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Bachelorarbeit, 2011
39 Seiten, Note: 1,0
1 Einleitung
2 Was ist Motivation?
2.1 Extrinsische und intrinsische Motivation
2.1.1 Lernmotivation: Das Erweiterte kognitive Motivationsmodell
2.1.2 Interesse
3 Was ist Schreiben? Das Generalisierte Schreibprozessmodell
4 Schreibmotivation
4.1 Schreibmotivation und Schreibanlässe
4.1.1 Schreibanlass Bildergeschichte
4.1.2 Zur Bedeutung des Schreibanlasses „Schreiben zu einer Bildergeschichte“ für die Schreibmotivation
4.1.3 Schreibanlass Schreiben zu Bildern
4.1.4 Die Bedeutung des Schreibanlasses „Schreiben zu Bildern“ für die Schreibmotivation
5 Fazit: Was bedeuten Schreibanlässe für die Schreibmotivation? Eine Einordnung in größere Zusammenhänge
6 Schlusswort
Abbildungs- und Literaturverzeichnis
Als ich in der zweiten Klasse einer Grundschule in Hamburg - Eimsbüttel während meines Schulpraktikums einen Unterricht anleitete, in dem die Kinder zu Figuren aus Literatur und Medien Texte verfassen sollten, fiel mir sofort auf, mit welchem Eifer und welcher Freude die Kinder daran gingen, ihre Texte zu schreiben. Anscheinend enthielt die von mir ausgewählte Schreibaufgabe günstige Voraussetzungen für die Entwicklung von Schreibmotivation. Daraufhin überlegte ich, ob es generell Kennzeichen gibt, an denen sich bestimmen lässt, wie günstig sich Schreibanlässe auf die Entwicklung von Schreibmotivation auswirken, und ob es auch Schreibanlässe gibt, die jene Faktoren nicht besitzen und Schreibmotivation deshalb eher hemmen. Dadurch entwickelte sich das Thema meiner Bachelorarbeit. Ich möchte herausfinden, welche Faktoren sich besonders günstig auf die Schreibmotivation auswirken und ob sich daraus dann der Bedeutungsgehalt, den Schreibanlässe für die Schreibmotivation haben, einschätzen lassen kann.
Dazu muss erst einmal deutlich gemacht werden, was Schreibmotivation überhaupt ist. Um den Begriff der Schreibmotivation näher definieren zu können, erschien es mir erforderlich, mich zunächst mit den Begriffen „Motivation“ und „Schreiben“ auseinanderzusetzen. Es gibt zahlreiche und verschiedenartige Motivationsformen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit habe ich mich bewusst auf jene Formen beschränkt, die erstens in der Schule bedeutsam sind und auf die ich zweitens in meiner späteren Darstellung von Schreibmotivation zurückgreifen werde. Zunächst erkläre ich die Begriffe „ex- und intrinsische Motivation“. Danach beziehe ich mich auf die Lernmotivation und das Interesse als Unterpunkte. Leistungsmotivation, die zweifellos im schulischen Umfeld eine große Rolle spielt, habe ich nicht berücksichtigt, da nicht nur der Umfang dieser Arbeit dann zu groß geworden wäre, sondern auch, weil zu ihr später in meiner Beschreibung von Schreibmotivation kein Bezug hergestellt wird.
Es gibt diverse Schreibprozessmodelle. In Kapitel 3, in welchem ich auf die Tätigkeit des Schreibens eingehe, habe ich mich auf die Beschreibung eines einzigen Schreibprozessmodells von vielen anderen beschränkt, welches mir für mein Thema aufgrund des Einbezugs der Schreibmotivation sehr geeignet schien.
Danach werde ich anhand der Erläuterungen zum Motivationsbegriff versuchen darzustellen, was Schreibmotivation genau ist und welche Faktoren sie besonders begünstigen.
