Wir leben heute in einer von visuellen Reizen überladenen Welt – Fernsehen, Video, Zeitschriften und Zeitungen, Werbung und das Internet arbeiten mit den verschiedensten Mitteln, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Alle verwenden Bilder und optische Anreize, um die gewünschte Aufmerksamkeit sicherzustellen. Anlässlich dieser Dominanz des Visuellen im alltäglichen Bereich fragt man sich, wenn diese denn offensichtlich so erfolgreich ist, warum nicht ähnliche Mittel viel häufiger im Unterricht genutzt werden.
Ein Ansinnen dieser Arbeit ist es somit, zu untersuchen, ob Bilder positive Effekte im Lernen bewirken können, ob hierdurch Motivation, Aufmerksamkeit und Behaltensleistung befördert werden können.
Dieser Ansatz ist nicht neu, die Tradition des Lernens mit Bildern begann mit Comenius, sie wird von Erziehungswissenschaft und Fachdidaktik fortgesetzt. Dabei beschränkt sich erstere aber häufig auf die Untersuchung des Lernens mit Bildern bei jüngeren Kindern, etwa im Grundschulalter, wohingegen letztere stark auf den Bereich der Sekundarstufe I, also den beginnenden Fremdsprachenerwerb, fokussiert. In der Sekundarstufe II, die hier im Mittelpunkt der Betrachtung steht, wird der Bildeinsatz theoretisch weniger häufig gestreift.
Erstaunlicherweise ist das Bild heutzutage trotz der intensiven Forschung zumeist nur als schmückendes Beiwerk im Unterricht anzutreffen. Andere Medien haben es wieder verdrängt, zudem eine deutliche Dominanz des geschriebenen Wortes vorherrscht. Eindeutige Definitionen, handfeste Bildungsinhalte sind in der Schule dem Arbeiten auf mehreren Eingangskanälen gleichzeitig vorzuziehen, lautet die landläufige Meinung. Ob es nicht vielleicht auch anders geht, und trotzdem (oder gerade deshalb) gelernt wird, soll hier erprobt werden.
Aus den Eingangsbemerkungen zur visuellen Flut im alltäglichen Leben ergibt sich die Notwendigkeit, diese auch in die Schule schwappen zu lassen, um dort eine Kompetenz der Schüler zu entwickeln, selbständig mit Bildinformationen umgehen zu können. Dies ist Teil dessen, was unter dem Stichwort „visual literacy“ diskutiert wird.
Ziel der Arbeit wird es sein, zunächst eine theoretische Grundlage zum Lernen mit Bildern zu schaffen, um diese dann in der Praxis umsetzen zu können. Daran anschließend sollen die praktischen Erfahrungen wiederum reflektiert und analysiert werden. Meine Ausgangsthese hierbei ist, dass im Englischunterricht mit Bildern sinnvoll inhaltlich und sprachlich gearbeitet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Wahrnehmung
2.2. Visuelle Medien im Englischunterricht
2.3. Funktionen und Möglichkeiten von Bildern im Unterricht
2.4. Tiefere Darlegung einzelner Varianten
2.4.1. Möglichkeit 1: Aktivierung und Antizipation (1. Stunde)
2.4.2. Möglichkeit 2: Kreatives Schreiben zu Bildern (3. Stunde)
2.4.3. Möglichkeit 3: Dialogerstellung zu Bildern (6. Stunde)
2.4.4. Möglichkeit 4: Wiederholung (8. Stunde)
3. Unterrichtsvoraussetzungen
3.1. Allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen
3.2. Spezielle Unterrichtsvoraussetzungen
4. Planung der Unterrichtsreihe
4.1. Didaktisch-methodische Überlegungen und Entscheidungen
4.2. Thematische Schwerpunkte - Sachanalyse
4.3 Auswahl der sprachlichen Schwerpunkte
4.4. Auswahl der Bildmedien
4.5. Lernziele
4.6. Klausur
5. Synopse der Unterrichtsreihe
6. Durchführung und Analyse ausgewählter Unterrichtsstunden
6.1. Möglichkeit 1: Aktivierung und Antizipation
6.2. Möglichkeit 2: Kreatives Schreiben zu Bildern
6.3. Möglichkeit 3: Dialogerstellung zu Bildern
6.4. Möglichkeit 4: Wiederholung
6.5. Analyse Klassenarbeit
7. Gesamtreflexion
8. Anhang
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wir leben heutzutage in einer von visuellen Reizen überladenen Welt – Fernsehen, Video, Zeitschriften und Zeitungen, Werbung und das Internet arbeiten mit den verschiedensten Mitteln, um Aufmerksamkeit zu erlangen, sie stehen in einem immer größer werdenden Wettstreit miteinander. Alle verwenden Bilder und andere optische Anreize, um die gewünschte Aufmerksamkeit sicherzustellen, da ist es nur ehrlich, wenn eine Tageszeitung sich gleich so nennt und mit dem Slogan „BILD dir deine Meinung“ wirbt. Anlässlich dieser Dominanz des Visuellen im alltäglichen Bereich fragt man sich, wenn diese denn offensichtlich so erfolgreich – will heißen, werbewirksam weil einprägsam – ist, warum nicht ähnliche Mittel viel häufiger im Unterricht genutzt werden – natürlich unter Beachtung der unterschiedlichen Menschenbilder und Ziele, die in der Werbebranche bzw. in der Schule allgemein üblich sind.
