sind alle Maßnahmen die der Staat gegen die Folgen des Alters und der Invalidität, sowie der Krankheit, der Arbeitslosigkeit, des Unfalls und der Berufsunfähigkeit, aber auch der Mutterschaft und der Familiengründung trifft. Des Weiteren zählt hierzu auch das Recht auf staatliche Hilfe bei Bedürftigkeit oder einer Notlage [46]. Die letzte Gruppe der Katalogisierung der ESC betrifft das Recht auf kulturelle Entfaltung. Dazu zählen u.a. das Recht auf Bildung und Teilnahme am kulturellen Leben [47]. Im Jahre 1996 verabschiedete der Europarat die RESC, die dann am 1. Juli 1999 in Kraft trat [48]. Bei der RESC gab es einige Änderungen im Vergleich zur ESC. Welche dies waren und warum die RESC überhaupt entstand, kann Abschnitt II 3. entnommen werden. Allgemein ist aber zu sagen, dass die RESC die von der Charta 1961 garantierten Rechte mit einer gewissen Anzahl von Änderungen und Neuerungen in einem Dokument verbindet [49]. Hinzu kam vor allem, neben den in der ESC katalogisierten drei Obergruppen, eine weitere. Diese ist die Gruppe der ökologischen Rechte [50]. Jene wurde auf Grund der Globalisierung und der damit verbundenen Veränderung der Umwelt hinzugefügt. Diese vierte Gruppe beinhaltet das Recht auf eine saubere Umwelt, auf den Umweltschutz und den Naturschutz, sowie den freien Zugang zu den Naturschätzen [51].
1. Zusammenfassende Übersicht über die Europäische Sozial - Charta und deren Inhalt
Die Europäische Sozial-Charta [52] ist grob in Präambel, Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V und als Anhang zur Sozialcharta unterteilt [53]. Der Präambel der Charta zufolge, soll der Lebensstandard der Bevölkerung in Stadt und Land verbessert und ihr soziales Wohl gefördert werden [54]. Dies bedeutet, dass die ESC zwei Ziele verfolgt. Einerseits sichert sie die sozialen und ökonomischen Grundrechte und andererseits möchte sie die Entwicklung einer Sozialpolitik in Europa fördern [55]. In Teil I der Charta werden 19 grundlegende soziale und wirtschaftliche Ziele erfasst, die von den Vertragsstaaten zu verfolgen sind [56]. Den Schwerpunkt der ESC bildet Teil II. Hier ist in 19 Artikeln festgelegt, welche Einzelverpflichtungen die Vertragsstaaten verwirklichen sollen. In diesem Teil werden die in Teil I gelisteten Ziele konkretisiert und in einer verbindlichen Form dargestellt [57]. Teil III erklärt in Art. 20, dass sich jeder Staat zum Zeitpunkt der Ratifikation der ESC entscheiden kann, nur eine bestimmte Anzahl von Verpflichtungen aus Teil II anzunehmen [58]. Genauer erläutert ist dies in Art. 20 Abs. 1 Bst. b [59]. Hier wird darauf hingewiesen, dass der Vertragsstaat mindestens fünf der sieben Kernartikel des Teil II anerkennen muss. Zu den sieben Artikeln zählen Artikel 1 [60], Artikel 5 [61], Artikel 6 [62], Artikel 12 [63], Artikel 13 [64], Artikel 16 [65] und Artikel 19 [66]. Des Weiteren wird in Art. 20 Abs. 1 Bst. c. festgelegt, dass die Staaten sich für mindestens zehn der 19 Artikel oder für 45 nummerierte Absätze verpflichten müssen [67]. Deutschland hat, bis auf 4 Abs. 4, Art. 7 Abs. 1, Art. 8 Abs. 2 und 4 und Art. 10 Abs. 4 [68], alle Artikel und deren Absätze unterschrieben und ratifiziert. Teil IV [69] der ESC regelt das Kontrollverfahren zur Einhaltung der Verpflichtungen aus Teil II durch die Vertragsstaaten. Formalien zur ESC für die Vertragsstaaten, wie z.B. das in Art. 32 geregelte Verhältnis zwischen der Charta und dem innerstaatlichen Recht, sowie den internationalen Übereinkünften oder die in Art. 35 geregelten Voraussetzungen für die Unterzeichnung, die Ratifizierung und das Inkrafttreten, werden in Teil V der ESC geregelt [70]. Der letzte Bestandteil der ESC von 1961 ist der Anhang zur Sozialcharta. Dieser beinhaltet wiederum Erläuterungen zu einzelnen Artikeln der Teile I – V für das Verhalten der Vertragsstaaten in Bezug auf diese [71].
