In der Nacht zum 24. August 1939 wurde der auf zehn Jahre abgeschlossene Hitler-Stalin-Pakt vom Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Wjatscheslaw Molotov, und dem deutschen Außenminister, Joachim von Ribbentrop, unterzeichnet, der offiziell als sowjetisch-deutscher Nichtangriffspakt bezeichnet wurde. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt wurde fast ausschließlich unter außenpolitischen Gesichtspunkten betrachtet und analysiert, bei dem die offiziellen Erklärungen und die möglichen Beweggründe Hitlers und Stalins im Mittelpunkt standen. Das Ziel dieser Arbeit liegt auf einer anderen Ebene: Die nachfolgende Schilderung beschränkt sich auf die unmittelbare Reaktion Italiens auf den Hitler-Stalin-Pakt, vor allem bezieht sich die Analyse auf die ersten zehn Tage zwischen dem Pakt vom 23. August und Hitlers Angriff auf Polen am 01. September 1939.
[…]
Aus dieser Fokussierung ergibt sich eine Reihe von Fragen, denen die Arbeit nachgehen wird: Konnte Ciano mit Recht behaupten, dass er über die deutsch-sowjetischen Verhandlungen keine offiziellen Mitteilungen bekam? Wenn ja, wie war dann die Überraschung über den Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes möglich gewesen? Wie fand die faschistische Führung, nachdem sich in Salzburg der entschlossene Kriegswille Hitlers offenbart hatte, den Ausweg aus der Sackgasse, in die sie angesichts des „Stahlpaktes“ zum militärischen Beistand verpflichtet waren? Hatte der Plan eines „zweiten Münchens“ zur Verhinderung des Kriegsausbruchs eine realistische Chance oder trug er doch nur illusionären Charakter? Bei der Untersuchung all dieser Fragen wird es sich zeigen, ob die faschistische Führung vor und nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes eine klare Linie verfolgte, die eigenen und die fremden Kräfte richtig einschätzte. Um in diesen Fragen klarer zu sehen, soll im Folgenden wenigstens in groben Zügen die Quellen- und Forschungslage behandelt werden.
I.DER „HITLER-STALIN-PAKT“ VOM 23. AUGUST 1939 UND DIE ITALIENISCHE REAKTION: EINE EINFÜHRUNG
[...]
II.SYSTEMATISCHE VORBETRACHTUNGEN ZU DEN EREIGNISSEN VOR DEM ABSCHLUSS DES HITLER-STALIN-PAKTES
[...]
III.DER ABSCHLUSS DES DEUTSCH-SOWJETISCHEN NICHTANGRIFFSPAKTES UND GEHEIMABKOMMENS VOM 23. AUGUST 1939
IV.DIE REAKTION UND WAHRNEHMUNG DURCH ITALIEN
[...]
V. DIE BEDEUTUNG DES HITLER-STALIN-PAKTES FÜR ITALIEN: EINE SCHLUSSBETRACHTUNG
Inhaltsverzeichnis
Deckblatt
I. Der „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 und die italienische Reaktion: eine Einführung
1.1 Thema und Fragestellung
1.2 Quellen- und Forschungslage
1.3 Inhalt und Gliederung der Arbeit
II. Systematische Vorbetrachtungen zu den Ereignissen vor dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes
2.1 Der Abschluss des „Stahlpaktes“ vom 22. Mai 1939 und seine Bedeutung
2.2 Italien und die deutsch-sowjetische Verständigung: der Kampf um Konsultation
2.2.1 Das ausgehohlte ‚Achsenbündnis’: Vom Stahlpakt bis Salzburg
(22. Mai -14. August)
2.2.2 Von Salzburg bis zum Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes (15.-21. August)
III. Der Abschluss des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes und Geheimabkommens vom 23. August 1939 18
IV. Die Reaktion und Wahrnehmung durch Italien
4.1. Erste italienische Reaktion auf den Hitler-Stalin-Pakt
4.2 Ernüchterung in Rom: Italiens Erklärung zur „Nichtkriegführung“ und Mussolinis letzte Bemühung für ein „zweites“ München
V. Die Bedeutung des Hitler-Stalin-Paktes für Italien: Eine Schlussbetrachtung
Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Der „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 und die italienische Reaktion: eine Einführung
1.1 Thema und Fragestellung
In der Nacht zum 24. August 1939 wurde der auf zehn Jahre abgeschlossene Hitler-Stalin-Pakt vom Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Wjatscheslaw Molotov, und dem deutschen Außenminister, Joachim von Ribbentrop, unterzeichnet, der offiziell als sowjetisch-deutscher Nichtangriffspakt[1] bezeichnet wurde[2]. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt wurde fast ausschließlich unter außenpolitischen Gesichtspunkten betrachtet und analysiert, bei dem die offiziellen Erklärungen und die möglichen Beweggründe Hitlers und Stalins im Mittelpunkt standen. Das Ziel dieser Arbeit liegt auf einer anderen Ebene: Die nachfolgende Schilderung beschränkt sich auf die unmittelbare Reaktion Italiens auf den Hitler-Stalin-Pakt, vor allem bezieht sich die Analyse auf die ersten zehn Tage zwischen dem Pakt vom 23. August und Hitlers Angriff auf Polen am 01. September 1939[3].
