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Bachelorarbeit, 2011
45 Seiten, Note: 2,3
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Ernährungsberatung in Gruppen
2.2 Definition Rolle
2.3 Rollenspiel
2.3.1 Rollenspieltypen
2.3.2 Abgrenzung des Rollenspiels zu anderen Spielformen
2.3.4 Artefakte
2.3.5 Verlauf des Rollenspiels
2.3.6 Spielleiterqualifikationen und Funktion
3 Transfer der Anwendung von Rollenspielen auf die Ernährungsberatung von Gruppen
3.1 Parallelen der beiden Methoden
3.2 Diskussion der Vor- und Nachteile
4 Fazit
5 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abb.1: Themenzentrierte Interaktion
Abb.2: Ablauf des Rollenspiels / Planung Struktur
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Häufig werden Menschen überraschend mit neuartigen und komplexen Ernährungsproblemen konfrontiert (vgl. Diedrichsen 1993, S. 48). Bei der Ernährungsberatung ist es wichtig zielgruppenorientiert vorzugehen und dabei den Lebenskontext der Betroffenen zu berücksichtigen. Am besten eignen sich Menschen ein dauerhaft gesundheitsbewusstes Ernährungsverhalten durch soziales Lernen an. Eine Möglichkeit hierzu stellen Institutionen von Gesprächsgruppen in Verbindung mit handlungsorientierter Ernährungsberatung dar. Dabei sollten Lösungswege für Ernährungsprobleme gemeinsam erarbeitet, praktisch eingeübt und erprobt werden. In der Realität steht jedoch noch zu sehr eine abstrakte Vermittlung von ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen sowie die Erteilung von Ratschlägen im Vordergrund (ebd. S. 2). Allerdings führt eine ausschließlich auf Wissensvermittlung ausgerichtete Beratung zu keiner Verhaltensänderung, da Wissen allein nicht automatisch eine gesunde Ernährung nach sich zieht (Merkle, Knopf 2005, S. 23). Die Bevölkerung reagiert auf Belehrungen oder Bevormundungen mit Desinteresse oder Kritik. (vgl. Diedrichsen 1993, S. 2). Ebenso scheitert Ernährungskommunikation prinzipiell, da der Berater und der Ratsuchende ein anderes Bild von Ernährung haben und aneinander vorbeireden. Der Experte spricht von Ernährung und der Rezipient von Essen. Jedoch ist die Art der Umsetzung und Integration in den Alltag alles andere als einheitlich und vor allem breiter angelegt, als die üblichen Ernährungsempfehlungen (Büning-Fesel 2004, S. 82 ff.; Jähning 2001, S. 79 ff.; Berg, Hermey 2001, S. 85 ff.). Es geht hier nicht um eine Veränderung der täglichen Speisen, sondern um eine andere Art des Lebensstils. Essen ist integraler Bestandteil des Alltags, der von jedem selbst gestaltet wird (vgl. Spiekermann 2005, S. 13). Die Beratungssituation ist immer eine kurzfristige Ausnahmesituation, in der die eigentliche Problemlösung nicht realisierbar ist. Die betroffene Person muss dies selbst in ihrem gewohnten Lebensumfeld erproben, damit der Entscheidungskonflikt, der im Beratungszimmer als gelöst erscheint, auch im Alltag und sozialem Umfeld gelöst bleibt. Es geht also nicht darum Verhaltensprobleme theoretisch zu lösen, sondern es muss gemeistert werden, auch wenn der Klient sich alleine in emotional belasteten Situationen befindet (vgl. Pudel 1982, S. 64).
