1 Einleitung
Mit circa 40.000 Einwohnern und seinen weitreichenden Handelsbeziehungen stellt das spätmittelalterliche Köln eine der bedeutendsten und größten deutschen Städte der damaligen Zeit dar. Viele berühmte Bauwerke zieren diese Stadt am Rhein, wie die eindrucksvollen Kirchenbauten, insbesondere der Kölner Dom, das Tanzhaus Gürzenich, das Overstolzenhaus oder die Häuser der Kölner Gaffeln und Ämter. Eine weitere Besonderheit dieser vielseitigen und multikulturellen Stadt war es, dass auch Frauen an Handwerk und Handel auf vielerlei Weise beteiligt waren und mehr Rechte und Freiheiten besaßen als in anderen deutschen Städten des Spätmittelalters. Zudem gab es in Köln Zünfte, in welchen fast ausschließlich Frauen arbeiteten. Dies war im europäischen Spätmittelalter ein außergewöhnlicher Umstand, da sogenannte Frauenzünfte nur noch für Paris und Zürich bezeugt sind. In dieser Arbeit möchte ich daher speziell auf die Kölner Frauenzünfte der Garnmacherinnen, Goldspinnerinnen und des Seidengewerbes eingehen. Doch im ersten Kapitel werde ich zunächst eine Skizze Kölns im Spätmittelalter erstellen, um daraufhin einen kurzen Einblick in die Stellung der Frauen in dieser Stadt geben zu können. Dabei wird der Schwerpunkt vor allem auf die rechtliche und soziale Situation der Frauen in Handel und Handwerk gelegt. Daraufhin folgt das Kapitel, in welchem ich näher auf die Frauenzünfte und die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Lage der Zunftgenossinnen eingehen werde. Im Anschluss darauf erfolgt das Fazit.
Die Erforschung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Frauen im Mittelalter begann Anfang des letzten Jahrhunderts, wobei Ausgangspunkt dieser Forschung fast ausschließlich die sogenannte Frauenfrage war, welche einen Überschuss an Frauen mit 20% gegenüber Männern in der Stadt Nürnberg um 1449 annimmt. Dies wurde von Karl Bücher anhand einer Zählung errechnet, die der Rat der Stadt Nürnberg aufgrund der gefährlichen Lage im Markgrafenkrieg durchführte, um die vorhandenen Getreidevorräte und Einwohnerzahlen zu erfahren.Die Annahme eines Überschusses an Frauen im Spätmittelalter ist jedoch in der heutigen Forschung umstritten. Für manche Städte im Spätmittelalter wie die Stadt Freiburg im Breisgau wurde ein Männerüberschuss errechnet. Doch da es im Mittelalter keine expliziten Statistiken gab und auch in Zählungen viele Personen unberücksichtigt blieben, lässt sich das Gegenteil ebenso wenig beweisen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Eine Skizze der spätmittelalterlichen Stadt Köln
2.1 Die Frauen in Handwerk und Handel im spätmittelalterlichen Köln
3. Die Frauenzünfte
3.1 Die Zunft der Garnmacherinnen
3.2 Die Zunft der Goldspinnerinnen
3.3 Das Seidengewerbe
4. Schluss
5. Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Mit circa 40.000 Einwohnern und seinen weitreichenden Handelsbeziehungen stellt das spätmittelalterliche Köln eine der bedeutendsten und größten deutschen Städte der damaligen Zeit dar.1 Viele berühmte Bauwerke zieren diese Stadt am Rhein, wie die eindrucksvollen Kirchenbauten, insbesondere der Kölner Dom, das Tanzhaus Gürzenich, das Overstolzenhaus oder die Häuser der Kölner Gaffeln und Ämter. Eine weitere Besonderheit dieser vielseitigen und multikulturellen Stadt war es, dass auch Frauen an Handwerk und Handel auf vielerlei Weise beteiligt waren und mehr Rechte und Freiheiten besaßen als in anderen deutschen Städten des Spätmittelalters. Zudem gab es in Köln Zünfte, in welchen fast ausschließlich Frauen arbeiteten. Dies war im europäischen Spätmittelalter ein außergewöhnlicher Umstand, da sogenannte Frauenzünfte nur noch für Paris und Zürich bezeugt sind.2 In dieser Arbeit möchte ich daher speziell auf die Kölner Frauenzünfte der Garnmacherinnen, Goldspinnerinnen und des Seidengewerbes eingehen. Doch im ersten Kapitel werde ich zunächst eine Skizze Kölns im Spätmittelalter erstellen, um daraufhin einen kurzen Einblick in die Stellung der Frauen in dieser Stadt geben zu können. Dabei wird der Schwerpunkt vor allem auf die rechtliche und soziale Situation der Frauen in Handel und Handwerk gelegt. Daraufhin folgt das Kapitel, in welchem ich näher auf die Frauenzünfte und die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Lage der Zunftgenossinnen eingehen werde. Im Anschluss darauf erfolgt das Fazit.
