Der Traum eines jeden Unternehmers drückt sich in folgendem Motto aus: „Mit geringstmöglicher Anstrengung größtmögliche Erfolge zielen.“ Dahinter verbirgt sich das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Doch gilt dies auch für Denkprozesse? Müssen die Klügsten am wenigsten Nachdenken? Dies wäre fast zu schön, um wahr zu sein. Doch tatsächlich weisen aktuelle Befunde der neurowissenschaftlichen Intelligenzforschung in diese Richtung. Die Hypothese der neuralen Effizienz besagt, grob vereinfacht, dass die Gehirne intelligenterer Menschen effizienter arbeiten. Im Rahmen dieser Arbeit wird diese Hypothese im Mittelpunkt stehen. Zunächst wird geklärt, in welchem Forschungsgebiet diese Annahme entstanden ist und welche grundlegenden Zusammenhänge und Begriffe damit verbunden sind. Fortführend wird erläutert, wie es zur Entdeckung dieses Phänomens kam und welche Methoden zur empirischen Überprüfung dafür herangezogen werden können. Ein Bezug zum aktuellen Stand der Forschung wird ebenfalls hergestellt. Zur Veranschaulichung wird eine Studie zum Thema neurale Effizienz und Expertise näher dargestellt und anschließend kritisch diskutiert. Um dem Leser keine wichtigen Erkenntnisse aus weiterführenden Experimenten vorzuenthalten, werden dazu auch die Ergebnisse einer Folgestudie zur gleichen Thematik gegenübergestellt. Abschließend wird aufgezeigt, welche praktischen Erkenntnisse aus diesen empirischen Befunden gewonnen werden können.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Hypothese der neuralen Effizienz
3 Darstellung einer Studie zur neuralen Effizienz
4 Diskussion der Studie von Grabner et al. (2003) und kritische Würdigung
5 Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Traum eines jeden Unternehmers drückt sich in folgendem Motto aus: „Mit geringstmöglicher Anstrengung größtmögliche Erfolge zielen.“ Dahinter verbirgt sich das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Doch gilt dies auch für Denkprozesse? Müssen die Klügsten am wenigsten Nachdenken? Dies wäre fast zu schön, um wahr zu sein. Doch tatsächlich weisen aktuelle Befunde der neurowissenschaftlichen Intelligenzforschung in diese Richtung. Die Hypothese der neuralen Effizienz besagt, grob vereinfacht, dass die Gehirne intelligenterer Menschen effizienter arbeiten. Im Rahmen dieser Arbeit wird diese Hypothese im Mittelpunkt stehen. Zunächst wird geklärt, in welchem Forschungsgebiet diese Annahme entstanden ist und welche grundlegenden Zusammenhänge und Begriffe damit verbunden sind. Fortführend wird erläutert, wie es zur Entdeckung dieses Phänomens kam und welche Methoden zur empirischen Überprüfung dafür herangezogen werden können. Ein Bezug zum aktuellen Stand der Forschung wird ebenfalls hergestellt. Zur Veranschaulichung wird eine Studie zum Thema neurale Effizienz und Expertise näher dargestellt und anschließend kritisch diskutiert. Um dem Leser keine wichtigen Erkenntnisse aus weiterführenden Experimenten vorzuenthalten, werden dazu auch die Ergebnisse einer Folgestudie zur gleichen Thematik gegenübergestellt. Abschließend wird aufgezeigt, welche praktischen Erkenntnisse aus diesen empirischen Befunden gewonnen werden können.
2. Die Hypothese der neuralen Effizienz
Kaum ein anderes Konstrukt innerhalb der Psychologie wurde wohl häufiger versucht zu definieren, als das der Intelligenz. Eine zeitgemäße Definition findet sich bei einer Arbeitsgruppe der American Psychological Association: „Individuals differ from one another in their ability to understand complex ideas, to adapt effectively to the environment, to learn from experience, to engage in various forms of reasoning, to overcome obstacles by taking thought“ (Neisser et al., 1996, S. 77). Die Intelligenzforschung setzt sich damit auseinander, wie sich Menschen in ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit unterscheiden. Anhand neurowissenschaftlicher Methoden kann untersucht werden, welche Zusammenhänge zwischen der individuellen Intelligenzausprägung und Gehirnaktivierung beim Bearbeiten von kognitiven Aufgaben bestehen (Borkenau et al., 2005).