Ein Ansinnen dieser Arbeit ist es somit, zu untersuchen, ob Bilder positive Effekte im Lernen bewirken können, ob hierdurch Motivation, Aufmerksamkeit und Behaltensleistung befördert werden können. Dieser Ansatz ist nicht neu, schon Comenius verwendete 1658 Bilder in seinem Orbis Sensualium Pictus, um den Lernern die zu vermittelnden Vokabeln näher zu bringen. Hiermit wurde eine lange Tradition des Lernens mit Bildern eröffnet, die auch in der Erziehungswissenschaft und der Fachdidaktik fortgesetzt wird. Dabei beschränkt sich erstere aber häufig auf die Untersuchung des Lernens mit Bildern bei jüngeren Kindern, etwa im Grundschulalter, wohingegen letztere stark auf den Bereich der Sekundarstufe I, also den beginnenden Fremdsprachenerwerb, fokussiert. In der Sekundarstufe II, die hier im Mittelpunkt der Betrachtung steht, wird der Bildeinsatz theoretisch weniger häufig gestreift.
Erstaunlicherweise ist das Bild heutzutage trotz der intensiven Forschung zumeist nur als schmückendes Beiwerk im Unterricht anzutreffen. Andere Medien haben es wieder verdrängt, zudem eine deutliche Dominanz des geschriebenen Wortes vorherrscht. Eindeutige Definitionen, handfeste Bildungsinhalte sind in der Schule dem Arbeiten auf mehreren Eingangskanälen gleichzeitig vorzuziehen, lautet die landläufige Meinung. Ob es nicht vielleicht auch anders geht, und trotzdem (oder gerade deshalb) gelernt wird, soll hier erprobt werden.
Die Forderung nach „eindeutigen“ Inhalten legt auch die Frage nahe, was denn überhaupt „eindeutig“ ist. Als Synonyme hierfür benennen Wörterbücher z.B. „anschaulich“, „bildhaft“ oder „augenfällig“, also Wortprägungen, die visuelle Aspekte betonen. Auch „Bildung“ beinhaltet in seiner Wortbildung „Bild“[1], also wieder die „Anschaulichkeit“. Ähnliche Wortprägungen, die die Bedeutung der Sinne für das Verständnis betonen, finden sich – nicht nur im Deutschen – zuhauf. Natürlich kann man auch die Frage stellen, ob beim Lernen mit Bildern nicht eher gilt: „Aus den Augen – aus dem Sinn“. Dieses zu untersuchen ist Teil dieser Arbeit.
Aus den Eingangsbemerkungen zur visuellen Flut im alltäglichen Leben ergibt sich die Notwendigkeit, diese auch in die Schule schwappen zu lassen, um dort eine Kompetenz der Schüler[2] zu entwickeln, selbständig und kritisch mit den Bildinformationen umgehen zu können. Dies ist Teil dessen, was unter dem Stichwort „visual literacy“ intensiv diskutiert wird[3]. Die Schule muss nicht nur das Lesen und Schreiben vermitteln, sondern darüber hinaus auch das Sehen. Wie bei allen anderen Lernprozessen auch ist dabei zunächst von einfacheren Lerngegenständen auszugehen, im Fall dieser Arbeit sind dies nur unbewegte Bilder, Filme oder auch Bildfolgen werden nicht Eingang finden.
Ziel der Arbeit wird es sein, zunächst eine theoretische Grundlage zum Lernen mit Bildern zu schaffen, um diese dann in der Praxis umsetzen zu können. Daran anschließend sollen die praktischen Erfahrungen wiederum reflektiert und analysiert werden. Meine Ausgangsthese hierbei ist, dass im Englischunterricht mit Bildern sinnvoll inhaltlich und sprachlich gearbeitet werden kann.
