Eine wichtige Aufgabe in der Ökonomie besteht darin, volks- und betriebswirtschaftliche Sachverhalte anhand von geeigneten Modellen zu modellieren. Viele dieser Problemstellungen unterliegen dabei einer zeitlichen Struktur. So umfasst beispielsweise der Anlagehorizont eines Investments i. d. R. mehrere Perioden, in dem das Portfolio kontinuierlich an innere und äußere Rahmenbedingungen angepasst werden muss.1 Bedingt durch den zeitlichen Anpassungsprozess ist es daher nicht möglich, mithilfe der üblichen 1-Perioden-Standardmodelle eine präzise Lösung zu erhalten. Qualifizierter erweist sich dagegen die Verwendung von Mehrperioden-Modellen, welche über die Methoden der dynamischen Optimierung gelöst werden. Da diese jedoch eine weit komplexere Lösungstheorie beanspruchen, wird in Lehre und Praxis weiterhin auf die statischen Modelle zurückgegriffen.
Ziel dieser Arbeit ist, es die zeitliche Problematik aufzugreifen und am Beispiel eines intertemporalen Investmentportfolios die dynamische Programmierung als konstruktive Lösungsmethode mehrperiodiger-Modelle vorzustellen. Um ein Investmentportfolio möglichst realitätsnah zu modellieren, erfordert es aber auch die Kenntnis komplexer stochastischer Finanzmarktmodelle. Um zu Beginn die Lösungstheorie der dynamischen Programmierung in den Vordergrund zu stellen, erachtet es sich als sinnvoll von vereinfachten Annahmen auszugehen. Kapitel 2 beschäftigt sich daher ausschließlich mit der Optimierung risikoloser Portfolios. D. h. auf dem Markt werden nur Null-Kupon-Anleihen (Zerobonds) mit festem Endwert betrachtet. Anschließend werden in Kapitel 3 die finanztheoretischen Grundlagen hergeleitet und die Optimierung anhand eines risikobehafteten Portfolios erarbeitet.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Portfolio-Optimierung unter Sicherheit
2.1 Grundlagen
2.1.1 Das Investmentportfolio
2.1.2 Modelltypen
2.1.2.1 Das 1-Perioden Haushaltsmodell
2.1.2.2 n-Periodenmodell - diskret
2.1.2.3 n-Periodenmodell - stetig
2.2 Verfahren der Optimierung
2.2.1 Statische Optimierung
2.2.2 Dynamische Optimierung
2.2.2.1 Dynamische Programmierung I - zeitdiskret
2.2.2.2 Dynamisiche Programmierung II - zeitstetig
3 Portfolio-Optimierung unter Unsicherheit
3.1 Modellanforderungen zur Durchführung der stochastischen dynamischen Pro- grammierung
3.1.1 Stochastische Finanzmarkt-Theorie
3.1.2 Markov-Entscheidungsprozesse
3.2 Modell der stochastischen dynamischen Programmierung
3.2.1 Anpassung der Nebenbedingung
3.2.2 Anpassung der Zielfunktion
3.2.3 Das stochastische Portfolio-Optimierungsmodell
3.2.4 Dynamische Programmierung III - stochastisch
4 Unendlicher Zeithorizont
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Eine wichtige Aufgabe in der Ökonomie besteht darin, volks- und betriebswirtschaftliche Sachverhalte anhand von geeigneten Modellen zu modellieren. Viele dieser Problemstel- lungen unterliegen dabei einer zeitlichen Struktur. So umfasst beispielsweise der Anlage- horizont eines Investments i. d. R. mehrere Perioden, in dem das Portfolio kontinuierlich an innere und äußere Rahmenbedingungen angepasst werden muss.1 Bedingt durch den zeitlichen Anpassungsprozess ist es daher nicht möglich, mithilfe der üblichen 1-Perioden- Standardmodelle eine präzise Lösung zu erhalten. Qualifizierter erweist sich dagegen die Verwendung von Mehrperioden-Modellen, welche über die Methoden der dynamischen Optimierung gelöst werden. Da diese jedoch eine weit komplexere Lösungstheorie bean- spruchen, wird in Lehre und Praxis weiterhin auf die statischen Modelle zurückgegrif- fen. Ziel dieser Arbeit ist, es die zeitliche Problematik aufzugreifen und am Beispiel ei- nes intertemporalen Investmentportfolios die dynamische Programmierung als konstruk- tive Lösungsmethode mehrperiodiger-Modelle vorzustellen. Um ein Investmentportfolio möglichst realitätsnah zu modellieren, erfordert es aber auch die Kenntnis komplexer stochastischer Finanzmarktmodelle. Um zu Beginn die Lösungstheorie der dynamischen Programmierung in den Vordergrund zu stellen, erachtet es sich als sinnvoll von ver- einfachten Annahmen auszugehen. Kapitel 2 beschäftigt sich daher ausschließlich mit der Optimierung risikoloser Portfolios. D. h. auf dem Markt werden nur Null-Kupon-Anleihen (Zerobonds) mit festem Endwert betrachtet. Anschließend werden in Kapitel 3 die finanz- theoretischen Grundlagen hergeleitet und die Optimierung anhand eines risikobehafteten Portfolios erarbeitet.