Die Vermittlung von handlungsorientiertem Wissen ist eine Seite, die andere ist die Einübung des Verhaltens. Zu überlegen ist, den praktischen Anteil in der Ernährungsberatung durch den Einsatz von Rollenspielen zu erhöhen. Die Teilnehmer können durch Rollenspiele neue Verhaltensmuster ausprobieren und erlernen. Deshalb ist die Frage, der hier nachgegangen wird, wie bei Kursen, die auf kognitiven Methoden aufbauen, aktive Lernmethoden eingebracht werden können. In der vorliegenden Arbeit wird überprüft obRollenspiele als Elementin der Ernährungsberatung von Gruppeneingesetzt werden können. In der Ausarbeitung wird der verfügbare Kenntnisstand über Rollenspiele dargestellt und ihre mögliche Einsetzbarkeit in der Ernährungsberatung und die Grenzen in der Verwendung reflektiert. Dazu er- folgt zunächst eine Übersicht der Grundlagen. Diese beinhalten die Gruppenernährungsbe- ratung und die Definition des Rollenbegriffs. Anschließend wird das Rollenspiel näher beschrieben, eine Differenzierung der verschiedenen Rollenspieltypen und eine Abgrenzung zu anderen Spielformen vorgenommen. Es folgen die Einsatzmöglichkeiten und Verwendungszwecke des Rollenspiels. Um auf eine typische Gefahrenquelle von nichtnatürlichen Situationen einzugehen, wird im nächsten Abschnitt der Begriff Artefakt erläutert. Nachfolgend werden der Verlauf des Rollenspiels beschrieben und die Spielleiterqualifikationen und Funktion erklärt. Der dritte Teil der Ausarbeitung enthält den Kern der Überlegung, da hier der theoretische Transfer der Einsatzmöglichkeit von Rollenspielen in der Gruppenernährungsberatung stattfindet. Dazu werden Gemeinsamkeiten der beiden Arbeitsweisen aufgezeigt um anschließend die Vor- und Nachteile zu diskutieren. Abschließend erfolgt ein Fazit mit einer Handlungsempfehlung sowie eine Zusammenfassung.
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text die männliche Sprachform gewählt. Es sind jedoch stets beide Geschlechter gemeint.
Der Umstand der begrifflichen Unbestimmtheit von Beratungen und auch von Rollenspielen ist in der Ausarbeitung gegenwärtig. Aus diesem Grund erfolgt an dieser Stelle die begriffliche Klärung. Im Punkt 2.1 wird zuerst der interdisziplinäre Beratungsterminus aufgegriffen. Es folgt eine Erläuterung des non direktiven Beratungsansatzes nach Carl Rogers und die themenzentrierte Interaktion von Ruth Cohn, da diese Arbeitsweisen von zentraler Bedeutung für die Ernährungsberatung sind. Weiterhin werden die wichtigsten Definitionen von Ernährungsberatung anhand von Merkmalen zusammengefasst und die Bedeutung des Beraters vorgestellt. Nachdem die Grundlagen der Ernährungsberatung in Gruppen abgehandelt wurden, dient die Definition des Rollenbegriffs als Überleitung, um den Focus auf die Rollenspielthematik zu richten. Die einzelnen Punkte, die aufgegriffen werden, sind für den weiteren Verlauf der Arbeit wichtig, um Missverständnisse zu beseitigen und Inhalte für den Transfer und die Diskussion zu liefern.
Im Allgemeinen ist unter einem Beratungsgespräch immer ein Problemlösungsgespräch zu verstehen. Dabei geht es darum, dass der Klient seine eigene Situation besser erkennt und aus eigenen Stücken zur Konfliktbewältigung motiviert und angeregt wird (vgl. Keller, Thiele 2004, S. 102). Beratung wird dann notwendig, wenn die alltägliche Routine als nicht zufriedenstellend aufgefasst wird. In diesem Fall wird Beratung als Entscheidungs- und Orientie- rungshilfe in Anspruch genommen (vgl. Hechler 2010, S. 10). Dabei gilt Beratung als Hilfe zur Selbsthilfe (vgl. Gröning 2006, S. 27). Der Klient hat ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht und kann entscheiden, ob er die Beratung zu Ende führt oder vorzeitig abbricht. Außerdem steht es ihm frei Ernährungsempfehlungen zu befolgen. Zur Kontaktaufnahme mit Ernährungsberatern tragen die Verfügbarkeit der Ernährungsberatung und ein gesellschaftlich gefördertes Gesundheitsbewusstsein bei. In der Beratung gibt es verschiedene Methoden, mittels derer der Berater den Klienten in die gewünschte Richtung lenkt, damit dieser sein Ernährungsverhalten kontrollieren kann (vgl. Diedrichsen 1993, S. 31).
