Seit langem ist der Betrieb öffentlicher Verwaltungen durch ein hohes Maß an Dezentralisierung und Arbeitsteilung sowie durch ausgeprägte Hierarchisierung geprägt. Die EDV-Situation war durch Insellösungen und Medienbrüche gekennzeichnet. Oft wurde die Ineffizienz von Prozessen und Datenstrukturen durch Softwareeinsatz weiter zementiert. Damit gingen Nachteile einher wie lange Bearbeitungszeiten sowie redundante und fehleranfällige Arbeitsabläufe. Dem System lag Selbstbezug statt Kundenorientierung zugrunde.
Dem soll nun durch die Einführung von eGovernment abgeholfen werden. Dieses Thema beherrscht derzeitig in den Kommunen die Debatte. Dabei sind die Vorstellungen, was Electronic Government ist, oft recht unterschiedlich. Häufig wird das Thema reduziert auf Angebote der Verwaltung, die Bürgern und Kunden im Internet bereitgestellt werden. eGovernment ist aber mehr: es geht darum Verwaltungsarbeit insgesamt umzugestalten, gerade da, wo sie für Außenstehende unsichtbar ist. Dabei müssen nicht nur die Arbeitsabläufe der Verwaltung an die neuen „Online Services“ angepasst werden, es geht auch um die Nutzung der Chancen, die eGovernment bei der Optimierung der internen Produkte und Prozesse in der Verwaltung bietet.
Ein Stichwort heißt eProcurement, die elektronische Ausschreibung und Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Internet. In der bisherigen kommunalen Beschaffungspraxis spielt IT-Unterstützung eine geringe Rolle. Derzeitig läuft der Beschaffungs- und Vergabeprozess weitgehend manuell. Durch den Einsatz elektronischer internetbasierter Beschaffungssysteme kann der Einkauf jedoch vereinfacht und beschleunigt werden. Elektronische Marktplätze erlauben häufig einen günstigeren Einkauf, da hier in der Regel, aufgrund gebündelter Nachfrage, bessere Preise erzielt werden können. Die hohen Kosten für die Veröffentlichung und Versendung der schriftlichen Verdingungsunterlagen entfallen zum Teil vollständig. Studien einzelner Unternehmen ergeben Einsparungspotenziale von bis zu 20 Milliarden Euro für die Kommunen1. In Zeiten knapper kommunaler Haushalte ein erfreuliches Ergebnis. Die EU sieht bereits vor, dass im Jahr 2003 25% aller öffentlichen Aufträge auf elektronischen Wege vergeben werden sollen.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
1.1 Motivation zur Wahl des Themas
1.2 Problembereich der Arbeit
2 Einführung zum e-Government
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Grundlagen zum eGovernment
2.3 Bezug zur Verwaltungsmodernisierung
2.4 Anwendungsebenen des eGovernment
2.4.1 Government–to–Costumer (G2C)
2.4.2 Government–to–Government (G2G)
2.4.3 Government–to–Business (G2B)
2.5 Potenziale und Zielsetzung von eGovernment
3 Die Beschaffung
3.1 Begriff der Beschaffung
3.2 Der Beschaffungsprozess
3.3 Nachteile des traditionellen Beschaffungsvorgangs
4 Public e-Procurement
4.1 Begriffsbestimmung
4.2 Nutzen und Problembereiche des elektronischen Einkaufs
4.2.1 Nutzen des eProcurement
4.2.2 Problembereiche der elektronischen Beschaffung
4.3 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.4 Umsetzung der elektronischen Beschaffung auf Bundesebene
