„Mensch sein heißt Utopien haben“ - so formulierte Paul Tillich. Doch wo ist dieser ‚Nicht - Ort‘ in der Gesellschaft und wer strebt ihn an? Oder gilt vielmehr das häufig kolportierte Diktum Helmut Schmidts, dass derjenige zum Arzt gehen soll, welcher Visionen hat? Aktuelle Studien zu den Einstellungen von Jugendlichen kommen zu dem Ergebnis, dass weltanschauliche Fragen eine untergeordnete Rolle spielen und der Großteil der jungen Menschen vor allem einen pragmatischen Blick auf die Gesellschaft und ihr eigenes Leben hätte. Die Jugendlichen sind also nach Helmut Schmidt nicht behandlungsbedürftig. Die Frage ist nur, ob dies ein beruhigendes oder nicht doch eher ein beunruhigendes Faktum ist. Mit dem Pragmatismus geht gleichzeitig eine Politikdistanz einher: die Wahlbeteiligung insbesondere der jüngeren Bürger geht sukzessive zurück, die Bindung an etablierte Parteien schwindet und das Engagement Jugendlicher sucht sich neue Räume jenseits des eingefahrenen Politikbetriebes. Woher diese Politikverdrossenheit kommt, ist die Leitfrage der vorliegenden Arbeit. Zur Erhellung dieser Problematik findet der politiktheoretische Ansatz von Chantal Mouffe Anwendung. In knappster Form zusammengefasst ist das Verschwinden des genuin ‚Politischen‘ in den heutigen Demokratien dafür verantwortlich, dass sich Menschen immer mehr von ‚der Politik‘ abwenden.
Am Anfang der Arbeit wird das Phänomen der Politikverdrossenheit näher beleuchtet. Welchen Umfang hat die Politikferne, wie lauten die üblichen Deutungsmuster und welche Ausprägungen lassen sich differenzieren.Im zweiten und umfangreicheren Teil wird anhand der Konzeption Chantal Mouffes versucht, die ‚Tiefenstruktur‘ der Politikdistanz zu erfassen. Dabei steht weniger die Politikperformanz im Mittelpunkt, sondern die dahinterliegende ‚politische Philosophie‘. Welcher Begriff des ‚Politischen‘ liegt der aktuellen Politik zugrunde und welche Folgen zeitigt dieser? Wie kann und muss das ‚Politische‘ gedacht werden, um einem zunehmenden Politikverdruss entgegenzuwirken?...
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das Phänomen Politikverdrossenheit
- 3. Politikverdrossenheit einmal anders: Chantal Mouffe
- 4. Schluss
- 5. Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der Politikverdrossenheit, insbesondere im Kontext der heutigen Demokratien. Ziel ist es, die Ursachen für die zunehmende Distanz der Bürger zur Politik zu untersuchen und anhand der politiktheoretischen Konzeption von Chantal Mouffe alternative Perspektiven zu eröffnen.
- Definition und Abgrenzung des Begriffs "Politikverdrossenheit"
- Analyse der Ursachen und Erscheinungsformen von Politikdistanz
- Kritik an der gängigen Pragmatisierung von Politik
- Einführung der theoretischen Konzeption von Chantal Mouffe
- Das "Politische" als Grundlage für ein nachhaltiges politisches Engagement
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung führt das Thema Politikverdrossenheit ein und verweist auf die wachsende Politikdistanz insbesondere bei jungen Menschen. Sie beleuchtet die Frage, ob die aktuelle Politik den Bedürfnissen der Bürger entspricht und ob ein politischer "Pragmatismus" zu einem nachhaltigen Engagement führt.
2. Das Phänomen Politikverdrossenheit
Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Erscheinungsformen von Politikverdrossenheit. Es wird die mangelnde Wahlbeteiligung, der Mitgliederschwund in etablierten Parteien und das generelle Desinteresse an Politik thematisiert. Zudem werden unterschiedliche Ebenen der Verdrossenheit, wie Politiker-, Parteien- und Demokratieverdrossenheit, analysiert und ihre Interdependenzen beleuchtet.
3. Politikverdrossenheit einmal anders: Chantal Mouffe
Der dritte Teil der Arbeit widmet sich der Theorie von Chantal Mouffe. Mouffes Konzeption des "Politischen" wird vorgestellt und auf ihre Relevanz im Kontext der Politikverdrossenheit angewendet. Das Kapitel beleuchtet, wie die aktuelle Politik das "Politische" ausblendet und damit zu einer Entpolitisierung führt, die wiederum Politikverdrossenheit begünstigt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Politikverdrossenheit, Politikdistanz, Pragmatismus, Chantal Mouffe, das "Politische", politische Philosophie, Demokratie, Engagement, und politische Kultur.
- Arbeit zitieren
- Jörg Wiegner (Autor:in), 2013, Politikverdrossenheit. Eine Annäherung mit Chantal Mouffe , München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/215597