Eine der bedeutendsten Beratungskonzeptionen ist die klientenzentrierte Beratung nach Carl Rogers. Bei diesem Ansatz geht es darum, dass der Klient spricht und der Therapeut zuhört. Ursprünglich stammt dieses Konzept aus der Psychotherapie und ist deshalb nur partiell in der Ernährungsberatung anwendbar. Dennoch ist es eine der am häufigsten genutzten Beratungsmethoden (vgl. Gröning 2006, S. 85). Dieser Ansatz beruht auf einem humanistischen Menschenbild, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht (vgl. Hechler 2010, S. 20). Der Berater sollte dem Klienten Achtung, Wertschätzung und emotionale Wärme entgegenbringen. Rogers betont den Verzicht von Ratschlägen und Verhaltensanweisungen (vgl. Gröning 2006, S. 87). Bei seinem non direktiven Ansatz werden weniger die Problemlösungs- und Entscheidungsvorgänge unter kognitiven Aspekten analysiert, als vielmehr das dahinter stehende Gefühlsleben (vgl. Diedrichsen 1993, S. 208).
Ein weiteres wichtiges Konzept in der Gruppenberatung ist die themenzentrierte Interaktion (TZI) von Ruth Cohn. Die Funktion dieser Arbeitweise basiert auf der Interaktion der Gruppenmitglieder. Im Laufe von mehreren Monaten sollen gezielte Veränderungen des Verhaltens durch den Einfluss der Gruppe auf ihre Mitglieder hervorgerufen werden (vgl. Gölz 2002 S. 494). Der Schwerpunkt der TZI liegt in dem Erlernen und Einüben von Problemlösefähigkeiten (vgl. Diedrichsen 1993, S. 66). Die Teilnehmer stehen in ständiger Interaktion, zeigen Zusammenhalt und beeinflussen sich gegenseitig. Die Elemente der Gruppenberatung sind die Teilnehmer, der Berater (Moderator) und der Gruppenprozess. Der Gruppenprozess entsteht durch die Aktivität und Wechselbeziehung der Mitglieder (ebd. S. 62). In der Gruppenberatung geht es um eine offene und lebendige Selbstauseinandersetzung sowie Selbstöffnung der Teilnehmer (vgl. Diedrichsen 1993, S. 209). Bei dieser Beratungsform liegt das Hauptaugenmerk auf der Gegenwart (vgl. Gölz 2002 S. 494). Das Konzept der TZI stammt aus der Psychoanalyse und der humanistischen Psychologie und stellt für die Ernährungsberatung eine wichtige Vorgehensweise dar. Das Ernährungsproblem wird in den Mittelpunkt des Gruppengeschehens gestellt, um es dann mit gemeinsam aufeinander bezogenen Handlungen zu lösen. Die TZI zielt darauf ab, Ratsuchenden Orientierungshilfe zu geben und ihnen dabei zu helfen, die Entscheidungs- und Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.
Im Gruppenprozess wird mit dem Ich-Wir-Es-Dreieck und dem Globe gearbeitet (vgl. Died- richsen 1993, S. 66).
