Das deutsche Gesundheitswesen bietet seinen Patienten kaum Informationsmöglichkeiten bzgl. der Qualität von medizinischen Leistungserbringern.
Dieses Informationsdefizit hat bspw. der Arztnavigator der AOK, das Projekt AQUIK der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder die Pflegenoten im Pflegebereich erkannt. Durch veröffentlichte Qualitätsdaten (Public Reporting) werden einerseits die Qualitätsverbesserung und andererseits die Patientenflusssteuerung verfolgt. PR ist in den USA entstanden und findet immer mehr Anklang in anderen Ländern. Im Laufe der Zeit haben sich unterschiedliche PR-Instrumente entwickelt, die auf Stärken und Schwächen geprüft werden können, um Ansätze für Optimierungen herauszukristallisieren. Die Zielsetzung dieser Hausarbeit ist es, einen Überblick der verschiedenen deutschen und internationalen Public Reporting (PR)- Instrumente zu schaffen:
Nursing Home Compare (USA), New York State Cardiac Surgery Reporting System (USA), iWantGreatCare (UK), NHS Choices (UK), Pflegenoten (D) und die „Weisse Liste“ (D), die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten sowie Optimierungsansätze der deutschen Public Reporting (PR)-Instrumente darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
I ABBILDUNGSVERZEICHNIS
II ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG, ZIELSETZUNG & FRAGESTELLUNG DER THEMATIK
2 THEORETISCHER HINTERGRUND DER THEMATIK
3 METHODISCHES VORGEHEN IN DER AUFARBEITUNG DER THEMATIK
4 PR-INSTRUMENTE IM DEUTSCHEN GESUNDHEITSWESEN
4.1 „PFLEGENOTEN“
4.2 „WEISSE LISTE“
5 AUSGEWÄHLTE INTERNATIONALE PR-INSTRUMENTE
5.1 NURSING HOME COMPARE (USA)
5.2 NEW YORK STATE CARDIAC SURGERY REPORTING SYSTEM (USA)
5.3 IWANTGREATCARE (UK)
5.4 NHS CHOICES (UK)
6 VERGLEICHENDE BETRACHTUNG DER VERSCHIEDENEN INTERNATIONALEN PR-INSTRUMENTE
7 OPTIMIERUNGSANSÄTZE DER DEUTSCHEN PR-INSTRUMENTE
8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
III LITERATURVERZEICHNIS
IV QUELLENVERZEICHNIS
I Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Vertragliche und finanzielle Beziehungen in der ambulanten Versor- gung
Abb. 2: Weisse Liste
Abb. 3: Suche nach Diagnose
Abb. 4: Medicare.gov
Abb. 5: Internetangebot von Nursing Home Compare
Abb. 6: Krankenhaussterblichkeit NY 2002, nach Krankenhausreport 2004
Abb. 7: iwantgreatcare.org
Abb. 8: Arzt und Patient auf Augenhöhe
II Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung, Zielsetzung & Fragestellung der Thematik
Das deutsche Gesundheitswesen bietet seinen Patienten kaum Informati- onsmöglichkeiten bzgl. der Qualität von medizinischen Leistungserbringern. Dieses Informationsdefizit hat bspw. der Arztnavigator der AOK, das Projekt AQUIK der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder die Pflegenoten im Pflegebereich erkannt. Durch veröffentlichte Qualitätsdaten (Public Repor- ting) werden einerseits die Qualitätsverbesserung und andererseits die Pati- entenflusssteuerung verfolgt. PR ist in den USA entstanden und findet immer mehr Anklang in anderen Ländern. Im Laufe der Zeit haben sich unterschied- liche PR-Instrumente entwickelt, die auf Stärken und Schwächen geprüft werden können, um Ansätze für Optimierungen herauszukristallisieren. Die Zielsetzung dieser Hausarbeit ist es, einen Überblick der verschiedenen deutschen und internationalen Public Reporting (PR)- Instrumente zu schaf- fen: Nursing Home Compare (USA), New York State Cardiac Surgery Repor- ting System (USA), iWantGreatCare (UK), NHS Choices (UK), Pflegenoten (D) und die „Weisse Liste“ (D), die Gemeinsamkeiten und Unterschiede he- rauszuarbeiten sowie Optimierungsansätze der deutschen Public Reporting (PR)-Instrumente darzustellen.
2 Theoretischer Hintergrund der Thematik
Public Reporting (oder Public Disclosure) fällt unter die Systematik der nicht monetären Anreizsysteme, mit der Intention, Gesundheitsleistungsanbieter zu motivieren, ihre Qualifikationen und Leistungsfähigkeit öffentlich zu bele- gen und bewerten zu lassen.