5 Das Projekt „eVa – elektronische Vergabe“ der Hamburger Finanzbehörde
5.1 Ausgangssituation für eine elektronische Vergabe in Hamburg
5.2 Konzeption
5.2.1 Zielsetzung der elektronischen Vergabe
5.2.2 Projektbeschreibung/ Projektablauf
5.2.3 Funktionsweise der elektronischen Vergabe
5.2.4 Ressourcen
5.2.4.1 Was kostet die elektronische Vergabe?
5.2.4.2 Qualifizierungen des Personals
5.2.4.3 Technische Realisierung des Projekts 28-29
5.3 Erste Projektergebnisse
5.4 Zukünftige Entwicklung
6 Schlussbetrachtung
6.1 Perspektiven
6.2 Fazit
Dienstliche Erklärung/ Einwilligung zur Einsichtnahme V
Anhang
Anlage 1
Anlage 2
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Der Beschaffungsprozess
Abbildung 2 Vorteile des e-Procurement
Abbildung 3 Hemmnisse bei e-Procurement-Einführung
Abbildung 4 Phasen des Projektablaufs
Abbildung 5 Prozessschritte der elektronischen Vergabe und Beschaffung
Abbildung 6 Infrastrukturüberblick der Healy-Hudson- Lösung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Vorwort
1.1 Motivation zur Wahl des Themas
Seit langem ist der Betrieb öffentlicher Verwaltungen durch ein hohes Maß an Dezentralisierung und Arbeitsteilung sowie durch ausgeprägte Hierarchisierung geprägt. Die EDV-Situation war durch Insellösungen und Medienbrüche gekennzeichnet. Oft wurde die Ineffizienz von Prozessen und Datenstrukturen durch Softwareeinsatz weiter zementiert. Damit gingen Nachteile einher wie lange Bearbeitungszeiten sowie redundante und fehleranfällige Arbeitsabläufe. Dem System lag Selbstbezug statt Kundenorientierung zugrunde.
Dem soll nun durch die Einführung von eGovernment abgeholfen werden. Dieses Thema beherrscht derzeitig in den Kommunen die Debatte. Dabei sind die Vorstellungen, was Electronic Government ist, oft recht unterschiedlich. Häufig wird das Thema reduziert auf Angebote der Verwaltung, die Bürgern und Kunden im Internet bereitgestellt werden. eGovernment ist aber mehr: es geht darum Verwaltungsarbeit insgesamt umzugestalten, gerade da, wo sie für Außenstehende unsichtbar ist. Dabei müssen nicht nur die Arbeitsabläufe der Verwaltung an die neuen „Online Services“ angepasst werden, es geht auch um die Nutzung der Chancen, die eGovernment bei der Optimierung der internen Produkte und Prozesse in der Verwaltung bietet.
Ein Stichwort heißt eProcurement, die elektronische Ausschreibung und Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Internet. In der bisherigen kommunalen Beschaffungspraxis spielt IT-Unterstützung eine geringe Rolle. Derzeitig läuft der Beschaffungs- und Vergabeprozess weitgehend manuell. Durch den Einsatz elektronischer internetbasierter Beschaffungssysteme kann der Einkauf jedoch vereinfacht und beschleunigt werden. Elektronische Marktplätze erlauben häufig einen günstigeren Einkauf, da hier in der Regel, aufgrund gebündelter Nachfrage, bessere Preise erzielt werden können. Die hohen Kosten für die Veröffentlichung und Versendung der schriftlichen Verdingungsunterlagen entfallen zum Teil vollständig. Studien einzelner Unternehmen ergeben Einsparungspotenziale von bis zu 20 Milliarden Euro für die Kommunen[1]. In Zeiten knapper kommunaler Haushalte ein erfreuliches Ergebnis. Die EU sieht bereits vor, dass im Jahr 2003 25% aller öffentlichen Aufträge auf elektronischen Wege vergeben werden sollen.
1.2 Problemstellung der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, in wie weit eGovernment die öffentliche Verwaltung verändern wird, und welchen Nutzen diese daraus ziehen kann. Die Frage scheint berechtigt, hat die Verwaltung doch mit Leistungsbudgetierung, New Public Management oder Neuem Steuerungsmodell schon so manches Reformversprechen erlebt, das noch nicht voll eingelöst ist. Mit eGovernment ist nun erstmals ein technologisch begründeter Modernisierungsvorschlag in Angriff genommen wurden.[2]
Nach einer kurzen Einführung in das Thema eGovernment, beschäftigt sich der dritte Teil dieser Hausarbeit mit den allgemeinen Grundlagen der klassischen Beschaffung, um somit die Basis für eine Bearbeitung des gestellten Themas zu schaffen. Im anschließenden vierten Teil wird auf die Bedeutung des elektronischen Procurement in der öffentlichen Verwaltung eingegangen. Ebenso werden hier die wesentlichen Unterschiede zum herkömmlichen Beschaffungsprozess sowie die Potenziale und Problembereiche des eProcurement aufgezeigt. Auch auf eine Darlegung der rechtlichen Rahmenbedingungen soll nicht verzichtet werden.