Abb.1: Themenzentrierte Interaktion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ewert 2008 S. 228
Bei dem Konzept ist es wichtig, dass die Elemente des Dreiecks gleichermaßen berücksichtigt und behandelt werden. Das Ich stellt das Individuum dar. Ohne das Ich mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen würde es keine Gruppe geben. Das Wir steht für die Gruppe und beinhaltet die in der Gruppe ablaufenden Interaktionen. Dabei unterscheiden sich die Gruppenmitglieder aufgrund ihrer unterschiedlichen Interessen und Beziehungen voneinander. Das Es beinhaltet das Thema um welches es in der Gruppe geht und Anlass der Gruppenbildung darstellt. Der Kreis, welcher das Dreieck umgibt, wird Globe genannt. Mit Globe ist das nahe und ferne Umfeld, also die Umwelt in dem die Gruppenmitglieder eingebettet sind, gemeint. Von dieser Umwelt gehen politische, soziale, ökologische und kulturelle Einflüsse aus. Wichtig für den Erfolg ist, dass gemeinsame Gruppenziele thematisch mit individuellen Zielen übereinstimmen, erkannt und anerkannt werden. In den einzelnen Phasen der Gruppenprozesse können die jeweiligen Elemente diskutiert werden. Ebenso muss die Gruppe bereit sein, Verantwortung für die gegenseitige Hilfe und Förderung ihrer Mitglieder zu übernehmen.
Durch die Interaktion machen die Klienten neue Erfahrungen, gewinnen tiefere Einsicht und können Handlungsentwürfe für die Zukunft entwickeln. In der Gruppe erfahren die Klienten, dass auch andere Personen Probleme haben. Durch Konfrontation mit der Gruppe werden diese gelöst (vgl. Diedrichsen 1993, S. 67f.). In der verhaltensmodifizierenden Beratung geht es in erster Linie um die Veränderung des gegenwärtigen Ernährungs- und Essverhaltens der Klienten. Störungen im Verhalten sind erlernt und können durch Neulernen oder Umlernen behoben werden (ebd. S. 176).
Anders als bei Rogers und Cohn, deren Arbeitsmethoden aus einem anderen Fachbereich kommen, beziehen sich die folgenden Definitionen ausschließlich auf die Ernährungsberatung. Dabei kann Ernährungsberatung als Institution angesehen werden, wie bspw. als Abteilung einer Verbraucherzentrale oder aber als Arbeitsweise (Merkle, Knopf 2005, S. 24). Das Institut für Qualitätssicherung in der Ernährungstherapie und Ernährungsberatung (QUETHEB) e.V. definiert Ernährungsberatung als eine Kommunikationsform, die sich an gesunde Verbraucher wendet. Im Vordergrund stehen allgemeine Informationen und individuelle Entscheidungshilfen bei Fragen zum Thema gesundheitlicher Verbraucherschutz, Lebensmittel, Essverhalten und die Reduzierung von Risikofaktoren. Partnerschaftlich sollen in der nicht direktiven Gesprächsführung Fertigkeiten zur gemeinsamen Problemlösung erarbeitet und eingeübt werden. Die Beratung basiert auf aktuellen und wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen und unterscheidet sich von Ernährungstherapie, welche sich an Kranke richtet (vgl. Benecke, et al. 2006, S. 9).
Pudel unterscheidet zwischen Ernährungsberatung, Ernährungsaufklärung, Informationsvermittlung, Ernährungserziehung und Ernährungstherapie. Dabei definiert er die Ernährungsberatung als eine verbal vermittelte Interaktion zwischen Berater und Klient, die zum Ziel hat, einen Entscheidungskonflikt oder ein Verhaltensproblem im Ernährungsbereich zu lösen. Hierfür ist eine reine Informationsvermittlung nicht ausreichend. Die Wissensvermittlung und Aufklärung ist auf die kognitive und argumentative Ebene ausgerichtet. Sie hat keine klare Zielgruppe, sondern ist an die breite Masse gerichtet. Ernährungsberatung hingegen richtet sich an individuelle Personen. Informationen sind in der Beratung nicht ausgeschlossen, sie finden als Entscheidungshilfe Verwendung. Geht die Beratung über verbale Kommunikation hinaus, so wird von Ernährungserziehung oder aber auch Ernährungstherapie gesprochen. Information und Aufklärung betrifft die Kommunikationsforschung, Beratung findet statt im Bereich der Sozialpsychologie, Erziehung und Behandlung in der Pädagogik bzw. Ernährungsmedizin (vgl. Pudel 1982, S. 63).
