Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema der Isotopien aus dem Bereich der sprachwissenschaftlichen Textlinguistik. Wesentliche Textgrundlagen sind die Ausführungen von François Rastier und der Lektürekolleg von Werner Kallmeyer u.a. sowie einige Artikel von Wolfgang Heinemann. Vor allem aber bezieht sich diese Arbeit grundlegend auf den Begründer des Isotopiekonzeptes Algirdas Julien Greimas. Die zentrale Frage, mit der sich diese Hausarbeit beschäftigt, ist: Was sind Isotopien und was kann man durch sie erfahren?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was sind Isotopien?
2.1. Das Untersuchen von Texten nach Isotopien
3. Eine Untersuchung
4. Resumé und Ausblick
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema der Isotopien aus dem Bereich der sprachwissenschaftlichen Textlinguistik. Wesentliche Textgrundlagen sind die Ausführungen von François Rastier und der Lektürekolleg von Werner Kallmeyer u.a. sowie einige Artikel von Wolfgang Heinemann. Vor allem aber bezieht sich diese Arbeit grundlegend auf den Begründer des Isotopiekonzeptes Algirdas Julien Greimas. Die zentrale Frage, mit der sich diese Hausarbeit beschäftigt, ist: Was sind Isotopien und was kann man durch sie erfahren? In diesem Zusammenhang folgt der Einleitung ein Kapitel, welches sich mit der Theorie des Isotopiegedankens beschäftigt und in dem die einzelnen Theorien der Fachliteratur beleuchtet werden. Des Weiteren wird versucht, eine Vorgehensweise zu skizzieren, an Hand derer man systematisch Isotopien in Texten suchen und entdecken kann. Diese Anleitung beruht auf einem Artikel von Thomas Anz über den Isotopieansatz in seinem „Handbuch der Literaturwissenschaft“ und auf Werner Kallmeyers Ausführungen im Lektürekolleg zur Textlinguistik.
In einem nächsten Schritt soll die dargelegte Theorie an einem Praxisbeispiel angewendet werden. Hierzu wird das Gedicht „Schöne Fraun mit schönen Katzen“ von Joachim Ringelnatz aus dem Jahr 1929 auf Isotopieebenen untersucht. Dabei wird versucht nach der vorgestellten Untersuchungsanleitung vorzugehen. Die Wahl des Gedichtes ist ein Zufallsprodukt und soll die Frage klären, ob eine Isotopieanalyse auch mit einem zufällig ausgewählten Gedicht funktioniert, oder ob diese sprachwissenschaftliche Untersuchung von literarischen Texten nur bei Autoren wie Gottfried Benn, Rainer Maria Rilke oder Thomas Mann, welche im Seminar vorgestellt wurden, funktioniert. Meine These ist, dass es möglich sein müsste, da die Untersuchungsanweisungen sehr allgemeiner Natur sind.
Immer im Hintergrund steht die Frage nach dem Nutzen einer solchen Untersuchung. Welche Erkenntnisse kann man erlangen, wenn man zum Beispiel in eine literarische Textanalyse diese sprachwissenschaftlichen Betrachtungen mit einbezieht? Ist eine solche Betrachtung ein Zugewinn für eine Textanalyse?
Für die Kennzeichnung von Lexemen und Semen habe ich die folgende Schreibweise gewählt: „Lexem“, [Sem].
2. Was sind Isotopien?
Der Begriff der Isotopie wurde von Algirdas Julien Greimas 1966 von den Naturwissenschaften entlehnt[1] und für die Textlinguistik geprägt. Ursprünglich kommt das Wort „ísos tópos“ aus dem Griechischen und bedeutet „derselbe Ort/ Ebene“[2].
Bei der Beschreibung von Isotopien handelt es sich um einen semantischen Ansatz der Textlinguistik, bei dem Greimas versuchte die „semantischen Textstrukturen mittels lexikalischer Indikatoren transparent zu machen“[3]. Vereinfacht ausgedrückt, sind Isotopien das „wiederholte Vorkommen einer sprachlichen Einheit“[4] in einem Text. Dabei wird davon ausgegangen, dass
der Kontext im Augenblick seiner Realisation in der Rede als ein System von Kompatibilitäten und Inkompabilitäten zwischen den Sem-Figurationen, deren Vereinigung es akzeptiert oder nicht akzeptiert [ist]; die Kompatibilität ist dabei in der Tatsache enthalten, daß zwei Sem-Kerne sich mit dem gleichen kontextuellen Sem verbinden können.[5]
Es ist wichtig, dass eine Isotopie mindestens zwei Einheiten umfasst, darüber hinaus ist die Zahl der rekurrenten Sememe unendlich.[6] Rekurrenz bezeichnet hier das wiederholte Auftreten von Merkmalen.