Die Erforschung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Frauen im Mittelalter begann Anfang des letzten Jahrhunderts, wobei Ausgangspunkt dieser Forschung fast ausschließlich die sogenannte Frauenfrage war, welche einen Überschuss an Frauen mit 20% gegenüber Männern in der Stadt Nürnberg um 1449 annimmt. Dies wurde von Karl Bücher anhand einer Zählung errechnet, die der Rat der Stadt Nürnberg aufgrund der gefährlichen Lage im Markgrafenkrieg durchführte, um die vorhandenen Getreidevorräte und Einwohnerzahlen zu erfahren.3 Die Annahme eines Überschusses an Frauen im Spätmittelalter ist jedoch in der heutigen Forschung umstritten. Für manche Städte im Spätmittelalter wie die Stadt Freiburg im Breisgau wurde ein Männerüberschuss errechnet. Doch da es im Mittelalter keine expliziten Statistiken gab und auch in Zählungen viele Personen unberücksichtigt blieben, lässt sich das Gegenteil ebenso wenig beweisen.4
2 Eine Skizze der spätmittelalterlichen Stadt Köln
Köln war auf deutschem Boden die Stadt mit der höchsten Einwohnerzahl und durch ihre vielfältige Wirtschaft mit Export und Fernhandel die deutsche Stadt, die am meisten gewachsen war.5 Durch ihre günstige geographische Lage war Köln in Handel und Exportgewerbe sehr erfolgreich, vor allem im Metall- und Edelmetallgewerbe, sowie in der Textilindustrie und dem Ledergewerbe.6 Auch mit Pelzen wurde viel Handel getrieben. Köln war zudem der erfolgreichste Hersteller von Seidenprodukten auf deutschem Boden. So gut wie alles, was das Mittelalter erzeugte, wurde „auf dem Rhein transportiert und in Köln gestapelt“.7 Köln und viele andere Städte bemühten sich, ihre ansässigen Gewerbe in Export und Handel auszubauen; hierauf weist auch die zunehmende Bildung von Zünften hin. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts spezialisierten sich diese immer mehr auf bestimmte Handwerke, da durch Kaufleute und Fernhändler auch vermehrt Handel in Übersee betrieben wurde.8
Die Stadt Köln war, wie später noch gezeigt wird, in rechtlichen Dingen sehr erfinderisch. So wurde beispielsweise das Stapelrecht durchgesetzt, nach dem alle Waren, die Köln über Land und Wasser erreichten, „drei Tage lang in der Stadt gestapelt und zum Verkauf angeboten werden müssen“9. Ausgenommen waren schnell verderbliche Güter. Beherrscht wurde diese Stadt nicht durch einen Stadtadel, sondern durch das Patriziat, das aus den mächtigsten Geschlechtern bestand. Diese hatten sich im 12. und 13. Jahrhundert zur so genannten „Richerzeche“ zusammengeschlossen, die schon seit dem Jahr 1180 belegt ist und Köln über 200 Jahre in Wirtschaft und Politik regiert hat.10 Diese bestand aus circa 40 Familien, die aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Reichtums der „Richerzeche“ und dem Schöffenkolleg des Hochgerichts angehörten.11 1396 fand die patrizische Stadtherrschaft ein Ende, nachdem innere Spannungen in eine Fehde zwischen den Geschlechtern der „Greifen“ und „Freunde“ eskaliert waren.12 An die Stelle der „Richerzeche“ traten nun, in einem Verbundbrief von 1396 festgelegt, politische Verbände, die 22 Gaffeln.13 Der Rat war nun alleiniges Verfassungsorgan. Dem Rat gehörten 49 Mitglieder an, von welchen 36 jährlich in den politischen Verbänden direkt gewählt wurden. Die 13 weiteren, auch „Gebrech“ genannt, wurden durch die schon direkt gewählten 36 Mitglieder kooptiert.14 Damit war die alleinige politische Macht der Geschlechter weitgehend zerschlagen und wirtschaftlich erfolgreiche Kaufleute und Handwerker hatten nun auch politischen Einfluss. Die Geschlechter Kölns waren besonders langlebig, manche erhielten sich über 500 Jahre. Ihren Reichtum hatten sie vor allem durch Handel erworben. Sie legten die Handelsgewinne in Grundbesitz an und erreichten dadurch ein wertbeständiges und schnell verfügbares Vermögen. Dieser Vorgang war ebenfalls eine Erfindung des Kölner Rechts. Dies lässt sich auch an den bis heute existierenden 86 Schreinskarten und 516 Schreinsbüchern erkennen, die größte Sammlung einer Grundbuchserie.15
