Bearbeitung folgender drei Aufgabenstellungen:
Aufgabe 1) Welche Konzepte sind mit dem Begriff der funktionalen Gesundheit
verbunden? Erläutern Sie diese und geben Sie für jedes Konzept ein kurzes
Beispiel an. *** Aufgabe 2) Nehmen Sie für das folgende Fallbeispiel eine Einschätzung der
aktuellen Situation von Frau Schmidt mit Hilfe des bio-psycho-sozialen Modells
der ICF vor. *** Aufgabe 3) Was ist unter einer „Beeinträchtigung der Teilhabe“ im Sinne der ICF
zu verstehen? Erläutern Sie an einem Beispiel eine Beeinträchtigung der Teilhabe
in einem Lebensbereich. Verwenden Sie dabei beide Aspekte des Teilhabekonzepts
der ICF.
Aufgabe 1: Welche Konzepte sind mit dem Begriff der funktionalen Gesundheit verbunden? Erläutern Sie diese und geben Sie für jedes Konzept ein kurzes Beispiel an.
Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), stellt folgende Konzepte zur Klärung des Begriffes der funktionalen Gesundheit auf:
Das Konzept der Körperfunktionen beinhaltet die physiologischen und psychologischen Funktionen von Körpersystemen, wie zum Beispiel Atemfunktionen, Funktionen der Herz-Kreislaufsystem oder mentale Funktionen. Als Schädigung sind Änderungen der Körperfunktionen, wie wesentliche Abweichungen oder Verlust zu sehen. Auf die genannten Beispiele bezogen, könnte man dazu Asthma, Herzklappeninsuffizienz oder Demenz zählen (vgl. ICF, 2005, S.51-83).
Das Konzept der Körperstrukturen hingegen umfasst Teile des Körpers wie Organe und Gliedmaßen. Dazu zählen unter Anderem die Strukturen des Auges oder Strukturen die mit der Bewegung in Zusammenhang stehen, wie die unteren Extremitäten. Als Schädigung sind auch hier Änderungen oder Verlust zu sehen. Beispiele hierfür sind Grauer Star oder Amputationen nach Arteriosklerose (vgl. ebd., S.84-94).
Das Konzept der Aktivität beschäftigt sich mit der Durchführung einer Aufgabe oder Handlung, durch einen Menschen. Als Beeinträchtigung der Aktivität, werden die Probleme gesehen, die ein Mensch bei der Durchführung dieser Aufgaben/Handlungen haben kann. Bespiele hierfür können die Unfähigkeit zum Lesen, Schreiben und Rechnen, oder Einschränkungen der Mobilität, wie des Gehens, sein. ( vgl. ebd., S.95-122).
Die Partizipation bezeichnet das Einbezogen sein in eine Lebenssituation oder einen Lebensbereich. Dazu können Interessengemeinschaften wie Sportvereine oder Unternehmungen mit Freunden / Familie, sowie Alltagserledigungen gehören, aber auch die Fähigkeit eigene Interessen in einer Gemeinschaft geltend zu machen und akzeptiert zu werden. Als Beeinträchtigung der Partizipation wird verstanden, wenn ein Mensch in bestimmte Lebenssituationen nicht einbezogen wird / werden kann (vgl. ebd.).
Diese Konzepte stehen immer in Zusammenhang mit den Kontextfaktoren. Diese werden in Umweltfaktoren und in personenbezogene Faktoren unterteilt und können entweder einen Förderfaktor oder eine Barriere darstellen (vgl. ebd., S.21).
Die Umweltfaktoren bilden die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der der Mensch lebt. Als Beispiel kann ein 65jähriger Mann, der nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt, bei seinen Kindern im Haus lebt und von ihnen unterstützt wird, gesehen werden. Die Wohnsituation, die Unterstützung der Familie und der Rollstuhl gelten dann als Umweltfaktoren ( vgl. ebd.).
Die personenbezogenen Faktoren beschreiben die Eigenschaften und Attribute einer Person, die nicht Teil ihres Gesundheitsproblems sind, und werden bislang in der ICF nicht weiter klassifiziert. Dazu zählen zum Beispiel das Alter, das Geschlecht, religiöse Einstellungen oder die Lebenserfahrung (vgl. ICF, 2005, S.22).
Eine Person gilt laut der ICF als funktional gesund, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt, die immer vor ihrem gesamten Lebenshintergrund bestehen müssen (Konzept der Kontextfaktoren):
1. Ihre körperlichen Strukturen und Funktionen müssen allgemein anerkannten Normen entsprechen (Konzepte der Körperfunktionen und Körperstrukturen) ;
2. Sie kann alle Anforderungen an einen Menschen ohne Gesundheitsprobleme in Art und Umfang der allgemeinen Erwartungen erfüllen (Konzept der Aktivität) ;
3. Sie kann sich in allen Lebensbereichen in der gleichen Art und in dem gleichen Umfang entfalten, wie Menschen ohne Schädigungen von Körperfunktion / Körperstruktur oder Aktivitätseinschränkungen (Konzept der Partizipation) (vgl. Cibis, 2009, S. 6-8).