Neben dem Moskauer Pakt ist die im Mai 1939 geschlossene uneingeschränkte Offensivallianz zwischen nationalsozialistischen Deutschland und faschistischem Italien, der so genannte „Stahlpakt“(patto d’accaio)[4], das wichtigste diplomatische Instrument zur Vorbereitung des Krieges gegen Polen gewesen[5]. Umso überraschender mag es sein, das Italien bei Beginn des Zweiten Weltkrieges trotz der eindeutigen Bestimmungen des deutsch-italienischen Bündnispaktes als „nichtkriegführende“ Macht seinem Vertragspartner nicht beiseite stand. Dies kann, neben der Unterschiedlichkeit des politischen Denkens von Italien und Deutschland über den Zweck des deutsch-italienischen Militärbündnisses[6], als Ergebnis der diplomatischen Verhandlungen gewertet werden, welche seit dem Salzburger Besuch des italienischen Außenministers Galeazzo Ciano (11.–13.August)[7] und insbesondere in der letzten Augustwoche zwischen Rom und Berlin geführt worden waren[8].
Über die Annäherung zwischen Deutschland und der Sowjetunion sollte sich mehr als einmal die Meinung Mussolinis ändern. Noch am 4. Mai 1939 hieß es in einer ausgearbeiteten Note des Duce für Ciano in Vorbereitung der Gespräche mit Ribbentrop (am 6. und 7. Mai in Mailand), dass eine Politik mit Russland „in deutlichem Widerspruch zu den derzeitigen Standpunkten steht, in den Ländern der Achse unverständlich wäre und deren Zusammenhalt schwächen würde“[9]. Doch am 25.8.1939, also zwei Tage nach Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes übermittelte Mussolini in einer Botschaft nach Berlin sein „völliges Einverständnis“ mit dem Hitler-Stalin-Pakt[10]. Merkwürdigerweise war die Ankündigung vom bevorstehenden Abschluss eines deutsch-sowjetisch Abkommens für die Italiener eine völlige Überraschung. In seinem Tagebuch gestand Ciano, das „die Deutschen ein Meisterstück fertiggebracht“ hätten. Die europäische Lage sei „gänzlich umgestürzt“. Doch trat nach dem Optimismus in Rom am Vormittag des 23. August schnell wieder Unbehagen ein. Beim italienischen Außenminister war „die Betäubung wegen des russisch-deutschen Vertrags einer vernünftigen Einschätzung des Ereignisses“ gewichen[11]. Der faschistischen Regierung kam es jetzt nur noch darauf an sich auf geschickte Weise der Bündnisverpflichtung gegenüber Deutschland zu entziehen, damit Italien passiv beiseite stehen kann. Letztlich trug die italienische „Nichtkriegführung“ zur Abkühlung des Verhältnisses innerhalb der „Achse“ bei[12].
Aus dieser Fokussierung ergibt sich eine Reihe von Fragen, denen die Arbeit nachgehen wird: Konnte Ciano mit Recht behaupten, dass er über die deutsch-sowjetischen Verhandlungen keine offiziellen Mitteilungen bekam? Wenn ja, wie war dann die Überraschung über den Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes möglich gewesen? Wie fand die faschistische Führung, nachdem sich in Salzburg der entschlossene Kriegswille Hitlers offenbart hatte, den Ausweg aus der Sackgasse, in die sie angesichts des „Stahlpaktes“ zum militärischen Beistand verpflichtet waren? Hatte der Plan eines „zweiten Münchens“ zur Verhinderung des Kriegsausbruchs eine realistische Chance oder trug er doch nur illusionären Charakter? Bei der Untersuchung all dieser Fragen wird es sich zeigen, ob die faschistische Führung vor und nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes eine klare Linie verfolgte, die eigenen und die fremden Kräfte richtig einschätzte. Um in diesen Fragen klarer zu sehen, soll im Folgenden wenigstens in groben Zügen die Quellen- und Forschungslage behandelt werden[13].
1.2 Quellen- und Forschungslage
Von der Forschung gut aufgearbeitet ist die Chronik der Ereignisse und Entscheidungsverläufe im deutsch-italienischen Verhältnis von Hitlers Machtergreifung (1933) bis Mussolinis Verhaftung (1943)[14]. Die Untersuchung der italienischen Diplomatie unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges[15] vor allem in Anschluss an den Hitler-Stalin-Pakt[16] ist die Grundlage für die vorliegende Studie. Dass dabei die Entwicklungslinie der Beziehungen zwischen dem faschistischen Italien und Sowjetrussland und die unmittelbare Reaktion Italiens auf den Hitler-Stalin-Pakt in der Geschichtsschreibung in diesem Punkt noch nachhinkt, zeigt der Mangel an historischen Arbeiten. Daher soll auf die Werke von Mario Toscano, Walter Schanz, Ferdinand Siebert, Giorgio Petracchi, und Jerzy Bosejsza[17] als Grundlage für das Thema hingewiesen werden. Es bleibt noch auf einige autobiographischer Aufzeichnungen und Memoiren hinzuweisen, wie die Tagebücher und Handakten des italienischen Außenministers Ciano[18] und die Memoiren italienscher und deutscher Diplomaten[19], die nach wie vor den Grundstock an Information bilden. Der Fragestellung entsprechend wurden hauptsächlich die diplomatischen, italienischen und deutschen Bestände eingesehen. Die Grundlage der vorliegenden Arbeit bilden
1. die Aktenbestände der damaligen Wilhelmstraße, publiziert in den »Akten zur deutschen auswärtigen Politik« 1918-1945 (= ADAP), und zwar für den zu behandelten Zeitraum die Serie D 1937 – 1941; in 13 Bänden, davon hauptsächlich Bd. VI, März bis August 1939, (1956) und Bd. VII, 9. August bis 3. September 1939, (1956).