2. Theoretische Grundlagen
Im Folgenden sollen einige theoretische Grundlagen und Hintergründe zum Lernen mit Bildern erläutert werden. Nach einer kurzen Skizzierung wahrnehmungstheoretischer Hintergründe werden diese dann als Grundlage für die Betrachtung von visuellen Medien im Unterricht herangezogen. Der Schwerpunkt wird somit in der Anwendung in der Unterrichtspraxis liegen, nicht auf psychologischen oder biologischen Geschehen, die nur ansatzweise mit ihren für das übergeordnete Thema relevanten Aspekten angerissen werden sollen.
2.1. Wahrnehmung
Wahrnehmung ist ein Prozess, der durch die unterschiedlichsten Reize und deren Aufnahme mittels Sinnesorganen und der anschließenden Verarbeitung grob beschrieben werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit ist insbesondere die visuelle Wahrnehmung von Relevanz. Obwohl „[d]as Sehen das wichtigste und komplexeste Wahrnehmungssystem für den Menschen“[4] darstellt, spielt es im Englischunterricht zumeist nur eine dem Hören nebengeordnete Rolle. Jedoch werden „70-80% aller den Menschen erreichenden Informationen [...] über das Auge empfangen. Die Aufnahmekapazität des optischen Kanals ist etwa zehnmal größer als die des akustischen, wobei aber die Verarbeitung im Gehirn, die Interpretation der Sinnesdaten, vermutlich wesentlich selektiver ist.“[5]. Aus diesem Grund erscheint es besonders sinnvoll, das Sehen näher zu betrachten.
Wahrnehmung läuft auf drei Stufen ab: Auf der ersten Stufe, der sensorischen Stufe, werden Sinnesempfindungen kodiert und analysiert, auf der darauffolgenden Stufe werden diese Informationen zusammengefasst und organisiert und auf der dritten Stufe, der Stufe der Klassifikation, werden die wahrgenommenen Objekte identifiziert und kategorisiert.
Auf die sensorische Stufe, die die Aufnahme der eintreffenden Lichtwellen durch das Auge und die Weitergabe an das Sehzentrum über den Sehnerv beinhaltet, soll nicht näher eingegangen werden.
Auf der zweiten Stufe finden verschiedene, unbewusste Organisationsprozesse statt. Hierbei ist zunächst die Gliederung des aufgenommenen Bildes von Interesse. Bilder werden auf der Grundlage von Farben oder Formen in größere, zusammengehörige Bereiche unterteilt. Ebenso findet eine Gruppierung formengleicher und ähnlicher oder benachbarter Objekte statt. Diese Gruppierungen geschehen aufgrund von Prozessen, die von den Gestaltpsychologen als Wahrnehmungsgesetze formuliert wurden. Aus den hier nur kurz und unvollständig angerissenen Organisationsprozessen ergeben sich für die Unterrichtspraxis Konsequenzen, auf die weiter unten eingegangen werden soll.
Auf der dritten Stufe der Wahrnehmung finden Klassifikationsprozesse statt. Wahrgenommene Objekte werden dabei identifiziert oder als Vertreter bestimmter Kategorien erkannt und in entsprechende Schemata eingeordnet. Hierbei finden Interpretationsprozesse statt, die von individuellen Voraussetzungen stark beeinflusst werden können: „Klassifikation [...] ist ein Prozeß, innerhalb dessen Gedächtnis, Erwartung, Motivation, Persönlichkeitseigenschaften und soziale Erfahrungen eingesetzt werden, um das Wahrgenommene zu erfassen.“ (Zimbardo 1992: 181)
Bei der Klassifikation unterscheidet man Bottom-up und Top-down Prozesse. Bottom-up Prozesse gehen von den Daten aus und führen zur Interpretation derselben. Welche Daten aufgenommen werden, ist allerdings stark von der Aufmerksamkeit abhängig. Bei Top-down Prozessen ist die Art und Menge der aufgenommenen Daten von Aspekten höherer geistiger Prozesse abhängig. Diese Prozesse entstehen im Gehirn und beeinflussen die Auswahl, Organisation und Interpretation der Informationen durch Faktoren wie Gedanken, Vorwissen oder Erwartungen. Vielfach laufen Bottom-up und Top-down Prozesse gleichzeitig und nebeneinander ab.
