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Diplomarbeit, 2009
108 Seiten, Note: 1,0
1 THEMATIK, WEGE DER BEARBEITUNG UND DARSTELLUNG
1.1 Thematik4
1.1.1 Eigene Motivation für die Themenwahl
1.1.2 Abgrenzung des Themas und deren Begründung
1.2 Voraussetzungen in Literatur und Forschung, Verbreitung und Rezeption
1.2.1 In Bezug auf die Pädagogik Montessoris
1.2.2 In Bezug auf die Erkenntnisse der Neurowissenschaften
1.3 Wege der Bearbeitung und Darstellung...10
1.3.1 Aufbau der Arbeit
1.3.2 Der Vergleich
2 DIE MONTESSORI- PÄDAGOGIK
2.1 Leben der Maria Montessori
2.1.1 Kindheit, Jugend und erste Berufswahl
2.1.2 Weg zur Pädagogik und Wirken innerhalb der Pädagogik
2.2 Das pädagogische Konzept
2.2.1 Anthropologische Annahmen
2.2.2 Der Lernbegriff
2.2.3 Überblick über die Grundbegriffe und ihren Zusammenhang
2.2.4 Methodische Vorgehensweise
3 DIE NEUROWISSENSCHAFTEN
3.1 Gegenstand und aktuelle Entwicklungen
3.1.1 Erkenntnisinteresse
3.1.2 Geschichtlicher Zugang
3.1.3 Aktuelle Disziplinaufteilung
3.2 Methoden
3.2.1 Beobachtungen
3.2.2 Experimente
3.2.3 Bildgebungstechniken
3.3 Probleme und Grenzen neurowissenschaftlicher Forschung
3.3.1 Das Tier als Untersuchungsgegenstand
3.3.2 Die Interpretation von Ergebnissen aus bildgebenden Verfahren
3.3.3 Die konstruierte Testsituation
3.3.4 Das „standardisierte“ Gehirn
3.4 Das Verhältnis von Neurowissenschaften und Pädagogik
3.4.1 Unterschiedliche Erklärungsebenen
3.4.2 Die Unterbestimmtheit der Neurowissenschaften bei kulturellen Phänomenen
3.4.3 Das Anregungspotenzial der Neurowissenschaften für kulturelle Phänomene
3.5 Der Lernbegriff
3.5.1 Der klassische Lernbegriff
3.5.2 Der Lernbegriff in den Neurowissenschaften
4 ZENTRALE BEGRIFFE DER MONTESSORI- PÄDAGOGIK IM VERGLEICH MIT NEUROWISSENSCHAFTLICHEN ERKENNTNISSEN
4.1 Determination des Menschen: „Anlage oder Umwelt“?
4.1.1 Innerer Bauplan, Vorbereitete Umgebung und Freiheit bei Montessori
4.1.2 Anlage, Umwelt und die Bedeutung der Freiheit aus neurowissenschaftlicher Sicht
4.1.3 Vergleich
4.2 Lernen innerhalb bestimmter Perioden
4.2.1 „ Sensible Perioden“ bei Maria Montessori
4.2.2 „Zeitfenster“ in den Neurowissenschaften
4.2.3 Vergleich
4.3 Lernen im Kleinkindalter
4.3.1 Die Lernform „Absorbierender Geist“ bei Montessori
4.3.2 Neurowissenschaftliche Sicht der frühkindlichen Lernform
4.3.3 Vergleich
5 BEDINGUNGEN DES LERNENS NACH MONTESSORI IM VERGLEICH MIT NEUROWISSENSCHFATLICHEN ERKENNTNISSEN
5.1 Aufmerksamkeit und Lernen65
5.1.1 „Polarisation der Aufmerksamkeit“ bei Montessori
5.1.2 Neurowissenschaftliche Betrachtung von Aufmerksamkeit
5.1.3 Vergleich
5.2 Selbsttätigkeit und Lernen
5.2.1 Selbsttätigkeit bei Montessori
5.2.2 Selbsttätigkeit aus der Sicht der Neurowissenschaften
5.2.3 Vergleich
5.3 (Wahl-) Freiheit, Selbstbestimmung und Lernen
5.3.1 (Wahl-) Freiheit, Selbstbestimmung und Lernen bei Montessori
5.3.2 (Wahl-) Freiheit, Selbstbestimmung und Lernen neurowissenschaftlicher Sicht
5.3.3 Vergleich
6 RESÜMEE
6.1 Weitgehende Übereinstimmungen
6.2 Ergebnisse der Untersuchung der zentralen Begriffe
6.3 Ergebnisse der Untersuchung der Bedingungen des Lernens
Literaturangaben
Während meines Studiums begegnete mir der Name Maria Montessori und die Theorie hinter diesem Namen viele Male, da Maria Montessori unweigerlich zu den pädagogischen Klassikern gehört, des Weiteren ist sie die bekannteste Pädagogin. Ihr Name ist eng verbunden mit der Zeit der Reformpädagogik, welche sich Ende des 19. Jahrhunderts und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts herauskristallisierte.
Die Montessori- Pädagogik bezeichnet eine von Montessori ab 1906 eingeführte Bildungsmethodik und -philosophie für Kindergärten und Schulen.
Montessoris Erziehungs- und Bildungskonzept, welches auch unter dem Namen Montessori- Pädagogik bekannt ist,ist auch heute noch von hoher Relevanz. So arbeiten auch in Deutschland zahlreiche Kindergärten und Schulen nach den Prinzipien Maria Montessoris. Diese sind des Weiteren auch in andere Bildungs- und Erziehungskonzepte eingeflossen. So ist zum Beispiel das Prinzip der offenen Unterrichtsform aus den Grundschulplänen nicht mehr wegzudenken.
Doch auch die Masse der Sekundärliteratur zu Maria Montessori bestätigt ihre ungebrochene Relevanz in der pädagogischen Schriftenlandschaft.
Auf Grund dieser Fakten finde ich eine nähere Untersuchung dieses pädagogischen Klassikers sehr interessant, und zwar vor allem aus der Perspektive der Neurowissenschaften.
War das Gedankengut Montessoris während meines Studiums oftmals präsent, begegneten mir neurowissenschaftliche Aussagen zum Thema Lernen lediglich in nur einem Seminar.
Der Grund dafür mag wohl darin liegen, dass es sich bei den Neurowissenschaften in ihrer heutigen Form um einen relativ neuen Forschungszweig handelt: In den letzten zehn Jahren wurden innerhalb dieses Wissensbereiches neue Methoden entwickelt, mit deren Hilfe Einblicke in das Gehirn vereinfacht und teilweise auch erst ermöglicht wurden[1].
In den letzten Jahren drängen die Ergebnisse der Neurowissenschaften zunehmend in die pädagogische Fachöffentlichkeit und auch in die Theorieentwicklung innerhalb dieses Forschungszweiges.
So werden die Neurowissenschaften teilweise als die aktuelle Leitdisziplin der Frühpädagogik benannt, da sie Einblicke in die frühkindliche Entwicklung der Hirnprozesse gewähren und somit wichtige Aussagen zu den Bedingungen des Lernens gemacht werden können. Zudem scheinen sie „handfester“ und für Manchen auch objektiver zu sein, als die für Laien oft schwammig wirkenden pädagogischen Theorien.
Die Fülle der Publikationen in diesem Bereich ist ein Indiz für diese Vermutungen. So erreicht gerade Manfred Spitzer mit seinen Veröffentlichungen relativ hohe Verkaufszahlen.
Doch es gibt auch Kritik. So stellt sich die Frage, ob Lernvorgänge auf die physischen Bestandteile des Gehirns reduziert werden können, und ob die Neurowissenschaften der Pädagogik tatsächlich stichhaltige Ergebnisse liefern können. Des Weiteren ist fraglich, wie nützlich diese Ergebnisse für die Pädagogik überhaupt sind.