Nach Diedrichsen steht die Verhaltensmodifikation im Mittelpunkt der Ernährungsberatung. Ernährungsberatung umfasst alle Maßnahmen die auf eine Veränderung des Ernährungsverhaltens abzielen. Dies beinhaltet einen ganzheitlichen Ansatz bei dem die Förderung der Entwicklung und eine Verbesserung der Lebensqualität des Klienten im Vordergrund stehen. Für Ernährungsberater besteht die Hauptaufgabe darin den Klienten den Weg zu weisen, wie sie erworbenes Wissen in die Ernährungspraxis umsetzen können (vgl. Diedrichsen 1993, S. 1).
Eine weitere Begriffsdifferenzierung liegt zwischen der Ernährungsberatung und Diätberatung vor. Anders als die Ernährungsberatung ist die Diätberatung an kranke Menschen gerichtet und kommt im Bereich der Intervention und Rehabilitation vor. Die Ernährungsberatung findet Anwendung bei der Primärprävention und der Gesundheitsförderung (vgl. Gölz 2002 S. 487). Ernährungsberatung findet immer im persönlichen Kontakt zwischen Berater und Klient (uno-actu Prinzip) statt (vgl. Pudel 1991, S. 6). Professionelle Beratung soll individuelle und soziale Ressourcen des Klienten mobilisieren und so zu einem kontrollierten und unabhängigen Ernährungshandeln befähigen. Dabei sollen die Klienten möglichst selbst die Ursache für ihr Ernährungsproblem finden, erkennen und sich intensiv am Lösungsprozess beteiligen. Voraussetzung hierfür sind Motivation, Aktivität und Eigenverantwortung. Sind diese Eigenschaften nicht gegeben so ist keine wirksame Ernährungsberatung möglich. Dabei bestimmt der Grad der Beteiligung an der Ernährungsberatung ganz entscheidend den Erfolg (vgl. Diedrichsen 1993, S. 17).
Im Vordergrund steht das selbstständige Denken und Ausfindig machen der Problemlösung und nicht die vorgefertigte Lösung des Beraters oder aus Infobroschüren vorgesetzt zu bekommen. Problemlösungsprozesse werden im besonderen Maße gefördert, wenn der Klient die Bedeutung seines Ernährungsproblems selbstständig herausfindet. Vorteil hierbei ist die bessere Einprägsamkeit und der Transfer von Ernährungswissen auf ähnliche Problemsituationen (ebd. S. 32).
Nach Diedrichsen besteht die Ernährungsberatung aus einer Gruppe von 5 bis 10 Teilnehmern. Bei der Gruppe gibt es ein dezentralisiertes Kommunikationsnetz, bei dem jedes Mitglied in engem Kontakt zum anderen steht (vgl. Forsyth, 1983 zitiert nach Diedrichsen 1993, S. 63). Die Gruppenmitglieder sind an der Lösung ihres Problems ernsthaft interessiert. Um das gemeinsame Ziel zu erreichen zeigt die Gruppe Solidarität, Kooperation und Hilfsbereitschaft. Voraussetzung ist, dass sich die Mitglieder aktiv am Problemlösungsprozess beteiligen, dabei eigene Erfahrungen und eigene Sachkompetenzen einbringen. Dabei sollten sie Fähigkeiten zur selbstständigen Verarbeitung von Informationen und zur Problemlösung entwickeln. Hervorzuheben ist ebenfalls die Bedeutung des Beraters, denn wie die Gruppe sich entwickelt hängt nicht nur von der Persönlichkeit der Teilnehmer oder der Situation, sondern auch von den Kompetenzen des Beraters ab. Wichtig für die Qualität der Gruppenberatung sind Partnerschaftlichkeit, Akzeptanz, Nichtwerten und Verschwiegenheit. Diese Eigenschaften sollte nicht nur der Gruppenleiter aufweisen, sondern auch die Teilnehmer (vgl. Diedrichsen 1993, S. 62f.). Ein Merkmal der Gesprächsform ist, dass die Klienten lernen sich mit ihrem