2. Protokolle der Europäischen Sozialcharta
Die ESC blieb jahrelang nach Inkrafttreten unverändert und wurde an die internationale Entwicklung nicht angepasst. Die EMRK hingegen wurde bereits 1952, nur zwei Jahre nach ihrer Unterzeichnung, durch ein erstes Zusatzprotokoll ergänzt [72]. Durch die fehlende Weiterentwicklung bzw. Anpassung der ESC an die internationalen Veränderungen, wurden bereits 1978 und 1986 Stimmen laut, welche sich für eine Angleichung des Inhalts und einen stärkeren Kontrollmechanismus der ESC aussprachen [73]. Nachdem die Europäische Gemeinschaft die Etablierung ihrer eigenen Sozialcharta versuchte, bemühte sich der Europarat die ESC weiter zu entwickeln und zu stärken. Als erste Anpassung an die ESC von 1961 entstand das Zusatzprotokoll vom 5. Mai 1988 [74], welches vier neue Rechte garantierte. Die zweite Anpassung folgte mit dem Änderungsprotokoll vom 21. Oktober 1991 [75], welches auch Turiner Protokoll genannt wird und eine Abänderung des Überwachungssystems vorsah [76]. Schließlich kam am 9. November 1995 das Zusatzprotokoll zur Europäischen Sozialcharta über Kollektivbeschwerden [77] hinzu. Dieses wird Gegenstand der Abhandlungen des Kapitel C Abschnitt II 2. sein. Deshalb wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen. In den folgenden Unterpunkten a. und b. wird näher auf den Inhalt der Protokolle und deren Veränderungen zur ursprünglichen ESC eingegangen.
[...]
[1] Vgl. Raane, M.M. (2006), S. 11.
[2] Vgl. Weiß, N. (2005), S. 193.
[3] Vgl. Funk, B.-C. (2002), S. 42.
[4] Das Grundgesetz wurde im Mai 1949 verabschiedet.; Vgl. Vorländer, H. (2011), Zugriff
am 29.05.2011.
[5] Die EMRK wurde 1950 unterzeichnet und trat 1953 in Kraft.; Vgl. Europarat SEV Nr.
005 (2011), Zugriff am 30.05.2011.
[6] Vgl. Funk, B.-C. (2002), S. 42.
[7] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 51.
[8] Vgl. Ebenda.
[9] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 51.
[10] Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg,
Norwegen und Schweden. Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 51.
[11] Europarat SEV Nr. 1 (2011), Zugriff am 29.05.2011.
[12] Engl. Council of Europe.
[13] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 51.
[14] Ausführungen hierzu in Kapitel B Abschnitt III 1.
[15] Vgl. Council of Europe (2011), Zugriff am 29.05.2011.
[16] Europarat SEV Nr. 1 (2011), Zugriff am 29.05.2011.
[17] Pärli, K./ Imhof, E. (2009), S. 4.
[18] Vgl. Europarat SEV Nr. 1 (2011), Zugriff am 29.05.2011.
[19] Vgl. Europarat SEV Nr. 1 (2011), Zugriff am 29.05.2011.