Rastier behauptet, dass eine Isotopie nur „eine syntagmatische, jedoch keine syntaktische Definition“[7] hat. Er geht davon aus, dass Isotopien nicht strukturiert sind. Das würde bedeuten, dass es zwar in Texten semantische Einheiten gibt, diese sich aber nicht zu einem Ganzen verflechten lassen. Dem widerspricht Gudrun Langer indem sie sagt:
[...] in Bezug auf alle Isotopieebenen eines Textes sowie deren Zusammenhänge ergibt sich sehr wohl eine gewisse Strukturierung. Denn mit jedem Wechsel des Redegegenstandes sind in der Regel jeweils Änderungen (Verschiebungen, Wechsel) der semantischen Merkmale verbunden.[8]
Ein Text lässt sich also „semantisch als ein Gefüge von 1 bis n Isotopieebenen definieren, wobei sich deren Anzahl nach der Anzahl der im Text dominierenden Merkmale richtet“[9]. Kallmeyer benennt die Isotopieebenen, die sich auf Wiederholungen von kontextuellen Merkmalen beziehen, „Monosemierungsebenen“[10]. Monosemierungen sind Festlegungen von Lexemen auf eine konkrete Bedeutung. Bei dem untersuchten Text kann es sich um jede Art von Verschriftlichung handeln. So sind sowohl ein Roman als auch ein Gedicht, ein Kochrezept und ein Zeitungsartikel aus Isotopieebenen aufgebaut. François Rastier unterteilt diese Isotopieebenen in drei Kategorien:
Die erste Ebene bildet die phonologische Ebene, bei der es sich um häufige Stilmittel der Lyrik handelt. So zählt Rastier Assonanzen, Alliterationen und den Reim in die phonologische Ebene. Auf der syntaktischen Ebene liegen die Redundanzen, die in einem Text auftreten. Schließlich bilden die „definitorische[n] Äquivalenz[en]“[11] die Ebene der Semantik.[12] Heinemann und Viehweger nehmen eine ähnliche Einteilung vor, sprechen aber in diesem Zusammenhang nicht von unterschiedlichen Ebenen, sondern von verschiedenen Arten von „Isotopieketten“[13]. Als Varianten führen sie die „Repetition“[14], die „Substitution durch grammatische Elemente“[15] und die „variierte Wiederaufnahme“[16] an. Zu letzterem werden die Stilmittel der Synonyme (Gatte – Ehemann), Hyperonyme (Vater – Familienmitglied), Antonyme (gehen – stehen) und Paraphrasen (kleine Schwester – Nesthäkchen der Familie) gezählt. Anhand dieser Isotopieketten (auch „Topikketten“[17] genannt) bildet sich eine Art „Isotopienetz“[18], welches sich wie ein roter Faden durch den Text zieht. Das Ergebnis ist die Textkohärenz. Das bedeutet, dass die Isotopien einen wichtigen Anteil an der Verständlichkeit des Textes innehaben. Weiter führt Heinemann eine wichtige Bedingung der Isotopieketten an:
Sie besteht darin, dass sich die Elemente der Isotopierelationen auf ein und dieselbe Erscheinung der Wirklichkeit beziehen müssen. Nur bei einer solchen Korefferenz können die entsprechenden lexikalischen Einheiten als Isotopieglieder innerhalb einer bestimmten Kette gelten.[19]
Würden die Mitglieder einer solchen Isotopiekette sich nicht auf dieselbe Wirklichkeit beziehen, wäre der Text in sich nicht schlüssig. Der Rezipient würde vergeblich nach einem einheitlichen Bedeutungszusammenhang suchen.