In der vorliegenden Arbeit werde ich die Prinzipien der Maria Montessori zum Thema Lernen mit den Erkenntnissen der Neurowissenschaften vergleichen. Dieses Unterfangen scheint mir besonders interessant zu sein, da es zwischen Montessori und den Neurowissenschaften wesentliche Unterschiede gibt. Während Montessori ein Bildungs- und Erziehungskonzept anhand von Beobachtungen und Erfahrungen, aus denen sie Schlüsse über den menschlichen Geist und das menschliche Lernen zieht, betrachten die Neurowissenschaften die physischen Voraussetzungen von Lernen und die physischen Prozesse, welche beim Lernen ablaufen.
Es handelt sich also um eine gänzlich andere Herangehensweise an die Erforschung der Bedingungen des Lernens, umso spannender ist es daher zu untersuchen, ob bei den Ergebnissen Ähnlichkeiten und Parallelen zu finden sind.
Das Erziehungs- und Bildungskonzept der Maria Montessori ist äußerst umfangreich, umfasst es doch die frühe Kindheit, das Kindes- und das Jugendalter. Des Weiteren werden die Beziehungen zwischen dem Individuum und der Welt beleuchtet[2] und pädagogische Intentionen herausgearbeitet.
Ich werde jedoch nur ausgewählte Begriffe und Prinzipien zum Thema Lernenaus Montessoris Theoriegebäude zum Vergleich heranziehen, da nicht zu allen Aspekten der Montessori- Pädagogik neurowissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Wie bereits erwähnt sind die Naturwissenschaften in ihrer heutigen Form ein junger Forschungszweig und stehen erst am Anfang ihrer Arbeit. So fehlen noch Antworten auf viele Fragen, weshalb man auch gewisse Aspekte der Montessori- Pädagogik anhand der Neurowissenschaften noch nicht prüfen kann.
Zudem würde es den Rahmen dieser Arbeit sprengen, wollte ich das gesamte Theoriegebäude Montessoris mit neurowissenschaftlichen Aussagen vergleichen.
Internationale Beachtung fanden hauptsächlich Montessoris pädagogische Schriften. Diese sind auch von Interesse für diese Arbeit, weshalb ich mich im Folgenden lediglich auf diese beziehe.
Das Werk Montessoris ist mittlerweile weltweit zugänglich.
Die meisten dieser Schriften entstanden aus den Mitschriften ihrer Zuhörer auf den zahlreichen internationalen Vortragsreisen und Ausbildungskursen. Diese wurden in andere Sprachen übersetzt, teilweise auch nach einer Sichtung durch Montessori, korrigiert und autorisiert und teilweise erst nach vielen Jahren in Druck gegeben.
Auch heute noch werden Bücher herausgegeben, die auf den zahlreichen und verstreuten Mitschriften der Montessori- Vorträge beruhen. So lässt sich nach Schulz (-Benesch) sagen, dass wahrscheinlich erst ein Teil der Reden Montessoris in gedruckter Form zur Verfügung steht. Es liegt in der Natur dieses Prozesses, dass man eine Systematik der Schriften vergeblich sucht. (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 32 ff).
Probleme der Montessori- Schriften
In der Art der Entstehung von Montessoris Büchern gründen wohl auch manche Kritikpunkte und Vorwürfe an Montessoris pädagogisches Konzept: So war sie eine begnadete Rhetorikerin, ihre Sprache war mit Metaphern gespickt, und viele Beispiele machten sie anschaulich, lebendig und leidenschaftlich. Doch diese Ausdrucksweise konnte nur im gesprochenen Wort zur Geltung kommen, während die Vorträge in schriftlicher Form Missverständnissen den Boden nährten (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 32).
Ihr drastisch- bildhafter Ausdruck und ihr Hang zu Übertreibungen ließen ihre Aussagen leicht widersprüchlich und auch unwissenschaftlich erscheinen. Daneben war Montessori in ihren selbst verfassten Schriften nicht besonders prägnant (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 33).
Die Schriften Montessoris erschweren jedoch nicht durch ihren Stil, sondern auch durch formale Charakteristika die Rezeption. So gibt es keine Primärliteratur in der Form einesLehrbuches, in dem eine systematische Aufarbeitung der Montessori- Pädagogik stattfinden würde. Selten haben die Werke ein Register, Kapitelüberschriften sind ebenfalls rar oder ihre Reihenfolge und ihr Bezug werden nicht klar, so dass sie ihre Funktion als Lesehilfe nur schlecht erfüllen (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 35).
Theorie und Praxis
Die Wechselwirkung von Theorie und Praxis ist bei Montessori in zweifacher Hinsicht problematisch: So durchziehen praktische Anleitungen ihre Werke, während das theoretische Fundament eher nebenläufig gesetzt wird (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 34), weswegen leicht der Eindruck eines Mangels an Wissenschaftlichkeit entstehen kann.
Zudem ist es ist schwierig, das Gedankengebäude der Montessori- Pädagogik nur auf Grund einer theoretischen Auseinandersetzung zu verstehen, denn ihre Methodik lebt von der Praxis. Der übliche Weg der Rezeption führt jedoch meist nicht soweit, dass das Gelesene in der Praxis erprobt wird. So zog auch kaum jemand die praktische Seite in sein Urteil mit ein. Die Montessori- Pädagogik wurde daher unter Anderem auf Grund dieses Umstandes erst nach 1946 auf weiterer Ebene ausgeübt (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 33).
Mangelnder Zugang zur Montessori- Theorie in Deutschland
Gerade auch in Deutschland stellte sich die Rezeption der Montessori- Schriften als besonders schwierig dar, weil hier lange Zeit nur eine unzureichende Quellenbasis gegeben war, da die Werke erst spät ins Deutsche übersetzt wurden(Waldschmidt, I.: 2006, 33 f).
Des Weiteren hatte die auf demokratischen Grundsätzen beruhende Montessori- Pädagogik mit dem totalitären Regime zu kämpfen. Dementsprechend war die damalige Resonanz auf ihr Werk durch nationalistische und rassistische Tendenzen gekennzeichnet. Als plakatives Beispiel sei hier nur ein Titel eines Artikels genannt, welcher gegen die Montessori- Pädagogik Stellung bezog. Er lautet: „Gegen die Ausländerei in der Pädagogik“ (Waldschmidt, I.: 2006, 34).
Während der NS- Zeit waren dann auch alle Montessori- Einrichtungen geschlossen und
das Werk der Montessori wurde nicht gedruckt (Waldschmidt, I.:2006, 35).
Doch nach dem zweiten Weltkrieg erfuhr das Montessori- Konzept relativ rasch eine Verbreitung durch Vertreter, die dieses Gedankengut über den Krieg hinweg getragen haben. Seit den 60er Jahren wird auch die Primärliteratur immer zugänglicher[3] (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 35).
So verbreitete und verbreitet sich die Montessori- Pädagogik national und international in immer weiterem Maße, da sie in der Praxis überzeugte und überzeugt. Nach Waldschmidt existieren 2006 in mindestens 38 Ländern Einrichtungen nach den Prinzipien der Montessori (2006, 36).
Steigende Zahl der Veröffentlichungen
Die rasanten Entwicklungen innerhalb der Neurowissenschaften spiegeln sich in der gestiegenen Anzahl der Veröffentlichungen in diesem Bereich wieder. Dieser Wissenschaftszweig findet auch in der Populärliteratur zunehmend Beachtung.