2. auf der italienischen Seite die Aktenpublikationen der »Documenti diplomatici Italiani« (= DDI), davon in der 8. Serie 1935- 1939, die Bände 12 und 13 für Mai bis 3. September 1939, in der 9. Serie 1939- 1943, die Bände 1 bis 4 für 4. September bis 10. Juni 1940, 1954-1960.
Die vorliegende Arbeit ist eine diplomatiegeschichtliche Untersuchung, bei dem der Prozess der Willensbildung innerhalb der politischen Führung, und damit der Außenpolitik, nicht nur von einem deutschen, sondern ebenso von einem italienischen Standpunkt her erfolgt.
1.3 Inhalt und Gliederung der Arbeit
In der vorliegenden Untersuchung über die Wahrnehmung und Reaktion Italiens auf den Hitler-Stalin Pakt wird es Gegenstand und Ziel der vorliegenden Arbeit sein, die Interdependenz der vielfältigen Ergebnisse im Jahre 1939 aus der Wichtigkeit der zugrundeliegenden diplomatischen Beziehungen eine angemessene Darstellung zu geben. Darum ist die vorliegende Untersuchung in die oben skizzierten drei Hauptkapitel gegliedert:
Erstens soll eine systematische Reflexion zu den Ereignissen vor dem Abschluss des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes (II.), das die Grundlagen des Themengebietes entfaltet, vorangestellt werden, bei dem die „Zeit der Partnerschaft“ und die Grundlagen des „italienischen Diplomatiegeschehenes“ am Ende der dreißiger Jahre, vor allem der Abschluss des Stahlpaktes am 22. Mai 1939 (2.1), im Mittelpunkt stehen. Dabei geht es freilich nicht nur um eine Rekonstruktion der historischen Ereignisse, sondern um die Analyse jener Zustände, die für die später eingenommene Haltung Italiens als Rückwirkungen des Hitler-Stalin-Paktes konstitutiv waren. Dabei werden im zweiten Abschnitt einige Beobachtungen zur Position Italiens innerhalb der deutsch-sowjetischen Verständigung im Zeitraum nach Abschluss des Stahlpaktes anstehen (2.2). Die Darstellung erfolgt nicht aus unberechtigten Gründen, denn in weitgehender Weise hat die Entwicklung der vorangehenden Ereignisse, einschließlich des Hitler-Stalin-Paktes, sich auf die Haltung und die außenpolitischen Strategie Italiens gegenüber dem Deutschen Reich in der unmittelbaren Vorkriegsphase ausgewirkt.
Zweitens wird der Abschluss des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes und Geheimabkommen vom 23. August 1939 (III.) kurz beleuchtet, bei dem ein Blick auf das geschichtliche Erscheinungsbild mit einer quellenbezogenen Darstellung geworfen wird.
Drittens kommt dem Kapitel über die „Reaktion und Wahrnehmung durch Italien“ (IV.) eine bedeutende Rolle zu. Den eigentlichen Schwerpunkt der Arbeit bildet die zunächst erfolgte unmittelbaren Reaktion Italiens im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des „Hitler-Stalin-Paktes“ (4.1) und die Gründe für die dann nach kurzer Zeit eingetretene Ernüchterung in Rom (4.2). Dabei behandelt wird die weit reichende Folge der Nichtkriegsführung Italiens und die Frage nach den tatsächlichen Realisierungsmöglichkeiten eines Versuchs einer politischen Lösung zur Vermeidung eines europäischen Kriegsausbruches.
Schließlich wird in einem Schlusswort aufgrund der vorangegangenen Ergebnisse nochmals Bilanz zum Gesamtergebnis gezogen, bei der vor allem die Bedeutung der italienischen Reaktion auf den Hitler-Stalin-Paktes herausgestellt werden soll.
II. Systematische Vorbetrachtungen zu den Ereignissen vor dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes
2.1 Der Abschluss des „Stahlpaktes“ vom 22. Mai 1939
Während des Zweiten Weltkrieges war Italien der „einzige, wirkliche Bündnispartner des Deutschen Reiches“[20]. Zumindest in diesem Punkt war es Hitler gelungen, die außen- und bündnispolitische Konstellation, die er in seinen Schriften der Zwanziger Jahre für ein expandierendes Deutschland als wünschenswert bezeichnet hatte, zu realisieren[21]. Das Zustandekommen des „Achsen“-Bündnisses im Herbst 1936 als lockere Handlungsgemeinschaft[22] und der Abschluss des „Stahlpakts“ im Mai 1939 waren Konsequenzen einer Annäherung der beiden faschistischen Staaten, die vor allem ab 1938 immer stärker wurde[23].
