Mit der Reformierung der Handelsgesetzgebung im Zuge des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (2009) haben latente Steuern in der deutschen Rechnungslegungspraxis nachhaltig an Bedeutung gewonnen. Da latente Steuern auf unterschiedlichen Bilanzierungsvorschriften für Vermögensgegenstände und Schulden im Handels- und Steuerrecht basieren, hängt ihre Geltung primär davon ab, inwieweit die beiden genannten Gesetzgebungen voneinander abweichen. Dementsprechend führt eine strikte Trennung zwischen Handelsbilanz- und Steuerbilanzrecht, wie sie in der internationalen Rechnungslegung praktiziert wird, regelmäßig zu Differenzen zwischen den Bilanzposten beider Gesetzgebungen. Diese Unterschiedsbeträge bilden die Basis für die Bildung latenter Steuern, die letztendlich dazu dienen, eine Anpassung zwischen Steuer- und Handelsbilanz zu vollziehen. Der gestiegene Stellenwert latenter Steuern in der deutschen Rechnungslegung beruht auf einer stärkeren Orientierung an der international gängigen Trennung zwischen Handels- und Steuerrecht mit der Abschaffung der (umgekehrten) Maßgeblichkeit.
Während den latenten Steuern auf Einzelabschlussebene somit erst durch die BilMoG-Reformen eine gestiegene Bedeutung zukommt, wurde ihnen in der Konzernrechnungslegung schon zuvor ein hoher Stellenwert zugeschrieben. Grund dafür sind die bei der Erstellung des Konzernabschlusses erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen. Dabei werden u.a. Vermögensgegenstände neu bewertet und Schuldbeziehungen zwischen Konzernunternehmen eliminiert, sodass unterschiedliche Wertansätze zwischen den Abschlussposten der Konzern- und Steuerbilanz in der Regel nicht ausbleiben und eine Korrektur durch die Bildung latenter Steuern erforderlich ist...
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Konzepte zur Bildung latenter Steuern
2.1.1 Timing Konzept
2.1.2 Temporary-Konzept
3 Latente Steuern im Einzelabschluss
3.1 Ansatz latenter Steuern
3.2 Bewertung latenter Steuern
3.3 Ausweis latenter Steuern
4 Latente Steuern im Konzernabschluss
4.1 Konzeptionelle Grundlagen und gesetzliche Regelungen
4.2 Kategorisierung latenter Steuern auf Konzernabschlussebene
4.3 Latente Steuern infolge von Konsolidierungsmaßnahmen
4.3.1 Latente Steuern aus der Kapitalkonsolidierung
4.3.2 Latente Steuern aus der Schuldenkonsolidierung
4.3.3 Latente Steuern aus der Zwischenergebniseliminierung
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ableitung der Ertragssteuern aus dem HB-Ergebnis
Abbildung 2: Unterscheidung aktive und passive latente Steuern
Abbildung 3: Ausweisvarianten latenter Steuern im Konzernabschluss
Abbildung 4: Systematisierung und Entstehungsursachen latenter Steuern im Konzernabschluss
Abbildung 5: Buchungssätze bei der Bildung latenter Steuern infolge der Schuldenkonsolidierung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispiel zur Ermittlung latenter Steuern nach dem Temporary-Konzept
Tabelle 2: Beispiel zur Ermittlung latenter Steuern nach dem Timing-Konzept
Tabelle 3: Ausgangsbeispiel zur Bildung latenter Steuern aus der Kapitalkonsolidierung
Tabelle 4: Ermittlung des GoF unter Berücksichtigung latenter Steuern
Tabelle 5: Latente Steuern infolge der Schuldenkonsolidierung
Tabelle 6: Latente Steuern infolge der Zwischenergebniseliminierung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Mit der Reform ierung der Handelsgesetzgebung im Zuge des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (2009) haben latente Steuern in der deutschen Rechnungslegungspraxis nachhaltig an Bedeutung gewonnen. Da latente Steuern auf unterschiedlichen Bilanzierungsvorschriften für Vermögensgegenstände und Schulden im Handels- und Steuerrecht basieren, hängt ihre Geltung primär davon ab, inwieweit die beiden genannten Gesetzgebungen voneinander abweichen. Dementsprechend führt eine strikte Trennung zwischen Handelsbilanz- und Steuerbilanzrecht, wie sie in der internationalen Rechnungslegung praktiziert wird, regelmäßig zu Differenzen zwischen den Bilanzposten beider Gesetzgebungen. Diese Unterschiedsbeträge bilden die Basis für die Bildung latenter Steuern, die letztendlich dazu dienen, eine Anpassung zwischen Steuer- und Handelsbilanz zu vollziehen. Der gestiegene Stellenwert latenter Steuern in der deutschen Rechnungslegung beruht auf einer stärkeren Orientierung an der international gängigen Trennung zwischen Handels- und Steuerrecht mit der Abschaffung der (umgekehrten) Maßgeblichkeit.