Beispielhaft genannt seien hier die Veröffentlichungen des Neurowissenschaftler Manfred Spitzer, welche durch ihren einfachen und humorvollen Schreibstil auch fachfremde Leser ansprechen.
Nach Nicole Becker erfreuen sich neurowissenschaftliche Befunde und Forderungen vor allem in der pädagogischen Ratgeberliteratur großer Beliebtheit. Allerdings schlagen sich ihrer Meinung nach diese Rezeptionen nicht in neurowissenschaftlich fundierten Optimierungsprozessen in der Lehr-/ Lernorganisation nieder. So resümiert sie, „…dass das rezipierte Wissen in Ratgebern zum hirngerechten Lernen und Lehren einer Überprüfung nicht standhalten kann. Ratgeber sind den Kontrollmechanismen wissenschaftlicher Diskurse entzogen...“ (2005, 166).
Rezeptionsansätze innerhalb der erziehungswissenschaftlichen Literatur
Auch innerhalb der Erziehungswissenschaften findet eine vermehrte Rezeption neurowissenschaftlicher Werke statt. Vor allem nach dem „PISA-Schock“ 2004 ließ sicheine enorme Zuwendung verzeichnen, teilweise wurden die Neurowissenschaften zu wahren Heilsbringern ernannt (vgl. Blakemore, S.- J.: Frith, U.:2006, 8 f ), erhoffte man sich von ihnen oftmals einfache und objektive Lösungen, welche das deutsche Bildungssystem aus der angeblichen Bildungsmisere herausholen sollten. Allerdings sei nach Blakemore und Frith die Hoffnung trügerisch, dass „…schulisches Lernen mit all seinen Problemen (…) verstanden werden (könne; die Verf.), wenn man erst im sicheren Hafen der Naturwissenschaften angelangt sei“ (vgl. 2006, 8 f). So stellt sich auch die Frage, ob eine starke Präsenz auch zugleich eine hohe tatsächliche Bedeutsamkeit darstellt. Durchhaus können beide nämlich nicht gleichgesetzt werden.
Nach Becker werde jedoch zumindest im Gegensatz zur Ratgeberliteratur die neurowissenschaftliche Forschung „…in der erziehungswissenschaftlichen Literatur inhaltlich korrekt referiert…“ (Becker, N. : 2005, 204).Weiterhin weist sie daraufhin, dass diese Rezeption einen eher marginalen Stellenwert einnimmt (vgl. Becker, N. : 2005, 171), auch wenn sie zugenommen hat.
Es scheint hierbei zwei Lager zu geben: Die einen befürchten einen Biologismus des pädagogischen Denkens, die anderen prognostizieren eine völlig neue Neurodidaktik[4]. Tatsächlich gibt es Schwierigkeiten bei der Übertragung und Fruchtbarmachung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in pädagogische Implikationen, die in der Verschiedenartigkeit beider Disziplinen gründen. Hier ist auf den Begriff des Reduktionismus zu verweisen, der in Kapitel 3.4.2 eine genauere Erläuterung erfährt.
Berichterstattung über das Verhältnis von Neurowissenschaftenund Pädagogik
Zunehmend entstehen kritische Reflektionen über das Verhältnis von Hirnforschung und Pädagogik, welche auch die Grenzen der Verwertbarkeit neurowissenschaftlicher Erkenntnisse innerhalb der Pädagogik benennen. Beispielhaft genannt seien hier die Veröffentlichungen des Wissenschaftstheoretikers und Philosophen Ralf Schumacher, der sich kritisch zu der Neurodidaktik äußert, oder auch die Dissertation Nicole Beckers, welche die Rezeption der Neurowissenschaften innerhalb der Pädagogik beleuchtet. Aber auch Eberhard Reich untersucht die Brauchbarkeit neurowissenschaftlicher Ergebnisse für die Lehr-/ Lernforschung und Pädagogik.
Zunächst erfolgt in Kapitel 2 eine Kurzdarstellung über das Leben der Maria Montessori, das Theoriegebäude der Montessori- Pädagogik und dessen Methodik. Zudem beleuchte ich den Lernbegriff aus der Sicht Montessoris.
In Kapitel 3 gebe ich einen Überblick über den Wissenschaftsbereich der Neurowissenschaften. Dazu werfe ich jeweils auch einen Blick auf die Methoden der Erkenntnisgewinnung, denn diese sind bei Montessori und in den Neurowissenschaften völlig unterschiedlich. Eine Beleuchtung der Methoden ist jedoch von hoher Relevanz, denn teilwiese stehen diese in engem Zusammenhang zu den Ergebnissen, teils lassen sich die Ergebnisse auch durch die gewählten Methoden erklären, zumindest aber können die Ergebnisse nur aus der Kenntnis der angewandten Methoden heraus verstanden werden. Wichtig ist somit auch das Wissen um die Möglichkeiten, Grenzen und Probleme der angewendeten Methoden.
Die Kapitel 4 und 5 stellen den Hauptteil der Arbeit dar. In diesen werden die ausgewählten Prinzipien und Bedingungen, welche von Montessori eine Bedeutsamkeit in Bezug auf das Lernen zugesprochen bekamen, in drei Schritten bearbeitet: Zunächst wird das Prinzip anhand der Schriften Montessoris dargestellt. Im zweiten Unterkapitel betrachte ich die neurowissenschaftlichen Aussagen zum obigen Aspekt. Im dritten Unterkapitel folgt der Vergleich der Aussagen der Neurowissenschaften mit den Aussagen Maria Montessoris.
Maria Montessori wurde am 31.08.1870 in Chiaravalle in Italien als einziges Kind von Alessandro und Renilde Montessori geboren. Ihr Vater war zunächst Offizier der Freiheitsbewegung in Italien, doch wird er später zum Staatsbeamten ernannt. Das verändert auch seine Einstellungen und Prinzipien, was sich wiederum auf seine Erziehungsvorstellungen auswirkt.
Montessoris Mutter hingegen war es schon von zu Hause aus gewohnt, dass Bildung und auch die Bildung der Frau einen hohen Stellenwert haben. Sie selbst war auch ungewöhnlich gebildet für eine Frau in der damaligen Zeit, übte jedoch keinen Beruf aus. Auch die Freiheitsbewegung verfolgte sie interessiert. Da sie keinen Beruf ausübte, konnte sie sich intensiv um die Erziehung ihrer einzigen Tochter kümmern, wobei sie besonderes Gewicht auf die Sozialerziehung legte. So bemerkte sie über ihre Tochter: „ Im Umgang mit den Spielgefährten zeigte sie bald eine ausgesprochene Führernatur; meistens war sie es, die Beschäftigungen auswählte oder neue erdachte.“ (Böhm, W.: 1991, 42).
Während der Grundschulzeit war Montessori keine gute Schülerin, was eventuell dadurch bedingt war, dass die italienische Grundschule damals restriktiv- autoritär organisiert war, im Gegensatz zu der Erziehung durch die Mutter. Im Alter von etwa zehn Jahren erwachte jedoch Maria Montessoris Ehrgeiz, der dahin führte, dass sie ihre frühe Schulzeit sogar hervorragend abschloss.
Montessoris Vater wünschte sich für seine Tochter den Beruf der Lehrerin, den sie bis zu ihrer Heirat ausüben sollte. Das war das damalige gesellschaftliche Ideal für bürgerliche Töchter. Doch Montessori selbst hatte ganz andere Vorstellungen: So durfte sie mit der Rückendeckung ihrer Mutter eine technisch- naturwissenschaftliche Schule besuchen. Doch obwohl die Lehrinhalte modern waren, blieben die Methoden die alten: Es ging wieder einmal um bloßes Pauken, eigenständiges, individuelles Lernen und kritisches Hinterfragen waren nicht möglich. So ist nach Waldschmidt zu vermuten, dass „ Ihr späterer Kampf gegen das erstarrte Schulsystem, seine Konformität, seine physische und geistige Passivität und seine festgeschraubten, unbequemen Schulbänke…hier seine Wurzeln [hat, die Verf. ].“ (2006).