Um das aktuelle Thema der elektronischen Beschaffung greifbarer zu gestalten, wird sich der fünfte Teil dieser Arbeit einem Beispiel aus der Hamburger Verwaltung widmen. Anhand des Projektes „eVa – elektronische Vergabe“ der Hamburger Finanzbehörde wird die konkrete Vorgehensweise bei der Realisierung der elektronischen Beschaffung in der Praxis dargelegt.
Der abschließende Teil dieser Hausarbeit beinhaltet eine zusammenfassende Schlussbetrachtung sowie einen kurzen Ausblick in die zukünftige Entwicklung des eGovernment, im besonderen Maße aber des eProcurement.
2. Einführung zum eGovernment
2.1 Begriffsbestimmung
Der Begriff eGovernment ist erstmals zu Beginn der 90-er Jahre von der damaligen US-Regierung um Bill Clinton geprägt worden. Damalige Bestrebungen galten der Nutzung, der durch das Internet geschaffenen Chancen, Electronic Business über die Wirtschaft hinaus, auch für die öffentliche Verwaltung als eGovernment zu nutzen. Für den Begriff eGovernment existieren derzeit zahlreiche Definitionen aus Wissenschaft und Praxis, wobei sich bisher keine Definition als Standard durchsetzen konnte. Dies beruht auf der Tatsache, dass eGovernment mit seinen vielfältigen Möglichkeiten und Auswirkungen für die Verwaltung, häufig noch sehr eng gesehen wird. So versteht sich Electronic Government nicht nur auf die Verbesserung der Beziehungen zwischen Verwaltung und Bürger, indem neue Aktionsrahmen (z.B. online Abgabe der Steuererklärung, elektronische Abstimmung bei der nächsten Wahl) geschaffen werden. Definiert man den Begriff eGovernment auf kommunikationstheoretischer Basis, dann geht es um mehr als reine Internetkontakte zwischen der Verwaltung mit Bürgern und Wirtschaft. eGovernment erfasst somit nicht nur die Außenbeziehungen der Verwaltung, sondern auch interne Prozessabläufe, die für den Außenstehenden unsichtbar bleiben. Nach der Speyerer Definition von Jörn von Lucke und Heinrich Reinermann wird unter eGovernment „die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten mithilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien“ verstanden.[3] Einig ist man sich darin, dass eGovernment mehr bieten soll als Formulare zum Download. Herbert Kubicek und Martin Wind charakterisieren es als „ein Schlagwort für einen neuen Anlauf, verwaltungsinterne und –externe Prozesse durch Technikunterstützung effektiver und nutzungsfreundlicher zu gestalten“.[4]
Kurz beschrieben bedeutet eGovernment eine nahezu vollständige Umstellung der bisherigen Offline-Kontakte zwischen Verwaltung und Kommunikationspartner auf eine elektronische Grundlage.
