"[...] in dieser Arbeit geht es um die Verbundenheit des Orientalismus mit einer akademischen Disziplin: der Historiographie. Sie fungiert laut Said als Teil des gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Komplexes, der dazu dient, den Orient zu konstruieren, weiterzuentwickeln und zu kontrollieren. Die Überschneidung von Historiographie und Orientalismus ist deshalb so interessant, weil es bei der Entwicklung und Etablierung beider Bereiche innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft im langen 19. Jahrhundert viele Überschneidungen gab. Sowohl die Historiographie als auch der Orientalismus hatten neue Aufgaben und Rollen zu erfüllen, die laut Said vornehmlich politisch motiviert waren. Die Historiographie wurde zum Konstruktionswerkzeug nationaler Identität stilisiert, durch die das nationale Gefühl bestärkt werden sollte. Der Orientalismus hatte das seit Napoleons Expedition nach Ägypten verstärkt aufkommende Interesse am Orient durch Informationen zu befriedigen [...]"
In dieser Arbeit wird daher gezeigt "inwiefern Saids Konzept des Orientalismus und die moderne Historiographie miteinander verbunden sind, wie sie sich gegenseitig beeinflussten, und welche Folgen dies hatte."
Inhaltsverzeichnis
- (1) Einleitung
- 1.1 Einordnung des Themas
- 1.2 Von Orientalismus und Orientalisten – Begriffsklärungen und Probleme
- 1.3 Aufbau der Arbeit
- (2) Saids Orientalism und das Konzept des Orientalismus
- 2.1 Grundlagen von Saids Werk Orientalism
- 2.1.1 Das Orientkonstrukt in Orientalism
- 2.1.2 Antonio Gramscis System der kulturellen Hegemonie
- 2.1.3 Michel Foucaults Diskursanalyse
- 2.2 Die Verknüpfung von Wissen und Macht
- 2.3 Latenter und manifester Orientalismus
- 2.4 Die Ursprünge des modernen Orientalismus
- 2.4.1 Silvestre de Sacy
- 2.4.2 Ernest Renan
- 2.4.3 Vier Voraussetzungen des modernen Orientalismus
- 2.5 Zusammenfassung – zentrale Thesen Saids
- (3) Das Vokabular des orientalistischen Diskurses in der modernen Historiographie in Anlehnung an Marion Müller
- 3.1 Die «Erfindung» von Ethnien
- 3.2 Die Säkularisierung des Weltbilds: Einflüsse auf die Historiographie und andere Humanwissenschaften
- (4) Der Nexus aus Wissen und Macht in der modernen Historiographie in Anlehnung an Aleida Assmann
- 4.1 Exkurs: Warum Geschichte (auf)schreiben?
- 4.2 Ursprünge der modernen Historiographie
- 4.3 Politisierung der Historiographie in der Neuzeit
- 4.4 Politik und Wissenschaft im 20. Jahrhundert – Saids Forderung nach unpolitischem Wissen
- (5) Topoi des Orients in der Historiographie
- 5.1 Ewiger Orient und dynamischer Westen
- 5.2 Die ,,our land – barbarian land“-Distinktion
- 5.3 Der Orient als Bühne
- (6) Orientalismus in der modernen Gesellschaft
- 6.1 Der Orient als Konsum- und Unterhaltungsobjekt der westlichen Bourgeoisie im langen 19. Jahrhundert
- 6.2 Orientalismus und Orient in der Geschichtskultur des 20. Jahrhunderts
- (7) Kritik an Said
- 7.1 Sadiq Jalal al-Azm: Orientalism and Orientalism in Reverse
- 7.1.1 Kritik an Saids Orientalism
- 7.1.2 Umgekehrter Orientalismus
- 7.2 Alternativen zu Saids Orientalismustheorie: Suzanne Marchands German Orientalism
- 7.2.1 Orientalismus: (k)ein Produkt von Weltreichen?