In Köln wurden hauptsächlich indirekte Steuern erhoben. Franz Irsigler teilt die Mittelschicht des spätmittelalterlichen Kölns in eine „obere, vorwiegend kaufmännische und eine untere, mehr handwerklich-zünftische ein.“16 Es gab Zünfte, die reicher waren als andere; im Bereich der Handwerkszünfte selbst gab es ebenfalls teilweise große soziale Unterschiede. Es waren jedoch viele Übergangsmöglichkeiten vorhanden, im 15. Jahrhundert sogar zur oberen Schicht. Eine weitere wichtige Rolle spielte der Klerus. Ungefähr 20% bis 30% des Grundbesitzes in Köln gehörte der Geistlichkeit, circa 50% der Häuser Kölns waren mit Erbzinsen oder Renten an den Klerus bekümmert.17 Auch an der Wirtschaft beteiligten sich die Geistlichen redlich, so handelten sie beispielsweise mit Wein, Bier oder Getreide und beteiligten sich vor allem zur Wende des 15.
Jahrhunderts an der Textilherstellung.18 Da geistliche Organe keine Abgaben und Steuern zu leisten hatten und auch nicht durch die Stadt beaufsichtigt oder kontrolliert wurden, kam es jedoch zwischen dem Klerus und den Bürgern der Stadt zu Spannungen. Circa 5% bis 7% der städtischen Bevölkerung gehörten im 14. Jahrhundert dem geistlichen Stand an, Beginen und Begarden mit eingerechnet circa 7% bis 9%.19 Die Beginenkonvente waren eine halbreligiöse Gemeinde, um 1320 gab es davon 89.20 Sie betätigten sich unter anderem in der Handarbeit, gerieten jedoch dadurch häufiger mit den Zunftgenossinnen des Seidengewerbes in Konflikte, da diese sie als Konkurrenz betrachteten.
2.1 Die Frauen in Handwerk und Handel im spätmittelalterlichen Köln
Frauen waren am Wirtschaftsleben dieser Stadt rege beteiligt, da ihnen durch viele rechtliche Bestimmungen die Möglichkeit dazu gegeben wurde. 'Eigentümlich ist dem Kölner Gewerbe die starke Beteiligung der Frauen.'21 Auch boten die Zünfte, die sich in Köln herausgebildet hatten, viele Arbeitsmöglichkeiten für Frauen. Eine grundlegende Verpflichtung das Bürgerrecht zu erwerben, um Berufe in Handwerk und Handel auszuüben, bestand in Köln nicht. Allerdings wurde man in einige Zünfte nur durch den Nachweis der Eintragung ins Bürgerbuch aufgenommen, wie beispielsweise 1506 bei den Seidweberinnen oder 1516 bei den Lederzurichtern.22 Auch zur Erhaltung der Gewandschnittskonzession, mit der man umfassend Tuchhandel betreiben konnte, benötigte man den Nachweis.23
Für Bürger, Bürgerinnen und Eingesessene galten weitgehend übereinstimmende Rechte und auch Pflichten. Frauen besaßen als Ehefrauen oder Witwen eines Kölner Bürgers das Bürgerrecht oder erwarben es als neue Bürgerin durch Leistung eines Eides und Zahlung der Aufnahmegebühr.24 Als Handelsfrauen tätigten sie, oft auch in Zusammenarbeit mit ihren Ehemännern, auf eigene Rechnung Handelsgeschäfte im Kölner Klein-, Groß- und Fernhandel. Aufgrund der ungewöhnlich hohen Rechtsfähigkeit der Frauen in Köln war es ihnen zudem möglich, als Vormünder (für eigene wie fremde Kinder), Treuhänder oder Bürgen, sowie als Zeugen vor Gericht, Mieterinnen oder Pächterinnen aufzutreten.25 Außerdem konnten sie selbständig Verträge abschließen und als Testamentsvollstrecker fungieren, womit Frauen wohl auch „ein gewisses Maß an Erfahrung und Gewandtheit im Geschäfts- und Wirtschaftsleben“ zugesprochen wurde.26 Das Zeugnis von Frauen und ihre eidliche Aussage war ebenso gültig wie das von Männern. Frauen waren von der Ratswahl und somit von der Politik allerdings gänzlich ausgeschlossen. Zudem gab es keine Strafmilderung für Frauen, wie in anderen deutschen Städten des Spätmittelalters. „Gleiches Recht galt für alle, hee were, wie hee were, paffe, studente, leye, vrouwe off man. “ 27