1890 beendete Montessori ihre Schulzeit mit guten Noten. Ihr Berufswunsch, Ärztin zu werden, war vor allem für ihren Vater inakzeptabel, denn er entsprach keineswegs den gesellschaftlichen Vorgaben, mehr noch, der Arztberuf war lediglich Männern vorbehalten. Doch nach dem Überwinden vieler Hürden und einem ungewöhnlichem Engagement durfte sie sich doch immatrikulieren, auch wenn dies im Studienalltag mit besonderen Hürden im sozialen Bereich verbunden war, da sie die einzige Frau in dieser Fakultät war. So musste sie Isolation und Provokation über sich ergehen lassen. Das brachte sie zum Zweifeln: „…Wie war es mir nur in den Sinn gekommen, Anatomie zu studieren?“, jedoch verlor sie das Ziel nicht aus den Augen: „ Das Ziel, das leuchtende Ziel! Mir schien, als leuchte das Ziel ganz oben. Aber der Weg, der zu ihm führte! Nein, dieser Weg war zu fürchterlich…“ Doch schließlich verschwanden ihre Selbstzweifel und sie kämpf sich allein durch ihr Studium und erwarb doch noch durch gute Leistungen den Respekt ihrer Lehrer und Kommilitonen.
Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, gab Montessori Nachhilfestunden, welche ihr pädagogisches Denken forderten.
Zudem engagierte sie sich für die Frauenbewegung. 1896 wurde sie Delegierte am Internationalen Frauenkongress in Berlin. Bald wurde sie zum Presseliebling, was ihr jedoch nicht recht war, da sie von da an beschloss „ernsthafte Arbeit“ (Kramer, R.: 1983, 25) zu tun…
Mit 26 Jahren erwarb sie folglich ihren Doktortitel in Medizin und Chirurgie und arbeitete danach zwei Jahre lang in einer Kinderabteilung, in der sie an der Erforschung des Zusammenhangs zwischen der Schilddrüsenfunktion und ihrem Einfluss auf Geisteskrankheiten teilnahm. Waldschmidt sagt hierzu: „ Maria Montessoris Berufsethos, Leiden zu lindern und sozialen Missständen durch Reformen zu begegnen, wurde durch ihre Beobachtungen in den Irrenanstalten verstärkt. Noch Jahre später sah sie in der Begegnung mit den bedauernswerten und von der Gesellschaft vergessenen Geschöpfen die Initiationserfahrung für ihr Lebensziel“ (2006, 18).
An dieser Stelle vollzog sich auch der Schritt von der Medizin über die Sozialmedizin zur Pädagogik: Während eines Besuches einer Irrenanstalt bemerkte Montessori, dass die Kinder mit dem ihnen dargereichtem Brot spielten. Montessori interpretierte das Spiel mit den Brotkrümeln dahingehend, dass diese Kinder eine Beschäftigung suchten. Zur damaligen Zeit war nämlich die Versorgung der Grundbedürfnisse der Kinder gegeben, sie bekamen jedoch keinerlei anderweitige Zuwendung und Anregung.
Auf Grund dieses Erlebnisses suchte Montessori nach Literatur über die Erziehungspraxis bei behinderten Menschen, wobei sie auf die Schriften der französischen Ärzte Itard und Seguin stieß. Bei Itard las sie über dessen Experiment, welches darin bestand, einen etwa elfjährigen Jungen bei sich aufzunehmen, der ohne jeglichen Kontakt zu Menschen etwa sechs Jahre unter Tieren im Wald gelebt hatte. Itard nahm es sich zur Aufgabe, diesen Jungen zu erziehen, der jedweden Sinneseindrücken, außer Waldgeräuschen, unzugänglich war. Konträr zu der Meinung der übrigen Fachwelt interpretierte Itard die Teilnahmslosigkeit des Jungen nicht als Idiotie, sondern als Mangel an Sinneseindrücken und daraus folgend einen Mangel an Ausbildung der Sinne. Itards Intention war es nun, diese Entwicklungsdefizite zu kompensieren. Er wollte über die Anregung und Kanalisierung der Sinne den Geist des Jungen entwickeln und ihn zum Sprechen befähigen.
Durch die Darstellungen Itards wurde Montessori die Bedeutung der Sinne für die Entwicklung deutlich.
Auch Seguin hob die Bedeutung der Sinne hervor. Er entwickelte für seine Erziehungsmethode spezielles Material, welches für Maria Montessori eine Inspiration für ihr eigenes Material darstellte.
Angeregt durch diese Schriften informierte sich Montessori auf einer Studienreise in mehreren Ländern über die dortige Erziehungspraxis bei Menschen mit Behinderungen.
Als sie wieder in Rom war, setzte sie die neu erworbenen Theorien in einer der Klinik angeschlossenen Schule in die Praxis um. Zudem begann sie mit Entwürfen von eigenem Fördermaterial. Nach Waldschmidt kam sie „…immer mehr zu der Überzeugung, diesen Kindern sei weniger mit medizinischen als mit pädagogischen Mitteln zu helfen.“ (2006, 20).
Montessori begann nun auch, Pädagogik- Vorlesungen zu hören und Klassiker der Pädagogik zu studieren. Laut Waldschmidt kann Montessoris eigene Theorie „…als Synthese dieser literarischen Vorgaben gelten.“ (2006, 22).
Vor allem durch ihre Auftritte im Jahre 1897 auf dem Medizinerkongress und dem Pädagogenkongress geriet Montessori zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Auf Grund ihres Engagements in der Liga für die Erziehung behinderter Kinder bot man ihr die Leitung der ersten Ausbildungsstätte für Sonderschullehrer an und mit ihrer Unterstützung entstanden die ersten Sonderschulen.
1907 richtete sie das erste Kinderhaus, italienisch Casa dei Bambini, für noch nicht schulpflichtige Kinder in einem römischen Armenviertel ein. Die Räumlichkeiten wurden von Montessori selbst mit Mobiliar, Beschäftigungsmöglichkeiten und ihrem didaktischen Material aus der Arbeit mit den geistig behinderten Kindern ausgestattet. Und tatsächlich änderte sich das Verhalten der zuvor als „Vandalen“ beschimpften Kinder: Sie wurden aktiv, zeigten zunehmend Selbstvertrauen und bauten tragfähige Beziehungen untereinander auf. In diesem Kinderhaus entwickelte Montessori ihre Methode der Erziehung von Kleinkindern, welche später auch auf die Grundschul- und sogar Sekundarstufenerziehung ausgeweitet wurden.
Im Kinderhaus hatte Montessori auch ihr Schlüsselerlebnis für ihre weitere Arbeit: Sie beobachtete ein kleines Mädchen, dass äußerst vertieft in seine Arbeit war. Montessori testete die Tiefe der Konzentration durch verschiedene Ablenkungen, doch das Mädchen ließ sich nicht stören und wiederholte die Übung Dutzende Male. Als sie aus freien Stücken ihr Spiel beendete, schien sie sehr gelöst und zufrieden.
Dieses Phänomen bezeichnet Montessori als „Polarisation der Aufmerksamkeit“ und es diente ihr als Richtungsweisung für ihre weitere Arbeit: Sie suchte nun nach Bedingungen und Übungsgegenständen, die diese tiefe Konzentration ermöglichen und fördern. Im Kinderhaus San Lorenzo probierte sie ihre Ergebnisse aus und die unglaublichen Erfolge, die sie dabei hatte, sprachen sich schnell herum. So wurden weitere Kinderhäuser nach dem Konzept von Montessori eröffnet.
