Recherchiert man den Begriff „Chalcedon“, erhält man zwei Antworten. Zum einen eine geographische Einordnung: „Am asiatischen Ufer des Bosporus gelegene Stadt, heute-Stadtteil von Istanbul“, zum anderen das Stichwort „Konzil von Chalcedon.“ Was aber verbirgt sich hinter diesem Ausdruck „Konzil von Chalcedon“?
Bei der Suche im Internet wird das Konzil von Chalcedon folgendermaßen charakterisiert:
„Es war vielleicht die bedeutendste Kirchenversammlung der Alten Kirche. Zugleich markierte die Synode einen tiefen Einschnitt in der Kirchen-und Theologiegeschichte.“
Deutlich wird dabei, dass es sich bei dem Konzil von Chalcedon um einen sehr entscheidenden Punkt in der Kirchen-und Theologiegeschichte handelt. Ob es sich nun dem Namen nach um ein Konzil oder der Beschreibung nach um eine Synode handelt bleibt dabei fraglich.
Grillmeiers kommt zu dem Ergebnis, dass Chalcedon eine entscheidende Rolle gespielt hat. Die Frage, ob es sich bei Chalcedon um ein Konzil oder um eine Synode handelt lässt sich meines Erachtens eindeutig beantworten. Gahbauer schreibt: „In der Alten Kirche werden die Begriffe Synode und Konzil nicht immer deutlich voneinander geschieden.“ Dennoch lässt sich Chalcedon eindeutig zuordnen. „Die höchste Bedeutung kommt schließlich der synodus universalis ecclessiae (…), das heißt dem ökumenischen Konzil zu.“ Chalcedon wird als das vierte ökumenische Konzil bezeichnet. An dieser Stelle muss kurz darauf verwiesen werden, dass der Begriff „ökumenisch“ nicht im Sinne des in Deutschland gebräuchlichen „ökumenisch“- also evangelisch/katholisch zu verstehen ist.
Die Besonderheiten des ökumenischen Konzils sind, dass es unter kaiserlicher Autorität tagt, Beschlüsse kaiserlicher Anordnung bedürfen und dessen Beschlüsse als unwiderruflich gelten. Gerade für die Orthodoxie, sowohl die östlich Orthodoxen Kirchen, als auch die orientalisch Orthodoxen, haben die ökumenischen Konzilien eine besondere Bedeutung, denn nach Heiler gilt: „Maßstab der Orthodoxie ist die Anerkennung der ökumenischen Konzilien.“
Gliederung
1.Einleitung
2.Der Weg zum Konzil von Chalcedon
2.1.Die theologischen Schulen
2.1.1.Die antiochenische Schule
2.1.2.Die alexandrinische Schule
2.2.Die Auseinandersetzung zwischen Nestorius und Kyrill
2.2.1.Der nestorianische Streit 428-431/33
2.2. 2.Das Konzil von Ephesus 431
2.2.3.Die Unionsformel von Ephesus 433
2.3.Der eutychianische Streit 448-451
3.Das Konzil von Chalcedon 451
3.1.Der Verlauf des Konzils
3.2.Das Chalcedonense
3.3.Die Bewertung des Konzils
3.3.1.Das Chalcedonense
3.3.2.Das Konzil
Laodicea
3.4.Die Zeit nach dem Konzil
4.Ergebnis und kurzer Ausblick auf die Gegenwart
5.Literaturverzeichnis
1.Einleitung
Recherchiert man den Begriff „Chalcedon“, so erhält man zwei Antworten. Zum einen erhält man eine geographische Einordnung: „am asiatischen Ufer des Bosporus gelegene Stadt, heute - Stadtteil von Istanbul“[1], zum anderen erhält man das Stichwort „Konzil von Chalcedon.“ Was aber verbirgt sich hinter diesem Ausdruck „Konzil von Chalcedon“?
Bei einer Suche im Internet kann man unter anderem auf ein Dokument stoßen, dass das Konzil von Chalcedon folgendermaßen charakterisiert:
„Es war vielleicht die bedeutendste Kirchenversammlung der Alten Kirche. Zugleich markierte die Synode einen tiefen Einschnitt in der Kirchen - und Theologiegeschichte.“2
Deutlich wird an dieser Beschreibung, dass es sich bei dem Konzil von Chalcedon um einen sehr entscheidenden Punkt in der Kirchen - und Theologiegeschichte handeln muss. Allerdings entsteht auch die Frage, ob es sich nun dem Namen nach um ein Konzil oder der Beschreibung nach um eine Synode handelt.