Aus den hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellten psychologischen Prozessen bei der Bildwahrnehmung lassen sich bereits erste Konsequenzen für die Unterrichtsplanung ableiten. Man sollte sich bei der Verwendung eines Bildes zur Vermittlung von Unterrichtsinhalten etwa der stattfindenden Gruppierung bewusst sein und Bilder darauf hin untersuchen, wie mit den zumeist vom Künstler (im weitesten Sinne des Wortes, also auch z.B. Fotografen) intentional angelegten Gruppierungen Vorstellungen übermittelt werden sollen. Somit ergibt sich für Schüler durch sinnvoll genutztes Wahrnehmen die Möglichkeit, hilfreiche Interpretationsansätze zu entwickeln. Daneben erleichtern Gruppierungen die Aufnahme eines Ganzen, allerdings ist so die aufgewendete Denkleistung am geringsten und nicht immer ausreichend. Ein vorschnelles „Abhaken“ einer visuellen Information kann deshalb dadurch verhindert werden, dass Bilder in mehrere Einzelbereiche zerlegt werden.
Auf der Stufe der Klassifikationen wird man, um zu den gewünschten Lernzielen zu gelangen, eventuell die Aufmerksamkeit der Schüler lenken müssen, damit von den Daten aus die entsprechenden höheren Prozesse ablaufen können. Darüber hinaus müssen Faktoren wie das Wissen oder die Erfahrungen der Schüler (z.B. Verwurzelung im Hier und Jetzt) mit beachtet und gegebenenfalls erweitert oder hinterfragt werden, um Interpretationen zu ermöglichen oder zunächst gefundene Interpretationen nochmals zu überarbeiten.
2.2. Visuelle Medien im Englischunterricht
Bilder werden im Englischunterricht aus den verschiedensten Gründen eingesetzt. Sie dienen häufig nur der Illustration eines Lehrbuchtextes ohne weitere Funktion. Sie können aber auch sehr sinnvoll zur Lernprogression verwendet werden. Der vorläufige Rahmenplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule[6] benennt folgende sechs Funktionen von Medien im Allgemeinen: Darbietungsfunktion, Motivierungsfunktion, Übungsfunktion, Aktualisierungsfunktion, Differenzierungsfunktion, Kontroll- und Diagnosefunktion. Darüber hinaus finden sich in der Literatur weitere Funktionen, wie etwa: Funktion des Realitäts-Ersatz, der Anschaulichkeit oder Gedächtnisstütze[7] ; Rationalisierungs-, Optimierungs-, Auslösungs- und Steuerungsfunktion[8] ; heuristische Funktion, Problemlösungsfunktion und Handlungssteuerungsfunktion[9]
Bilder können in den verschiedensten Gestaltungen in den Englischunterricht eingebracht werden, sie können dabei je nach Einsatzort unterschiedliche didaktische Aufgaben erfüllen. Konkret „haben Bilder einen Platz in allen Unterrichtsphasen, von der Aufwärmphase über die Einführung neuer Sprachmittel, die Anwendung, Übung und den Transfer bis hin zur Wiederholung und Auffrischung.“[10] In den verschiedensten Aufsätzen zum Einsatz von Bildern im Englischunterricht finden sich Hinweise auf die Nützlichkeit im Bereich der Landeskunde wenn überhaupt, dann nur als Nachsatz und nebengeordnete Funktion. Der landeskundliche Bereich soll aber hier insbesondere fokussiert werden, wobei auch die Spracharbeit nicht vernachlässigt werden soll. Bilder können in allen Phasen das Unterrichts eingesetzt werden, wobei bei der thematischen Betrachtung eines Bildes „[s]chon aus zeitlichen Gründen [...] die Bildbetrachtung meistens im Mittelpunkt einer Stunde stehen [wird]“[11]. Bilder eignen sich für den Einstieg in ein Thema, wenn sie keine weiteren Vorkenntnisse voraussetzen, werfen aber Fragen auf, die Interesse wecken und im Unterricht mit Hilfe von erläuternden Texten geklärt werden können. Umgekehrt eignen sich Bilder auch für den Schluss einer Unterrichtsstunde oder -reihe und werden dort wiederholend, festigend oder vertiefend eingesetzt, um das zuvor erworbene Wissen anzuwenden.
Bilder können für den Unterricht nach unterschiedlichen Gesichtspunkten kategorisiert werden: z.B. nach der Darstellungsart, dem Grad der Offenheit, den Darbietungstechniken, der Gestaltung oder den Quellen.