Die diplomatische Initiative zu einem deutsch-italienischem Ministertreffen zum Abschluss eines Militärpaktes kam erst Anfang Mai 1939 zustande. Am 6. und 7. Mai trafen sich der deutsche und italienische Außenminister in Mailand[24], nachdem Ciano auf einen „ernsten Bericht von Attolico“, der am 20. April eintraf, reagierte, bei dem „ein Vorgehen Deutschlands gegen Polen als unmittelbar bevorstehend“ bezeichnet wird, denn das – so Ciano in seinem Tagebuch – „wäre Krieg“[25]. Aufgrund dieser Nachricht wünsche die italienische Regierung eine zutreffende Information, um Klarheit zu bekommen; erst dann käme der Abschluss des Militärbündnisses in Betracht[26].
In den Gesprächen in Mailand[27] stimmte man in dem Verlangen nach einer mehrjährigen Friedensperiode überein. Ribbentrop sprach von vier bis fünf Jahren, die man für die deutsche Aufrüstung noch benötigte, wobei er allerdings bemerkte, das Deutschland schon früher zum Kriege gezwungen werden könnte. „So beruhte die Entscheidung des 6. Mai auf einer sehr oberflächlichen „Übereinstimmung der Auffassung“ beider Partner, hinter der sich, wie sich bald zeigen sollte, schwerwiegende Unklarheiten, Mißverständnisse und Zweideutigkeiten verbargen. Italien stieg also infolge der unehrlichen Taktik Ribbentrops unter völlig falschen Voraussetzungen in das Bündnis ein“[28].
Am 22. Mai 1939 schließlich wurde der ‚deutsch-italienische Freundschafts- und Bündnispakt’ – von Mussolini als Patto d’acciaio (Stahlpakt) bezeichnet – in Berlin vom italienischen Außenminister Galeazzo Ciano und dem deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop feierlich unterzeichnet[29]. Schon in der Präambel zeigt der Text einen von sonstigen Bündnisverträgen abweichenden Charakter, wenn er für beide Staaten auf die „innere Verwandtschaft ihrer Weltanschauung“ und „die umfassende Solidarität ihrer Interessen“ verwies, nachdem – so der Vertragstext – die „gemeinsame, für alle Zeiten festgelegte Grenze“ zwischen den beiden Ländern geschaffen worden ist, so dass beide „Seite an Seite und mit vereinten Kräften für die Sicherung ihres Lebensraums und für die Aufrechterhaltung des Friedens“ eintreten würden.
Der eigentümliche Charakter des Vertrages wird aber in Artikel 3 besonders deutlich, der lautete:
„Wenn es entgegen den Wünschen und Hoffnungen der Vertragsschließenden Teile dazu kommen sollte, daß einer von ihnen in kriegerische Verwicklungen mit einer anderen Macht oder anderen Mächten gerät, wird ihm der andere Vertragsschließende Teil sofort als Bundesgenosse zur Seite treten und ihn mit allen seinen militärischen Kräften zu Lande, zur See und in der Luft unterstützen“[30].
Diese automatische militärische Beistandsverpflichtung wurde durch die Konsultationsklauseln der Artikel I und II[31] kaum abgemildert[32]. Die auf VII Artikel konzipierte Militärallianz enthält, neben der Konsultationsklausel von Art. I und II und der Beistandverpflichtung in Art. III[33], noch ein „Geheimes Zusatzprotokoll“, wobei sich die Frage erhebt, warum diese Bestimmungen als geheim eingestuft wurden, da sie eine ausgesprochen untergeordnete Bedeutung besitzen[34]. Zweifellos enthielten die Bestimmungen keine großen Staatsgeheimnisse, denn festgelegt wurden nur Modalitäten für die militärische, kriegswirtschaftliche und propagandistische Zusammenarbeit[35].
Ein eigentliches Missverständnis innerhalb der Bündnispflicht, nämlich die Nichtaufnahme einer mehrjährigen Friedensperiode als Vertragsbestimmung, lag in Artikel VII begründet[36]. Die Annahme Italiens, dass der Vertrag zwar unverzüglich unterzeichnet, aber erst in einigen Jahren angewendet werden sollte, war die Folge eines Täuschungsmanövers. Hitler, Göring und Ribbentrop hatten in den vorangegangenen Wochen nacheinander erklärt, dass man in Deutschland in den kommenden ein bis zwei Jahren nicht an Krieg dachte, und für Mussolini und Ciano waren diese mündlichen Zusicherungen die Grundlage für den Abschluss des Offensivbündnisses gewesen. Ciano und Mussolini hatten diesen Versicherungen Glauben geschenkt, so dass sie auf die Fixierung eines zeitlichen Vorbehalts im Vertragstext verzichtet hatten[37].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Bündnis in der Tat praktisch „den Übergang vom Liebesverhältnis in die Vernunftehe“[38] bedeutete, bei dem der Stahlpakt, und damit auch das Achsen-Bündnis, ein Gebilde mit imposanter Fassade, aber brüchigem innerem Gefüge blieb. Auf langer Sicht konnte der Freundschafts- und Bündnispakt nicht die Erwartungen der Beteiligten erfüllen: So war Mussolini der „Mythos“ des Stahlpaktes weit wichtiger als die von ihm ausgehenden rechtverbindlichen Wirklichkeitsbindungen[39] und Hitler sollte trotz seines Täuschungsmanövers letztlich mit leeren Händen dastehen; denn als es ihm darauf ankam, brachte ihm der Stahlpakt nicht den erhofften Nutzen[40].