2.2 Grundlagen zum eGovernment
Der Internet-Einstieg erfolgte für viele öffentlichen Verwaltungen und Betriebe mit einer eigener Internetpräsenz, die allerdings kaum von Nutzen für den Bürger oder das Unternehmen als Kunde ist/war. Die angebotenen Informationen wie Adressen und Öffnungszeiten sind/waren meist auch schon in anderer Medienform vorhanden. Schrittweise Erweiterungen der Angebote machen heute den Abruf weitergehender Informationen möglich. Des Weiteren ist dazu übergegangen worden, das Internet zur Kommunikation (per eMail) mit Bürgern und Unternehmen zu nutzen.[5] In Deutschland hat in den vergangenen Jahren maßgeblich der Bund die Entwicklung zum eGovernment vorangetrieben. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am 18. September 2000 die Initiative BundOnline 2005 gestartet. Bis zum Jahr 2005 sollen danach die über 350 internetfähigen Dienstleistungen des Bundes online angeboten werden; einige sind bereits im Internet verfügbar, wie etwa die elektronische Abwicklung der Ausbildungsdarlehen (BAföG-Online), die Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärung (ELSTER) oder verschiedene Angebote des Statistischen Bundesamtes. Auch die Länder haben vielfältige Initiativen zur Einführung und Umsetzung von Electronic Government entfaltet. So hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg am 24./ 25. Juni 2002 in einer Mitteilung an die Bürgerschaft seine strategische Ausrichtung der IuK-Politik für die nächsten Jahre festgelegt und einen eGovernment–Fahrplan verabschiedet. Die eGovernment-Strategie baut auf folgenden Zielen und Eckpunkten auf: „WinWin“–Situation für Verwaltung und Kunden, elektronisch unterstützter Service sowie effiziente Organisation, etwa durch Anpassung von Geschäftsprozessen, Transparenz und Datensicherheit nach innen und außen durch Wissensmanagement, aber auch Datenschutz, Dialog mit der Stadt sowie Flexibilität und Zukunftsoffenheit.[6] In einem zweiten eGovernment-Aktionsfahrplan vom 24.06.2003 erfolgte eine Fortschreibung der strategischen Eckpfeiler sowie der Projekte der Behörden und Bezirksämter. Es wurden neue technische und organisatorische Entwicklungen wie auch Kundenwünsche von Bürgern und Betrieben aufgenommen. Für das kommende Jahr 2004 sind u.a. folgende Projekte geplant:[7] das HamburgGateway (eine behördenübergreifende Benutzerverwaltung, wie die elektronische Meldregisterauskunft), die elektronische An-, Um- und Abmeldung von Kraftfahrzeugen, eine zentrale Geodateninfrastruktur (mit der auf alle städtischen Geodatenbestände zugegriffen werden kann) sowie ein Museumsdienst, in dem Veranstaltungen, Kurse und Führungen online gebucht werden können.
2.3 Bezug zur Verwaltungsmodernisierung
eGovernment als Strategie zur Modernisierung von Staat und Verwaltung bringt vielfältige Chancen mit sich. Mittlerweile ist anerkannt, dass Electronic Government den Umbau der öffentlichen Verwaltung, der mit dem so genannten Neuen Steuerungsmodell begonnen wurde, unter den Bedingungen des Informationszeitalters fortsetzt.[8] Peter te Reh, Hauptreferent des Deutschen Städtetages, meint dazu: Die mit diesen Thema „einhergehenden organisatorischen, technischen, personellen, rechtlichen sowie finanziellen Maßnahmen lassen die Behauptung zu, dass mit der Einführung von eGovernment eine tiefgreifende Verwaltungsreform verbunden ist“[9]. Der fördernde Bezug von eGovernment zur Verwaltungsreform lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- eGovernment ermöglicht eine Umsetzung von Effektivität und Effizienz des Verwaltungshandelns, indem verbesserte Möglichkeiten der Informationsnutzung und -verarbeitung zu einer Aufwand- und Kosteneinsparung bei Verwaltung und Bürger führt.
- eGovernment führt zu einer Verstärkung der Modernisierungsansätze. So gewinnt etwa die Dienstleistungsorientierung der Verwaltung eine neue Bedeutung.
- Electronic Government führt zu einer Blickerweiterung des Modernisierungsansatzes. War das Neue Steuerungsmodell noch sehr ergebnisorientiert, wird der Fokus der Modernisierung nun stärker auf die Verbesserung der Verwaltungsprozesse gelegt.
- eGovernment trägt letztendlich auch zu einem „Reinventing“[10] des Verwaltungshandelns bei. Der erweiterte Informationsraum lässt einen größeren Aktionsraum der Mitarbeiter zu, was neue Qualifikations-, Motivations- und Verantwortungsstrukturen in der öffentlichen Verwaltung zur Folge haben wird.[11]
Insgesamt kann damit eGovernment einen neuen Schub für die Modernisierung der Verwaltung erbringen. Gleichwohl stehen der Einführung auch verschiedene Barrieren entgegen. Electronic Government darf nicht allein aus einer technischen Perspektive verstanden und konzipiert werden. Rechtliche, finanzielle, organisatorische und personelle Faktoren erfordern Berücksichtigung, um den elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr für den Kunden so einfach und flexibel wie möglich zu gestalten.