Eine Grobeinteilung unterscheidet nach darstellenden Bildern und logischen Bildern. Scherling/ Schuckall (1993: S. 30) benennen als Kategorien von Bildtypen darstellende Bilder, logische Bilder, Zeichnungen und Fotos. Diese Unterteilung erscheint allerdings nicht sinnvoll, zumal sie z.B. die Karikatur sowohl als Beispiel für darstellende Bilder als auch als Beispiel für Zeichnungen heranziehen. Deshalb schließe ich mich in meiner Einteilung der Meinung an, wie sie auch Joan Peeck[12] vertritt, dass darstellende Bilder Ähnlichkeiten zeigen mit dem, was sie darstellen. Mögliche Formen von darstellenden Bildern sind Cartoons, Gemälde, Zeichnungen, Karikaturen, Skizzen, Collagen, Fotografien oder auch Standbilder aus Filmen. Diese Bilder sind teilweise mit einem kommentierenden Text versehen, der eine nebengeordnete Rolle spielt.
Darstellende Bilder ermöglichen eine Anschaulichkeit und Unmittelbarkeit, die in der Landeskunde Vorteile hat. „Bildliche und bildhafte Veranschaulichung verfügt über Leistungsmöglichkeiten [...] für die Darstellung von Sachverhalten, die anders nicht in die Schulstube zu holen sind. Das ist ganz besonders im Hinblick auf landeskundliche Inhalte des [Fremdsprachenunterrichts] bedeutsam.“ (Löschmann 1993: 117) Bei der Thematisierung geschichtlicher Aspekte im landeskundlichen Unterricht kommt noch hinzu, dass darstellende Bilder „Vergangenes in gewissem Umfang rekonstruierbar“ (Kratzsch 1992: 3) machen – eine Rekonstruktion, die, nicht nur in der Fremdsprache, rein sprachlich nur schwer zu leisten ist.
Im Gegensatz zu den darstellenden Bildern stehen die logischen Bilder. Bei logischen Bildern handelt es sich um Bilder, durch die Sachverhalte deutlich und sichtbar gemacht werden, die keine direkte Entsprechung in der Natur haben. Hierzu gehören unter anderem Schemata, Diagramme, Grafiken, Schaubilder oder auch Tabellen. Allen Formen logischer Bilder ist gemeinsam, dass sie ein schnelles Erfassen der enthaltenen Informationen erlauben, ihre Deutung aber erlernt werden muss. Bilder dieser Art sollen in der Unterrichtsreihe nur am Rande Verwendung finden, da sie weder Unmittelbarkeit noch Offenheit bieten.
Bilder jedweder Art können offen oder geschlossen sein. Geschlossene Bilder sind ganz auf Eindeutigkeit hin angelegt, sie sind perfekt und erfordern keine weitere Auseinandersetzung mit dem Dargestellten. Sie passen sich vorgeprägten Schemata an und sind deshalb schnell und einfach zu verarbeiten. Damit wird jedoch der Wahrnehmungsvorgang abgeschlossen und eine tiefere Durchdringung erscheint nicht notwendig, da ja „alles klar“ ist. Offene Bilder sind dahingegen mehrdeutig, sie weichen von dem ab, was als normal empfunden wird, erzeugen Dissonanzen und kognitive Konflikte, sind ungewöhnlich und regen „[j]e offener sie in verschiedenen (räumliche, zeitliche, kulturelle, soziale) Dimensionen sind“ (Scherling/ Schuckall 1993: 33) zu Äußerungen, Interpretationen und Veränderungen an. Insgesamt ist dennoch festzuhalten, dass Bilder im Allgemeinen offener sind als Texte, da sie kein Sprachmaterial vorgeben, aber eine aktive sprachliche Auseinandersetzung mit dem Dargestellten herausfordern. Die visuellen Reize müssen in sprachliche Informationen umgesetzt werden, dies fördert eine sprachliche Vernetzung[13] stärker als die bloße Rezeption eines Lehrbuchtextes. Darüber hinaus geben alle Bilder jedem Schüler die Möglichkeit, seine Gedanken, Gefühle, Assoziationen und Eindrücke entsprechend seinen sprachlichen Fähigkeiten zu formulieren.