Hiernach werden Schreibanlässe dargestellt und jeweils genauer auf diese Faktoren zur Begünstigung von Schreibmotivation hin untersucht, was, so hoffe ich, Rückschlüsse auf die Bedeutung dieser Schreibanlässe für die Schreibmotivation erlauben wird.
Da es mir im vorgegebenen Umfang dieser Arbeit nicht gelingen kann, alle mir bekannten Schreibanlässe auf ihren Bedeutungsgehalt für die Schreibmotivation zu untersuchen, habe ich mich auf zwei in der Schule sehr gängige Schreibanlässe beschränkt: Dem Schreiben zu einer Bildergeschichte und dem Schreiben zu Bildern. Der Grund dafür, dass ich mich gerade für diese beiden Anlässe entschieden habe, liegt darin, dass diese beiden Schreibanlässe, von denen man annehmen könnte, dass sie sich sehr ähnlich sind, in ihrer Wirkung auf die Schreibmotivation jedoch unterschiedlicher kaum sein könnten. Deshalb lässt sich an ihnen beispielhaft aufzeigen, welche Aspekte Schreibmotivation fördern und welche sie hemmen.
In einem Fazitteil werden die Ergebnisse noch einmal kurz und knapp zusammengefasst und in größere Zusammenhänge gestellt.
Im Schlusswort soll dann eine Reflexion erfolgen, eventuelle Probleme erläutert und die Arbeit insgesamt abgerundet werden.
In der Fachliteratur werden ex- und intrinsische Motivation häufig in getrennten Kapiteln behandelt. Dies schien mir nach einigem tiefergehenden Forschen für mein Thema nicht sinnvoll, da, wie wir in der folgenden Arbeit noch sehen werden, die Grenzen von ex- und intrinsischer Motivation nicht immer klar zu ziehen sind.
Auch die Unterkapitel zur Motivation sind keinesfalls als unabhängig voneinander zu verstehen. So kann und sollte Lernmotivation beispielsweise aus der Sache motiviert und interessiert ablaufen, obwohl Interesse in meiner Unterteilung einen eigenen Unterpunkt darstellt. Da ich das Interesse als so wichtig auch für den späteren Bezug zur Schreibmotivation halte, empfinde ich die Erstellung eines eigenen Unterpunktes für angemessen.
Der Begriff „Motivation“ ist aus dem lateinischen Wort „movere“ (bewegen) abgeleitet. So könnte man Motivation mit „Beweggrund“ übersetzen (vgl. Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 16).
Alltagssprachlich wird meist von Motivation gesprochen, „wenn das Verhalten auf ein erwünschtes Ziel gerichtet ist“ (Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 17). Rheinberg schreibt, dass der motiviert handelnde Mensch ein Ziel vor Augen hat, an das er gelangen will, sich deswegen bemüht oder anstrengt und sich deshalb nicht durch andere Anreize ablenken lässt (vgl. Rheinberg 2000, S. 14).
DeCharms versteht Motivation in einem alltagssprachlichen Sinne als „milde Form der Besessenheit.“ (DeCharms 1979, S. 55)
Im wissenschaftlichen Verständnis wird der Motivationsbegriff allgemeiner gefasst: Es ist
„jegliche Form von Handlungsveranlassung im weitesten Sinne.“ (Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 17) Das wissenschaftliche Verständnis von Motivation ist jedoch nicht stets einheitlich. So schreiben Hartinger und Fölling-Albers:
„Es gibt verschiedene Deutungsmuster und Definitionen. Verursacht sind sie in der Regel durch den wissenschaftstheoretischen Ansatz, der dem jeweiligen Konzept zugrunde liegt, und nicht zuletzt auch durch das allgemeine Menschenbild des jeweiligen Forschers.“ (Ebd.)
Es bestehen somit verschiedenen Auffassungen von Motivation. Im Folgenden möchte ich nur auf jene Formen von Motivation eingehen, die ich als relevant für den schulischen Kontext erachte und mit denen sich an späterer Stelle meiner Arbeit auch Verbindungen zum Schreiben ziehen lassen.