Im Jahre 1909 erschien Montessoris erste Niederschrift ihrer Erfahrungen und Theorieansätze unter dem Originaltitel „Il metodo della pedagogica scientifica“. Das Buch wurde bald in andere Sprachen übersetzt und trug im Deutschen den Titel: „Selbsttätige Erziehung im frühen Kindesalter“.
Weitere Publikationen folgten und brachten weiterhin öffentliches Interesse. Schließlich gab sie ihre weiteren Verpflichtungen auf und konzentrierte sich ausschließlich auf die Ausarbeitung und Verbreitung ihres pädagogischen Konzeptes.
Es entstanden auch die ersten Montessori- Gesellschaften und sie verbreiteten sich zunehmend in viele Länder. Bis 1914 entstanden Montessori- Einrichtungen in Russland, China, Japan, Kanada und Chile.
Zwischen 1916 bis 1936 verbreitete Montessori von Spanien aus durch ausgedehnte Reisen ihre Erziehungsphilosophie. Insgesamt hielt sie neun internationale Kongresse und mehr als 30 Ausbildungskurse in verschiedenen Ländern- wobei sie meist frei und in ihrer Muttersprache sprach[5].
In den zwanziger Jahren gab es weltweit Montessori- Einrichtungen.“ Ihre Bekanntheit stand auf dem Zenit. Unterstützung fand sie unter Anderem durch Sigmund Freud, Jean Piaget, später Nehru, Ghandi, Tagore und Radhakrishnan.
Auch auf politischer Ebene bezog Montessori Stellung in der Zeit, als in Italien der Faschismus aufkam. So verweigerte sie die Ausübung des Faschistengrußes und das Tragen von Uniformen in ihren Schulen, woraufhin diese in Italien 1934 geschlossen wurden.
In den 30er Jahren verfasste sie ihr Gesamtwerk zur Mathematik und zur Geometrie.
Auf Grund innerpolitischer Spannungen verlegte Montessori zu dieser Zeit ihren Wohnsitz wiederum von Barcelona zunächst nach London, danach in die Niederlande. Nun leitete sie die Gründung der internationalen Montessori- Gesellschaft (AMI)[6] mit Sitz in Amsterdam ein (1936), die heute noch dort besteht.
In den Anfängen des zweiten Weltkrieges folgte Montessori einer Einladung der Theosophischen Gesellschaft nach Indien. Sie nutzte die Zeit, um sich dort mit wichtigen Persönlichkeiten auseinanderzusetzen. Die Inhalte des anderen Kulturkreises mitsamt einer anderen Weltanschauung und Religion übten Einfluss auf Montessoris Werk aus[7]. 1949 stellte sie ihre Erlebnisse und Erkenntnisse dieser Zeit in ihrer bedeutenden Schrift „Das kreative Kind“ (The Absorbent Mind) zusammen.
1949 kehrte sie nun endgültig nach Europa zurück und ihre Popularität war immer noch enorm. In diesem Jahr wurde sie auch von England und Italien für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Ihre Bedeutung unterstreicht auch der Ausspruch J. T. Bodets auf der Eröffnung der Vollversammlung der UNESCO: „In unserer Mitte haben wir jemand, der zum Symbol unserer großen Hoffnung auf Erziehung und Weltfrieden geworden ist: Maria Montessori.“ (Kramer, R.:, a.a.O., 428).
Am 6. Mai 1952 verstarb Maria Montessori in Noordwijk aan Zee in den Niederlanden unerwartet.
1910 erschien eine Anthropologie von Montessori, ihr Menschenbild ist jedoch auch implizit in ihren Texten enthalten. Dieses versuche ich nun an Hand verschiedener Aussagen Montessoris zu rekonstruieren, des Weiteren verwende ich dazu die Texte von Waldschmidt zum Thema.
Der Mensch in der Schöpfung
Nach Waldschmidt besagt Montessoris anthropologische Grundthese: „Der Mensch ist von Geburt an gut. Alle von dieser Norm – dem göttlichen Willen – abweichenden Verhaltensweisen sind von der Umwelt verursacht. Sie nennt diese Abweichungen Deviationen (wörtlich: von dem Weg abweichend).
Weiterhin ist Montessoris Anthropologie religiös geprägt, und zwar in die Richtung der katholischen Glaubenslehre. An Hand der Bibel zeigt Montessori den Unterschied zwischen Mensch und Tier auf, welcher in dem menschlichen Geist besteht.
Hieraus ergibt sich der Umstand, dass der Mensch zum Repräsentanten Gottes werden kann. So sieht Montessori das Kind auch als Messias, als einen Heilsbringer, wenn sie etwa sagt: „Laßt uns alle Menschen zusammenbringen, denn wir haben jemand gefunden, der ihnen allen helfen, der einen Weg zur Rettung weisen und uns lehren kann, diesen zu finden und zu gehen: das Kind. Das genau kann das Kind tun.“ (Montessori, M.: 1962, 240).
Dieser Geist ist jedoch nicht nur ein Privilegium und ermöglicht das Handeln, nein, der Mensch muss nach Montessori auch bestimmte Aufgaben übernehmen, denn jedem Lebewesen stehen bestimmte Aufgaben zu, die es zu erfüllen gilt. Zwischen den Lebewesen besteht dabei eine wechselseitige Abhängigkeit: Es wird eine Vernetzung angenommen.
Der Mensch als Lebewesen
Montessori sieht die Menschwerdung, im Einklang mit dem Theoriegebäude von Portmann[8], in zweifacher Hinsicht vonstatten zu gehen: Das Kind durchlaufe ein „doppeltes embryonales Leben“ (1984, 52): Während in der pränatalen Phase die Organe ausgebildet werden, eignet sich der Mensch in der postnatalen Phase die Merkmale seiner Spezies an. Dazu gehören zum Beispiel der aufrechte Gang oder bestimmte Kulturspezifika. Dafür besitzt das Kind von Geburt an aufbauende Potenzialitäten, die sich auf Kosten der Umwelt entfalten müssen. Diese nennt sie nebula (vgl. Klein, G.: http://www.meier-magazin.de/montessori/profklein.pdf).
Die Kraft zur Entdeckung und Aneignung der Umwelt kommt also aus dem Kinde selbst. Die Lernweise, durch die das Kind seine Umwelt aufnimmt, bezeichnet Montessori, wie schon oben dargestellt, als ein „Absorbieren“. Aus dieser Darstellung folgt, dass sich das Kind nach vom Kulturkreis unabhängigen Wachstumsgesetzen selbst aufbaut.
Der Mensch als Person – Zentrum und Peripherie
Montessori nimmt die Einheit von Geist, Intelligenz und Psyche an. Diese Einheit bildet die Persönlichkeit des Menschen, welche ihm die Möglichkeit verschafft, sich selbst auszudrücken und sich somit zu verwirklichen. Freiheit im Handeln sei dem Menschen jedoch nur möglich, wenn er von klein auf seine Persönlichkeit ausleben darf (vgl. Waldschmidt, 2006, 39).
Montessori behandelt hier die Frage, was beim Menschen angeboren ist und was erlernt wird. Ihre Sprache vom Kind als „Baumeister seines Selbst“ spricht wohl die genetische Determiniertheit des Menschen an, während die Sprache von der Unteilbarkeit der Persönlichkeit und der daraus erwachsenden Handlungsfreiheit die Fähigkeit zum Lernen begründet. Die Persönlichkeit oder das Selbst bezeichnet sie als „Zentrum“, welches jedoch in engem Zusammenhang zum „Bauplan“, also den genetischen Bedingungen steht. Durch seine Sinne nimmt das Kind die Umwelt auf, bei Montessori Peripherie genannt, diese wird dann im Zentrum zu Gefühlen, Bewertungen und Vorstellungen. Es gilt dabei, dass das Zentrum dem Individuum allein gehört.