Der Ansatz, die Qualität in der medizinischen Versorgung durch Vergleiche anzuheben, ist nicht neu. „ Der vermutlich weltweit erste systematische ver- gleichende Bericht von Daten über Krankenhausqualität wurde in London (England) zu Beginn der 1860er durch Arbeiten von Florence Nightingale publik, durch den große Unterschiede zwischen den Mortalitätsraten von Pa- tienten verschiedener Londoner Krankenhäuser offenbart wurden “.1 Das „Benchmarking“ begann dann in den 1980er Jahren in den USA und in den 1990er in Großbritannien. Allerdings wurden diese Informationen noch nicht veröffentlicht und konnten potentiellen Patienten daher nicht als Wahlkriteri- um dienen. Die Health Care Financing Administration (HCFA) machte 1987 zum ersten Mal vergleichende Mortalitätsraten in Krankenhäusern öffentlich.2
Um die optimale Klinik oder den besten Arzt auswählen zu können, benöti- gen Patienten verlässliche Informationen. „ Die Qualitätsinformationen zu niedergelassenen Ärzten, Fachspezialisten, Kliniken und Gesundheitsein- richtungen verfolgen das Ziel, Patienten eine Orientierungs- und Entschei- dungshilfe zu geben, um den »geeignetsten« Leistungserbringer wählen zu können. “3 Die Informationen stammen aus vielfältigen Quellen:
- unabhängige Ärztelisten, z. B. die FOCUS-Ärzteliste,
- Zertifikate wie DIN EN ISO oder QEP,
- Klinikführer und -navigatoren, z. B. die „Weisse Liste“, TK-Klinikführer,
- unabhängige Qualitäts- oder Testberichte,
- die Veröffentlichung konkreter Qualitätsdaten der Leistungserbringer,
z. B. über die Häufigkeit von Komplikationen.
Das Internet stellt im heutigen Zeitalter eine wichtige Informationsquelle für Patienten dar. Im Hinblick auf das Gesundheitswesen steht den Patienten hier ein breitgefächertes Angebot von Antworten über ihre unterschiedlichs- ten medizinischen und pflegerischen Fragen zur Auswahl. Jedoch bringt diese Informationsvielfalt auch ihre Nachteile mit sich, nicht immer sind die Informationen seriös und qualitativ fundiert. Leistungserbringer können durch hochwertig aufbereitete Präsentationen für Patienten und Interessierte auf sich aufmerksam machen und Patienten helfen, sich im Web-Dschungel
„2.0“ zu orientieren bzw. sich für die ihnen am meisten zusagenden und ent- sprechenden medizinischen Leistungsbringer zu entscheiden.
3 Methodisches Vorgehen in der Aufarbeitung der Thematik
Zum Thema „Public Reporting (PR)-Instrumente“ sollen aktuelle Literatur- standards berücksichtigt werden. Wissenschaftliche Ausarbeitungen sind auf dem deutschen Markt kaum vorhanden, was zum Teil der Aktualität der Thematik geschuldet ist. Somit muss der deskriptive Ansatz der PR-Instru- mente auf Präsentationen, Pressemitteilungen, Internetauftritten (bspw. der „Wissen Liste“ etc.) basieren. Das Ziel der Hausarbeit ist der überblickartige Vergleich der ausgewählten Public Reporting (PR)-Instrumente durch die o. g. Literatur- und Quellenrecherche mit einem Ausblick, der Ausarbeitung von Vor- und Nachteilen, eventuellen Gemeinsamkeiten der PR-Instrumente, welche Instrumente für den deutschen Markt in Zukunft als erfolgsverspre- chend angesehen werden und in welcher Methode diese Informationsquel- le(n) den besten Zugang für Patienten und Interessierte bieten können (bspw. durch Internetauftritte, Informationsbroschüren, zentrale Anlaufstel- len, Information seitens der Haus- und Fachärzte etc.), da m. E. diese Art von Informationsquelle in einer Zeit von zunehmenden Auskunfts- und Bera- tungsbedarf4 an Relevanz gewinnen wird.