Wie bereits in der Einleitung erläutert, habe ich diese beiden Formen von Motivation bewusst unter einem Punkt zusammengefasst, da sie sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen lassen, die Übergänge fließend sein können, aus extrinsischer Motivation auch eine intrinsische werden kann und umgekehrt. Was aber ist nun unter ex- bzw. intrinsischer Motivation zu verstehen?
Die extrinsische Motivation ist „charakteristisch für zielgerichtete Verhaltensweisen, die in einem erkennbaren Bezug zu äußeren Anlässen oder Konsequenzen stehen.“ (Reinhard 1990, S.75)
Rheinberg schreibt, dass man jene Tätigkeit als extrinsisch motiviert bezeichnen kann, bei der zweckzentrierte Anreize ins Spiel kommen (vgl. Rheinberg 2010, S. 384).
Extrinsische Motivation hat also immer mit Anreizen, die nicht von mir selbst ausgehen, zu tun. Ob ich mich mit einem Thema oder einer Tätigkeit nur darum beschäftige, weil ich dafür Geld bekomme, ob ich für eine Klausur allein deshalb lerne, weil ich ein Nichtbestehen vermeiden will, ob ich etwas trainiere, nur um darin besser zu sein als andere - das alles wären Anreize extrinsisch motivierter Natur. Auch ein Kind, das ausschließlich schreibt, weil es das Lob der Lehrperson bekommen will, schreibt aus einer extrinsischen Motivation heraus.
Demgegenüber ist die intrinsische Motivation „kennzeichnend für einen Prozeß, der aus sich selbst heraus entsteht, also in keinem direkten Zusammenhang zu äußeren Anlässen oder Ergebnissen steht.“ (Reinhard 1990, S.75)
Intrinsische Motivation ist jene „Motivation, die aus der Sache oder Tätigkeit selbst entsteht“ (Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 36), oder, genauer formuliert „bezeichnet man eine Person dann als intrinsisch motiviert, wenn sie ihre Handlungen um der Sache selbst willen und nicht aufgrund äußerer Anreize, wie z.B. Belohnungen, Furcht vor Strafen, durchführt.“ (Ebd.)
Die Schwierigkeiten, die bei der Unterscheidung dieser beiden Motivationsformen auftreten können, haben u.a. auch damit zu tun, dass Forscher die Begriffe nicht immer in einheitlicher Bedeutung verwenden und verschiedene Akzentuierungen setzen. So vertritt beispielsweise McReynolds (McReynolds 1971, zit. nach Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 36) eine sehr strenge Auslegung, indem er von intrinsischer Motivation nur dann spricht, wenn das Handeln ausschließlich um der Tätigkeit selbst willen ausgeführt wird. Sobald andere Ziele damit verknüpft sind, gelten sie als extrinsisch (vgl. Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 36).
Rheinberg entscheidet sich aufgrund der Verständnisunterschiede sogar dafür, diese Begriffe zu vermeiden und spricht lieber von tätigkeitszentrierter und zweckzentrierter Motivation (vgl. Rheinberg 2010, S. 373).
Eine solch enges Verständnis von intrinsischer Motivation wie das von McReynolds führt zu Schwierigkeiten, wenn man sie mit schulischen Tätigkeiten in Bezug bringen will. Dies haben auch Hartinger und Fölling-Albers erkannt wenn sie schreiben, dass eine so verstandene intrinsische Motivation in der Schule gar nicht möglich sein könne: Allein die Schulpflicht sei schon ein äußerer Anreiz, ganz zu schweigen von Noten und Zeugnissen (vgl. Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 36f.).