Allerdings reicht die Vernetzung von Isotopien nicht für die ganzheitliche Erklärung von Texten aus, da es durchaus Texte gibt, in denen keine Isotopierelationen zu finden sind.[20] Auf der anderen Seite ist auch das alleinige Vorkommen von rekurrenten Semen nach Heinemann nicht ausreichend, um einen verständlichen Text zu erhalten.[21] So gäbe es zwar zwischen den Wörtern eine Verbindung, aber die Sätze bezögen sich nur bedingt aufeinander. Wolfgang Heinemann bezieht sich dabei auf folgendes Beispiel: „Es gibt niemanden, den ihr Gesang nicht fortreißt. Unsere Sängerin heißt Josephine. Gesang ist ein Wort mit 5 Buchstaben. Sängerinnen machen viele Worte.“[22] Dieses Beispiel zeigt deutlich wo Isotopien an ihre Grenzen kommen und dass sie nicht der einzige wichtige Faktor für Kohärenz sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Analyse von Isotopien ist die Unterscheidung von einfachen und komplexen Isotopien. Bei den einfachen Isotopien liegt eine Monosemierung vor, während die komplexen Isotopien Lexeme enthalten, die nicht monosemiert oder nur zum Teil monosemiert sind. Nach Kallmeyer liegt die komplexe Isotopie „immer dann vor, wenn in einem Text ein Lexem virtuell (d. h. paradigmatisch) auf mehrere Monosemierungsebenen installierbar ist, faktisch aber keiner zugehört.“[23] Dies bedeutet, dass die komplexen Isotopien mehrere Bedeutungen innehaben. Man bedient sich ihnen des Öfteren in bestimmten Textsorten, so findet man zum Beispiel unter anderem sehr häufig in Wortspielen und Witzen. Ein Beispiel ist:
Unterhalten sich 2 Kerzen.
Fragt eine Kerze die andere: "Du, sach mal, ist Wasser gefährlich?"
Antwortet die Andere: "Da kannste von ausgehen."[24]
Bei diesem Witz ist das Lexem „ausgehen“ nicht monosemiert, wodurch die Aussage doppeldeutig wird.
2.1. Das Untersuchen von Texten nach Isotopien:
Im Folgenden soll untersucht werden, wie man Isotopien in einem Text erkennt und welche Vorgehensweisen es gibt. Thomas Anz entwickelte eine solche „Suchanweisung für eine strukturale Textanalyse“[25], in welcher er das Vorgehen bei einer Isotopieuntersuchung formulierte. Als Vorraussetzung muss folgendes gegeben sein:
Der Inhalt bzw. die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens (Signifikat) lässt sich als eine Kombination von semantischen Merkmalen (>Komponenten<, auch: >Seme<) beschreiben, mit denen sie sich von partiell ähnlichen Signifikaten anderer Zeichen unterscheiden.[26]
[...]
[1] Wolfgang Heinemann. Das Isotopiekonzept. Berlin New York 2000, S. 55.
[2] Hadumod Bußmann. Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1990, S. 357.
[3] Margot Heinemann. Grundlagen der Textlinguistik. Tübingen 2002, S. 72.
[4] François Rastier. Systematik der Isotopien. Frankfurt am Main 1974, S. 157.
[5] Algirdas Julien Greimas. Strukturale Semantik. Braunschweig 1971, S. 45.
[6] François Rastier. Systematik der Isotopien. Frankfurt am Main 1974, S.157.
[7] Ebd. S.157.
[8] Gudrun Langer. Textkohärenz und Textspezifität. Frankfurt a. M. 1995, S.132.
[9] Kallmeyer u.a. Lektürekolleg zur Textlinguistik. Einführung. Frankfurt am Main 1975, S. 147.
[10] Ebd. S.150.
[11] François Rastier. Systematik der Isotopien. Frankfurt am Main 1974, S. 157.
[12] Ebd. S. 157.
[13] Wolfgang Heinmann, Dieter Viehweger. Textlinguistik. Tübingen 1991, S. 38.
[14] Ebd. S.38.
[15] Ebd. S.38.
[16] Ebd. S.38.
[17] Margot Heinemann, Wolfgang Heinemann. Grundlagen der Textlinguistik. Tübingen 2002, S. 73.
[18] Ebd. S.73.
[19] Wolfgang Heinmann, Dieter Viehweger. Textlinguistik. Tübingen 1991, S. 39.
[20] Ebd. S. 39.
[21] Wolfgang Heinmann, Dieter Viehweger. Textlinguistik. Tübingen 1991, S. 40.
[22] Wolfgang Heinmann, Dieter Viehweger. Textlinguistik. Tübingen 1991, S. 40.
[23] Kallmeyer u.a. Lektürekolleg zur Textlinguistik. Einführung. Frankfurt am Main 1975, S. 156.
[24] http://wortspiele.npage.de/antiwitze_45925229.html (2.4.2011)
[25] Thomas Anz. Das Isotopiekonzept. Stuttgart 2007, S. 60.
[26] Ebd. S.59.