[...]
[1] Text in ADAP, Serie D, Bd. VII, Nr.228, das Geheime Zusatzprotokoll ist abgedruckt in ebd., Nr.229.
[2] Vgl. Bernd Wegner, Einführung, in: Zwei Wege nach Moskau: vom Hitler-Stalin-Pakt bis zum “Unternehmen Barbarossa”, hrsg. v. Bernd Wegner, München 1991, XI-XIX, hier XI und Reinhold W. Weber, Die Entstehungsgeschichte des Hitler-Stalin-Paktes 1939, (Europäische Hochschulschriften: Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; 141), Frankfurt a. M. [u.a.] 1980, 11.
[3] Vgl. Wolfgang Leonhard, Der Schock des Hitler-Stalin-Paktes, München 1989, 10.
[4] Grundlegend hier v.a. Ferdinand Siebert, Der deutsch-italienische Stahlpakt, in: VfZ 7 (1959), 372-395 und Jens Petersen, Deutschland und Italien 1939 bis 1945, in: Der Zweite Weltkrieg. hrsg. v. Wolfgang Michalka, München – Zürich 21990, 108-119.
[5] Jens Petersen, Hitler - Mussolini: Die Entstehung der Achse Berlin-Rom 1933 - 1936, (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts Rom; 43), Tübingen 1973, XIII.
[6] Für Hitler sollte das Bündnis ein Instrument des baldigen Krieges, für Mussolini des einstweiligen Friedens sein. Vgl. Siebert, Stahlpakt, 394. Ausführliche Behandlung v.a. in Kapitel 2.1 „Der Abschluss des „Stahlpaktes“ vom 22. Mai 1939 und seine Bedeutung“, S.6-9.
[7] Wegen der immer drohenderen Anzeichen eines bevorstehenden deutschen Schlages gegen Polen kam Ciano am 11. August nach Salzburg, um sich persönlich über die deutschen Absichten zu informieren und Hitler unter Hinweis auf die mangelnde Rüstung Italiens von einem Vorgehen gegen Polen zurückzuhalten. Doch wurde der Abgesandte Mussolinis vor die vollendete Tatsache des Entschlusses gestellt, Ende August loszuschlagen. So endeten die zweitägigen Besprechungen mit einer tiefen Verstimmung Cianos. Vgl. die Protokolle in ADAP, Serie D, Bd. VII, Nr. 43, 47; DDI, Ser.8, Bd. XIII, Nr. 3, 21; vgl. auch Ciano, Tagebücher II, Eintragungen vom 11.-13. August 1939 und Massimo Magistrati , L'Italia a Berlino 1937-1939, Mailand 1956, 394-403.
[8] Vgl. Siebert, Stahlpakt, 372.
[9] Vgl. Mario Toscano, Le origini diplomatiche del patto d’Acciaio, Firenze 1948, 150.
[10] Vgl. ADAP, Bd. VII, Nr. 271, S.238f. Der italienische Regierungschef an den Führer und Reichskanzler vom 25.8: „Was das Abkommen mit Rußland anbetrifft, so billige ich es vollkommen“ (S.239); Vgl. dazu DDI, VIII, Bd. XIII, Nr.250, S.164f.: „Per quanto riguarda l’accordo con la Russia, io lo approvo completamente“ (S.164).
[11] Ciano, Tagebücher II, Eintragung vom 22. August 1939, 128f. Trotz der Zurückhaltung der offiziellen deutschen Informationspolitik wussten italiensche Diplomaten speziell im Blick auf Polen mehr, als die scheinbare Überraschung Mussolinis und Cianos, sowie ihres Botschafters in Berlin, über den deutsch-sowjetischen Vertrag vermuten ließ. Vgl. Jan Lipinsky, Das Geheime Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 Frankfurt a. M. [u.a.] 2004, 245f.
[12] Vgl. Philipp W. Fabry, Der Hitler-Stalin-Pakt 1939-1941, Darmstadt 1962, 115 und Hans Meier-Welcker, Zur deutsch-italienischen Militärpolitik und Beurteilung der italienischen Wehrmacht vor dem Zweiten Weltkrieg, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen I (1970), 59-93, hier 63.
[13] Vgl. Ferdinand Siebert, Italiens Weg in den Zweiten Weltkrieg, Frankfurt a. M. - Bonn 1962, 7.