Da ich eine Abweichung von den herkömmlichen Begriffen nicht für sinnvoll erachte, möchte ich im Unterschied zu Rheinberg weiterhin von in- oder extrinsischer Motivation sprechen und mich dabei der Definition von Hartinger und Fölling-Albers anschließen, in welcher sie dann von intrinsischer Motivation sprechen, „wenn andere Anreize nicht erforderlich wären, da der Anreiz, der aus der Handlung selbst entsteht, genügt.“ (Ebd., S. 37)
Es lassen sich zwei Formen intrinsischer Motivation unterscheiden: So kann die Motivation tätigkeitszentriert sein (Beispiele sind etwa das Singen oder Malen) oder sie kann gegenstandszentriert sein (hier steht die Thematik der Handlung im Vordergrund, etwa die Beschäftigung mit Meerestieren, Pflanzenheilkunde etc.) (vgl. ebd. u. Schiefele / Schreyer 1994, S. 2).
Edward L. Deci und Richard M. Ryan haben die sogenannte Selbstbestimmungstheorie , bei der sie zwischen verschiedenen Formen der extrinsischen Motivation nach Grad der Selbstbestimmung differenzieren (vgl. Deci und Ryan 1993, S. 227f.). Manfred Prenzel griff dieses Modell auf und erweiterte es, indem er auch die intrinsische Motivation miteinbezog (vgl. Prenzel 1997, S. 35). Durch diese Darstellung Prenzels wird deutlich, dass intrinsische Motivation durch einen besonders hohen Grad an Selbstbestimmung charakterisiert ist, und dass es auch bei der extrinsischen Motivation verschiedene Formen gibt, die sich durch ihren mehr oder weniger hohen Anteil an Selbstbestimmung unterscheiden (vgl. ebd.). Das Verhältnis von ex- und intrinsischer Motivation lässt sich dabei auf folgende Formel bringen: Je höher der Selbstbestimmungsgrad bei der extrinsischen Motivation ist, desto mehr „rückt“ sie in Richtung einer intrinsischen Motivation.
Im Folgenden werden die verschiedenen Formen von extrinsischer Motivation, nach ihrem aufsteigenden Grad an Selbstbestimmung geordnet, erläutert:
Eine external regulierte Motivation bedeutet, dass sich die Person als am wenigsten selbstbestimmt erlebt (bei einer noch tieferen Stufe gilt der Mensch bereits als völlig amotiviert). Die Handlungen der Person werden durch äußere Einflüsse beeinflusst, auf die der handelnde Mensch nicht einwirken kann. Die Handlungen werden nicht selbstbestimmt oder freiwillig vollzogen. Anstöße zum Handeln können angenehm (wie z.B. Belohnungen) oder unangenehm (wie z.B. Strafen) sein (vgl. Deci und Ryan 1993, S. 227).
Schon etwas selbstbestimmter handelt die Person bei introjiziert regulierter Motivation: Verhaltensweisen folgen „internen Anstößen und innerem Druck“ (ebd.), die sich auf die Selbstachtung von Personen beziehen. Auch wenn also keine äußeren Handlungsanstöße mehr nötig sind, bleibt diese Form der Motivation trotzdem „vom individuellen Selbst separiert“. (Ebd.) So lernt ein Schüler beispielsweise für eine Klassenarbeit, „weil es sich so gehört“ oder weil er sonst ein schlechtes Gewissen bekommen würde (vgl. ebd., S. 227f.).
Handelt der Mensch hingegen identifiziert reguliert motiviert, so ist ihm die Handlung selbst oder das Ergebnis, das durch diese Handlung entsteht, wichtig. So lernt ein Schüler beispielsweise, um sein Abitur zu bestehen, weil er ein bestimmtes Studium anstrebt – ein Ziel, welches er sich selbst gesteckt hat (vgl. ebd., S. 228).
Die nächste Stufe nach diesem Modell wäre nach Deci und Ryan die integriert regulierte Motivation. Prenzel verzichtet auf ihre Darstellung, da diese in der Forschung nicht immer klar von der identifiziert regulierten Motivation abzugrenzen ist. Dem habe ich mich angeschlossen.
