Diese Arbeit versucht einen Überblick über die StudentInnen-Bewegungen in Österreich zu geben. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Bewegung der 1960er Jahre und auf der von Wien ausgehende „Unibrennt“-Bewegung des Jahres 2009. Natürlich gab es auch zwischen der Bewegung der 1960er und der Unibrennt-Bewegung, Wiederstandsaktivitäten an den österreichischen Universitäten. Diese Proteste beschränkten sich jedoch auf einzelne Universitäten und Institute und entsprechen nicht der in dieser Arbeit angeführten Defintion von „sozialen Bewegungen“. Da es sich um eine soziologische und keine geschichtliche Arbeit handelt, wird auf eine detaillierte Ausführung einzelner Ereignisse verzichtet und Themen wie „Ziele und Vorstellungen der Mitglieder, Gründe und Hintergründe für Bewegung, Struktur der Bewegung“ stärker in den Fokus genommen. Ein Exkurs über die Beziehung von Marcuse und Adorno zur Studentenbewegung der 1960er, soll den Zusammenhang zwischen den soziologischen Hintergrund-Theorien und den Bewegungen darstellen.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Fragen, was soziale Bewegungen überhaupt sind und warum sich die Soziologie damit beschäftigt.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1. Was sind soziale Bewegungen?
2. StudentInnen-Bewegung der 1960er
2.1. Organisationen, aus denen sich die Bewegung zusammensetzt
2.2. Konkrete Ziele und Vorstellungen der AktivistInnen
2.3. Nachwirken der Bewegung
3. Theoretiker und Studierendenbewegung
3.1. Theodor W. Adorno und die StudentInnen-Bewegung
3.2. Marcuse und die StudentInnen-Bewegung
3.3. Zusammenschau und Vergleich
4. Unibrennt
5. Konklusion
6. Glossar
7. Literaturverzeichnis
Abstract
Diese Arbeit versucht einen Überblick über die StudentInnen-Bewegungen in Österreich zu geben. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Bewegung der 1960er Jahre und auf der von Wien ausgehende „Unibrennt“-Bewegung des Jahres 2009. Natürlich gab es auch zwischen der Bewegung der 1960er und der Unibrennt-Bewegung, Wiederstandsaktivitäten an den österreichischen Universitäten. Diese Proteste beschränkten sich jedoch auf einzelne Universitäten und Institute und entsprechen nicht der in dieser Arbeit angeführten Defintion von „sozialen Bewegungen“. Da es sich um eine soziologische und keine geschichtliche Arbeit handelt, wird auf eine detaillierte Ausführung einzelner Ereignisse verzichtet und Themen wie „Ziele und Vorstellungen der Mitglieder, Gründe und Hintergründe für Bewegung, Struktur der Bewegung“ stärker in den Fokus genommen. Ein Exkurs über die Beziehung von Marcuse und Adorno zur Studentenbewegung der 1960er, soll den Zusammenhang zwischen den soziologischen Hintergrund-Theorien und den Bewegungen darstellen.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Fragen, was soziale Bewegungen überhaupt sind und warum sich die Soziologie damit beschäftigt.
1. Was sind soziale Bewegungen?
Soziale Bewegungen sind kollektive Aktionen, mit welchen die handelnden Akteure einen bestimmten Sinn verbinden und Zweck verfolgen (vgl. Rucht & Niederhardt, 2007: S.633). Soziale Bewegungen sind somit Gegenstandsbereich der Soziologie, da diese sich mit „sozialem Verhalten“ beschäftigt. Soziales Verhalten, ist laut Weber (vgl- 1980: S.1) immer mit einem subjektiven Sinn des Handelnden verbunden und auf das Verhalten anderer bezogen. Kollektive Aktionen im Rahmen von sozialen Bewegungen können Demonstrationen, Blockaden, Sit-ins, Streiks, etc., sein. Diese Aktionen fallen dann unter den Begriff soziale Bewegungen, wenn sie zur Erreichung von bestimmten Zielen dienen also als Mittel zum Zweck eingesetzt werden. Eine Hörsallbesetzung im Rahmen einer Studentenbewegung, wäre ein Beispiel für ein Mittel zum Zweck. Das Ziel welches dahinter steht kann z.B. die Abschaffung der Studiengebühren sein.
Soziale Bewegungen bestehen aus miteinander vernetzten Personen, Gruppen, Organisationen, welche das gemeinsame Ziel einer sozialen oder politischen Veränderung verfolgen (vgl. Rucht u.a., 2007: S. 634). Mit ihren kollektiven Aktionen drücken sie Protest aus und dieser soll zur Erreichung der Ziele führen.
Soziale Bewegungen sind von Vereinen und Organisationen zu unterscheiden, da es keine eindeutige Mitgliedschaft gibt (vgl. Rucht u.a, 2007: S. 635). Zur Veranschaulichung stelle man sich eine Hörsaalbesetzung vor, bei dieser ist meist nicht klar erkennbar, wer Teilnehmer oder nur Zaungast ist. Des weiteren ist nicht festgelegt, durch was man Teil der Bewegung wird. In unseren Beispeil, kann man sich die Frage stellen, ob die bloße Anwesenheit ausreicht, um Teil der Besetzung zu sein.
Ein weiteres Merkmal von sozialen Bewegungen ist die mangelnde Hierachisierbarkeit, diese entsteht durch die Abhängigkeit der sozialen Bewegung vom Engagement ihrer Anhänger. Diese Engagement der Mitglieder kann alleine durch Zustimmung und Betroffenheit erlangt werden und nicht durch Geld oder andere Machtinstrumente.