Es war allgemein üblich, dass Frauen und Mädchen eine handwerkliche Tätigkeit angelernt wurde. Häufig gingen Frauen schon als Kinder in die Lehre bei einer Meisterin, später ehelichten sie dann meistens einen Mann, der im selben Gewerbe tätig war. Die Zünfte veranstalteten auch gesellschaftliche und religiöse Zusammenkünfte, an welchen die Frauen teilnahmen oder sie wurden Mitglied der Bruderschaft, die der Zunft anhängig war.28 Im Handwerk der Zünfte waren die Frauen differenziert eingesetzt, je nach rechtlicher oder wirtschaftlicher Stellung. Frauen erhielten teilweise das gesamte Zunftrecht, inklusive Meisterwürde und Unterweisungsrecht. Durch das Witwenrecht und Töchterrecht, welches Hinterbliebenen die Weiterführung des Betriebs möglich machte und Kindern von Meistern und Meisterinnen die Aufnahme in die Zunft erleichterte, gab es weder reine Frauen- noch Männerzünfte.29
Die wenigsten Gewerbe erlegten den Frauen in Köln Arbeitsbeschränkungen auf, allerdings teilweise die Schneider, Tuchscherer und Harnischmacher.30 Im Gewerbe der Metallverarbeitung waren Frauen vor allem als Goldspinnerinnen beschäftigt. Einen wichtigen Beitrag leisteten die Frauen im Textilgewerbe, in welchem sie außer dem Nahrungsmittelgewerbe am meisten vertreten waren.
[...]
1 Ennen Edith, Frauen im Mittelalter, München 1994, S. 157.
2 Ebd., S. 164.
3 Ebd., S. 145.
4 Ebd., S. 143; Wensky Margret, Die Stellung der Frau in der stadtkölnischen Wirtschaft im Spätmittelalter, Wien 1980, S. 2.
5 Isenmann Eberhard, Die deutsche Stadt im Spätmittelalter: 1250-1500; Stadtgestalt, Recht, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft, Stuttgart 1988, S. 278.
6 Ennen Edith, Die europäische Stadt des Mittelalters, Göttingen 1987, S. 175f..
7 Leiverkus Yvonne, Köln. Bilder einer spätmittelalterlichen Stadt, Köln 2005, S. 91.
8 Uitz Erika, Die Frau in der mittelalterlichen Stadt, Freiburg im Breisgau 1992, S. 31.
9 Leiverkus, Köln (wie Anm. 7), S. 84.
10 Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 278; Ennen, Die europäische Stadt (wie Anm. 6), S.177.
11 Ennen, Die europäische Stadt (wie Anm. 6), S. 177.
12 Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 278.
13 Ennen, Frauen (wie Anm. 1), S. 158.
14 Ennen, Die europäische Stadt (wie Anm. 6), S. 237.
15 Ennen, Die europäische Stadt (wie Anm. 6), S. 177.
16 Ennen, Frauen (wie Anm. 5), S. 158ff.
17 Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 214; Leiverkus, Köln (wie Anm. 7), S. 48.
18 Leiverkus, Köln (wie Anm. 7), S. 49; Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 214.
19 Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 211.
20 Leiverkus, Köln (wie Anm. 7), S. 48.
21 Heinrich von Loesch in: Wensky, Die Stellung der Frau (wie Anm. 4), S. 1.
22 Wensky, Die Stellung der Frau (wie Anm. 4), S. 16.
23 Ebd.; Ennen, Frauen (wie Anm. 5), S. 155.
24 Wensky, Die Stellung der Frau (wie Anm. 4), S. 14.
25 Ebd., S. 13; Ennen, Frauen (wie Anm. 5), S. 157.
26 Wensky, Die Stellung der Frau (wie Anm. 4), S. 24.
27 Wensky, Die Stellung der Frau (wie Anm. 4), S. 27.
28 Shulamith Shahar, Die Frau im Mittelalter, Königstein/Ts. 1981, S. 170; Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 314.
29 Wensky, Die Stellung der Frau (wie Anm. 4), S. 31; Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 314.
30 Isenmann, Stadt (wie Anm. 5), S. 314.