Mit weiter zunehmender Selbstbestimmung gelangt man nun in den Bereich der intrinsischen Motivation, deren höchste Form die interessierte Motivation - das Interesse - darstellt. Auf gehe ich gesondert in Kap 2.1.2 ein.
Wie ich bereits erwähnt hatte und auch an weiteren Stellen immer wieder bemerken werde, denke ich, dass eine exakte Trennung von ex- und intrinsischer Motivation im wirklichen Leben gar nicht immer vorherrscht. Zunächst einmal wird es manchmal schwierig sein, die Grenzen zwischen ex- und intrinsischer Motivation stets zu benennen (s. dazu auch das Beispiel der Präsentation von Kindertexten in Kapitel 4).
Außerdem wird man oftmals Situationen vorfinden, bei denen ein Mensch eine Tätigkeit ausführt aus Gründen, die sowohl ex- als auch intrinsisch motiviert sind: So ist es z.B. denkbar, dass ein Grundschüler von sich aus gerne eigene Geschichten schreibt und auch gern in der Schule Texte verfasst. Wenn nun das Loben vonseiten der Erwachsenen und gute Beurteilungen durch die Lehrerin hinzukommen, wird es sicher zum Weiterschreiben beflügelt. Im Umkehrschluss lässt sich denken, dass schlechte Beurteilungen auf die Dauer amotivierend wirken.
Dies soll natürlich nicht bedeuten, dass die Lehrperson die Kinder für ihre Leistungen uneingeschränkt und gewissermaßen beliebig loben soll, nur um sie nicht zu entmutigen. Wenn die Kinder für alles gelobt werden, verliert das Lob an Wert. Der Lehrer muss hier meines Erachtens ein sehr gutes Gespür besitzen, wann ein Lob angebracht ist und wo es auch entbehrlich ist. Auf jeden Fall ist es, so finde ich, sehr wichtig, die Anstrengungen des Schülers anzuerkennen und dort zu loben, wo er sich Mühe gibt.
Wie auch Deci und Ryan feststellen, ist es möglich, extrinsische in intrinsische Motivation zu überführen (vgl. ebd., S. 227). Dass auch aus intrinsischer Motivation eine extrinsische werden kann, wird in diesem Kapitel an späterer Stelle beschrieben (s. Korrumpierungseffekt).
Sehr wichtig für den schulischen Bereich erscheint mir, dass nachgewiesen werden konnte, dass intrinsisches Lernen im Regelfall erfolgreicher als extrinsisch motiviertes ist (vgl. Schiefele / Schreyer 1994, S. 1). Dies zeigt sich in eher oberflächlichen Lernstrategien (wie .B. der einfachen Wiederholung) beim extrinsisch motivierten Lernen und mehr tiefergehenden und konzeptuellen Formen des Lernens beim intrinsisch motivierten Lernen (vgl. ebd. u. Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 37).
Diese Ergebnisse finde ich höchst bedeutsam für Lernkonzepte in der Schule. Denn das hieße ja, dass ein Unterricht, der weniger Wert auf Faktenwissen als viel mehr auf das Verständnis des Gelernten Wert legt, alles rein extrinsisch motivierte Lernen möglichst vermeiden sollte.
Belohnungen von außen, wie z.B. Hausaufgabengutscheine, Süßigkeiten, freie Zeit usw. scheinen sich bei Betrachtung der oben genannten Forschungsergebnisse eher negativ auf
Lernprozesse auszuwirken, wenn sie die einzige Motivationsform darstellen.
Intrinsische Motivation ist aber schwer zu planen, denn, wie der Ausdruck selbst ja schon suggeriert, muss die Motivation schließlich letztendlich vom Kind selbst ausgehen. Wir als Lehrer können dabei nur versuchen, dem Kind Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, die besonderes Potential bieten, intrinsische Motivation aufzubauen und zu fördern. Die idealste Möglichkeit ist hierbei, wie wir aus der Selbstbestimmungstheorie entnehmen können, das Aufgreifen der Interessen der Kinder (s. auch Kapitel 4 zum Thema „Schlüsselsituationen“).