- 7.2.2 Zentrale Orientierungsfragen der orientalistischen Kulturpolitik
- 7.2.3 Marchands Kritik am Said'schen Machtwissen
- 7.2.4 Wirkungsbereich der deutschen Orientalistik
- 7.3 Alternative Betrachtungsweisen von Globalgeschichte – Cannadines Ornamentalism als Gegenkonstrukt zu Saids Orientalism
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht Edward Saids einflussreiches Konzept des Orientalismus und dessen Relevanz für die moderne Historiographie. Sie analysiert die zentralen Thesen Saids, seine methodischen Ansätze und die Kritik, die an seinem Werk geübt wurde. Ein weiterer Fokus liegt auf der Darstellung des Orientalismus in der modernen Gesellschaft.
- Saids Konzept des Orientalismus und seine zentralen Argumente
- Der Einfluss des Orientalismus auf die moderne Historiographie
- Die Kritik an Saids Orientalismustheorie
- Der Orientalismus in der modernen Gesellschaft
- Alternative Perspektiven auf die Darstellung des Orients
Zusammenfassung der Kapitel
(1) Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik des Orientalismus ein, definiert den Begriff und beschreibt den Aufbau der Arbeit. Es stellt Edward Said als zentralen Autor und sein Werk "Orientalism" als Ausgangspunkt der Untersuchung vor. Die Einordnung des Themas in den Kontext der modernen Kulturwissenschaften und die darauf folgenden Begriffsklärungen legen den Grundstein für die anschließende detaillierte Analyse.
(2) Saids Orientalism und das Konzept des Orientalismus: Dieses Kapitel analysiert Saids "Orientalism" eingehend. Es beleuchtet die Grundlagen seines Werkes, insbesondere das Orientkonstrukt, den Einfluss von Gramsci und Foucault auf Saids Denken, und die zentrale These der Verknüpfung von Wissen und Macht. Die Erörterung von latentem und manifestem Orientalismus sowie die Untersuchung der Ursprünge des modernen Orientalismus mit Beispielen wie Silvestre de Sacy und Ernest Renan, vermitteln ein umfassendes Verständnis von Saids Argumentation.
(3) Das Vokabular des orientalistischen Diskurses in der modernen Historiographie in Anlehnung an Marion Müller: Dieses Kapitel untersucht, wie die Konzepte des Orientalismus in die moderne Historiographie Eingang gefunden haben, speziell unter dem Blickwinkel von Marion Müllers Arbeiten. Es analysiert die "Erfindung" von Ethnien und die Auswirkungen der Säkularisierung des Weltbilds auf die Geschichtswissenschaft und verwandte Disziplinen. Die Kapitel beleuchtet die Art und Weise, wie Sprache und Begriffe den Diskurs über den Orient prägen.
(4) Der Nexus aus Wissen und Macht in der modernen Historiographie in Anlehnung an Aleida Assmann: Dieses Kapitel beleuchtet den Zusammenhang zwischen Wissen und Macht in der Geschichtsschreibung unter Bezugnahme auf Aleida Assmanns Forschung. Es untersucht die Ursprünge der modernen Historiographie, deren Politisierung und die Debatte um unpolitisches Wissen im 20. Jahrhundert, in direktem Bezug auf Saids Forderungen.
(5) Topoi des Orients in der Historiographie: Der Fokus liegt auf den gängigen Topoi (Stereotypen), die den Orient in der Historiographie prägen. Die Analyse der Dichotomie zwischen einem ewigen Orient und einem dynamischen Westen, der "our land – barbarian land"-Unterscheidung und der Verwendung des Orients als "Bühne" in der Geschichtsschreibung, zeigt die anhaltenden Auswirkungen des Orientalismus auf die Darstellung der Geschichte.
(6) Orientalismus in der modernen Gesellschaft: Dieses Kapitel untersucht die Manifestationen des Orientalismus in der modernen Gesellschaft. Es analysiert den Orient als Konsum- und Unterhaltungsobjekt der westlichen Bourgeoisie im 19. Jahrhundert und seine Weiterentwicklung im 20. Jahrhundert. Es beleuchtet, wie die Stereotypen und Vorstellungen des Orients in der populären Kultur und im öffentlichen Diskurs weiterleben.
