Viele Buchhistoriker lassen das 18. Jahrhundert mit dem Hubertusburger Frieden von 1763 beginnen, weil sie der Ansicht sind, dass in den beiden ersten Dritteln des Jahrhunderts nur wenig Neuerungen interessant sind und sich im Allgemeinen, wie zum Beispiel an der Druckpraxis, nichts geändert hat. In der Tat ist dieser Ansicht beizupflichten, jedoch wird die vorliegende Arbeit versuchen auch auf die Jahrzehnte vor diesem Ereignis einzugehen, um den Weg des Buches, als Sekundär- und kulturelles Leitmedium zu skizzieren.
Grundsätzlich ist die Dominanz der Sekundär- bzw. Printmedien von 1500 bis etwa 1900 unübersehbar, allerdings waren Druckmedien zunächst Individual- bzw. Kleingruppen- und erst später Massenmedien in regionalen und nationalen Teilöffentlichkeiten. Das 18. Jahrhundert gilt daher als Blüte- und Hochzeit der Druckmedien und als Zeitalter der Herrschaft des Geistes über den Körper. Ein weiteres Kennzeichen dieser Epoche ist die ökonomische und juristische Ausdifferenzierung der Buchbranche und die Entstehung eines neuen literarischen Marktes, der die alten oralen Medien ergänzte und diese zunehmend in Abhängigkeit stellte. Es entstanden Bibliotheken, Büchereien, Lesegesellschaften und andere wichtige Institutionen bei der Herausbildung einer ersten umfassenden bürgerlichen Öffentlichkeit, die aufgrund des Anwachsens der Bevölkerung einen wesentlichen Schub für medienkulturelle Neuerungen mit sich brachte. Hervorzuheben ist hier der Brief als Medium privater Kommunikation. Besondere Bedeutung hat ebenfalls die Multimedialität des Verlages, der neben Büchern, Kalendern, Taschenbüchern und Zeitschriften, auch das Medium Zeitung umschloss.
Im Gegensatz zum Autorenwesen sind Verlagswesen und Buchhandel weniger gut erforscht und daher liegen vielen in dieser Arbeit erwähnten Zahlenbeispielen nur Schätzungen zugrunde. So vermutet man, dass im 18. Jahrhundert insgesamt ca. 175.000 Titel in Deutschland verlegt wurden, was fast doppelt so viele Bücher wie im Jahrhundert zuvor sind. Natürlich muss man bei derartigen Betrachtungen entsprechende Ursachen anführen, so wurde die blühende Buchkultur des 17. Jahrhunderts durch den Dreißigjährigen Krieg tiefgreifend geschädigt, wodurch Deutschland weit hinter das Entwicklungsniveau von England und Frankreich fiel und erheblichen Nachholbedarf hatte.
Gliederung
1. Einleitung
2. Veränderungen des Buchhandels und Verlagswesens im 18. Jahrhundert
2.1. Übergang vom Tausch- zum Geldhandel
2.2. Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit
3. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Viele Buchhistoriker lassen das 18. Jahrhundert mit dem Hubertusburger Frieden von 1763 beginnen, weil sie der Ansicht sind, dass in den beiden ersten Dritteln des Jahrhunderts nur wenig Neuerungen interessant sind und sich im Allgemeinen, wie zum Beispiel an der Druckpraxis, nichts geändert hat.[1] In der Tat ist dieser Ansicht beizupflichten, jedoch wird die vorliegende Arbeit versuchen auch auf die Jahrzehnte vor diesem Ereignis einzugehen, um den Weg des Buches, als Sekundär- und kulturelles Leitmedium zu skizzieren.[2]