Ernährungsproblem innerlich auseinanderzusetzen und sich selbst zu akzeptieren (ebd. S. 44). Wichtig ist, dass der Berater authentisch spricht und aktiv zuhört. Durch authentisches Sprechen wird beim Klienten die Auseinandersetzung mit dem Ernährungsproblem und den damit verbunden Konflikten gefördert. Dabei sollen Stärken und Schwächen sowie Gedanken und Gefühle von beiden Seiten offen geäußert werden. Der Berater darf über Probleme der Klienten nur unvoreingenommen sprechen. Das erhöht die Autorität seiner Person. Beim aktiven Zuhören sollte der Berater bewusst auf die Fehlerquellen achten, um die Qualität der Gesprächsführung zu verbessern. Dazu muss er sich konzentrieren, verbale und nonverbale Informationen zur Kenntnis zu nehmen und treffend zu deuten. Dies erfordert Gelassenheit und Geduld (ebd. S. 45). Die Aufgaben des Beraters sind komplex. Einer- seits geht es um den Erhalt der Gruppe und den Aufbau von Gruppennormen, andererseits ist er für das Wachstum der Gruppe verantwortlich und muss Hindernisse beseitigen (ebd. S. 70). Weiterhin muss er fachliche und psychologische Hilfestellungen geben und für eine ansprechende Umgebung und Atmosphäre sorgen, so dass die Betroffenen offen über ihre Probleme, Bedürfnisse und Ängste sprechen können. Dabei ist der Gruppenberater Gesprächsteilnehmer und Beobachter zugleich. Der Berater achtet auf Normen und übernommene Rollen der Teilnehmer (ebd. S. 63).
Wichtig im Beratungsprozess ist es, potentielle Dominanz von Anfang an zu vermeiden. Dies wird häufig unbewusst durch die Wortwahl, Mimik oder Gestik ausgelöst (vgl. Keller, Thiele 2004, S. 105). In der Beratung hängt die Qualität in hohem Maße von den Persönlichkeitseigenschaften ab. Vor allem ist die Echtheit und Kontaktfähigkeit hervorzuheben. Diese Merkmale sind Voraussetzung für eine tragende Beziehung zum Ratsuchenden. Weitere Beratereigenschaften sind Einsatzbereitschaft und Zurückhaltung (vgl. Diedrichsen 1993, S. 57).
Zu der Begrifflichkeit in dem Bereich des Wortfeldes „Rolle“ gibt es in der Fachliteratur keine einheitliche Verwendung (vgl. Sader 1986, S. 14). Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Ausarbeitung lediglich zwischen der sozialen Rolle und dem Rollenbegriff aus dem Theater, mit darstellender Funktion, unterschieden. Die Herkunft des Wortes „Rolle“ stammt ursprünglich aus dem Zusammenhang zur Bezeichnung der Pergamentrolle, denn hier wurden die Aufgaben des Schauspielers festgeschrieben (vgl. van Ments 1983, S. 15). Somit stammt die Rolle aus dem Theater, wo sie von Schauspielern vorgetragen wird. Dabei vertauscht der Spieler die eigene Realität mit der gespielten Rolle (vgl. Broich 1991, S. 117).
Anders ist es bei der sozialen Rolle, die sich auf die Art und Weise, wie sich Menschen in ihrem Alltag verhalten, bezieht (vgl. van Ments 1983, S. 15). Während der Sozialisation erwirbt jeder Mensch ein bestimmtes Repertoire an Verhaltensmustern. Jeder Mensch besitzt die Fähigkeit, verschiedene Rollen anzunehmen und Rollen zu wechseln. Mit den Verhaltensmustern der Rolle sind bestimmte Erwartungen verknüpft (vgl. Broich 1991, S. 117). Der Rollenbegriff beinhaltet hier die Identifikation und Bezeichnung eines Individuums, seine Erscheinung und seine Verhaltensweise. Im täglichen Leben beschreibt die soziale Position eine Rolle, bspw. die Rolle des Geschäftsführers.
