In dieser Hausarbeit wurden die verbrecherischen Humanexperimente während der NS-Zeit geschildert. Des Weiteren wurde explizit auf die Person Josef Mengele eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitende Worte
2. Aufgaben der SS-Ärzte in Konzentrations- und Vernichtungslagern
3. Verbrecherische Humanexperimente
4. Das Beispiel Josef Mengele
4.1 Leben vor Auschwitz 7 4.2 Arzt in Auschwitz
4.3 Mengeles verbrecherische Experimente
4.3.1 Zwillingsforschung 12 4.3.2 Versuche an Zwergen und missgebildeten Menschen
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitende Worte
„Er konnte so liebevoll zu den Kindern sein, damit sie ihn gerne hatten, brachte ihnen Süßigkeiten mit, kümmerte sich um Kleinigkeiten ihres Alltags und tat vieles, was wir wirklich bewunderten […]. Und dann, gleich daneben […] der Rauch aus den Krematorien, und diese Kinder wird er morgen oder in einer halben Stunde dort hinschicken. Das war die Anomalie dabei.“[1]
Diese Worte eines Häftlingsarztes charakterisieren die Person Mengele, so wie er war und sich in Auschwitz gegeben hat. Auf der einen Seite ein charmanter, gut aussehender Mann, der eine Schwäche für klassische Musik hatte. Das Gegenstück dazu, die Person, die Experimente in Auschwitz-Birkenau durchführte und Millionen von unschuldigen Menschen in die Gaskammern schickte und damit in den sicheren Tod. Mengele wird oft als „L´homme double“ - der doppelte Mensch bezeichnet. Er hatte zwei Seiten:
„Er könnte ins Wasser springen und einen Zigeuner retten, ihn mit Medikamenten versorgen wollen […] und sobald sie aus dem Wasser sind, schickt er ihn zum LKW und in die Gaskammer.“[2]
Daher auch sein Spitzname unter den Häftlingen: der „Todesengel von Auschwitz“. Doch was machte diesen SS-Arzt so berühmt? Welche Experimente verübte er an den wehrlosen Menschen? Des Weiteren soll in dieser Arbeit die Taten und Aufgaben anderer SS-Ärzte zum Gegenstand gemacht werden. Dies dient dazu, am Ende einen Vergleich zu ziehen. Dabei soll die Frage eine Rolle spielen: Wo ist der Unterschied zwischen den anderen SS-Ärzten und Josef Mengele?
Im ersten Teil dieser Arbeit sollen die Aufgabenfelder der SS-Ärzte in Konzentrations- und Vernichtungslagern vorgestellt werden, dabei spielen später dann vor allem die verbrecherischen Humanexperimente eine Rolle. Im zweiten Abschnitt soll die Person Josef Mengele im Fokus stehen. Zunächst kurze biografische Informationen, ehe dann sein Wirken als Lagerarzt in Auschwitz-Birkenau näher beleuchtet wird.
Zur aktuellen Forschungssituation ist zu erwähnen, dass sich die Literatur zum Thema NS-Medizin kaum noch überblicken lässt. Man kann sagen, dass vor allem die Person Mengele Bestandteil von Publikationen im Rahmen des Themas der Medizin zur Zeit des Nationalsozialismus ist. Auch in verschiedenen Dokumentationen (z.B. „Hitlers Helfer“) tritt er in Erscheinung und wird thematisiert.
Im Rahmen dieser Arbeit spielen größtenteils zwei Werke eine zentrale Rolle, zum einen „Günzburg und der Fall Josef Mengele“ von Sven Keller und „Ärzte im Dritten Reich“ von Robert Jay Lifton.
2. Aufgaben der SS–Ärzte in Konzentrations- und Vernichtungslagern
Es war üblich für bestimmte Lagerabschnitte mehrere leitende Lagerärzte zu haben. Das Aufgabengebiet, das einen Lagerarzt erwartete, hatte mit der von einem Arzt eigentlich zu erwartenden Tätigkeit der medizinischen Grundversorgung wenig zu tun. Formell waren sie für die medizinische Grundversorgung, Lagerhygiene und Fragen bei Seuchen verantwortlich. Tatsächlich waren Lagerärzte aber zentral am Vernichtungsprozess beteiligt, was letztendlich der Hauptzweck von Auschwitz, Sobibor und anderen Vernichtungslagern war. Sie beaufsichtigten Vergasungen, Prügelstrafen und nahmen vor allem Selektionen an der Rampe (Ort für die Ankunft neuer Häftlinge), im Krankenbau und im Lager selbst durch. Ein Lagerarzt beurteilte, ob ein Häftling arbeitsfähig (vorzeitiges Überleben) oder arbeitsunfähig (Tod) war.