4 PR-Instrumente im deutschen Gesundheitswesen
Nach Martin Emmert5 sind die Beziehungen der Vertragspartner im Gesund- heitswesen Deutschlands klar geregelt. Die Abb. 1 stellt die Relationen für den ambulanten Bereich dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Vertragliche und finanzielle Beziehungen in der ambulanten Versorgung6
Die Krankenkassen sind an Versorgung interessiert, die ihre Ressourcen schützt; die Kassenärztliche Vereinigung an einer Sicherstellung der Ge- sundheitsversorgung; der Hausarzt bemüht sich um seine Klientel, und der Versicherte, also der Patient, will und braucht eine seinen Bedürfnissen ent- sprechende medizinische bzw. psychologische Betreuung. Im Idealfall wählt der Versicherte einen Hausarzt. Nach § 76 SGB V besteht eine Wahlmög- lichkeit, d.h. er kann unter den „ vertraglich zur ärztlichen Behandlung ver- pflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelas- senen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wäh- len“ 7. Damit der Versicherte sein Wahlrecht in Anspruch nehmen kann, braucht er Informationen, die ihm seine Wahl ermöglichen. In Deutschland gibt es dazu insbesondere im Internet zahlreiche Möglichkeiten, von denen hier zwei erläutert werden sollen.
4.1 „Pflegenoten“
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat nach dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (2008) zusammen mit Vertretern der Leistungserbringer eine „ Bewertungssystematik nach Noten “8 veröffentlicht, die „die für Verbraucher relevanten Prüfergebnisse der Medizinischen Diens- te der Öffentlichkeit laienverständlich zugänglich “9 machen soll. Diese Noten sollen „ für mehr Transparenz bei den Angeboten von Heimen und Diensten sorgen. Auf einen Blick sollen Angehörige von Pflegebedürftigen “10 Verglei- che unter den Pflegeeinrichtungen anstellen können. Hier geht es also hauptsächlich um stationäre Einrichtungen, wenn auch 2008 „ Kriterien und die Bewertungssystematik zur Qualität der Pflegeheime nach § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI sowie am 17. Dezember 2008 eine ebensolche Regelung für die ambulante Pflege vereinbart “11 worden sind. Die Pflegenoten zwischen eins und fünf werden unter www.pflegenoten.de veröffentlicht, so besteht tatsächlich die Chance für Versicherte, einen Vergleich vorzunehmen. Bei der Einführung der Pflegenoten zwischen 2009 und 2011 wurden dazu „ alle Heime und Dienste “12 nach einer festgelegten Systematik geprüft. Indessen werden nicht alle Pflegenoten veröffentlicht, weil die Systematik angezweifelt und das komplette Verfahren in Frage gestellt wird. Unter www.pflegenoten.info ist die Diskussion dazu gut nachzuvollziehen, die ihren bisherigen Gipfel in der Forderung von Prof. Thomas Klie fand, der im März 2011 zusammen mit Franz J. Stoffer13 ein Moratorium für die Vergabe von Pflegenoten forderte. Klie, Sozial- und Rechtswissenschaftler und Professor für öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft an der Evangelischen Hochschule Freiburg, beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit praxis- und politikrelevanten Fragen der Pflege und des Pflegerechts. Er bemängelt an den Pflegenoten das Fehlen valider „ Grundlagen für Qualitätsindikatoren hinsichtlich der Ergebnisqualität in der Pflege “14. Es handele sich „ um einen Großversuch “15, den Verbrauchern werde „ keine fundierte Orientierung ver- mittelt “16.
In den Qualitätsprüfungen würde nur ein Teil der für die Pflegeheimbewohner und die ambulanten Pflegebedürftigen wichtigen Kriterien geprüft, so blieben nicht nur die „ individuell erlebte Lebensqualität und Zufriedenheit “17 sondern auch die Frage der freiheitsentziehenden Maßnahmen oder der sozialen Teilhabe außer Acht.
[...]
1 Schwartze, David Martin (2007), http://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-7888/DissEignung.pdf , S. 7 (abge- rufen am16.02.2013)
2 ebenda
3 http://www.andreas-meusch.de/resources/Nomos31_p4p.pdf (abgerufen am 17.02.2013)
4 durch Patienten, deren Angehörige, Interessierten etc. 5 Emmert, Martin, Pay for Performance (P4P) im Gesundheitswesen: 2008, S. 51
5 Emmert, Martin, Pay for Performance (P4P) im Gesundheitswesen: 2008, S. 51
6 eigene Darstellung nach Emmert, M.
7 § 76 SGB V Freie Arztwahl
8 Pflegenoten, http://www.gkv-spitzenverband.de/pflegeversicherung/qualitaet_in_der_pflege/pflegenoten/p flegenoten.jsp (abgerufen am 13.02.2013)
9 ebenda
10 ebenda
11 ebenda
12 ebenda
13 Franz J. Stoffer ist Diplom-Volkswirt und Geschäftsführer der Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH (CBT)
14 Nein zu Pflege-Noten, http://www.moratorium-pflegenoten.de/index.php/moratorium (ab- gerufen am 18.02.2013)
15 ebenda
16 ebenda
17 ebenda