[14] Am eindruckvollsten vor allem Jens Petersen, Hitler-Mussolini. Die Entstehung der Achse Berlin-Rom 1933-1936, Tübingen 1973 (ital. Ausgabe „Hitler e Mussolini, La difficle alleanza, Roma, Bari 1975). Siehe ferner ders., Italien in der außenpolitischen Konzeption Hitlers, in: Kurt Jürgensen – Reimer Hansen (Hrsg.), Historisch-politische Streiflichter. Geschichtliche Beiträge zur Gegenwart, Neumünster 1971, 206-220 – Renzo De Felice (Hrsg.), L’Italia fra Tedeschi e Alleati. La politica estera fascista e la seconda guerra mondiale, Bologna 1973; ders., Beobachtungen zu Mussolinis Außenpolitik, in: Saeculum 24 (1973), 314-327; ders., Mussolini. L’Alleato 1940-1943, 2 Bde., Torino 1990. – Vgl. zudem Elisabeth Wiskemann, The Rome-Berlin Axis, a history of the relations between Hitler and Mussolini, London, 1949; Frederick William Deakin, Die brutale Freundschaft. Hitler, Mussolini und der Untergang des italienischen Faschismus, Köln/Berlin 1964. Manfred Funke, Die deutsch-italienischen Beziehungen, in: Hitler, Deutschland und die Mächte. Materialien zur Außenpolitik des Dritten Reiches, hrsg. v. Manfred Funke, (Bonner Schriften zur Politik und Zeitgeschichte; 12), Düsseldorf 1977 (ND der 1. Auflage 1976), 823-846 und Walter Rauscher, Hitler und Mussolini: Macht, Krieg und Terror, Graz [u.a.], 2001.
[15] Für die Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges siehe „Der Zweite Weltkrieg. Analysen – Grundzüge – Forschungsbilanz, hrsg. von Wolfgang Michalka“ – eine Veröffentlichung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, die starke Beachtung erfahren hat und das auf 10 Bände konzipierte Reihenwerk „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ vom Militärgeschichtliche Forschungsamt.
[16] Für die Entstehungsgeschichte des Hitler-Stalin-Paktes anhand der deutsch-sowjetischen Beziehungen verdient die Darstellung von Philipp W. Fabry, Der Hitler-Stalin-Pakt 1939-1941. Ein Beitrag zur Methode sowjetischer Außenpolitik, Darmstadt 1962; Reinhold W. Weber, Entstehungsgeschichte des Hitler-Stalin-Paktes 1939, Frankfurt a. M, 1980; Ingeborg Fleischhauer, Der Pakt. Hitler, Stalin und die Initiative der deutschen Diplomatie, Berlin 1990 und Jan Lipinsky, Das Geheime Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 und seine Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von 1939 bis 1999, Frankfurt a. M. [u.a.] 2004 genannt zu werden. Siehe in diesem Zusammenhang vor allem Lew Besymenski, Stalin und Hitler. Das Pokerspiel der Diktatoren, Berlin 2002.
[17] Mario Toscano, L’Italia e gli accordi tedesco-sovietici dell’ agosto 1939, Firenze 21953; Walter Schanz, Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt in seiner Entstehung und seiner Bedeutung für die Westmächte und Italien, Marburg 1956; Ferdinand Siebert, Italiens Weg in den Zweiten Weltkrieg, Frankfurt – Bonn 1962; Giorgio Petracchi, Pinocchio, die Katze und der Fuchs: Italien zwischen Deutschland und der Sowjetunion (1939-1941), in: Zwei Wege nach Moskau, hrsg. v. Bernd Wegner, München 1991, 519-546; Jerzy W. Borejsza, Italiens Haltung zum Deutsch-Polnischen Krieg, in: Sommer 1939. Die Großmächte und der Europäische Krieg, hrsg. v. Benz/Graml, Stuttgart 1979, 148-194.
[18] Ciano, Galeazzo, Tagebücher 1937/1938, Hamburg 1949; ders., Tagebücher 1939-1943, Bern 21947. Die Handakten: L’Europa verso la catastrofe, 184 colloqui di Mussolini, Franco, Chamberlain ecc, accordi segreti, corrispondenza diplomatica, 2 Bde., Milano 21964.
[19] Unter den Memoiren ragt heraus: Massimo Magistrati, L'Italia a Berlino 1937-1939, Mailand 1956. Es handelt sich um Erinnerungen des Schwagers Cianos, Botschaftsrats an der italienischen Botschaft in Berlin von 1934 bis 1939, welche die Akten wertvoll ergänzen. Filippo Anfuso, Rom—Berlin in diplomatischem Spiegel. Übers. von Egon Heymann, München 1951. Anfuso war Kabinettchef Cianos, 1943/45 Botschafter der neofaschistischen Republik von Saló in Berlin. Zudem sind für die deutsche Seite das Memorandum des Staatssekretärs als Quellenmaterial zur Außenpolitik des Dritten Reiches zu beachten: Ernst von Weizsäcker, Erinnerungen, München 1950. Daneben zu erwähnen sind die die Aufzeichnungen des in der deutschen Botschaft in Moskau tätigen Hans von Herwarth, Zwischen Hitler und Stalin. Erlebte Zeitgeschichte 1931-1945, Frankfurt a. M. [u.a.] 1985.
[20] Wolfgang Schieder, Das faschistische Italien, in: Norbert Frei/Hermann Kling (Hrsg.), Der nationalsozialistische Krieg, Frankfurt – New York 1990, 48-61, hier 48.