2 Portfolio-Optimierung unter Sicherheit
Ziel dieses Kapitel ist es, die Vorteile dynamischer Portfolio-Optimierungsmodelle gegen- über den statischen Standardmodellen herauszuarbeiten. Letztere befassen sich in der Ökonomie lediglich mit der optimalen Ressourcenverteilung zu einem vorgegebenen Zeit- punkt, wohingegen dynamische Modelle eine optimale Allokation über ein ganzes Zeitin- tervall vornehmen. Entsprechend wird der Kernpunkt des Portfoliomodells die zeitliche
Ausrichtung sein. Konkret werden folgende Zeitintervalle[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]definiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.1: Zeitintervalle
2.1 Grundlagen
Der nachfolgende Abschnitt beinhaltet die formellen Grundlagen der Portfolio-Optimierung. Hierzu zählen sowohl die Beschreibung eines Investmentportfolios als auch die Herleitung des 1-Perioden-Haushaltsmodells, welches die Grundlage vieler moderner Portfolio Optimierungsmodelle bildet.
2.1.1 Das Investmentportfolio
Unter einem Investmentportfolio wird die Zusammenfassung mehrerer Finanzinstrumente zu einem Gesamtwert verstanden. Ziel ist es durch eine optimale Allokation von Wertpa- pieren die Portfoliorendite zu maximieren. Ein Portfolio entsteht im Zeitpunkt t 0 durch Eingehen der ersten Position und endet im Zeitpunkt tn durch Schließen aller Positionen.2 Entsprechend lässt sich das Investmentportfolio über die Zeitintervalle[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]de- finieren. Da der Investor in der Praxis für gewöhnlich die Wertpapierstruktur sehr schnell an Marktgegebenheiten anpassen muss, sollte dies auch im Modell berücksichtigt werden. Das statische 1-Periodenmodell, welches die Lebensdauer des Portfolios als eine einzige Periode betrachtet und entsprechend keine strukturellen Veränderungen zulässt, erweist sich folglich als ungeeignet.3 Da beim n -Periodenmodell eine Aufsplittung der Lebensdauer über n Perioden erfolgt, ist es demgegenüber besser geeignet.4 Im Gegensatz dazu stellt die Verwendung eines zeitkontinuierlichen Modells die beste Lösung dar. Beispielsweise lässt sich somit der Hochfrequenzhandel von Wertpapieren abbilden.
2.1.2 Modelltypen
Aufgrund des Sachverhaltes, dass alle modernen Portfolio-Optimierungsmodelle auf dem Haushaltsmodell der Mikroökonomie beruhen, wird dieses vorab in den drei verschiedenen Zeitintervallen beschrieben.
2.1.2.1 Das 1-Perioden Haushaltsmodell
Bezeichnet c = (c 0 , c 1) den zeitlichen Konsumpfad, mit c 0 als gegenwärtiger und c 1 als zukünftiger Konsumausgabe, so setzt sich der Gesamtnutzen U eines Investors zeitseparabel aus dem heutigen u 0(c 0) und dem zukünftigen Nutzen u 1(c 1) zusammen. Es handelt sich hierbei um eine intertemporale Nutzenfunktion, d. h. zukünftige Präferenzordnungen sind unabhängig von der gegenwärtigen.5 Gegeben eine einmaligen Anfangsausstattung (Vermögen) w 0 steht der Konsument vor dem Entscheidungsproblem, wie viel er zum Zeitpunkt t 0 konsumieren möchte.6 Durch die Möglichkeit φ B Anteile eines Zerobonds zu erwerben ergeben sich die folgenden Alternativen:
a) Der Konsument wählt das Konsumniveau c 0 gleich der Anfangsausstattung w 0, d. h. der Investor bildet keine Vermögensanlage. Da zum Zeitpunkt t 1 auch keine weiteren Einnahmen zur Verfügung stehen, entspricht das zukünftige Vermögen w 1 dem Wert null. Für den Gesamtnutzen gilt: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
b) Durch Kauf von φ B risikolosen Wertpapieren bildet der Investor zum Zeitpunkt t 0 ein Portfolio in Höhe von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] < w 0 und verlagert das Anfangsvermögen anteilig auf zwei Perioden. Implizit ergibt sich nachstehende Darstellung:
i) Der Investor konsumiert das Vermögen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] mit dem Nutzen u (c 0).