Die in dieser Arbeit behandelten Bewegungen entsprechen dieser Defintion von sozialen Bewegungen. Da die theortischen ProtagonistInnen dieser Bewegungen Studierende sind, wird der Begriff „StudentInnen-Bewegungen“ verwendet. Es haben sich an den Aktionen der Bewegungen aber auch andere Mitglieder anderer Gruppen wie SchülerInnen und ArbeiterInnen beteiligt.
2. StudentInnen-Bewegung der 1960er
Der Beginn der Bewegung in Österreich ist nicht eindeutig festlegbar. Die Festlegung darauf, wann man von einer sozialen Bewegung spricht, hängt von der verwendeten Definition ab. Richtet wir uns nach der im vorherigen Kapitel beschriebenen Definition, so kann in Österreich ab 1967 von einer sozialen Bewegung gesprochen werden. Es gab auch davor schon Demonstrationen und Ereignisse, welche einen Einfluß auf die Bewegung hatten und in Verbindung mit dieser zu sehen sind:
- 1963 fanden Demonstrationen und Protestaktionen der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) statt, welche vor allem gegen die Raumnot an den österreichischen Universitäten gerichtet waren (vgl. Foltion 2004: S. 65).
- Auch die Prostestkundgebung und Ereiginsse rund um den „Fall Borodajkewycz“ im Jahr 1965 stehen in enger Verbindung mit der Studentenbewegung[1]. Dieser spefizische Zusammenhang zwischen Nachkriegszeit und Studentenbewegung, ist charakteristisch für die österreichische Situation und Bewegung (vgl. Ebner &Vocelka, 1998: S.24f).
Ab 1967 ändert sich die Haltung und Vorgehensweise der AktivistInnen. Es wurden vermehrt direkte Aktionen, wie z.B. Sit-ins, Go-ins, Love-ins, etc. gestartet. Es konnte an diesen Aktionen, jeder/jede teilnehmen der mochte und Leute wurden so, selbst aktiv. Die Mitgliedschaft eines Studentenverbands war somit keine Voraussetzung mehr zur Teilnahme (vgl. Foltin, 2004: S. 65). Da diese direkten Aktionen den Merkmalen einer sozialen Bewegung mehr entsprechen als von der ÖH organisierte Demonstrationen, kann man erst ab 1976 von einer sozialen Bewegung sprechen.
Das Jahr 1968 stellt ein Zusammentreffen verschiedener internationaler, poltitischer und kultureller Protestbewegungen dar. Als Beispiele sind die Anti-Vietmankrieg-Bewegung in den USA und StudentInnenbewegung in Frankreich und Deutschland, zu nennen. Es handelt sich bei den Bewegungen der 1968er also um keine einheitliche Bewegung, sondern um um eine Vielzahl einzelner Bewegungen. Gemeinsam ist diesen Bewegungen, dass sie die bisherige gesellschaftliche Ordnung in Frage stellen und eine Umwälzung der Gesellschaft fordern.
2.1. Organisationen, aus denen sich die Bewegung zusammensetzt
Die Studierenden, welche an der Bewegung teilnahmen kamen größtenteils aus „linken“ Studentenverbänden. Zu diesem gehörte der SPÖ nahe Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ), die Freie Österreichische Jugend (FÖJ), die Vereinigung Demokratischen Studenten und die „Kommune Wien“. Die „Kommune Wien“ repräsentierte die Ideale der Bewegung am deutlichsten und sie entwickelte sich in Wien zum radikalsten Teil der Studentenbewegung . Die „Kommune Wien“ entstand aus regelmäßigen Treffen einiger FÖJ-Mitglieder im Cafè Hawelka. Die FÖJ ging dann größtenteils in die „Kommune Wien“ über (vgl. Foltin, 2004: 66ff).
Auch SchülerInnen schlossen sich der Bewegung an, es handelte sich dabei vor allem um Mitglieder des „Verband Sozialistischer Mittelschüler“ (VSM). Die politische Linie des VSM war stark links gerichtet und dies brachte ihnen immer wieder in Konflikt mit der SPÖ (vgl. Foltin, 2004: 67).
[...]
[1] Borodajkewycz war Universtitätsprofessor für Handelsgeschichte an der Hochschule für Welthandel (der heutigen Wirtschaftsuniversität) in Wien. Seine Vorlesungen erlangen durch seine wiederkehrenden antisemtischen Äußerungen öffentliche Aufmerksamkeit. Der „Fall Borodajkewycz“ macht auf zwei Probleme dieser Zeit (gemeint ist die Zeit nach 1945-1970) aufmerksam. Diese Probleme waren sowohl für das österreichische Hochschulsystem als auch die gesamte österreichische Gesellschaft charakteristisch. Zum einen, ist die fehlende Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs, zu nennen. Zum anderen, der nach wie vor hohe Anteil von NationalsozialistInnen in führenden Positionen. Als Reaktion auf die antisemtischen Äußerungen des Universitätsprofessor kam es zu einer Protest-Aktion des VSStÖ bei einer Pressekonferenz, sowie zu Protestkundgebungen und Demonstrationen. Im März 1965 kam es bei Demostrationen gegen Borodajkewycz zwischen DemonstrantInnen und Angehörigen rechter Studentenverbindungen zu gewaltsamen Auseinandersetzung (vgl. Ebner &Vocelka, 1998: S.24f).