Wenn das Kind aus Interesse etwas tut, ist wohl auch am ehesten ein flow-Erlebnis möglich: Mihaly Csikszentmihalyi entdeckte dieses Phänomen, als er Schachspieler, Sportler, Chirurgen und Tänzer bei ihrer Tätigkeit beobachtete und bei allen ein „völliges Aufgehen“ (Csikszentmihalyi 2000, S. 58) feststellen konnte. Durch Gespräche mit Menschen dieser Berufsgruppen entdeckte er schließlich das flow-Erlebnis, „die entscheidende Komponente der Tätigkeitsfreude“ (ebd., S. 31).
Kirchler und Walenta schreiben:
„Flow-Erlebnisse sind dann gegeben, wenn die Tätigkeit selbst zu ihrem eigenen Antrieb wird. Wenn Künstler ihr Werk erstellen und buchstäblich Tag und Nacht arbeiten könnten, sich ihrer Arbeit fanatisch hingeben und scheinbar mühelos arbeiten, wenn sie 'eins mit der Situation' sind und die Handlungen 'fließen', ohne dass sie sich selbst beobachten, dann sind sie im Zustand des Flow und handeln selbstvergessen.“ (Kirchler / Walenta 2010, S. 14)
Solche tiefe Konzentration und Selbstvergessenheit lässt sich bei Kindern auch häufig beim Spiel beobachten. Aber auch wir Erwachsenen kennen jene glücklichen Momente völligen
„Eins-Seins“ mit dem eigenen Tun, das uns zu Höchstleitungen führen kann.
Aber auch diese, wie ich finde, intensivste Form intrinsischer Motivation muss sich nicht bei ausschließlich intrinsisch motiviertem Handeln einstellen: Ein Sportler etwa, der völlig in seinem Tun aufgeht, kann darüber hinaus auch Sport treiben, weil er einen Preis holen oder ggf. als Berufssportler sein Geld verdienen will.
Wichtig für den Unterricht ist meines Erachtens noch die Feststellung, dass flow-Erlebnisse sich nur dann einstellen können, wenn eine Person das Gefühl hat, dass der Anforderungsbereich der Tätigkeit ihrem Können entspricht – dass die Aufgabe also weder als zu schwer noch als zu leicht empfunden wird (vgl. Csikszentmihalyi 2000, S.75ff.). Unterricht müsste sich dementsprechend an die verschiedenen individuellen Fähig- und Fertigkeiten der einzelnen Kinder anpassen.
Vom sogenannten Korrumpierungseffekt berichten Kirchler und Walenta: Entgegen der Vermutung, dass das Beteiligtsein sowohl von ex- als auch von intrinsischer Motivation eine starke Wirkung haben müsste, ist zunächst herausgefunden worden, dass im Gegenteil extrinsische Motivation intrinsische sogar vermindert (vgl. Kirchler / Walenta 2010,
S. 15). Nach weitergehenden Untersuchungen konnte dann jedoch festgestellt werden, dass dieser Korrumpierungseffekt nur dann auftritt, wenn die Tätigkeit erstens interessant ist, zweitens materielle Belohnungen (statt Lob) verabreicht werden und wenn drittens diese Belohnungen erwartet werden (vgl. Rheinberg 2010, S. 373).
Ob und wie oft solche Bedingungen jedoch im Alltag tatsächlich auftreten, ist nicht untersucht worden (vgl. ebd.). Für den schulischen Kontext hieße das, dass auf materielle Belohnungen (etwa in Form von Süßigkeiten) verzichtet werden sollte, wenn sie z.B. dem Kind, das bisher aus eigenem Interesse heraus mit viel Engagement und ohne jede Belohnung Geschichten geschrieben hat, für das Schreiben eines Textes in Aussicht gestellt werden. Hier könnte es nun geschehen, dass das Kind jetzt nicht mehr so gern aus der Sache selbst heraus schreibt – und damit an intrinsischer Motivation, die der Unterricht ja fördern sollte, einbüßt.