2.4 Anwendungsebenen des eGovernment
Dem eCommerce sehr ähnlich, hat sich auch beim eGovernment eingebürgert, das Verhältnis zwischen der Verwaltung und ihren verschiedenen Kommunikationspartnern als eine zentrale Beschreibungsdimension darzustellen. Diese Kommunikationspartner können sich aus internen und externen Gruppen wie Bürgern, Wirtschaft, Politik und der eigenen Belegschaft zusammensetzen. Üblich ist folgende Unterscheidung:
- Government-to-Costumer
- Government-to-Government
- Government-to-Business
Im weiteren Verlauf der Hausarbeit sollen nun die verschiedenen Interaktionsebenen näher vorgestellt werden.
2.4.1 Government-to-Costumer (G2C)
Gängigen Auffassungen zufolge lassen sich im Verhältnis zwischen Bürger und Staat schwerpunktartig drei Rollenkomplexe erkennen.[12]
a) Der Bürger als Entscheidungsakteur: Unter diesem Aspekt wird zwischen dem Bürger als politischen Auftraggeber und dem Bürger als Mitgestalter des Gemeinwesens unterschieden (als Wähler oder Parlamentarier).
b) Der Bürger als ebenbürtiger Vertragspartner: Unter diesen Aspekt fallen beispielsweise Abschlüsse von Kaufverträgen.
c) Der Bürger als Entscheidungsempfänger: Der Bürger als Entscheidungsempfänger kann als Antragsteller, Bescheidempfänger, Gewerbetreibender, Beschuldigter, Beschwerdeführer, Steuerzahler, etc auftreten. Entsprechend breit angelegt sind die so genannten elektronischen Bürgerdienste der Verwaltung.
Das Kommunikationsverhältnis zwischen der Verwaltung und ihren Mitarbeitern rückt zunehmend unter dem Aspekt der Mitarbeiter als „interne Kunden“ ins Blickfeld. Beispiele hierfür können sein: Mitarbeiter als Antragsteller (z.B. Antrag auf Urlaub, Dienstreisegenehmigung), Auskunftsgesuche der Mitarbeiter (z.B. Einblick in die Personalakte) und Anmeldungen (z.B. zur Teilnahme an Fortbildungsseminaren).
2.4.2 Government-to-Government (G2G)
Im G2G-Bereich findet ein elektronischer Behördenverkehr (über Inter- und Intranet) zwischen verschiedenen Verwaltungsstellen des Staates statt. Zwischenbehördliche Kommunikation kann beispielsweise durch einen Antrag eines Bürgers ausgelöst werden, oder entsteht bei einem Datenaustausch zwischen Herkunftsgemeinde und Zuzugsgemeinde bei einem Wohnungswechsel. Bei den G2G-Beziehungen standen bisher die Datenbeziehungen innerhalb und zwischen Behörden im Vordergrund. Dies ist jedoch keine Errungenschaft des Internetzeitalters, sondern sie existieren bereits seit Jahrzehnten. Entscheidend ist, dass dies auch heute noch vorwiegend auf proprietärer Grundlage und aus heutiger Sicht veralteten Technologien geschieht. Fortgeschrittenes eGovernment wird voraussichtlich speziell mit Blick auf die G2G-Beziehungen integrative Tendenzen auslösen. Das bedeutet, dass die deutlich weitreichenden technischen Möglichkeiten zwischenbehördlicher Datenintegration die Frage nach der „Einheit der Verwaltung“ neu stellen werden. Für eine Datenintegration eignen sich im besonderen Maße folgende Instrumente:[13]
a) Informationsmanagement kann unterschiedliche Behörden befähigen, mit nur minimalen Zeitverlusten eine flächendeckende Kommunikation zu betreiben. Doppelarbeiten und Abstimmungsprobleme können dabei vermieden werden.
b) Durch Einbeziehung eines Dokumentenmanagements kann ein leichter, schneller und sicherer Datenaustausch ermöglicht werden. Eine digitale Archivierung kann das papierlose Büro zur Realität werden lassen und Transaktionszeiten wesentlich minimieren.