[20] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 25.
[21] Auf beide Organe wird in Kapitel C Abschnitt I näher eingegangen.
[22] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 55.
[23] Vgl. Europarat SEV Nr. 005 (2011), Zugriff am 30.05.2011.
[24] Vgl. Europarat (2002), S. XIII.
[25] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 56.
[26] Vgl. Humanrights.ch (2011), Zugriff am 20.04.2011.
[27] Levy, P. M. G. (1962), S. 5.
[28] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 57.
[29] Opinion No. 5 vom 23.09.1953.
[30] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 57.
[31] Vgl. Ebenda.
[32] Vgl. Ebenda.
[33] Dokument Nr. 488 vom 14.04. 1956.
[34] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 58.
[35] Dieser Unterschied, sich durch die Forderung einer europäischen Konvention für
soziale und wirtschaftliche Rechte anstelle einer Sozialcharta und die Umsetzung
dieser Konvention einzusetzen, sollte in einer Europäischen Kommission für Soziales
und in einer Europäischen Sozialkammer angesiedelt werden. Vgl. Neubeck, X.
(2002), S. 58.
[36] Dokument Nr. 536 vom September 1956.
[37] Vgl. Ebenda.
[38] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 59.
[39] Bei einer Drei-Parteien-Konferenz treffen sich drei Parteien, Hier waren es je zwei
Vertreter der Regierungen und je ein Vertreter der Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerorganisation der einzelnen Mitgliedsstaaten des Europarates. Vgl.
Neubeck, X. (2002), S. 60.
[40] Belgien, Großbritannien, Norwegen, Schweden, Irland, Deutschland, Dänemark,
Italien, Zypern, Österreich, Island, Niederlande und Spanien. Vgl. Neubeck, X. (2002),
S. 61.
[41] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 59.
[42] Vgl. Karl, B. (2008), S. 852.
[43] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 30.
[44] Der Katalog der sozialen Grundrechte unterliegt einem andauernden Wandel und
Fortentwickeln und ist daher zu keinem Zeitpunkt abgeschlossen. Vgl. Neubeck, X.
(2002), S. 32.
[45] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 33.
[46] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 33.
[47] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 34.
[48] Europarat (2002), S. 13.
[49] Vgl. Europarat (2002), S. 13.
[50] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 34.
[51] Vgl. Ebenda.
[52] Engl. European Social Charter
[53] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[54] Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[55] Vgl. Humanrights.ch (2011), Zugriff am 20.04.2011.
[56] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[57] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 64.
[58] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[59] Vgl. Ebenda.
[60] Artikel 1: Recht auf Arbeit. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[61] Artikel 5: Das Vereinigungsrecht. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am
21.04.2011.
[62] Artikel 6: Das Recht auf Kollektivverhandlungen. Europarat SEV Nr. 035 (2011),
Zugriff am 21.04.2011.
[63] Artikel 12: Das Recht auf soziale Sicherheit. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am
21.04.2011.
[64] Artikel 13: Recht auf Fürsorge. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[65] Artikel 16. Recht der Familie auf sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz.
Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[66] Artikel 19: Recht der Wanderarbeitnehmer und deren Familien auf Schutz und
Beistand. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[67] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[68] Vgl. Council of Europe (2011), Zugriff am 30.04.2011.
[69] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[70] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[71] Vgl. Europarat SEV Nr. 035 (2011), Zugriff am 21.04.2011.
[72] Vgl. Neubeck, X. (2002), S. 78.
[73] Vgl. Ebenda.
[74] Vgl. Europarat SEV Nr. 128 (2011), Zugriff am 15.05.2011.
[75] Vgl. Europarat SEV Nr. 142 (2011), Zugriff am 15.05.2011.
[76] Vgl. Karl, B. (2008), S. 852.
[77] Vgl. Europarat SEV Nr. 158 (2011), Zugriff am 15.05.2011.