Krapp definiert Lernmotivation als „jene Strukturen und Prozesse, die das Zustandekommen und die Effekte des Lernens bzw. einer Lernhandlung erklären.“ (Krapp 1993, S. 188) Mit dieser Definition wären auch alle ungesteuerten Lernprozesse einbezogen. Da ich mich bei der Beschreibung der Lernmotivation nur auf die für die Schule relevanten Prozesse begrenze, lässt sich hierfür Lernmotivation als „das intentionale, bewußt gesteuerte und auf bestimmte Ziele gerichtete Lernen“ (ebd.) definieren.
Bezieht man sich auf die von Keller beschriebenen Schulerfolgsstudien und einer schulpsychologischen Analyse lernproblematischer Einzelfälle, wird deutlich, wie wichtig Lernmotivation für Schule und Unterricht ist: Demnach ist es vor allem ein Mangel an Lernmotivation, der bei Schülern und Schülerinnen zu Lern- und Leistungsschwierigkeiten führt (vgl. Keller 2003, S. 22).
Das „Erweiterte kognitive Motivationsmodell“ nach Rheinberg beschreibt verschiedene Typen von Erwartungen, die für den Lernprozess eine große Rolle spielen (vgl. Rheinberg 2010, S. 373ff.). In Kapitel 4, in dem ich speziell auf Schreibmotivation eingehe, komme ich auf dieses Modell zurück und zeige, dass es sich auch auf Tätigkeiten des Schreibens beziehen lässt.
1. Die Situations-Ergebnis-Erwartung betrifft die Vermutung eines Menschen darüber, wie ein Ergebnis ausfallen wird, wenn er selbst nicht handelnd in die Situation eingreift (vgl. ebd., S. 374). Wenn ein Grundschulkind beispielsweise weiß, dass sein Diktat auch ohne Übung und Vorbereitung gut ausfallen wird, wäre die Lernmotivation dementsprechend gering.
2. Bei der Handlungs-Ergebnis-Erwartung ist von Bedeutung, in wie weit eine Person annimmt, dass das Ergebnis durch ihr Handeln beeinflusst werden kann (vgl. ebd.). Glaubt das Kind, dass es durch Übung das Ergebnis im Diktat verbessern kann, so wäre seine Lernmotivation groß (vgl. ebd.). Diese Annahme setzt natürlich voraus, dass dem Kind das Diktatergebnis nicht gleichgültig ist. Ist das Kind jedoch der Überzeugung, dass auch Üben es nicht zu besseren Ergebnissen bringt, so ist die Lernmotivation gering.
3. Die Ergebnis-Folge-Erwartung bezieht sich darauf, wie sicher sich die Person ist, dass ein Ergebnis eine bestimmte Folge nach sich zieht (vgl. ebd.). So ist anzunehmen, dass ein Kind, das weiß, dass das Ergebnis des anliegenden Diktats über die Zeugnisnote im Fach Deutsch und vielleicht sogar über die Versetzung in die nächste Klassenstufe entscheidet, sich besonders gut vorbereiten wird.
4. Für letzteren Erwartungstyp ist es auch wichtig, wie hoch die Person die Anreize der Folgen einschätzt: Erst wenn die Ergebnis-Folge-Erwartung und der Anreiz der Folge hoch genug sind, wirkt sich diese Folge attraktivitätssteigernd auf das Ergebnis aus (vgl. ebd.).