ii) Der Konsument bildet eine aus [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Zerobonds bestehende Vermögensanlage und besitzt in der nachfolgenden Periode ein Vermögen w 1 in Höhe von:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da der Konsument keinen Anreiz besitzt sein Vermögen am Ende der Laufzeit weiterhin in festverzinsliche Wertpapiere anzulegen, wird er das gesamte Restvermögen konsumieren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beschreibt d einen 1-Perioden Diskontierungszinssatz,7 so gilt mit 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
für den Gesamtnutzen die zeitseparable Darstellung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ziel ist es, jenen Konsumpfad c = (c 0 , c 1) bzw. jenen Vermögenspfad w = (w 0 , w 1) zu berechnen, welcher den Gesamtnutzen Ut (c) bzw. Ut (w) des Konsumenten maximiert.8
Wie in Gleichung (2.1) ersichtlich wird, hängt der Wert des Vermögens w 1 im Wesentlichen davon ab, welchen Konsumanteil der Investor in der vorausgegangen Periode gewählt hat. Entsprechend wird das Vermögen als Zustands- und der Konsum als Steuerungsvariable bezeichnet. Im 1-Periodenmodell lässt sich das Problem wie folgt formulieren:9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1.2.2 n-Periodenmodell - diskret
Im Gegensatz zum vorherigen Modell, wird die Aussage zwischen Vermögen und Konsum nun verallgemeinert. Implizit gilt, dass das Vermögen zu einem beliebigen Zeitpunkt t +1 vom vorausgegangen Konsum abhängt und folgender Gleichung genügt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da in Kapitel 3 die Abbildung von Wertpapierpreisen über einen geometrischen Brownschen Prozess mit konstanten Parametern erfolgt, wird an dieser Stelle von einer konstanten Rendite rB ausgegangen, so dass Gleichung (2.8) nun lautet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im nächsten Schritt erfolgt die formale Herleitung der zeitseparabeln Nutzenfunktion über n Perioden, wobei ui den Nutzen in Periode ti beschreibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Indem statt eines festen Startwertes (w 0 , t 0) ein beliebiger Startwert (wa, ta) mit ta ∈ n, (a ∈ { 0 , . . . , n } gewählt wird gilt im allgemeinen Fall:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das diskrete n -Periodenmodell besitzt somit folgendes Aussehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Konsum- bzw. Steuerungspfad entspricht nun einem n -dimensionalen-Spaltenvektor c = (c 1 ,...,cn) bzw. w = (w 1 ,...,wn). Dies hat zur Folge, dass Ut a (w a) eine Abbildung eines Funktionsraumes bezeichnet wird.10
(U) in die Menge der reellen Zahlen ist und als Funktional
2.1.2.3 n-Periodenmodell - stetig
Die Verwendung eines stetigen Zeitverlauf s = [ t 0 , tn ] besitzt den Vorteil, dass Zustands- w = (w 1 ,...,wn) und Steuerungspfad c = (c 1 ,...,cn) in differenzierbare Funktionen w (t) und c (t) übergehen. Darüber hinaus kommen folgende Modelländerungen zum Tragen:
a) Der diskrete Diskontfaktor [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] w ird im kontinuierlichen Fall durch e − d · t ersetzt.
b) Die Summe aus Gleichung (2.15) geht in ein Integral über:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Geometrisch wird der Gesamtnutzen durch die Fläche unterhalb des Graphen u [ c (t)] im Zeitintervall von [ ta, tn ] dargestellt. Ziel ist es, über eine optimale Vermögensverteilung die Fläche zu maximieren.
c) Durch den Sachverhalt, dass für ta = tn der Wert des Integrals gleich null ist,
ist die Einbeziehung einer finalen Funktion F [ w (n)], die den Nutzen U [ w (n)] zum Endzeitpunkt ausgibt, notwendig. Es folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
d) Der bisherige Preispfad b geht nun in einen deterministischen Preisprozess b (t) über und wird durch folgende Form spezifiziert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die im Punkt e) benötigte Preis-Wachstumsrate (Rendite) hat daher nachstehende Gestalt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
e) Die Nebenbedingung (Budgetgleichung) aus Gleichung (2.16) muss aufgrund der neuen Definitionsmenge s angepasst werden:11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch beidseitige Subtraktion von w (t 0) und anschließender Division durch Δ t er- gibt sich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Grenzübergang Δ t → 0 liefert dann:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit diesen Änderungen besitzt das zeitkontinuierliche Modell nachstehende Form:
[...]
1 Vgl. Ohlms, 2006, S. 1.
2 Als Position wird ein einzelnes Finanzinstrument innerhalb eines Portfolios bezeichnet. (Vgl. z. B. Schindler, 2012, S. 5.)
3 Vgl. Zimmermann, 2001, S. 184.
4 Vgl. ebda.
5 Vgl. Mas-Colell, 1995, S. 733 ff. und Koopmans, 1960, S. 292.
6 Vgl. Cochran, 2005, S. 5.
7 Aus der Investitionsrechnung ist bekannt, dass Zahlungen zu verschiedenen Zeitpunkten nicht miteinander verglichen werden können. Sie müssen entsprechend auf- oder abgezinst werden. Dieses Prinzip lässt sich äquivalent auf die Nutzentheorie übertragen.
8 Vektoren und Matrizen werden in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich fett gedruckt.
9 Vgl. Cochran, 2005, S. 5.
10 Die Definition des Funktionalbegriffes geht auf den italienischen Mathematiker und Physiker Vito Volterra (1860-1940) zurück.
11 Zur Herleitung vgl. Merton, 1969, S. 247 ff.