c) Das Wissensmanagement hilft vorhandene Potenziale (Wissen- und Informationsspeichern) zweckmäßig zu nutzen, den Umgang mit dem Wissen zu beschleunigen und bei der Zentralisierung fachlicher Kompetenz (z.B. Wissensplattformen) zu helfen. Ein verbesserter Planungs- und Entscheidungsprozess kann daraus hervorgehen
Die Entwicklung der G2G-Beziehungen verlief bisher weniger spektakulär als im G2C- und G2B-Bereich, da hier weitestgehend die Publikumsbezogenheit fehlt. Gleichwohl ist es von entscheidender Bedeutung, dass die bisher größtenteils offline geführten Verfahren so umgestaltet werden, als dass eine Integration mit den internetvermittelten Kundenbeziehungen möglich ist. Denn nur durch diese Form der Arbeitsteilung und Kooperation ist ein effizienteres Arbeiten ohne erhebliche Zeitverluste durch Datentransport bzw. Kommunikation möglich.
2.4.3 Government-to-Business (G2B)
Für die internetgestützte Kommunikation zwischen Verwaltung und Wirtschaft hat sich die Bezeichnung Government-to-Business bzw. G2B herausgebildet. Einige wesentliche Elemente der G2B-Kommunikation sind: eProcurement (Ausschreibungen, Beschaffungen, Veräußerungen), Kfz-Zulassungen (für Autohäuser), Baugenehmigungen (Architekten), Fahrerlaubnisse (Fahrschulen), Übermittlung statistischer Informationen, etc. Der Austausch zwischen privatwirtschaftlichen Unternehmen ist heute oft deutlich intensiver elektronisch unterstützt als im Verhältnis der Wirtschaft zur Verwaltung. Auch schon weit vor der Verbreitung des Internets wurde die Kommunikation zwischen den Unternehmen durch einen Datenstandard unterstützt. Rechnungen und Auftragsbestätigungen zum Beispiel konnten somit elektronisch ausgetauscht werden. Vergleichbare Standards zwischen der Wirtschaft und der Verwaltung gibt es bisher nur rudimentär. Dadurch ist der Kontakt zwischen der öffentlichen Verwaltung und privatwirtschaftlichen Unternehmen heute noch weitestgehend durch Offline-Kontakte geprägt. Elektronische internetbasierende Plattformen zur Unterstützungen der G2B-Kommunikation sind gerade erst im Aufbau begriffen.[14]
Zusammenfassend betrachtet, gestalten sich die G2B-Kontakte weniger komplex als die G2C-Kontakte, da hier im Verhältnis zum Bürger gut strukturierte Sachdaten vorherrschen, die in der Regel mit begrenzten Standardisierungs- und Sicherheitsanforderungen verbunden sind. Das G2C-Verhältnis kennzeichnet sich im Gegensatz dazu durch personenbezogene Daten, bei denen Datenschutz und Sicherheitsanforderungen im Vordergrund stehen.
2.5 Potenziale und Zielsetzung von eGovernment
Informationen im Internet sind schnell, jederzeit ergänzbar, ihre Zugänglichkeit ist nicht an Raum oder Zeit gebunden. Über das Internet ausgetauschte Informationen können im Idealfall unmittelbar (digital) verarbeitet werden. Außerdem lassen sich elektronische Daten mit weniger Aufwand als schriftlich vorgehaltene Informationen für unterschiedliche Zwecke und Zielgruppen aufbereiten. eGovernment soll diese Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation nutzen, um allen Beteiligten Zeit, Arbeit und Wege zu ersparen. In einem Memorandum von führenden Experten in Deutschland wurden fünf Kernthesen für Potenziale formuliert, die durch eGovernment geschaffen werden.[15]
1. eGovernment führt zu einem neuen Schub der Verwaltungsmodernisierung, der dringend erforderlich ist, um die Leistungsfähigkeit von Staat und Verwaltung angesichts neuer Herausforderungen zu bewahren und zu stärken.
2. Electronic Government betrifft das gesamte Verwaltungshandeln und darüber hinaus politische Prozesse. Angesichts des in Deutschlands erreichten Standes von mehr als vier Jahrzehnten IT-Anwendung in der Verwaltung muss es nunmehr zu einer grundlegenden Umgestaltung der Verwaltungsarbeit kommen.