Die beim Denken ablaufenden Aktivierungsprozesse im Gehirn können anhand bildgebender Verfahren, wie z.B. der Positronen-Emissionstomografie (PET) oder dem Elektroenzephalogramm (EEG) erforscht werden. Anhand der PET kann der Glukose-Metabolismus, also der Energieverbrauch, im Gehirn beobachtet werden. Dem Probanden wird hierzu eine radioaktive Substanz verabreicht, welche dort zerfällt, wo die aktuellen Stoffwechselprozesse stattfinden (Neubauer, Schrausser, & Freudenthaler, 2000). Es konnte nachgewiesen werden, dass bei gesunden Personen der in Ruhe gemessene Metabolismus des Gehirns unabhängig von deren Intelligenz ist (Berent et al., 1988). Beim Lösen kognitiver Aufgaben zeigte sich hingegen, dass zwischen der Glukose-Metabolismus-Rate (GMR) und der erzielten Leistung in einem psychometrischen Intelligenztest eine negative Korrelation besteht. Diese Beobachtung geht auf eine PET-Studie von Haier et al. (1988) zurück. Probanden mit einer höheren Intelligenz wiesen einen geringeren Energieverbrauch im Gehirn auf, als Probanden mit einer niedrigeren Intelligenz. Haier und Kollegen schlussfolgerten, dass bei letzteren Personen die Aktivierungsprozesse im Gehirn ineffizient vonstatten gehen, weil diese vermutlich unnötige Areale zusätzlich aktivieren. Diese Beobachtung führte zur Hypothese der neuralen Effizienz. Sie besagt, dass bei der Lösung kognitiver Aufgaben Personen mit einer höheren Intelligenz ihr Gehirn effizienter nutzen, indem sie vorrangig jene kortikalen Areale aktivieren, die auch aufgabenrelevant sind. Dies führt zu einem niedrigeren Energieverbrauch im Gehirn. Dieser Zusammenhang kann auch anhand von EEG-Studien untersucht werden (Fink, 2011). Beim EEG werden über Elektroden elektrische Potentialschwankungen von der Kopfoberfläche abgeleitet. Die dabei gemessenen Hirnwellen folgen bestimmten Mustern, welche wiederum Rückschlüsse auf bestimmte Bewusstseinszustände zulassen (Kirschbaum, 2008). Von Vorteil ist die hohe zeitliche Auflösung, mit der die Aktivität des Gehirns topografisch abgebildet wird (Hennen, Grünwald, Revermann, & Sauter, 2008). Zur Ermittlung der Gehirnaktivität kann mit dem EEG die Ereignisbezogene Desynchronisation (event-related Desynchronisation, ERD; Pfurtscheller & Aranibar, 1977) der Hirnwellen ermittelt werden. In diesem Fall wird die Aktivität im Bereich der sogenannten Alpha-Wellen, dies ist der Frequenzbereich von 8 bis 12 hz, herangezogen. Gemessen wird einmal im Ruheintervall vor der Stimuluspräsentation und während der Lösung einer kognitiven Aufgabe, dem Aktivierungsintervall. Die ERD gibt an, um wie viel Prozent die Alphaaktivität zwischen diesen Intervallen abnimmt. Ein höherer Wert oder eine räumlich breitere Verteilung der abgeleiteten ERD kann als eine höhere bzw. weiter ausgebreitete kortikale Aktivierung während der kognitiven Leistungsanforderung interpretiert werden (Neubauer et al., 2000; Pfurtscheller, 1992).
Neubauer und Fink (2009) haben in einem Review die vorhandenen Studien zur neuralen Effizienz gesichtet. Die meisten Arbeiten stehen im Einklang mit dieser Hypothese, da sich ein negativer Zusammenhang zwischen der Intelligenz und der kortikalen Aktivierung bei Denkaufgaben zeigt. Einige neuere Studien stehen jedoch im Widerspruch zur neuronalen Effizienz bzw. verweisen auf Moderatorvariablen. Als moderierende Einflüsse werden Geschlecht, Aufgabeninhalt und –schwierigkeit sowie beteiligte Gehirnareale genannt. Einige Befunde dazu werden im Folgenden aufgegriffen. Neubauer, Fink und Schrausser (2002) entdeckten, dass Personen neurale Effizienz bei Aufgaben zeigen, welche ihren geschlechtstypischen Domänen entsprechen. Das Phänomen tritt bei Männern vor allen bei figural-räumlichen Aufgaben auf. Bei Frauen war dies nur bei verbalen Aufgaben nachweisbar. Ähnliche Befunde finden sich bei Jaušovec und Jaušovec (2008) sowie Neubauer, Grabner, Fink und Neuper (2005).
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