Ob also beispielsweise ein Schüler sich genügend auf einen Test vorbereitet, hängt davon ab, ob der Schüler meint, dass (1) sich ohne Vorbereitung das erwünschte Testergebnis nicht einstellen wird, (2) er in der Lage ist, durch seine eigene Vorbereitung dieses Ergebnis genügend beeinflussen zu können, (3) dieses Ergebnis unzweifelhaft Folgen haben wird und
(4) diese Folgen ihm hinreichend wichtig sind (vgl. ebd.).
Fehlt eine dieser vier Bedingungen, so wird sich der Schüler nicht genügend auf den Test vorbereiten (vgl. ebd.). Rheinberg schreibt dementsprechend:
„Von daher gibt es auch vier qualitativ verschiedene Formen des motivationalen Ausstiegs:
1. Lernen erscheint überflüssig
2. Lernen erscheint wirkungslos
3. die Lernergebnisse haben keine sicheren Folgen oder
4. die möglichen Folgen erscheinen wertlos.“ (Ebd.)
5. Später wurde dem Modell noch der tätigkeitsspezifische Vollzugsanreiz (kurz:
Tätigkeitsanreiz) hinzugefügt (vgl. ebd., S. 374f.). Denn in dem bisherigen Modell
„ergibt sich die Attraktivität einer Tätigkeit lediglich aus dem Anreiz der Folgen, die sich hoffentlich einstellen, wenn man die Tätigkeit erfolgreich beendet hat.“ (Ebd., S. 375)
Wie auch Hartinger und Fölling-Albers bemerken, kennen wir jedoch ebenso aus eigenen Erfahrungen Handlungen, die wir durchführen, „obwohl sie kein richtiges Ergebnis haben und damit auch keine Folgen, die wir positiv bewerten würden. Der Anreiz liegt allein bei der Durchführung der Tätigkeit.“ (Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 35)
Mit der Verankerung der Vollzugsanreize in diesem Modell wird also nun auch die Phase während der Tätigkeit selbst berücksichtigt – sogenannte zweckfreie Aktivitäten, die man nur um ihrer selbst willen betreibt (vgl. Rheinberg 2010, S. 375). Nach Hartinger und Fölling- Albers trifft die aus der Alltagssprache stammende Formulierung „der Weg ist das Ziel“ den Gedanken recht gut, dass äußere Ziele nicht immer notwendig sind (vgl. Hartinger / Fölling- Albers 2002, S. 35).
Auch schreiben die Autoren:
„Solche tätigkeitsspezifischen Anreize treten zwar stärker in der Freizeit als bei (fremdbestimmten) Lernprozessen auf, aber sie sind bei Lernprozessen zumindest nicht auszuschließen. Zudem ist ja auch das Gegenteil denkbar und zu berücksichtigen: Wenn die Tätigkeiten selbst zu negativ besetzt sind, dann kann es sein, dass sie nicht ausgeführt werden, obwohl positive Folgeerwartungen vorhanden sind.“ (ebd)
Dieser letzten Überlegung entsprechend nennt Rheinberg das Beispiel von Schülern, die sich trotz der erkannten Notwendigkeit und trotz hohen Nutzens eigener Vorbereitung auf eine Klassenarbeit nicht dazu „aufraffen“ konnten, hierfür zu lernen, weil diese Tätigkeit einfach zu stark als negativ erlebt wurde (vgl. Rheinberg 2010, S 375).
Hartinger und Fölling-Albers kommen nach der Betrachtung des oben beschriebenen Modells zu folgendem Schluss: „Wenn Schüler/innen keine positiven Folgen sehen, dann werden sie nicht lernen. Belohnungen und Anreize haben aus diesem Grund im Unterricht ihren unverzichtbaren Platz.“ (Hartinger / Fölling-Albers 2002, S. 35f.) Gleichzeitig weisen sie aber auch darauf hin, dass unüberlegt verteilte Belohnungen jedoch auch genau das Gegenteil bewirken können – nämlich, bereits vorhandene Motivation zum Erliegen zu bringen (vgl. ebd.).
[...]