(7) Kritik an Said: Dieses Kapitel befasst sich mit der Kritik an Saids Orientalismus-Konzept. Es analysiert die Arbeiten von Sadiq Jalal al-Azm ("Orientalism and Orientalism in Reverse") und Suzanne Marchand ("German Orientalism"), die Saids Thesen auf unterschiedliche Weise hinterfragen und erweitern. Es wird die Frage nach Alternativen zu Saids Theorie und deren Bedeutung diskutiert.
Schlüsselwörter
Orientalismus, Edward Said, Orientalism, Moderne Historiographie, Wissen und Macht, Diskursanalyse, Postkolonialismus, Kulturhegemonie, Kritik, Globalgeschichte, Stereotypen, Orient, Westen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse des Orientalismus in der modernen Historiographie
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Edward Saids einflussreiches Konzept des Orientalismus und dessen Relevanz für die moderne Historiographie. Sie untersucht Saids zentrale Thesen, seine methodischen Ansätze und die Kritik an seinem Werk. Ein weiterer Fokus liegt auf der Darstellung des Orientalismus in der modernen Gesellschaft und alternativen Perspektiven auf die Darstellung des Orients.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Saids Konzept des Orientalismus und dessen zentrale Argumente; der Einfluss des Orientalismus auf die moderne Historiographie; die Kritik an Saids Orientalismustheorie; der Orientalismus in der modernen Gesellschaft; und alternative Perspektiven auf die Darstellung des Orients.
Welche Autoren werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Edward Said und sein Werk "Orientalism". Zusätzlich werden die Theorien und Ansätze von Antonio Gramsci, Michel Foucault, Marion Müller, Aleida Assmann, Sadiq Jalal al-Azm und Suzanne Marchand diskutiert und kritisch beleuchtet.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit ist in sieben Kapitel gegliedert. Sie beginnt mit einer Einleitung, die das Thema einordnet und den Aufbau der Arbeit beschreibt. Die folgenden Kapitel analysieren Saids "Orientalism", untersuchen den Einfluss des Orientalismus auf die moderne Historiographie unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven (Müller, Assmann), beleuchten gängige Topoi des Orients in der Geschichtsschreibung, den Orientalismus in der modernen Gesellschaft und schließlich die Kritik an Saids Theorie (Al-Azm, Marchand, Cannadine).
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit verwendet eine methodisch vielschichtige Herangehensweise. Sie analysiert Saids "Orientalism" eingehend und setzt seine Thesen in den Kontext der Diskursanalyse (Foucault), der Kulturhegemonie (Gramsci) und der modernen Geschichtswissenschaft. Die Arbeit greift auf verschiedene Quellen zurück, um den Orientalismus in seiner Komplexität darzustellen und zu kritisieren.
Welche Kritikpunkte an Saids Werk werden angesprochen?
Die Arbeit diskutiert die Kritik an Saids "Orientalism", insbesondere die von Sadiq Jalal al-Azm ("Orientalism and Orientalism in Reverse") und Suzanne Marchand ("German Orientalism"). Al-Azm kritisiert Saids Darstellung des Orients und nennt den "umgekehrten Orientalismus". Marchand bietet eine alternative Perspektive mit Fokus auf den deutschen Orientalismus und relativiert Saids These vom Machtwissen.
Welche alternativen Perspektiven auf den Orient werden vorgestellt?
Neben der Kritik an Said werden alternative Perspektiven auf die Darstellung des Orients vorgestellt, insbesondere durch die Analyse der Arbeiten von Marion Müller und Aleida Assmann zur modernen Historiographie. Auch die Gegenposition von Cannadines "Ornamentalism" wird als alternatives Konstrukt zu Saids "Orientalism" erwähnt.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für die Arbeit?
Zentrale Schlüsselbegriffe sind: Orientalismus, Edward Said, Orientalism, Moderne Historiographie, Wissen und Macht, Diskursanalyse, Postkolonialismus, Kulturhegemonie, Kritik, Globalgeschichte, Stereotypen, Orient, Westen.
- Arbeit zitieren
- Bernd Adam (Autor:in), 2012, Saids Orientalismus in der historiographischen Tradition der Moderne, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/212485