Auf dieser Unterscheidung von Innen- und Außenwelt baut das Theoriekonzept auf: Es wird nicht, wie in der damals üblichen Erziehungsweise, versucht das Zentrum zu beeinflussen, sondern man bemüht sich, die Peripherie so zu gestalten, dass sie dem Zentrum Entwicklungsmöglichkeiten bereitstellt.
„Aber weil der Verstand sich selbst mit Hilfe der fortlaufenden Aktivität durch einen zentralen Aspekt (der Geist) und einen peripheren Aspekt (die Sinne und die Bewegung) aufbaut, können wir ihm von außen in seiner Arbeit helfen. Die Peripherie dieser totalen Aktivität ist für uns zugänglich.“(Montessori, M., zit. nach Waldschmidt, 2006, 40).
Freiheit als Weg und Ziel der Erziehung
Das Prinzip der Freiheit ist grundlegend in dem Erziehungs- und Bildungskonzept Montessoris. Sie versteht dabei Freiheit einerseits als absolute Hinwendung zum Kind, andererseits aber auch als die Achtung des kindlichen Selbstwertes und der kindlichen Individualität. Nur wenn diese gegeben sind, kann Lernen erfolgen.
Voraussetzung für das Lernen ist nämlich, dass das Subjekt lernen will. Voraussetzung aber für das Lernen- Wollen ist die Freiheit, die sich in der freien Wahl des Lerngegen-
standes ausdrückt. Die Wahl des Gegenstandes kommt aber aus dem Inneren des Kindes selbst, weshalb Montessori „Sensible Phasen“ postuliert.
Montessori selbst definiert den Lernvorgang an sich meiner Kenntnis nach nicht.
Ihr Verständnis vom Lernen ist jedoch implizit in ihren Schriften enthalten.
Mit den Bedingungen erfolgreichen Lernens setzt sich Montessori jedoch durchaus auseinander. Diese werden im Hauptteil näher beschrieben und erläutert, nachfolgend erfolgt ein Überblick.
Im Folgenden gebe ich einen Gesamtüberblick über Montessoris Grundbegriffe und deren Zusammenhanginnerhalb des Theoriegerüstes. Diese Begriffe werden im Hauptteil aufgegriffen, näher beschrieben und mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen verglichen.
Strukturell gesehen umfasst das Konzept der Maria Montessori die Lebensphasen der frühen Kindheit, der späten Kindheit und des Jugendalters. Darauf aufbauend fordert sie Schulklassen, welche in Bezug auf das Alter der Kinder heterogen zusammengesetzt sind. So sollen die Klassen etwa drei Jahrgänge umfassen, des Weiteren befinden sich der Kindergarten und die Schule in einem Gebäude.
Ein grundlegendes Charakteristikum der Montessori- Pädagogik ist die Subjektorientierung. Für sie ist das Kind ein Individuum und daher unverwechselbar, es hat Würde und Grundrechte, welche nicht unterdrückt werden sollen (vgl. Waldschmidt 2006, 41).
Der Selbstwert des Individuums kann nur mit Freiheit umgesetzt werden, doch steht diese in Verbindung mit dem Aufbau von Bindungen und Verantwortung. Die Ausbildung sozialer Verhaltensweisen und auch die verantwortliche Einbindung des Menschen in den Kosmos gehören zum erzieherischen Leitbild der Freiheit. Das Verhältnis zwischen sozialem Lernen und Individualität soll daher ausgeglichen sein. So soll die Heterogenität der Schulklassen, die durch das Prinzip der Altersmischung entsteht, sozialerzieherische Wirkungen haben. Die Kinder erwerben im gegenseitigen Umgang soziale Kompetenzen, zum Beispiel Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Toleranz. Bei älteren Kindern und Schulkindern steht die Arbeit in der Gruppe verstärkt im Vordergrund gegenüber dem individuellen Lernen (vgl. Schulz (-Benesch), 1961, 33).
Montessori unterstreicht die Bedeutung der Freiheit für die Erziehung, damit sich die Anlagen des Kindes entwickeln können. Sie spricht in diesem Zusammenhang der biologischen Determiniertheit vom Inneren Bauplan: „Die Freiheit ist dann erlangt, wenn das Kind sich seinen inneren Gesetzen nach, den Bedürfnissen seiner Entwicklung entsprechend, entfalten kann.“ (Montessori, M.: 1996, 27). Dieser bestimmt die Entwicklung des Menschen jedoch nicht alleinig, denn welche Merkmale sich ausbilden und welche verborgen bleiben, wird außerdem von der Umgebung bestimmt und teilweise auch durch das Individuum selbst. So fordert Montessori die Konstruktion einer Vorbereiteten Umgebung, durch welche die Entfaltung der kindlichen Anlagen ermöglicht wird. Diese vorbereitete Umgebung wirkt durchaus lenkend.
Des Weiteren fordert Montessori jedoch auch Entwicklung der Selbständigkeit in allen Altersstufen, welche sie durch das Prinzip der Wahlfreiheit zu verwirklichen versucht. Doch auch der von ihr geforderte und praktizierte offene Unterricht beherzigt dieses Prinzip, indem er exemplarisches, entdeckendes und experimentelles Lernen ermöglicht und fördert.
Montessori postuliert auch das Vorhandensein Sensibler Perioden, welche eine biologische Determiniertheit zur Ursache haben. Sie beobachtet, welche Tätigkeiten Kinder in welchem Alter frei wählen und entwickelt auf Grund von Regelmäßigkeiten die Vorstellung der Sensiblen Perioden: Es handelt sich dabei um Zeiträume bestimmter Sensitivität für bestimmte Entwicklungsaufgaben. Montessori stellt eine Vielzahl dieser Perioden fest, sogar für die Aneignung von Kulturtechniken
Ob in den sensiblen Phasen allerdings wichtige Entwicklungsschritte gemacht werden können, hängt entscheidend von der Selbsttätigkeit und Aktivität des Individuums ab. Erziehung heißt daher für Montessori, dem Leben zu helfen die Persönlichkeit zu entwickeln- wohingegen der Zwang der Entwicklung entgegensteht. Die Rolle des Erziehers ist daher eine veränderte im Vergleich zu der Sichtweise der damaligen Zeit: Der Erzieher soll sich in Zurückhaltung üben, er muss das Kind jedoch auch intensiv beobachten, um die sensiblen Phasen zu erkennen.
Eine Hilfestellung zum richtigen Zeitpunkt der Entwicklung ist trotzdem entscheidend, doch soll sie es dem Kind nicht verwehren, mit seinem natürlichen Explorationsbedürfnis seine Umwelt kennen zu lernen und Aktivitäten zu entwickeln. Dieser Kern der Montessori- Pädagogik wird meistens mit dem Motto „Hilf mir, es selbst zu tun“ zusammengefasst.
Das Sinnesmaterial
Das sogenannte Sinnesmaterial spielt eine zentrale Rolle in der Pädagogik Maria Montessoris, hier folgt daher ein kurzer Überblick über das Material, um diesen wichtigen Aspekt nicht außer Acht zu lassen. Im Hauptteil wird es allerdings keinen Vergleich mit neurowissenschaftlichen Ergebnissen geben, da das Sinnesmaterial in verschiedensten Ausprägungen existiert und somit eine Vielzahl an Aspekten verglichen werden müsste. Dieses Vorgehen würde allerdings den Rahmen dieser Arbeit überschreiten.