Die Rolle kann sich auch auf den Kontext beziehen, in dem sich die Person gerade befindet, bspw. Pfarrer (Kirche), Beamter (Büro). Demnach verändert sich das Rollenverhalten eines Menschen mit seinem sozialen Umfeld bzw. zu den Umweltbezügen. Eine Rolle kann auch mit einer Funktion oder einem Zweck definiert werden, z.B. Arzt (Krankenhaus) (vgl. van Ments 1983, S. 15f.). Rollenverhalten wird von verschiedenen Faktoren bestimmt, z.B. vom sozialen Status einer Person, der Sozialisation oder der sozialen Umgebung. Aber auch die psychische Verfassung eines Menschen und die Erwartungen der Umwelt an ihn beeinflussen sein Verhalten (vgl. Kramer 1981, S. 34).
Im Folgenden befassen sich alle Autoren mit dem Phänomen der simulierten Kommunikation. Dabei wird sichtbar, wie komplex das Phänomen der Simulation im Rollenspiel ist (vgl. Bliesener, et al. 1994, S. 10).
Das Rollenspiel wurde um 1922 von dem Arzt, Psychiater und Soziologen Jakob L. Moreno (1890-1974) entwickelt und entstand innerhalb seiner Arbeit mit psychisch Kranken (vgl. Schmidt 1988, S.15). Dennoch ist zu sagen, dass das Rollenspiel nicht primär eine therapeutische Funktion hat (vgl. Shaftel 1974, S. 15). Aus historischer Sicht dienen Rollenspiele der Aufklärung und als reflektierende Beschreibung menschlicher Identitätsentwicklung zwischen der Person selbst und der Gesellschaft (vgl. Sang 1975, S.113).
„Rollenspiel“ ist dabei eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von unterschiedlichen Verfahrensweisen. Ansatzweise wurde versucht eine grundsätzliche und umfassende Systematik festzulegen (vgl. Sader 1986, S. 17). Jedoch liegt eine einheitliche Definition von Rollenspielen in der Literatur nicht vor. Deshalb wird der Sachverhalt anhand von Merkmalen definiert. Dies soll im Folgenden dargestellt werden.
Die Rollenübernahme ist die Grundvoraussetzung für das Rollenspiel. Die Teilnehmer müssen in eine Rolle schlüpfen, um bestimmte Situationen mit dieser Methode zu bearbeiten (vgl. Schaller 2006, S. 21). Durch den Rollenwechsel kann ein Problem aus mehreren Perspektiven betrachtet und nachgedacht werden. Anschließend werden mögliche Handlungswege direkt ausprobiert. Diese Möglichkeit hilft den Teilnehmern auf zwei Weisen. Erstens können die Spieler ihr Ausdrucksvermögen trainieren und zweitens hilft das Spiel ihre Gewohnheiten zu überdenken (vgl. Nickel 2003, S. 12).