Bilder, die im Unterricht verwendet werden können, unterscheiden sich zusätzlich nach Art der Darbietung und Ausführung. Sie können den Schülern ganz oder teilweise z.B. als Foto, Dia, Tafelbild, Poster, Standbild eines Films oder Overheadfolie präsentiert werden. Dabei können sie unterschiedlich gestaltet sein, etwa als schwarzweiße oder farbige Abbildung, sie können zeitgenössische Illustrationen des zu betrachtenden Zeitraums oder zu einem späteren Zeitpunkt entstanden sein. Nicht nur aus zeitlicher, auch aus räumlicher Distanz können Bilder entstanden sein. Oftmals werden mit Bildern unterschiedliche Intentionen verfolgt, es finden sich „insbesondere Bilder, die Historisches heroisierend, idealisierend, verklären darstellen“ (Kratzsch 1992: 4). Im Sinne eines landeskundlichen Unterrichts, der nicht nur geschichtliche Fakten übermittelt, sondern zugleich Anschauungen, Mythen oder Ideologien, wie sie in dem entsprechenden Land existieren und auf das Denken und Handeln der Menschen Einfluss nehmen, begreifbar machen will, können auch solche „verfälschten“ Bilder Verwendung finden und sinnvoll genutzt werden, solange diese Abweichungen von der historischen Wirklichkeit thematisiert und problematisiert werden.
Die für den Englischunterricht geeigneten Bilder stammen aus den unterschiedlichsten Quellen: Sie sind nicht nur eigenständige Gemälde, sondern finden sich auch z.B. in Zeitungen (als Illustrationen oder als Werbung) oder auf Briefmarken.
Bei der Auswahl der im Unterricht schließlich einzusetzenden Bilder spielen sowohl pragmatische Gründe (wie technische Möglichkeiten oder Angebot an vorhandenen Bildern) als auch didaktische Überlegungen eine Rolle. Hier sind natürlich die didaktisch begründeten Überlegungen ausschlaggebend, da Unterricht nicht von den Medien her zu entwickeln ist, sondern von den Lernzielen einerseits und den Bedingungen, die beim Lernenden vorhanden sind, andererseits. Erst wenn diese bestimmt worden sind, kann nach den Einsatzmöglichkeiten für Medien jedweder Art gefragt werden. „Eine Verselbständigung [des Medieneinsatzes] muss vermieden werden.“ (Rahmenplan 7-10: 15). Der Medieneinsatz muss somit ständig kontrolliert und begründbar sein.
Der Aspekt der didaktisch begründeten Bildauswahl steht in engem Zusammenhang mit den unterschiedlichen Funktionen und Einsatzmöglichkeiten von Bildern im Unterricht, auf die im folgenden Abschnitt näher eingegangen werden soll.
2.3. Funktionen und Möglichkeiten von Bildern im Unterricht
Bilder werden zu unterschiedlichen Zielen verwendet. Zum einen sollen sie Lerninhalte vermitteln, zum anderen wird ihnen auch eine motivationsfördernde Wirkung nachgesagt.
Wie bereits erwähnt (S. 6) werden Bilder im Englischunterricht in den unterschiedlichsten Phasen verwendet. Aus ökonomischen Gründen werden hier nur kurz verschiedene Möglichkeiten des Einsatzes und der Verwendung angesprochen, ohne sie weiter auszuführen. Die Varianten, die später in der Darstellung der Durchführung und der Analyse besonders fokussiert werden, werden allerdings in einem separaten Teilabschnitt ausführlich vorgestellt.
Bilder werden in frühen Phasen des Unterrichts oder einer Unterrichtsreihe als Einstimmung in ein Thema durch bloße Anschauung genutzt, sie helfen bei der Semantisierung und dienen der Wiederholung von bereits Gelerntem.
Eine Bildbeschreibung ist eine erste einfache sprachlich-kommunikative Äußerung, die von Schülern unterschiedlicher Leistungsniveaus erbracht werden kann und Einblick gibt in vorhandenes Sachwissen und vorhandene Vokabelkenntnisse.
Später werden Bilder als Mittel der Vertiefung, der Differenzierung oder als Merkhilfe verwendet. Bilder vermitteln Informationen, die nicht immer ähnlich überzeugend von Texten dargestellt werden können.
Bilder dienen auf hohem Anforderungs- und Lernzielniveau als Anregung zu weiterführendem Denken und Interpretieren und zur mündlichen und schriftlichen Sprachproduktion (kreativ, beschreibend; etwa Tagebucheintrag, Zeitungsartikel, Dialoge und deren szenische Umsetzung). Nicht zuletzt fördern sie als Diskussionsanlass auch das freie Sprechen.
Zusätzlich können Bilder auch zur Leistungsmessung eingesetzt werden.