Grundsätzlich ist die Dominanz der Sekundär- bzw. Printmedien von 1500 bis etwa 1900 unübersehbar, allerdings waren Druckmedien zunächst Individual- bzw. Kleingruppen- und erst später Massenmedien in regionalen und nationalen Teilöffentlichkeiten. Das 18. Jahrhundert gilt daher als Blüte- und Hochzeit der Druckmedien und als Zeitalter der Herrschaft des Geistes über den Körper.[3] Ein weiteres Kennzeichen dieser Epoche ist die ökonomische und juristische Ausdifferenzierung der Buchbranche und die Entstehung eines neuen literarischen Marktes, der die alten oralen Medien ergänzte und diese zunehmend in Abhängigkeit stellte.[4] Es entstanden Bibliotheken, Büchereien, Lesegesellschaften und andere wichtige Institutionen bei der Herausbildung einer ersten umfassenden bürgerlichen Öffentlichkeit, die aufgrund des Anwachsens der Bevölkerung einen wesentlichen Schub für medienkulturelle Neuerungen mit sich brachte. Hervorzuheben ist hier der Brief als Medium privater Kommunikation. Besondere Bedeutung hat ebenfalls die Multimedialität des Verlages, der neben Büchern, Kalendern, Taschenbüchern und Zeitschriften, auch das Medium Zeitung umschloss.[5]
Im Gegensatz zum Autorenwesen sind Verlagswesen und Buchhandel weniger gut erforscht und daher liegen vielen in dieser Arbeit erwähnten Zahlenbeispielen nur Schätzungen zugrunde. So vermutet man, dass im 18. Jahrhundert insgesamt ca. 175.000 Titel in Deutschland verlegt wurden, was fast doppelt so viele Bücher wie im Jahrhundert zuvor sind. Natürlich muss man bei derartigen Betrachtungen entsprechende Ursachen anführen, so wurde die blühende Buchkultur des 17. Jahrhunderts durch den Dreißigjährigen Krieg tiefgreifend geschädigt, wodurch Deutschland weit hinter das Entwicklungsniveau von England und Frankreich fiel und erheblichen Nachholbedarf hatte.[6]
Trotzdem setzten sich die Tendenzen der Frühen Neuzeit fort. So gab es zu Gutenbergs Zeiten in Deutschland etwa 15 Millionen Menschen und die Alphabetisierungsrate war entsprechend sehr niedrig. Heute schätzt man, dass unter den 1,5 Millionen Stadtbewohnern ca. 75.000 Leser waren. Im Gegensatz dazu gab es um 1700 ca. 15% lesefähige Menschen unter der Bevölkerung und einhundert Jahre später, dank der preußischen Schulpflicht, sogar 25%. Einen wesentlichen Verdienst an dieser Entwicklung trug der Buchhändler, der mehr und mehr die Rolle des Vermittlers und Förderers der Aufklärung verkörperte und deshalb zunehmend gesellschaftliche Beachtung und Anerkennung für seinen Beruf entgegengebracht bekam.[7]
In den kommenden Kapiteln soll genau diese Rolle des Buchhändlers im 18. Jahrhundert näher beleuchtet werden. Anhand der Veränderungen der Buchbranche und der Verlagslandschaft gilt es zunächst die Ausgangslage auf dem Literaturmarkt zu verdeutlichen, um im weiteren Verlauf auf die enormen Folgen, wie die Entstehung einer neuen bürgerlichen Öffentlichkeit, einzugehen.