3. Der wichtigste Rohstoff, aus welchem die Verwaltung ihre Produkte erstellt, ist ihr Wissen. Deshalb stellt die bessere Nutzung von Informationen und Wissen eine entscheidende Triebkraft ihrer Modernisierung dar.
4. Die umfassende Umgestaltung von Prozessen und Ressourcen der Verwaltungsarbeit unter weitestgehender Nutzung der Informationstechnik ist Voraussetzung, dass das Potenzial der IT zum tragen kommt.
5. Erfolge sind nur dann zu erzielen, wenn die Lern- und Innovationsbereitschaft der Verwaltung um Größenordnungen gesteigert wird. Zudem sind viele Voraussetzungen für die sichere und zuverlässige Nutzung von Informationstechnik noch zu schaffen. Darüber hinaus sind nachhaltig wirksame Anreizstrukturen für die Nutzung des Potenzials der Informationstechnik zu etablieren.
Die neuen Technologien, die im Rahmen von Electronic Government in der öffentlichen Verwaltung Einzug halten, eröffnen bislang unbekannte Perspektiven und Potenziale für die Verwaltung und ihre Kommunikationspartner.
Hauptziel aus Bürgersicht ist eine einheitliche, ansprechbare Verwaltung, die dem Bürger nicht mehr den unkomfortablen Zugang über das Zuständigkeitsprinzip aufzwingt. Unabhängig von Zuständigkeiten und Öffnungszeiten ist für den Bürger als Kunden ein einziger Verwaltungsgang am komfortabelsten. Die seit Jahrzehnten bestehende Forderung „Die Daten sollen laufen, nicht die Bürger“[16] steht damit kurz vor ihrer technischen Umsetzung.
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei der Verfügbarkeit und Bereitstellung von Verwaltungsdiensten im Internet noch im Mittelfeld. Dies liegt insbesondere an den unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben auf Bundes- und Länderebene. Viele Städte in Deutschland nutzen das Internet nur zu Präsentationszwecken oder stellen lediglich Broschüren oder Antragsformulare online zur Verfügung. Nur wenige bieten darüber hinaus die Möglichkeit, Dienste medienbruchfrei über das Internet abwickeln zu können.
Daraus wird deutlich, dass es keinen einfachen Weg zum eGovernment geben kann. Auch lassen sich diese Ziele nicht im Wege einer zentralen Planung und Steuerung erreichen. Dafür ist die Dynamik der technischen Entwicklung zu hoch, und dafür ist die Schrittgeschwindigkeit bei der Planung und Umsetzung von eGovernment auf den staatlichen und kommunalen Ebenen zu unterschiedlich.
[...]
[1] Fa. Mummert Consulting AG; 2001, Anlage 1
[2] Reinermann, Wird eGovernment die Verwaltung verändern?, S. 6-8
[3] von Lucke/Reinermann, Speyerer Definition von Electronic Government, S. 1-8
[4] Kubicek/Wind, Das 24-Stunden Rathaus, S. 11-14
[5] Herwig, E-Government S. 3-4
[6] Vgl. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 24. / 25. Juni 2002
[7] Vgl. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 24. Juni 2003
[8] Reinermann, Kann „Elektronic Government“ die öffentliche Verwaltung verändern?, S.164
[9] Peter te Reh, Städte haben schon viel erreicht im e-Government, S. 14-16
[10] Reinventing soll hier mit Erneuerung, Wiederbelebung übersetzt werden
[11] vgl. Hill, Qualität und Effizienz, Interview, Anlage 1
[12] vgl. Berner Fachhochschule, eGovernment Glossar, Government to Consumer, Anlage 1
[13] vgl. Berner Fachhochschule, eGovernment Glossar, Government to Government, Anlage 1
[14] Pfleiderer, Electronic Government, Seite 90 f
[15] GI / VDE (2000), S. 6
[16] Beyer, Lothar 1986, S. 164
- Arbeit zitieren
- Simone Just (Autor:in), 2003, eGovernment - Chance und Herausforderung für die Verwaltung am Beispiel des elektronischen Beschaffungswesens, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/20425