Bilder können das Lernen der Schüler positiv beeinflussen, indem sie die Schüler motivieren. Bilder, so findet man es in der Literatur immer wieder[14], können Interesse wecken und erhalten – ein Interesse an der Fremdsprache, „das in der Regel nach den ersten Lernjahren rapide sinkt“ (Hilger 1999: 7) – , eine Stimmung oder ein Gefühl wecken oder das Lernen auffrischen. Bilder wenden sich an Schüler auf unterschiedlichen Ebenen, durch sie „[...] wird nicht nur der Intellekt, sondern auch die affektive Seite des Lernens angesprochen“ (Scherling/ Schuckall 1992: 10). Des Weiteren unterscheiden sich Bilder als Unterrichtshilfsmittel von anderen insofern, als dass sie auf einem zusätzlichen, in der Schule häufig vernachlässigtem, Eingangskanal agieren. Die oftmals einzige Art visueller Informationsaufnahme ist die Schrift, mit deren Hilfe Lerninhalte vermittelt werden. Dies widerspricht den Gewohnheiten der Schüler sehr, da sie in einer stark durch visuelle Reize überfluteten Welt leben, sich in ihr zurechtfinden und diese Reize aus eigenem Antrieb suchen.
Hierbei stellt sich natürlich die Frage, ob die durch bunte Bilder geschaffene Motivation nun intrinsisch ist, oder ob weiterhin die Angst vor schlechten Noten eine viel stärkere Motivation ist, sich am Unterricht zu beteiligen. Es werden zwar Medien verwendet, wie sie auch im Freizeitbereich der Schüler täglich Beachtung finden, jedoch bleibt trotzdem die Verknüpfung mit einem Lerngegenstand und nicht nur die Betrachtung der Bilder um ihrer Selbst willen.
Motivation fördert im Allgemeinen die Aufmerksamkeit. Ebenso fördern Bilder die Aufmerksamkeit. „Bilder können die Aufmerksamkeit generell auf [einen] Text lenken. Sie können aber auch die Aufmerksamkeit auf spezielle Textstellen richten, die für den Bildinhalt von Bedeutung sind.“ (Peeck 1993: 60)
Eine Motivationsförderung liegt auch begründet in wechselnden Methoden, Bilder leisten hier, wenn sie nicht ausschließlich verwendet werden, ebenso wie andere Medien und Methoden, einen Motivationsanreiz. „Bilder bereichern die methodischen Möglichkeiten. Es wird nicht nur gelesen, nachgesprochen, erklärt, sondern auch lehrbuchunabhängig gearbeitet.“ (Scherling/ Schuckall 1993: 10)
2.4. Tiefere Darlegung einzelner Varianten
Im Folgenden möchte ich die Varianten näher vorstellen, die im Verlauf der Arbeit im Mittelpunkt stehen sollen. Hierbei sollen unterschiedliche Möglichkeiten der Arbeit mit Bildern betrachtet werden, die Auswahl erfolgt aber auch unter Berücksichtigung des Anspruchs der Progression, die in der Reihe und somit auch in den verschiedenen Möglichkeiten vorhanden sein sollte. Weitere didaktisch- methodische Entscheidungen werden in Kapitel 4. erläutert.
Die ebenfalls mit Hilfe von Bildmaterial durchgeführte Lernzielkontrolle soll nicht an dieser Stelle, sondern in Kapitel 4.6. und 6.5. weiter thematisiert werden.
2.4.1. Möglichkeit 1: Aktivierung und Antizipation (1. Stunde)
In der ersten Stunde der Unterrichtsreihe sollen Darstellungen bei der Aktivierung von bereits vorhandenem Schülerwissen Verwendung finden. Die Aufnahme von neuen Lerninhalten ist leichter und effektiver, wenn diese in Beziehung gesetzt werden können zu schon Gelerntem. Hierdurch werden Verknüpfungen ermöglicht und eine Einordnung in größere Zusammenhänge, die ein nachhaltiges Lernen zulassen.
Bei dieser Möglichkeit des Bildeinsatzes werden den Schülern Darstellungen gezeigt, die sie zumindest teilweise erkennen und einordnen können. Durch die gemeinschaftliche, fortschreitende und Teilaspekte fokussierende Beschreibung werden sowohl Inhalte als auch Vokabelkenntnisse reaktiviert und für den weiteren Verlauf der Unterrichtsreihe zur Verfügung gestellt. Es kann somit eine Vorentlastung stattfinden.
In einem weiteren Schritt werden die Schüler dann ausgehend von den selben bildlichen Darstellungen zum Thema Fragen aufwerfen und den Verlauf der Unterrichtsreihe antizipieren können. Auch dieses Vorgehen trägt letztendlich zu einem besseren, weil selbständig durchdachten und geplanten, Lern- und Behaltensprozess bei.
