Der Titel der Arbeit „Wahl der Kommunikationssprache und ihr Zusammenhang mit dem Ablaufen der Kommunikation im zweisprachigen Kindergarten„ präsupponiert: Wo von der Wahl einer Sprache die Rede ist, müssen mindestens zwei linguistische Systeme zur Verfügung stehen, von denen die Kinder sie sich nach Belieben eines zum Interagieren aussuchen können. Wie ist das möglich? Wer hierzulande zurückblickt auf die eigene frühe Kindheit bis gegen Ende der siebziger Jahre und auch danach, der wird sich mit großer
Wahrscheinlichkeit nur an das gemeinsame Spielen, Basteln und Singen im Kindergarten oder im Spielkreis erinnern, nicht aber an eine zweite Sprache. Aufgrund dieser auch von mir geteilten Erinnerung erweckte ein Seminar über Bilingualismus, an dem ich im Herbst 1997 in Québec teilnahm und in dem es schwerpunktmäßig um kanadische Projekte ging, bei denen schon Dreijährige intensiv mit Fremdsprachen konfrontiert wurden, mein besonderes Interesse.
Ich erfuhr daraufhin, daß solche Versuche bereits seit längerer Zeit und in den verschiedensten Ländern unternommen wurden und daß außerdem mehrere divergierende Methoden angewandt wurden und werden. Alle hatten und haben jedoch das gemeinsame Ziel, die Kinder an einen späteren Nahezu-Bilingualismus heranzuführen.
Die Gründe dafür, daß Fremdsprachen Kindern heutzutage verstärkt beigebracht werden, sind hinlänglich bekannt. Die anglophonen Initiatoren und Eltern in Québec wünschen seit den sechziger Jahren, daß ihre dort minoritären Kinder die Sprache der Mehrheit lernen, damit sie von ihr anerkannt werden und damit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigen(1). Auf unserem Kontinent haben sich im Zuge der europäischen Annäherung simultan, ja zum Teil sogar vorher, wie zum Beispiel 1954 in Arles, Frankreich(2), ähnliche Bestrebungen durchgesetzt. Die offenen Grenzen und der gemeinsame Arbeitsmarkt in Europa motivieren nun erst recht zum Erlernen einer oder mehrerer Fremdsprachen. Aber auch das Verlangen, trotz der Union die
Vielfältigkeit der Kulturen und der darin mit eingeschlossenen Sprachen aufrechtzuerhalten, bietet einen erheblichen Anreiz. Weitere fundamentale Schlagwörter sind Toleranz und Völkerverständigung.
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1 Vgl. S. 170, Thomas, Collier und Abbott 1993.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorgehensweise
- Bilingualismus
- Überblick über mögliche institutionelle Fremdsprachenkontakte
- Entwicklungsstand der Muttersprache im Kindergartenalter
- Theoretische linguistische Basis für die Untersuchung der Kommunikationsabläufe
- Analyse des Gesprächsmaterials
- Das Sample
- Zur Erhebung des Materials
- Beschreibungsverfahren
- Kommunikation mit Marie-Chantal
- Kommunikation mit Joana
- Kommunikation mit Philippe
- Kommunikation mit Lauren
- Kommunikation mit Hans
- Schluß
- Abkürzungen und Erläuterungen
- Bibliographische Angaben
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Faktoren zu identifizieren, die die Wahl der Kommunikationssprache in einem zweisprachigen Kindergarten beeinflussen, und zu untersuchen, ob und wie in dieser Situation Kommunikation und Verständigung gelingen. Der Fokus liegt auf den Zusammenhängen zwischen der gewählten Sprache (Deutsch/Französisch) und den Inhalten sowie Abläufen des kommunikativen Geschehens. Es wird untersucht, wie Kinder in einer bilingualen Umgebung mit verschiedenen Sprachen umgehen und welche Auswirkungen dies auf ihre Sprachentwicklung hat.
- Sprachwahl in bilingualen Umgebungen
- Kommunikationsstrategien von Kindern in einem zweisprachigen Kontext
- Entwicklung der Sprachkompetenz in bilingualen Kindergärten
- Herausforderungen und Chancen der bilingualen Bildung
- Fallstudien zur Analyse des kommunikativen Geschehens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Entstehung des Interesses an bilingualer Bildung und die Notwendigkeit, Kindern frühzeitig Kontakt zu Fremdsprachen zu ermöglichen. Im zweiten Kapitel wird die Vorgehensweise der Arbeit beschrieben, die sich auf Fallstudien von Kindern in einem zweisprachigen Kindergarten konzentriert. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Thema Bilingualismus, den verschiedenen Formen der Zweisprachigkeit und den Auswirkungen auf die Sprachentwicklung. Das vierte Kapitel gibt einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten, Vorschulkindern eine Fremdsprache nahezubringen und beleuchtet den Entwicklungsstand der Muttersprache im Kindergartenalter. Das sechste Kapitel legt die theoretische Grundlage für die Analyse der Kommunikationsabläufe. Die Kapitel 7.1 bis 7.8 analysieren die Gespräche mit fünf ausgewählten Kindern und beleuchten die verschiedenen Kommunikationsstrategien in bilingualen Situationen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Bilingualismus, zweisprachige Bildung, Kommunikation in Kindergarten, Sprachwahl, Sprachentwicklung, Fallstudien, deutsch-französische Kommunikation, interkulturelle Kompetenz.
- Quote paper
- Martina Ochs (Author), 1999, Wahl der Kommunikationssprache und ihr Zusammenhang mit dem Ablaufen von Kommunikation im zweisprachigen Kindergarten, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/2025