Folgt man in der Literatur den Ausführungen Grillmeiers, so kommt man unweigerlich auch zu dem Ergebnis, dass Chalcedon eine entscheidende Rolle gespielt haben muss, denn er schreibt:„Die ältere Geschichte der Christologie erreicht nun ihren Höhepunkt auf dem Konzil von Chalcedon, das im Oktober des Jahres 451 abgehalten worden ist.“3 Wenn Chalcedon der Höhepunkt ist, dann bedeutet dies, dass es eine Vorgeschichte zu dem Konzil geben muss, die nicht vernachlässigt werden kann.
Die Frage, ob es sich bei Chalcedon um ein Konzil oder um eine Synode handelt lässt sich meines Erachtens eindeutig beantworten. Gahbauer schreibt: „In der Alten Kirche werden die Begriffe Synode und Konzil nicht immer deutlich voneinander geschieden.“4 Dennoch lässt sich Chalcedon eindeutig zuordnen. „Die höchste Bedeutung kommt schließlich der synodus universalis ecclessiae (…), d.h. dem ökumenischen Konzil zu.“5 Chalcedon wird als das vierte
ökumenische Konzil bezeichnet.6 An dieser Stelle muss kurz darauf verwiesen werden, dass der Begriff „ökumenisch“ nicht im Sinne des in Deutschland gebräuchlichen „ökumenisch“- also evangelisch/ katholisch zu verstehen ist.
Die Besonderheiten des ökumenischen Konzils sind, dass es unter kaiserlicher Autorität7 tagt, Beschlüsse kaiserlicher Anordnung bedürfen8 und dessen Beschlüsse als unwiderruflich gelten.9 Gerade für die Orthodoxie, sowohl die östlich Orthodoxen Kirchen, als auch die orientalisch Orthodoxen, haben die ökumenischen Konzilien eine besondere Bedeutung, denn nach Heiler gilt: „Maßstab der Orthodoxie ist die Anerkennung der ökumenischen Konzilien.“10 Dabei ist auf Folgendes zu achten: „Die Orthodoxen Kirchen, die die Sieben Ökumenischen Konzilien (…) anerkennen, sind die Kirchen, die in der Konfessionskunde gewöhnlich als die Orthodoxe Kirche (Sing.!) fungieren.“11 Das bedeutet, dass nicht alle Orthodoxen die Sieben Ökumenischen Konzilien anerkennen.
Fazit:
Chalcedon wird in der Wissenschaft, der Kirchen - und Theologiegeschichte als das vierte ökumenische Konzil bezeichnet, das für die Theologiegeschichte in Hinblick auf die Christologie entscheidend ist. Für die Orthodoxe Kirche, im Sinne einer Konfessionskunde, ist Chalcedon ein verbindliches Konzil.
2. Der Weg zum Konzil von Chalcedon
Das Konzil von Chalcedon wird in der Literatur nicht nur als Höhepunkt, sondern auch als der Abschluss des christologischen Streites bezeichnet. Betrachtet man den christologischen Streit lediglich im 5. Jahrhundert, so lässt er sich, wie Bienert zeigt12, in zwei Phasen einteilen. Die erste Phase umfasst demnach die Jahre 428-431 (433)13 - den nestorianischen Streit, einen Streit der sich hauptsächlich zwischen Nestorius und Kyrill abspielt. Die zweite Phase reicht von dem Jahr 448 bis zu dem Jahr 451. Bienert bezeichnet die Phase des eutychianischen Streites auch als die Phase „von Ephesus bis Chalcedon.“14
Der christologische Streit ist damit auf die Jahre 428-451 beschränkt.
Hauschild bezeichnet die Zeit von 428-451 als die erste Phase von vier Phasen der christologischen Streitigkeiten, die seiner Ansicht nach die Jahre 428-681 umfassen, wobei die erste Phase15 als „kirchengeschichtlich und dogmatisch wichtigster Teil des Streites“16 einzustufen sei.
Sierszyn hingegen sieht Kampf um die Christologie in den Jahren 381-451.