Weitere Aufgabenfelder der SS-Ärzte war die Tötung durch Phenol-Injektionen ins Herz. Darüber hinaus stellten sie falsche Totenscheine aus, obwohl die Opfer vorwiegend noch gelebt haben.[3]
Neben diesen Aufgaben gab es noch einen anderen Themenkomplex mit denen sich die SS-Ärzte beschäftigten und zwar in dem Bereich der Forschung. Dabei dienten vor allem Menschen, lebende Individuen, als „Versuchskaninchen“ der Ärzte. Es wurde eine Reihe von verbrecherischen Humanexperimenten in Konzentrations- und Vernichtungslagern durchgeführt.
3. Verbrecherische Humanexperimente
Das wohl grausamste Thema der NS-Medizin soll nun näher beleuchtet werden. Dabei sollen Experimente, die an lebenden Menschen ohne deren Einwilligung, denn davon muss man ausgehen, dargestellt werden.
Nach dem zweiten Weltkrieg erfuhr die Weltöffentlichkeit, dass während des Krieges Versuche an Menschen durchgeführt worden. Jedoch ist erst später bekannt geworden, dass es sich dabei nicht um vereinzelte Versuche handelte, sondern um Experimente in großen Umfang.[4] „In diesen Experimenten sind von den Ärzten fundamentale Gesetze ärztlicher Ethik und Deontologie vergewaltigt und mit Füßen getreten worden.“[5]
In späteren Gerichtsverfahren, wie etwa den Nürnberger Ärzteprozessen bewies man, dass die Versuche unter Missachtung elementarster Regeln der Menschlichkeit durchgeführt worden. Diese wurden durch Grausamkeit gekennzeichnet und den Opfern unter außergewöhnlichen Schmerzen zugefügt.[6] Die Opfer kamen vor allem aus Personengruppen, die durch die NS-Ideologien zur Vernichtung beziehungsweise Ausgrenzung bestimmt waren. Darunter zählten Juden, Zigeuner, Kriegsgefangene, Angehörige östlicher Völker, sowie „Asoziale“ und Homosexuelle.[7]
Es gab vor allem Versuche im Bereich der Fleckfieberforschung. Schon im ersten Weltkrieg war diese Krankheit eine Todesursache vieler Soldaten. Ende 1941 kam es zu einer Reihe von Experimenten, in denen Fleckfieberimpfstoffe ausgetestet wurde. Wesentlich fanden diese Versuche im KZ Buchenwald, aber auch in Auschwitz und in Gefangenen- und Durchgangslagern statt. Dabei wurden die Probanden mit dem Erreger infiziert und es wurden an ihnen unterschiedliche Arten von Impfstoffen ausgetestet. Eine genaue Zahl der Todesopfer ist nicht bekannt, es ist aber davon auszugehen, dass es sich dabei um Hunderte gehandelt haben muss.[8]
Ein weiterer Schwerpunkt im Bereich der Erforschung von Krankheitsbekämpfung, waren die Malaria-Versuche. Im KZ Dachau waren für diese Experimente der Malariaforscher Claus Schilling verantwortlich. Hierbei wurde ähnlich vorgegangen, wie bei den Fleckfieberversuchen. Die Opferzahlen belaufen sich alleine in Dachau auf 300-400 Tote. Auch in Buchenwald und in der Pflegeheilanstalt Pfaffenrode fanden Malariaversuche statt.[9] Eine weitere grausame Versuchsreihe wurde im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück vorgenommen. Hierbei wurden Antiinfektionspräparate getestet. Dabei wurden polnischen Widerstandskämpferinnen, Verletzungen am Bein durch Gasbranderreger zugefügt. Diese wurden dann mit Sulfonamid-Präparaten der Bayer-Werke behandelt. Durchführende Ärztin war die dortige Lagerärztin Dr. Herta Oberheuser.[10]
[...]
[1] Aussage eines Häftlingsarztes in: Lifton, Robert Jay, Ärzte im Dritten Reich, Stuttgart 1993, S. 399.
[2] Ebd., S. 438.
[3] Vgl.: Keller, Sven, Günzburg und der Fall Josef Mengele. Die Heimatstadt und die Jagd nach dem NS-Verbrecher, München 2003, S. 30.
[4] Vgl.: Baumann, Stefanie M., Menschenversuche und Wiedergutmachung. Der lange Streit um Entschädigung und Anerkennung der Opfer nationalsozialistischer Humanexperimente, München 2009, S. 21.
[5] Bogusz, Jozef, Versuche am Menschen in: Friedrich, Hennes; Matzow, Wolfgang (Hrsg.), Dienstbare Medizin. Ärzte betrachten ihr Fach im Nationalsozialismus. Göttingen 1992, S. 89.
[6] Vgl.: Ebd..
[7] Vgl.: Baumann, Menschenversuche, S. 21.
[8] Vgl.: Eckert, Wolgang U., in: Jütte, Robert (Hrsg), Medizin und Nationalsozialismus. Bilanz und Perspektiven der Forschung, Göttingen 2011, S. 132.
[9] Vgl.: Ebd., S. 134f.
[10] Vgl.: Ebd., S. 133; vgl. dazu auch Klier, Freya, Die Kaninchen von Ravensbrück. Medizinische Versuche an Frauen in der NS-Zeit, München 1994, S. 167-173.