Beim Rollenspiel steht das Einüben von Verhaltensweisen im Vordergrund (vgl. Ebert 1992, S.28). Dabei geht es darum in einer risikofreien Situation zu lernen. Es werden verschiedene Probleme oder Problemsituationen in neuen, ungewohnten oder frei erfundenen Verhaltensweisen vorgetragen. Die Teilnehmer müssen aktiv mitarbeiten, bestimmte Situationen beurteilen, in diesen ihr Handeln und die Handlungen gegebenenfalls ändern (vgl. Schmidt 1988, S.9). Das Rollenspiel zielt darauf ab, Erkenntnisprozesse auszulösen und die Folgewirkungen auf eingetretene Verhaltensänderungen bei den Teilnehmern zu reflektieren sowie aus den Spielen Erfahrungen sammeln zu können und zu lernen (vgl. Broich1991, S.20). Grundlage für das Rollenspiel ist ein Problem, welches es zu bewältigen gilt und daher für alle Beteiligten gleich relevant ist. Das große Eigeninteresse, das Problem zu lösen, motiviert die Teilnehmer. Die Problemdefinition sollte der Trainer im Gruppengespräch ermitteln (vgl. Wendlandt 1977, S. 137). Bei diesem Problemlösen in Gruppen sollen den Anwesenden eine Gelegenheit geboten werden, in spontanen Spielen und geleiteten Diskussionen Alternativen zu erforschen und zu erkennen, welche persönlichen und sozialen Erfolge bestimmte Lösungswege nach sich ziehen (vgl. Shaftel 1974, S. 15). Der Grundgedanke des Rollenspiels ist, den Teilnehmern eine Gelegenheit zu bieten Interaktionen mit anderen Personen in einer ganz bestimmten Rolle zu üben. Dabei ist die Situation durch ein Szenario und eine Rollenbeschreibung definiert. Das Szenario stellt ein spezielles Setting dar und baut den Hintergrund für das Problem bzw. die Umgebung auf. Es bildet somit die Rahmenbedingungen, unter denen gespielt wird. Das Spiel kann von wenigen Minuten bis hin zu einer halben Stunde dauern. Am Ende des Spiels sollte immer eine Auswertung stattfinden, bei der die Beobachter die Art des Verhaltens der Spieler kommentieren können. Das Rollenspiel ist ein Verfahren, welches die Teilnehmer motiviert und befähigt sich selbst in eine Situation hinein zu versetzen (vgl. van Ments 1983, S. 18). Vor allem die Als-Ob-Situation prägt den Rollenspielcharakter (vgl. Sader 1986, S. 15).
Das Rollenspiel ist eine aktive Lernmethode mit unterschiedlicher Zielsetzung. Den Teilnehmern kann entweder eine Situation vorgegeben werden, die sie dann durch eine Rollenübernahme darstellen, oder sie können sie frei erfinden. Der Verlauf des Rollenspiels muss nicht zwangsläufig durch Texte vorgegeben sein (vgl. Schmidt 1988, S.10). Das Thema des Rollenspiels kann entweder von der Gruppe verfasst werden, es besteht allerdings auch die Möglichkeit Rollenspiele zu kaufen oder zu leihen. Meist ist es besser ein Rollenspiel selbst zu konzipieren anstatt ein vorgefertigtes Spiel einfach unverändert zu übernehmen (vgl. van Ments 1983, S. 41). Weitere Inhalte können das Erlernen von Fertigkeiten und Techniken oder auch das Erkunden von Empfindungen oder Einstellungsänderungen sein. Dabei liegt die Entscheidung beim Trainer, ob er den Teilnehmern Zusammenhänge aufzeigen möchte, die sich im Spiel gezeigt haben. Hier kann er unter Umständen ein modifiziertes Verhalten auf diese Weise einüben lassen (ebd. S. 14).
Das Rollenspiel ist handlungsorientiert. Hierbei steht das Spielen und nicht ein zur Schau stellen im Vordergrund. Vorsicht gilt bei der Überladung mit verschiedenen Zielsetzungen. Der Lernprozess beinhaltet eine Immunisierung und Distanzierung gegenüber fremdbestimmtem Rollenverhalten. Mittel ist hierbei die Verfremdung, die beim Rollenspiel eine Distanz von der Alltagsrealität einleitet. In der Spielsituation ermöglicht dies eine Reduzierung auf bestimmte Aspekte (vgl. Broich 1991, S.11). Die Akteure können sich selbst, andere oder eine fiktive Person spielen. Dennoch wird die Rolle durch das eigene Verhalten der Protagonisten ausgefüllt.
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