„Nachdem 381 die Trinitätslehre so bis zu einem gewissen Grade zum Abschlussgebracht worden war, konnte man sich nun den christologischen Fragen zuwenden.“17
Sierszyn datiert den Streitbeginn mit dem Jahr 381, da er mit der Lehre des Bischofs Apollinaris von Laodicea argumentiert18. Die Christologie der Apollinaristen lässt sich folgendermaßen beschreiben19: Jesus hat eine göttliche Natur, aber keine vollkommene menschliche Natur. An die Stelle der menschlichen Seele tritt der göttliche Logos. Der göttliche Logos und das menschliche Fleisch mischen sich. Da die Seele das bestimmende Element ist, ist
die Natur Christi göttlich. Damit wird die menschliche Natur Christi geleugnet. (Homousie) Apollinaris von Laodicea beschäftigt sich also mit der Frage, wie göttliche und menschliche Natur in Christus vereint bzw. zu denken sind. Aus diesem Grund kommt Sierzyn auch zu dem Schluss: „Apollinaris denkt seiner Zeit voraus.“20 Apollinaris von Laodicea wurde 381 auf dem Konzil von Konstantinopel zum Irrlehrer erklärt.21 Damit war die Problematik jedoch nicht gelöst.
„Die Frage der göttlichen und der menschlichen Natur in Jesus Christus wird im 5. Jahrhundert lebhaft durchdacht und im Konzil von Chalcedon beantwortet.“22 Dass diese Frage nicht erst im 5. Jahrhundert entstanden ist, war bei Apollinaris zu sehen. Sommer und Klar gehen sogar davon aus, dass diese Frage bis in die Zeit des Urchristentums zurückgeht. „Diese Frage stellt sich nicht erst im 4. und 5.Jh.sondern schon seit der Zeit des Urchristentums.“23 Wenn diese These stimmt, dann kann man für die Christologie von folgendem ausgehen: Chalcedon „führt über seine unmittelbare Veranlassung im Eutychianischen Streit zurück in die Auseinandersetzung mit Nestorius, Apollinarios, dem Arianismus und dem frühen Doketismus.“24
An dieser Stelle soll es nun jedoch um die unmittelbare Problemstellung des Konzils gehen.
„Das christologische Grundproblem lautet: Wenn Christus wahrhaftiger Gott ist, so gilt es zu klären, wie sich Göttliches und Menschliches in Jesus Christus zueinander verhalten.“25 Damit stellt sich die Frage, in welcher Beziehung die göttliche Natur zur menschlichen in der Person Christi steht.26
In der Literatur wird verstärkt darauf hingewiesen, dass es sich bei dem christologischen Streit nicht nur um einen theologischen, sondern auch um einen politischen Streit handeln würde. Der Streit hing mit „außertheologischen Vorgängen aufs engste zusammen“27
„Angesichts des fortschreitenden Verfalls des Imperiums sollten im 5.-7. Jahrhundert die divergierenden Regionen dann wenigstens durch eine einheitliche
Religion zusammengehalten werden.“28 „Zwischen kirchlichen Zentralen“ entwickelte sich ein gespanntes Verhältnis der Rivalität.“29
Im Westen hatte der Bischof von Rom eine Vorrangstellung, im Osten gab es drei Metropolen und drei Patriarchate (Alexandrien, Antiochien und Konstantinopel) Was sich daraus ergibt ist ein Ringen um Vormacht.
„Das Konzil von Nicäa hatte die Rangfolge der Patriarchate festgelegt mit Rom, Alexandrien und Antiochien, im Zweiten Ökumenischen Konzil 381 war Konstantinopel als Neues Rom vor Alexandrien an die zweite Stelle gereiht worden.“30
Was die christologischen Streitigkeiten anbelangt, so kann man sagen, dass diese im 4. und 5. Jahrhundert zwischen zwei theologischen Zentren ausgetragen wurden.
Die Verschärfung fand folglich zwischen Antiochia und Alexandrien, den theologischen Zentren des 5. Jahrhunderts, statt. Als Grund sind kirchenpolitische Rivalitäten beider Patriarchate gegenüber Konstantinopel erkennbar.31
2.1. Die theologischen Schulen
2.1.1.Die antiochenische Schule
Sierszyn gliedert die antiochenische Schule in die neue antiochenische Schule (Vertreter: Diodor von Tarsus32, Theodor von Mopsuestia und Theodoret von Kyros33 und die jüngere antiochenische Schule (Vertreter: Chrysostomus, Nestorius und Ibas von Edessa).
Diese Schule vertritt die so genannte Trennungschristologie: Gott und Mensch können nicht eins werden.34
Nestorius:
Menschliche Natur wird betont; Logos habe nicht nur einen Leib, sondern einen
vollkommenen Menschen angenommen (Logos - Antthropos Christologie35 Verschiedenheit von Gott und Mensch. „Sie denkt das volle und eigenständige Menschsein Jesu bis zum Ende.“36
[...]