Nun folgen Beschreibungen einzelner Materialien: So gibt es etwa Einsatzzylinder in verschiedenen Ausmaßen, die das Kind aus einen Holzblock herausnehmen und wieder einsetzen soll, des Weiteren einen Satz mit Stangen verschiedener Länge, die nach verschiedenen Mustern geordnet werden können. Ein Satz von Würfeln mit abnehmender Kantenlänge soll das Bewusstsein für Längen entwickeln.
Für die Ausbildung des Tastsinnes gibt es Brettchen mit verschieden feinem Sandpapier oder eine Sammlung verschiedener Stoffe zum Tasten.
Des Weiteren finden sich Materialien für das Erlernen von Farben, Gewicht, Geräuschen und Tönen, Geruch und Geschmack.
Oftmals ist es so, dass die Unterscheidung vom Groben zum Feinen vonstatten geht.
Die Materialien sollen zum praktischen Erlernen der Dimensionen durch die Sinne führen, indem sie nach verschiedenen Mustern geordnet werden, zum Beispiel zu einer Treppe oder einem Turm.
Unter Anderem durch den Einsatz des Sinnesmaterial wird die kindliche Lernform unterstützt, welche Montessori als den „ Absorbierenden Geist “ bezeichnet. Damit ist die frühkindliche Fähigkeit einer intuitiven ganzheitlichen Auffassung von Umwelteindrücken meint (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 94).
Des Weiteren soll mit Hilfe des Sinnesmaterials die „Polarisation der Aufmerksamkeit “ ermöglicht werden. Diese kann als Dreh- und Angelpunkt der Montessori- Pädagogik bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um eine tiefe Konzentration, welche durch eine vorbereitete Umgebung begünstigt wird. Die Polarisation der Aufmerksamkeit kann zudem nur durch Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung des Individuums erlangt werden.
Die Pädagogik Montessoris ist experimentell, im Gegensatz zur ideologischen Pädagogik.
In der experimentellen Pädagogik ist die Methode der Beobachtung vorherrschend. Diese Beobachtung des Kindes soll den Lehrenden dazu führen, die passenden didaktischen Techniken anzuwenden, um den Lernprozess maximal zu fördern. So postuliert Montessori: „Den Weg, den er (der Lehrer, die Verf.) in der Erziehung zu gehen hat, lehrt ihn weder tiefes Denken noch vieles Wissen noch sein gutes Herz, sondern es bedarf einer peinlich genauen Beobachtung nach wissenschaftlicher Methode, die uns die Mittel anzeigt, deren sich die kindliche Persönlichkeit zu ihrer Entwicklung bedienen kann“ (1996, 42).
Montessori war selbst eine sehr gute Beobachterin, zudem interpretierte sie auch die beobachteten Phänomene (nach heutigem Stand der Forschung) sehr richtig[9].
Die von ihr bevorzugte Unterrichtsform der Freiarbeit eignet sich für die Methode der Beobachtung, da der Lehrer hierdurch von seiner Mittelpunktposition „befreit“ ist und somit Zeit für Beobachtungen finden kann.
Nach Montessori seien zudem pädagogische Interventionen auf Beobachtung angewiesen, denn durch Beobachtung ließen sich die individuellen Eigenheiten erkennen. Das sei jedoch wichtig, um eine „Passung“ von Intervention und AdressatIn zu gewährleisten. So sagt sie: „Man muß wirklich durch Beobachtungen und Entdeckungen in den Geist des Kindes eindringen…“ (1973, 122).
3.1.1 Erkenntnisinteresse
Der Gegenstand der Untersuchung sind Prozesse, durch welche neuronale Systeme dazu beitragen, dass Organismen ihre Aktivitäten möglichst angepasst an ihre Umwelt vollziehen können. Die Neurowissenschaften untersuchen geistige Prozesse wie das Lernen also im Hinblick auf die im Gehirn nachweisbaren neuronalen Prozesse. Sie sind also stark biologisch fundiert.
Nach Singer ist es „…erklärtes Ziel all derer, die sich an dem Gemeinschaftsunternehmen `Hirnforschung` beteiligen, die Funktionsweise unseres Gehirns zu verstehen“ (1992, 7). „Verstehen“ bedeute hiernach den Versuch, „…Leistungen des Gesamtsystems aus dem Zusammenspiel seiner Komponenten herleiten zu können“ (a.a.O.).
„Es geht…im Wesentlichen darum, Funktionen und Leistungen, die auf einer rein beschreibenden Ebene definiert wurden, durch das Zusammenwirken grundlegender Prozesse auf der jeweils nächstniedrigeren Beschreibungsebene zu erklären“, so Singer. Beschreibungsebenen sind zum Beispiel: Aufbau und Funktion einzelner Neuronen, größerer Zellverbänden, die Funktionseinheiten bilden, aber auch ganzer Nervensysteme[10].
Die Wahl der Ebene sei dabei oft willkürlich, denn sie seidurch die „…historisch bedingte Abgrenzung der einzelnen Wissenschaftsdisziplinen vorgegeben, oft auch durch die in den jeweiligen Forschungseinrichtungen durchführbaren Methoden“ (1992, 9).
Die Hirnforschung ist keine neue Disziplin, im Gegenteil, ihre Tradition reicht weit zurück (vgl. Reich, E.: 2005, 28).
Die Forschung bewegte sich lange zwischen zwei gegensätzlichen Polen: Es gab Vertreter der Lokalisationstheorie und der Äquipotenzialitätstheorie des Gehirns.
Ein früher Vertreter der Lokalisationstheorie war Franz Josef Gall (1758- 1828). Die Lokalisationstheorie besagt, dass „…seelische Empfindungen und geistige Fähigkeiten an festgelegte Organe des Gehirns gebunden…“ (Reich, E.: 2005, 28) sind. Daraus folgend sind auch positive oder negative Merkmale angeboren. Mehr noch, nach Gall bestimmen diese Merkmale die individuelle Struktur des Gehirns und des Schädels. Diese Folgerungen erwiesen sich als nicht haltbar, doch die Lokalisationstheorie an sich hat bis heute Bestand.
Die entgegengesetzte Theorie ist die Auffassung der „Äquipotenz der Großhirnrinde“ (vgl. Reich, E.: 2005, 29), „…wonach alle ihrer Teile gleichwertig funktionierten und jegliche Lokalisation ausgeschlossen sei (a. a. O., 29). Hiernach könnten alle Hirnareale sämtliche Funktionen übernehmen. Der Physiologe Marie- Jean- Pierre Flourens (1794- 1867) war einer der Hauptvertreter dieser Theorie.
Auch in der Folgezeit konnte sich keine der beiden Theorien durchsetzen, so gab es für beide Theorien Verifizierungen bzw. Falsifizierungen (vgl. Reich, E.: 2005, 29).
Nach Meinung von Birkenmaier und Schmidt hat dieser Konflikt letztlich jedoch an Schärfe verloren, da man erkannte, dass er grundlegend auf die Verwendung unterschiedlicher Methoden innerhalb der beiden Schulen zurückgeführt werden kann[11] (vgl. Reich, E., a. a. O.).
Zu Beginn des 20ten Jahrhunderts machten die Neurowissenschaften einen großen Sprung in Richtung einer Systematik, da zu dieser Zeit wichtige Grundlagenforschung betrieben wurde. So „…begann die langwierige Erforschung der zellulären, neurophysiologischen und neurochemischen Grundlagen von Gehirn und Nervensystem, die ihren Fortschritt wesentlich der Entwicklung neuer Methoden, z. B. der Mikroelektrodentechnik oder neuer Anfärbemethoden verdankte“ (Roth, G., zit. nach Reich, E.: 2005, 29).