Aufgabe 2: Nehmen Sie für das folgende Fallbeispiel eine Einschätzung der aktuellen Situation von Frau Schmidt mit Hilfe des bio-psycho-sozialen Modells der ICF vor.
Fallbeispiel:
Frau Schmidt ist 67 Jahre alt und lebt in einem Dorf in Thüringen. Sie ist ledig und wohnt allein in einem Einfamilienhaus mit Garten. Sie hält sich gern in ihrem Garten auf und erzählt am Zaun mit den Nachbarn.
Vor einigen Jahren hatte Frau Schmidt einen dramatischen Unfall mit einer HWS-Verletzung die eine Paraplegie zur Folge hatte. Da Frau Schmidt ihre Beine nicht bewegen kann, ist sie um mobil zu sein auf einen Rollstuhl angewiesen. Darüber hinaus hatte der Unfall keine weiteren körperlichen Folgen für sie.
Frau Schmidt kann selbstständig vom Bett aufstehen und sich in den Rollstuhl setzen, sich
selbst an- und auskleiden und das Essen zubereiten. Mitarbeiter der Diakonie-Sozialstation unterstützen sie lediglich einmal wöchentlich bei der Reinigung des Hauses und beim Einkauf.
Das größte Problem stellt sich für sie, wenn sie ausgehen möchte. Sie kann nicht ohne Hilfe Auto fahren, doch könnte sie, wenn sie ein angepasstes Fahrzeug zur Verfügung hätte, allein zurechtkommen. Davon ist sie überzeugt. Leider wird ihr jedoch ein solches Fahrzeug nicht zur Verfügung gestellt, da sie es nicht zur Ausübung eines Berufes benötigt. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind für ihre Situation nicht geeignet. So ist sie vollständig auf das Transportsystem der Sozialstation angewiesen. Diese Möglichkeit empfindet sie als unbefriedigend, nicht zuletzt auch deshalb, weil diese für sie recht teuer ist.
Frau Schmidt ging bis zu ihrem Unfall gerne mehrmals in der Woche zur Kirche, wo sie
einige Bekannte traf. Durch ihre eingeschränkte Mobilität gelingt das nun nicht mehr. Als
Rollstuhlfahrerin findet sie nur schwer neue Kontaktpersonen. Sie verlässt selten Haus
und Garten, weil sich dies mit dem Rollstuhl schwierig gestaltet.
Infolge ihres Unfalls konnte Frau Schmidt ihren Beruf als Krankenschwester nicht länger ausüben und wurde erwerbslos. Inzwischen erhält sie Altersrente, die jedoch für den Mehrbedarf, der sich durch ihre Behinderung ergibt, zu knapp bemessen ist. Ein erster Antrag auf Pflegestufe I wurde wegen des fehlenden täglichen Hilfebedarfs abgelehnt. Daher hat sie finanzielle Probleme und ist eigentlich auf zusätzliche Unterstützung angewiesen. Den Weg zum Sozialamt scheute sie bisher.
(Beutner, 2011)
Im Fallbeispiel von Frau Schmidt lassen sich Einschränkungen in folgenden Bereichen feststellen. Dazu wurde die deutschsprachige Fassung der ICF mit dem Stand vom Oktober 2005, auf den Seiten 52 bis 142 genutzt.
Körperfunktionen
B710: Funktionen der Gelenkbeweglichkeit. Frau Schmidt hat Einschränkungen durch die HWS-Verletzung und die Paraplegie, dadurch liegt eine indirekte Einschränkung von Bewegungsumfang und - leichtigkeit der Beingelenke vor.
B730: Funktion der Muskelkraft. Vorhandene Einschränkung durch HWS-Schädigung und damit verbundener Paraplegie, in der Frau Schmidt ihre Beine nicht bewegen kann.
B735: Funktion des Muskeltonus. Aufgrund der Paraplegie kann davon ausgegangen werden, dass der Muskeltonus der Beine von Frau Schmidt stark beeinträchtigt bzw. nicht mehr vorhanden ist. Somit liegt eine Funktionsstörung vor.
B750: Funktion der motorischen Reflexe. Da die Paraplegie der Beine, durch eine Nervenschädigung im HWS-Bereich verursacht wird, ist davon auszugehen, dass die motorischen Reflexe der Beine nicht vorhanden, bzw. strak eingeschränkt sind.
B760: Funktion der Kontrolle von Willkürbewegungen. In den Beinen von Frau Schmidt ist, verursacht durch die Paraplegie, keine Stützfunktion mehr vorhanden.
B770: Funktion der Bewegungsmuster beim Gehen. Durch die Paraplegie der Beine kann Frau Schmidt nicht gehen.
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- Arbeit zitieren
- Bsc. Gesundheits- und Pflegewissenschaft Franziska Pabst (Autor:in), 2012, Funktionale Gesundheit und Beeinträchtigung der Teilhabe, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/233674