2. Veränderungen des Buchhandels und Verlagswesens im 18. Jahrhundert
Der Buchhändler gehörte dem kaufmännischen Berufsstand an und fungierte als Mittler zwischen Autor und Leser.[8] In erster Linie war er Sortimenter, also ein Händler, der seine Ware an Kunden verkaufte und erst an zweiter Stelle zusätzlich noch Verleger. Zu seinen Kunden gehörten anfangs hauptsächlich Gelehrte und höfische Beamte, was ihm zu einem sehr angesehenen Stand verhalf. Da die Buchhändler oftmals aus der sozialen Unterschicht kamen, war dieser Beruf durchaus ein gesellschaftlicher Aufstieg. Zu den Berufsvoraussetzungen gehörte eine Lehrzeit von mindestens fünf bis sechs Jahren. Im Anschluss arbeitete der Geselle zunächst als Handlungsdiener in einer Buchhandlung, wo er den Kunden beratend zur Seite stand. Es ist keineswegs verwunderlich, dass in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur eine unzureichende Anzahl von Buchhandlungen existierte, denn grundsätzlich wurden in einer Stadt nur so viele Buchhandlungen zugelassen, wie unbedingt nötig. So hatten viele Handlungsdiener, die sich beim Magistrat der Stadt um eine selbstständige Tätigkeit bewarben nur in wenigen Fällen Erfolg und mussten demzufolge weiter in den Familienbetrieben ihrer Lehrzeit bleiben.[9]
Im Laufe des 18. Jahrhunderts änderten sich nicht nur die Möglichkeiten für den einzelnen Buchhändler, denn es kristallisierten sich ebenfalls fundamentale Unterschiede zwischen Verlag und Handel heraus. In der Hierarchie der Markt- und Machtposition zwischen beiden Komponenten des Buchhandels kam es zur Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Der Verlag konnte nun ohne den Handel bestehen, aber die Distributionsinstanz nicht ohne die Produktion. Deutsche Verlage fand man überproportional in Leipzig, das eine zentrale Stellung in der Aufklärung einnahm und als Mittelpunkt des deutschen Buchhandels galt.[10] Es existieren unterschiedliche Angaben zur Gesamtzahl der deutschen Verlage, wobei Verlage und Sortimente analog ihrer vielfachen realen Verknüpfung sich häufig überschneiden, aber um 1800 schätze man etwa 500 Unternehmen in Deutschland
[...]
[1] Vgl. Meyer, Horst: Buchhandel, In: Arnold, Werner/ Dittrich, Wolfgang/ Zeller, Bernhard (Hrsg.): Die
Erforschung der Buch- und Bibliotheksgeschichte in Deutschland, Wiesbaden 1987, S. 235.
[2] Vgl. Faulstich, Werner/ Rückert, Corinna: Mediengeschichte in tabellarischem Überblick von den Anfängen
bis heute. Teil I, Bardowick 1993, S. 69.
[3] Vgl. Gumbrecht, Hans Ulrich: Medium Literatur, In: Faßler, Manfred/ Halbach, Wulf R. (Hrsg.): Geschichte
der Medien, München 1998, S. 97.
[4] Vgl. Hörisch, Jochen: Der Sinn und die Sinne. Eine Geschichte der Medien, Frankfurt a. M. 2001, S. 155.
[5] Vgl. Faulstich, Werner: Die bürgerliche Mediengesellschaft (1700-1830), Göttingen 2002, S. 197. Siehe auch:
Faulstich, Werner: Mediengeschichte von 1700 bis ins 3. Jahrtausend, Göttingen 2006, S. 8-16.
[6] Vgl. Faulstich, Werner: Die bürgerliche Mediengesellschaft, S. 191.
[7] Vgl. Hörisch, Jochen: Der Sinn und die Sinne, S. 149-150.
[8] Vgl. Ischreyt, Heinz: Buchhandel und Buchhändler im nordosteuropäischen Kommunikationssystem
(1762-1797), In: Barber, Giles/ Fabian, Bernhard (Hrsg.): Buch und Buchhandel in Europa im achtzehnten
Jahrhundert. The Book and the Book Trade in Eighteenth-Century Europe, Fünftes Wolfenbütteler Symposium
1977, Hamburg 1981, S. 256.
[9] Vgl. Raabe, Paul: Der Buchhändler im achtzehnten Jahrhundert in Deutschland, In: Barber, Giles/ Fabian,
Bernhard (Hrsg.): Buch und Buchhandel in Europa im achtzehnten Jahrhundert. The Book and the Book Trade
in Eighteenth-Century Europe, Fünftes Wolfenbütteler Symposium 1977, Hamburg 1981, S. 276.
[10] Ähnliche Stellung wie Paris und London im europäischen Vergleich.