Während den latenten Steuern auf Einzelabschlussebene somit erst durch die BilMoG-Reformen eine gestiegene Bedeutung zukommt, wurde ihnen in der Konzernrechnungslegung schon zuvor ein hoher Stellenwert zugeschrieben. Grund dafür sind die bei der Erstellung des Konzernabschlusses erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen. Dabei werden u.a. Vermögensgegenstände neu bewertet und Schuldbeziehungen zwischen Konzernunternehmen eliminiert, sodass unterschiedliche Wertansätze zwischen den Abschlussposten der Konzern- und Steuerbilanz in der Regel nicht ausbleiben und eine Korrektur durch die Bildung latenter Steuern erforderlich ist.
Vorstehende Ausführungen verdeutlichen die wachsende Bedeutung von Steuerabgrenzungsposten im Einzelabschluss bzw. den schon immer hohen Stellenwert auf Konzernebene. Daher soll in der nachfolgenden Arbeit die Bilanzierung latenter Steuern dargestellt werden. In Abschnitt 2 wird zunächst die Grundidee der Steuerabgrenzung vermittelt. In diesem Kontext werden Bilanzierungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerrecht aufgeführt sowie die Ableitung der Ertragssteuern aus dem HB-Ergebnis erläutert. Anschließend werden mit dem Temporary- und Timing-Konzept die den latenten Steuern zu Grunde liegenden Konzeptionen dargestellt. Infolgedessen soll in Abschnitt 3 erst auf die Behandlung latenter Steuern im Einzelabschluss eingegangen werden, bevor die Thematik abschließend in Bezug auf Einzelfragen der Konzernrechnungslegung (Abschnitt 4) erläutert wird.
2 Theoretische Grundlagen
Grundlage der Rechnungslegung deutscher Unternehmen ist die Aufstellung eines Jahresabschlusses nach den Vorschriften des HGBs. Dem Handelsbilanzabschluss kommen dabei unterschiedliche Funktionen zu, die sich an verschiedene Adressatenkreise richten. Demnach beinhaltet der Jahresabschluss eine Zahlungsbemessungsfunktion bei der Gewinnausschüttung und dient darüber hinaus der Information und Dokumentation.[1] Eine direkte Steuerbemessungsfunktion wird dem handelsbilanziellen Abschluss allerdings nicht zugewiesen.[2] Hieraus resultiert für Unternehmen die Verpflichtung, neben dem handelsrechtlichen Einzelabschluss auch eine Steuerbilanz aufzustellen. Diese dient zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und damit verbunden zur Berechnung des Ertragssteueraufwands.
Die zunehmenden Divergenzen zwischen Handels- und Steuerrecht ermöglichen Unternehmen dabei nicht mehr die früher gängige Praxis der Aufstellung einer Einheitsbilanz.[3] Demnach muss die Steuerbilanz entweder auf Basis einer eigenständigen steuerlichen Buchhaltung oder im Rahmen einer Mehr-Weniger-Rechnung erstellt werden. Bei letzterer Möglichkeit handelt es sich nach § 60 EStDV um eine Anpassung der Handelsbilanz an steuerliche Vorschriften. Im Vordergrund dieser Korrekturmaßnahmen stehen bilanzsteuerliche Modifikationen, die insbesondere in den §§ 5 und 6 EStG geregelt sind. So dürfen bspw. Drohverlustrückstellungen im Steuerrecht nach § 5 Abs. 4a S. 1 EStG nicht gebildet werden, während das HGB nach §249 eine Ansatzpflicht für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften vorsieht. Dementsprechend wird der verbuchte Aufwand bei der Erstellung der Steuerbilanz wieder korrigiert und ein höheres Ergebnis ausgewiesen. Zur Ermittlung der Ertragssteuern sind in einer außerbilanziellen Nebenrechnung zusätzlich auch körperschafts- und gewerbesteuerliche Modifikationen vorzunehmen.
Nachfolgende Übersicht fasst die Vorgehensweise bei der Ableitung der Ertragssteuern aus dem HB-Ergebnis zusammen:[4]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ableitung der Ertragssteuern aus dem HB-Ergebnis
Wie die Abbildung verdeutlicht wird der ermittelte Steueraufwand am Ende in die Handelsbilanz übertragen. Da nicht das Handelsbilanzergebnis, sondern der maßgebende Gewinn der Steuerbilanz als Bemessungsgrundlage dient, steht der Steueraufwand nicht mehr in einem direkt erklärbaren Zusammenhang zu dem in der Handelsbilanz ausgewiesenen Ergebnis vor Ertragssteuern. Damit entspricht die effektive Steuerbelastung, also die an das Finanzamt tatsächlich abzuführende Steuerzahlung, nicht mehr der fiktiven Steuerbelastung, die sich ergeben würde, wenn das Handelsbilanzergebnis unmittelbar der Besteuerung unterlegen hätte.[5] Die abweichende Steuerbelastung wirkt sich somit letztendlich auf den in der GuV ausgewiesenen Jahresüberschuss aus.
[...]
[1] Vgl. Grefe (2010), S. 128.
[2] Vgl. Küting/Weber (2010), S. 197.
[3] Vgl. Grefe (2010), S. 128.
[4] Vgl. Grefe (2010), S. 335.
[5] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2007), S. 544.