Wiederum neue molekularbiologische und genetische Methoden trieben die Forschung in den achtziger und neunziger Jahren voran.
Während der letzten Jahre explodierte die Gehirnforschung – insbesondere in Amerika, so dass der US-Kongress die 1990er Jahre als Jahrzehnt der Hirnforschung ausgerufen hatte.
Die Gehirnforschung wurde zu einem der großen neuen Forschungszweige unserer Gegenwart und Zukunft.
Die Neurowissenschaften erfahren auch in Deutschland ein verstärktes Interesse, was hauptsächlich durch neue Methoden in den Neurowissenschaften bedingt ist, welche gänzlich neue Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns ermöglichen.
Dadurch steigt das Interesse an den Neurowissenschaften nicht nur in benachbarten Wissenschaftszweigen wie der Kognitionspsychologie, der Pädagogik, in den Computerwissenschaften, aber auch in der Mathematik und in der Physik (vgl. Roth, G. und Prinz, W.: 1996, 1).
So wird oft interdisziplinär an Fragen zum Thema Lernen, Erkenntnis, Bewusstsein und dem Verhältnis von Geist und Körper gearbeitet. Beispielhaft sei hier das Schwerpunktprogramm „Kognition und Gehirn“ zu nennen, welches 1998 von den Neurobiologen Gerhard Roth, Wolfgang Prinz und Henning Scheich, dem Psychologen Eckhart Scheerer, und den Philosophen Ansgar Beckermann und Peter Bieri konzipiert wurde. (vgl. Roth, G. und Prinz, W.: 1996, 1).
Der Begriff der Neurowissenschaften umfasst, wie schon angeklungen, sehr verschiedene Disziplinen, welche aus biologischen, physikalischen und medizinischen Wissenschaftsbereichen stammen. So arbeiten Mediziner, Biologen, Psychologen, aber auch Mathematiker, Informatik-, Ingenieur- und Sprachwissenschaftler an neurowissenschaftlichen Fragestellungen (http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/949211&_z=798884), welche teilweise auch nur schwer den einzelnen Wissenschaften zugeordnet werden können[12].
Verbindendes Element ist das gleiche Erkenntnisinteresse, nämlich wie dargestellt, die Untersuchung des Aufbaus und der Funktion der Nervensysteme.
Der Begriff der „Neurowissenschaften“ selbst lässt sich grob in vier Fachrichtungen untergliedern: Die Neurobiologie hat zum Forschungsgegenstand im Wesentlichen die molekularen und zellbiologischen Grundlagen der Neurowissenschaften.
Die Neurophysiologie steht an zentraler Stelle der Neurowissenschaften, da sie die neuronale Aktivität und somit die „Sprache der Nerven“ untersucht, wohingegen die Neuropsychologie alle höheren Leistungen des Gehirns umfasst.
Zuletzt sind die klinisch-medizinischen Fächer zu nennen, wie die Neuropathologie, Neuroradiologie, Neurologie und Neurochirurgie, welche sich mit der Pathogenese, Diagnose und Therapie der Erkrankungen des Gehirns beschäftigen.
Die Neurowissenschaften verstehen sich als eine Naturwissenschaft. Sie nutzen Möglichkeiten der Neurobiologie und Neurophysiologie, um die Entwicklung und die Arbeitsweise des Gehirns des Menschen zu untersuchen. Dies geschieht sowohl mikroskopisch als auch elektronisch. Im Laufe der Forschungsgeschichte entwickelten sich recht heterogene Methoden, welche ich im Folgenden überblicksartig darstellen werde.
Die ältere Gehirnforschung stützte sich hauptsächlich auf Beobachtungen bei Menschen mit Hirnverletzungen, aus denen man erkennen konnte, welche Areale des menschlichen Gehirns für welche Funktionen zuständig sind. So wurden auch die Hirnareale nach ihrer Funktion benannt, wie etwa das Sprach- oder das Sehzentrum.
Diese neuropsychologischen Studien suchen nach Korrelaten zwischen Hirnschädigungen und ihren Auswirkungen auf das Verhalten. So lässt sich feststellen, welche Hirnareale welche Funktionen inne haben.
Bei den elektrophysiologische Studien handelt es sich um eine invasive Methode, mit der man die neuronale Aktivität auf direktem Wege messen kann. Durch das „Antippen“ eines winzigen Teils der Gehirnoberfläche werden die Handlungen ausgelöst, für welche dieses Gehirnareal zuständig ist. Mit Hilfe dieser Methode ist es möglich, eine ungeheure Informationsmenge über Erinnerungen oder Handlungen zu erhalten. (vgl. Blakemore, S.- J., Frith, U.: 2006, 28).
[...]
[1] Es handelt sich dabei um bildgebende Verfahren, mit denen Prozesse sichtbar gemacht werden können, die im Gehirn unter bestimmten Voraussetzungen ablaufen.
[2] Diese Theorie findet sich in der Literatur Montessoris unter dem Stichwort „Kosmische Erziehung“
[3] Diese Darstellung bezieht sich jedoch nur auf die „alten Bundesländer“, in der damaligen DDR bekam die Montessori- Pädagogik keine Möglichkeit sich anzusiedeln, da sie in krassem Gegensatz zu den dort herrschenden Erziehungsprinzipien stand und wenn überhaupt, nur äußerst verzerrt dargestellt wurde (vgl. Waldschmidt, I.: 2006, 35).
[4] Neurodidaktik ist ein Sammelbegriff für verschiedene praxisorientierte Ansätze, die für sich in Anspruch nehmen, didaktische bzw. pädagogische Konzepte unter wesentlicher Berücksichtigung der Erkenntnisse der Neurowissenschaften und insbesondere der neueren Hirnforschung zu entwickeln.
[5] Montessoris späteres schriftliches Werk setzt sich größtenteils aus den Mitschriften der Zuhörer zusammen.
[6] Die AMI leitet, berät und kontrolliert die nationalen Montessori- Aktivitäten.
[7] Montessoris „Kosmische Erziehung“, an der sie in Indien zu arbeiten begann und welche sie nach ihrer Rückkehr nach Europa fortsetzte, hatte das Ziel, das weltweite Erziehungssystem so zu reformieren, dass eine Einheit zwischen Mensch und Umwelt entstünde und sich so eine neue Humanität entfalte (vgl. Waldschmidt 1996, 31).
[8] Adolf Portmann (* 27. Mai 1897 in Basel; † 28. Juni 1982 ebenda) war ein Schweizer Biologe, Zoologe, Anthropologe und Naturphilosoph.
[9] Montessori hatte einen guten Überblick über die damalige pädagogische, psychologische und medizinische Literatur ihrer Zeit. Anzumerken ist jedoch, dass In ihren Schriften bzw. Vorträgen nicht immer genau zu erkennen ist, welche Erkenntnisse tatsächlich von ihr stammen, und welche hingegen sie übernommen hatte (vgl.: Montessori-Vereinigung Deutschland e.V., Gerhard Klein: 2005, 20)
[10] Im Laufe der Evolution haben sich immer komplexere Nervensysteme entwickelt, vom diffusen Nervensystem der Hohltiere über das Strickleiternervensystem der Arthropoden bis hin zum Zentralnervensystem der Wirbeltiere
[11] Hier zeichnet sich bereits der Zusammenhang zwischen verwendeter Methode und dem Ergebnis ab, auf den ich im Methodenteil noch zu sprechen komme
[12] Diese Tatsache schlägt sich auch in neuen Studiengängen nieder, so etwa in dem BA- Studiengang „Philosophie- Neurowissenschaften- Kognition an der Otto- von Guericke Universität Magdeburg