[21] Die Genesis dieses Bündnisgedankens lässt sich bis zum Jahre 1920 zurückverfolgen. In einer Rede am 1. August 1920 sagte Hitler: „Die Grundforderung ist: Weg mit dem Friedensvertrag! Wir müssen hierzu alle Hebel in Bewegung setzten, hauptsächlich die Gegensätze zwischen Frankreich und Italien auszunutzen, damit wir Italien für uns bekommen“ (Zitiert bei Pese, Hitler und Italien 1920-1926, in: VfZ 3 (1955), 113-126, hier Nr.685, S.113). Ein zweites Moment äußerte Hitler im Jahre 1928: „Der Aufstieg des Faschismus hat aus der Wahrscheinlichkeit eines deutsch-italienischen Zusammengehens eine Gewissheit gemacht“. Die weltanschauliche Gemeinsamkeit begünstigen eine derartige Verbindung, in der er von einer „aufrichtigen, gegenseitigen, auf Interessengemeinschaft begründeten Freundschaft“ spricht (Hitlers zweites Buch, 216). Siehe dazu auch ebd., S. 97 und 217. Vgl. Petersen, Entstehung der Achse, 60f und ders., Italien, 206-220.
[22] Die Geburt der „Achse" verkündete Mussolini, nachdem die Besuche Cianos in Deutschland (21. bis 23. Oktober 1936) zur Unterzeichnung eines Geheimprotokolls über die allgemeine Zusammenarbeit der beiden Staaten führte, in seiner berühmten Rede auf dem Mailänder Domplatz am 01. November 1936. Dabei sah Hitler die Zukunft Deutschlands in Ausdehnung nach Osten, während Italiens Lebensraum das Mittelmeer sein sollte. Die „Achse" Rom-Berlin, eine Folge der Abessinienkrise von 1935/36, war noch kein Bündnis, sondern war nur eine weitgehende außenpolitische Koordinierung der beiden autoritären Regime. Die äußeren Etappen dieser weiteren Entwicklung sind der Besuch Mussolinis in Deutschland (Sept. 1937), der Beitritt Italiens zum deutsch-japanischen Antikominternpakt (6. November 1937) und der Rückzug Italiens aus dem Völkerbund (11. Dezember 1937). Vgl. Petersen, Entstehung der Achse, 60-63 und Siebert, Stahlpakt, 373-375.
[23] Der Abschluss eines bilateralen Kulturabkommens und der Erlass von antijüdischen Gesetzen in Italien im Jahre 1938 waren weitere Etappen auf diesem Weg. Anders Renzo de Felice, der in seiner Mussolini-Biographie den faschistischen Imperialismus in der Kontinuität der traditionellen italienischen Machtpolitik sieht: Renzo de Felice, Mussolini il duce, Ill. Lo Stato totalitario 1936-1940, Torino 1981. Zum Kulturabkommen vgl. Jens Petersen, Vorspiel zu “Stahlpakt” und Kriegsallianz: Das deutsch-italienische Kulturabkommen vom 23. November 1938, in: VfZ 36 (1988), 41-77; siehe auch Reiner Pommerin, Rassenpolitische Differenzen im Verhältnis der Achse Berlin-Rom 1938-1943, in: VfZ 27 (1979), 646-660; Vgl. Lutz Klinkhammer, Zwischen Bündnis und Besatzung, Tübingen 1993, 1 und Petersen, Entstehung der Achse, XIII.
[24] Am Abend des 6. Mai ermächtigte Mussolini Ciano dem deutschen Partner die Bereitschaft Italiens zum Abschluss des Zweierbündnisses mitzuteilen. Dass Mussolini in diesem Raum weitgehend autonom entscheiden konnte, hat vor allem die in Italien stark präsente Diplomatiegeschichtsschreibung immer wieder betont. „Für die Außenpolitik des Faschismus … muß man unterstreichen, daß hier die Grundtatsache der Wille Mussolinis war, auf den sich im Ursprung alle wichtigen Entscheidungen zurückzuführen lassen, die die italienische Regierung in diesem Zeitraum (den dreißiger Jahren) getroffen hat“ (M. Toscano, Gli studi di storia delle relazioni internazionali in Italia, in: La storiografia italiana negli ultimi vent’anni, hrsg. v. Luigi De Rosa, Bd. 2: Età moderna, Roma 1989, 849f., zitiert aus Broszat, Einführung, 41).
[25] Ciano, Tagebücher II, Eintragung vom 20.4.1939, 77.
[26] Vgl. Siebert, Italiens Weg in den Zweiten Weltkrieg, 166.
[27] Über die Mailänder Gespräche siehe die deutschen und italienischen Verhandlungsprotokolle, die mit geringen Akzentunterschieden sich im Großen und Ganzen entsprechen. Vgl. ADAP, Serie D, Bd. VI, Nr.341 und Toscano, Origini, S. 296-299.