[1] http://www.art-marburg.info/bekenntnisse/Chalcedonense.doc; dazu auch: Wickham, L. „Chalcedon“, S. 668.
[2] http://www.art-marburg.info/bekenntnissse/Chalcedonense.doc
[3] Grillmeier, A. „Jesus der Christus im Glauben der Kirche“, S.751.
[4] Gahbauer, F. „Synode“, S.559.
[5] Gahbauer, F. „Synode“, S.560.
[6] Die sieben ökumenischen Konzilien, die durch den byzantinischen Kaiser einberufen wurden sind: 1. ökumenisches Konzil in Nicäa (325), 2. ökumenisches Konzil in Konstantinopel I (381), 3. ökumenisches Konzil in Ephesus (431), 4. Ökumenisches Konzil in Chalcedon (451), 5. ökumenisches Konzil in Konstantinopel II (553), 6. ökumenisches Konzil in Konstantinopel III (680/81) und 7. ökumenisches Konzil in Nicäa (787). vgl. dazu: Lilienfeld von, F. „Orthodoxe Kirchen“, S.444. und Gahbauer, F. „Synode“, S.563.
[7] Nicäa 325 (Kaiser Konstantin); Konstantinopel 381 (Kaiser Theodosius I.); Ephesus 431 (Theodosius II.); Chalcedon (Kaiser Macian)
[8] Heiler, F. „Die Ostkirchen“, S.19.
[9] „Dessen Beschlüsse gelten als unwiderruflich“ Gahbauer, F. „Synode“, S.560. Daher ist Ephesus 449 auch nicht ökumenisch, denn diese Beschlüsse wurden in Chalcedon widerrufen. vgl.:Gahbauer, F. „Synode“, S.562.
[10] Heiler, F. „Die Ostkirchen“, S.19.
[11] Lilienfeld von, F. Orthodoxie“, S.444.
[12] Bienert, W. „Dogmengeschichte“, S.211.
[13] Wie es zu den beiden Daten 431 und 433 kommt, wird im Abschnitt „Der nestorianische
Streit“ erklärt.
[14] Bienert, W. „Dogmengeschichte“ S.214.
[15] Diese Phase untergliedert Hauschild auch in zwei Phasen: 428-433 (nestorianischer Streit)
und 448-451eutychianischer Streit. vgl.: Hauschild, W. „Lehrbuch der Kirchen“, S.171.
[16] Hauschild, W. „Lehrbuch der Kirchen“, S.171.
[17] Franzen, A. „Kleine Kirchengeschichte“, S.81.
[18] Sierszyn, A. „2000 Jahre Kirchengeschichte“, S.322.
[19] Sierszyn, A. „2000 Jahre Kirchengeschichte“, S.321.
[20] Sierszyn, A. „2000 Jahre Kirchengeschichte“, S.322.
[21] vgl. : Wenz, G. „Chalcedon“, S.17.
[22] Sierszyn, A. „2000 Jahre Kirchengeschichte“, S.322.
[23] Sommer, W./ Klahr, D. „Kirchengeschichtliches Repetitorium“, S.58.
[24] Wickham, L. „Chalcedon“, S.673.
[25] Sommer, W./ Klahr, D. „Kirchengeschichtliches Repetitorium“, S.58.
[26] Franzen, A. „Kleine Kirchengeschichte“, S.82.
[27] Moeller, B. „Geschichte des Christentums“, S.102.
[28] Hauschild, W. „Lehrbuch der Kirchen“, S.169.29 Moeller, B. „Geschichte des Christentums“,
S.102.
[29] Moeller, B. „Geschichte des Christentums“, S.102.
[30] Neuner, P. „Spaltung und Versöhnung“, S.34.
[31] Sommer, W./ Klahr, D. „Kirchengeschichtliches Repetitorium“, S.59.
[32] Diodor betont volles Menschsein Christi und stellt die menschliche Natur neben die göttliche.
Nur eine recht äußerliche Verbindung beider. Der göttliche Logos habe im Menschen Jesus
Wohnung genommen wie in einem Tempel. (vgl.: Franzen, A. „Kleine Kirchengeschichte“,
S.83.)
[33] Sierszyn, A. „2000 Jahre Kirchengeschichte“, S.324.
[34] Frank, K. „Grundzüge der Geschichte“, S.103.
[35] Sommer, W./ Klahr, D. „Kirchengeschichtliches Repetitorium“, S.60.
[36] Schatz, K. „Allgemeine Konzilien“, S.50.