Bilder dienen somit, wenn auch in leicht abgewandelter Absicht, in dieser Stunde als „advance organizer“. Scherling/ Schuckall halten fast, dass „[d]urch [ advance organizer ] eine Vorerwartung und ein Interesse am Stoff geweckt werden [soll]. Je schwieriger und fremder die Inhalte sind, um so wichtiger ist ein advance organizer als Unterrichtsphase, in der die Lerner ihr Vorwissen einbringen, Hypothesen bilden und Distanz abbauen können.“ (Scherling/ Schuckall 1993: 94). Hierfür halten sie Bilder als besonders geeignet.
Zur Auswahl der Bilder in dieser Variante müssen in unterschiedlicher Gewichtung Faktoren wie leichte Dekodierbarkeit des Bildmaterials, Offenheit, Bekanntheitsgrad (der Darstellungsart) und Deutlichkeit beachtet werden. Die Präsentation hat zwei Ziele: Einerseits soll sie freie Assoziationen aus dem bereits Bekanntem ermöglichen und deshalb wenig, z.B. im gewählten Bildausschnitt, einschränken ohne dabei allerdings eine Reizüberflutung und völlige Blockade auszulösen, andererseits muss die Form der Präsentation eine Verständigung über den Bildinhalt ermöglichen, d.h. die Abbildung muss allen Schülern gleich gut zugänglich sein, etwa durch eine Overhead-Projektion, bei der eine kommunikative, weil nicht mit dem Kopf über den Tisch geneigte, Arbeitsumgebung geschaffen werden kann.
[...]
[1] Auf die Ursprungs- und Ideengeschichte von „bilden“, „Bild“ und „Bildung“ geht Peter Stöger ausführlich ein: Peter Stöger „Bilden, Bild und Bildung – pädagogisch-anthropologische und psychonanalytische Überlegungen.“ In: Bild und Bildung. Beiträge zur Grundlegung einer pädagogischen Ikonologie und Ikonographie. Franz Pöggler (Hg). Frankfurt/ Main: Peter Lang, 1997. S.267-316
[2] Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, werden in Rahmen dieser Arbeit Doppelungen wie „Schülerinnen und Schüler“ zugunsten des generischen Begriffs „Schüler“ aufgegeben.
[3] ein Beispiel unter vielen ist etwa Rune Petterson‘s „Visual Literacy und Infologie“ In: Wissenserwerb mit Bildern: instruktionale Bilder in Printmedien, Film/ Video und Computerprogrammen. Bernd Weidemann (Hrsg.). Bern/ Göttingen/ Toronto/ Seattle: Huber, 1993. S. 170-193
[4] Philip G Zimbardo. Psychologie. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 51992. S. 167
[5] Susanne Hesch / Karsten Meier . „Bildung kommt von Bild...“ Mittel und Methoden der Visualisierung in der politisch-kulturellen Bildung. Hannover, 1990. S. 68
[6] Vorläufiger Rahmenplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule. Klassen 7-10. Fach Englisch. Hrsg.: Senator für Schulwesen, Jugend und Sport. Berlin, 1984/85. S. 15
[7] Theo Scherling / Friedrich Schuckall. Mit Bildern lernen. Berlin: Langenscheidt, 21993. S. 13-17
[8] Marianne Löschmann. „Lern- und Lehrmittel: Funktionen – Leistungen – Auswahlkriterien“. In: Jung, Udo O.H. (Hrsg.) Praktische Handreichung für Fremdsprachenlehrer. Frankfurt a.M.: Lang, 1992 (Bayreuther Beiträge zur Glottodidaktik; Bd. 2) 113-120. S. 115
[9] Stary, Joachim. Visualisieren: ein Studien- und Praxisbuch. Berlin: Cornelsen Scriptor, 1997. S. 23f
[10] Sabine Hilger. „Lernen mit Bildern“. In: Der fremdsprachliche Unterricht 38. (2/1999). 4-9, S. 8
[11] Ernst Hildebert Kratzsch. „Die Verwendung des Bildes im Geschichtsunterricht der Sekundarstufe I“. In: RAAbits Geschichte Dezember 1992. 3-12. S.6
[12] Joan Peeck. „Wissenserwerb mit darstellenden Bildern. In: Wissenserwerb mit Bildern: instruktionale Bilder in Printmedien, Film/ Video und Computerprogrammen. Bernd Weidemann (Hrsg.). Bern/ Göttingen/ Toronto/ Seattle: Huber, 1993. 59-94, S. 59
[13] Bernd Weidenmann. „Mit Bildern informieren“ In: Pädagogik (5). 8-13. S.11
[14] vgl. etwa Peeck, 60