[28] Siebert, Italiens Weg in den Zweiten Weltkrieg, 177. Vgl. zu den geführten Verhandlungen um den Stahlpakt, Ebd., Kap. IV. ‚Die Falle des Stahlpakts’, S. 163-187,
[29] Vgl. ADAP, Serie D, Bd. VI, Nr. 426, S.466-469, abgedruckt auch in: Quellen zur deutschen Außenpolitik 1933-1939, hrsg. v. Friedrich Kießling , Darmstadt 2000, Nr. 106, S. 271-274. Dass es in Italien darauf ankam, für einige Jahre den Frieden sicherzustellen, war bei der Vertragsvorbereitung bis zum letzten Gespräch Cianos mit Ribbentrop in Berlin eindeutig zum Ausdruck gekommen, nicht aber die Absicht Hitlers, das Bündnis als Werkzeug für ein Vorgehen gegen Polen zu benutzen.
[30] ADAP, Serie D, Bd. VI, Nr. 426, S. 467.
[31] In Artikel I versprechen sich die Vertragsschließenden Teile, ständig in Fühlung miteinander zu bleiben, „um sich über alle ihre gemeinsamen Interessen oder die europäische Gesamtlage berührenden Fragen zu verständigen“. Artikel II enthält eine Konsultationsklausel wonach die vertragsschließenden Teil unverzüglich in Beratungen eintreten sollten, falls ihre gemeinsamen Interessen durch internationale Ereignisse irgendwelcher Art gefährdet werden sollten. Im Falle einer Bedrohung von außen versprechen sich die Vertragschließenden Teile volle politische und diplomatische Unterstützung zu. Vgl. ADAP, Serie D, Bd. VI, Nr. 426, S.467.
[32] Vgl. Siebert, Stahlpakt, 372.
[33] In Artikel IV wird bestimmt, dass zur schnellen Durchführung der in Artikel II übernommenen Bündnispflichten die Zusammenarbeit auf militärischem und kriegswirtschaftlichem Gebiet vertieft werden sollen. In Artikel V verpflichten sich die Vertragspartner schon jetzt, „im Falle des gemeinsam geführten Krieges Waffenstillstand und Frieden nur in vollem Einvernehmen miteinander abzuschließen“. In Artikel VI wird die Bedeutung der gemeinsamen Beziehungen zu befreundeten Mächten hervorgehoben. In Artikel VII schließlich wird bestimmt, dass der Pakt sofort mit der Unterzeichnung in Kraft tritt und vorläufig für eine erste Periode von zehn Jahren gelten soll. Vgl. ADAP, Serie D, Bd. VI, Nr. 426.
[34] In einem Zusatzprotokoll, das im Gegensatz zum Pakt selbst nicht veröffentlicht, sondern geheim gehalten wurde, wird in Punkt 1 festgelegt, dass die beiden Außenminister sich mit höchster Beschleunigung über die Organisation, den Sitz und die Arbeitsmethoden der in Artikel IV vorgesehenen Kommissionen verständigen sollen. In Punkt 2 und 3 werden die beiden Außenminister angewiesen, „mit möglichster Beschleunigung die notwendigen Maßnahmen [zu] treffen, um auf dem Gebiete der Presse, des Nachrichtenwesens und der Propaganda eine dem Geiste und den Zielen des Paktes entsprechende ständige Zusammenarbeit sicherzustellen“. Zu diesem Zweck sollen besonders erfahrene Sachverständige den Botschaften der beiden Länder zugeteilt werden. Vgl. ADAP, Serie D, Bd. VI, Nr. 426, S.469.
[35] Vgl. Siebert, Italiens Weg in den Zweiten Weltkrieg, S.183f., Anm. 57.
[36] Hätte Mussolini bei Hitler auf einen solchen Artikel gedrungen, so wäre, wie Weizsäcker in seinen Erinnerungen vermutet, der Pakt wohl nicht zustande gekommen. Vgl. Weizsäcker, Erinnerungen, 229.
[37] Einige Tage nach dem Vertragsabschluss sollte sich Mussolini entschließen, seinen Standpunkt in einem Brief an Hitler in Erinnerung zu bringen (ADAP, D, Bd. VI, Nr. 459: Brief Mussolinis an Hitler sowie Geleitbrief Cianos an Ribbentrop, 31.5.1939). Mussolini begründete darin, warum die Achsen-Mächte „eine Friedenszeit von nicht weniger als drei Jahren“ benötigten und erst von 1943 an mit „größten Aussichten auf Erfolg“ Krieg führen könnten.
[38] Weizsäcker, Erinnerungen, 228.
[39] Vgl. Petersen, Deutschland und Italien, 108. Über den Stahlpakt hinaus versuchte sich der Duce gleichzeitig an folgenden außenpolitischen Zielen: Unabhängigkeit von deutscher Bevormundung, französische Gebietsabtretungen an Italien (Vgl. z.B. ADAP, Serie D, Bd. IV, Nr. 421), Ausbau der Balkan-Position, Verhinderung einer konkurrenzlosen Hegemonie des Reiches oder dessen Verbindung mit England. Zudem wollte Mussolini mit diesem Bündnis den Rücken frei haben für eine Expansion im Mittelmeerraum, zugleich aber auch die deutsche Expansion im Donauraum unterlaufen. Vgl. Hoffend, Beziehungen zwischen “Drittem Reich” und faschistischem Italien, 29.
[40] Vgl. Kley, Entfesselung des Zweiten Weltkriegs, 258.