Bei Kriminalität handelt es sich um einen Bereich, der eine Spannweite von Ladendiebstahl bis zu Massenmord umfaßt und daher nicht in eine Erklärung gegossen werden kann. Jede Theorie versucht also nur bestimmte Arten von Devianz zu erklären und keine vermag selbst das ohne Widersprüche.
Kriminelles bzw. delinquentes Verhalten ist also jenes abweichende Verhalten, das gegen Gesetze verstößt und mit strafrechtlicher Verfolgung bedroht ist - nicht mehr und nicht weniger. Das verbindet die verschiedenen Arten von Kriminalität und das relativiert sie wiederum, da bestimmte Verhaltensweisen in verschiedenen Gesellschaften, Kulturen und Epochen unterschiedlich bewertet werden ( hier als abweichend dort als normal ). Es ist also eine Frage der Zuschreibung, was als delinquent qualifiziert wird und nicht abhängig von einer höheren Moral, gut und böse usw. .
Ich möchte nun einige Theorien herausgreifen, die helfen, das Entstehen von Kriminalität zu erklären. Diese Theorien sind alle soziologische, obwohl es eine Reihe von biologischen und psychologischen Erklärungsansätzen gibt, sollen sie hier ausgeklammert bleiben. Diese Theorien neigen dazu, kriminelles Verhalten eines Täters als konstante, umweltunabhängige und genetische Merkmale, seiner Persönlichkeit zu deuten und fragen nicht oder zu wenig nach den Umweltbedingungen und gesellschaftlichen Einflüssen, denen der einzelne ausgesetzt ist. Sie sind natürlich unerläßlich, z.B. Verhaltensweisen geistig abnormer Rechtsbrecher zu erklären, jedoch interessieren uns weniger einzelne "pathologische" Persönlichkeiten, vielmehr wollen wir das Entstehen von Delinquenz aufgrund gesellschaftlicher Faktoren wie Sozialisation, Schichtzugehörigkeit oder Geschlecht untersuchen.
Dieser Ansatz scheint nicht zuletzt deshalb gerechtfertigt zu sein, da 97% aller Verbrechen (Delikte mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe) in Österreich Eigentumsdelikte sind (vgl. Schulz, 1993:298), das heißt, daß man mit biologischen und psychologischen Ansätzen nur einen minimalen Teil der Gesamtkriminalität untersuchen kann.
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Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen
- Einige Theorien zur Erklärung von Kriminalität
- Mertons Anomietheorie
- Theorie der differentiellen Kontakte (Sutherland)
- Gelegenheit und Kriminalität (Cloward und Ohlin)
- Der labeling approach
- Die Bedeutung von Kriminalitätsstatistiken und deren Verzerrung durch Selektionsprozesse
- Kleiner Exkurs - Geschlecht und Kriminalität
- Schlußbemerkungen - Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der Kriminalität. Sie will ein grundlegendes Verständnis für das Phänomen der Kriminalität vermitteln, indem sie verschiedene Theorien zur Erklärung des Entstehens von Kriminalität vorstellt.
- Die Rolle sozialer Strukturen bei der Entstehung von Kriminalität
- Die Bedeutung von Chancenungleichheit und Anomie
- Die Verzerrung von Kriminalitätsstatistiken
- Die Frage nach dem Einfluss von Geschlecht auf Kriminalität
- Die unterschiedliche Bewertung von abweichendem Verhalten in verschiedenen Gesellschaften, Kulturen und Epochen
Zusammenfassung der Kapitel
- Vorbemerkungen: Die Arbeit untersucht verschiedene Theorien zur Erklärung von Kriminalität. Der Fokus liegt auf soziologischen Erklärungen und betrachtet Kriminalität als ein abweichendes Verhalten, das gegen Gesetze verstößt und strafrechtlich verfolgt werden kann.
- Einige Theorien zur Erklärung von Kriminalität: Der erste Abschnitt stellt verschiedene soziologische Theorien zur Erklärung von Kriminalität vor.
- Mertons Anomietheorie: Merton erklärt das Auftreten von Eigentumskriminalität anhand von Chancenungleichheit und Anomie. Er argumentiert, dass der Druck zum Abweichen insbesondere auf die unteren Schichten liegt, weil die Überbetonung von kulturellen Erfolgszielen die verfügbaren Mittel zur Zielerreichung in den Hintergrund drängt.
- Die Bedeutung von Kriminalitätsstatistiken und deren Verzerrung durch Selektionsprozesse: Dieses Kapitel befasst sich mit der kritischen Betrachtung von Kriminalitätsstatistiken und ihren möglichen Verzerrungen aufgrund von Selektionsprozessen.
- Kleiner Exkurs - Geschlecht und Kriminalität: Dieser Abschnitt untersucht den Einfluss von Geschlecht auf Kriminalität.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Kriminalität, Devianz, soziale Kontrolle, Soziologie, Anomietheorie, differentielle Kontakte, labeling approach, Kriminalitätsstatistiken, Geschlecht und Kriminalität.
- Quote paper
- Andreas Holzer (Author), 1997, Aspekte der Kriminalität, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/2613