Die Darstellung beschränkt sich hierbei räumlich auf das Beispiel Moskaus, da sich dort – vor allem wegen der exponierten Rolle als (rote) Hauptstadt – alle wesentlichen Merkmale der stalinistischen Verflechtungen zwischen Architektur und Propaganda exemplarisch belegen lassen. Als zeitlicher Rahmen ist die Zwischenkriegszeit vorgegeben. Nach einigen Bemerkungen zum derzeitigen Forschungsstand, wird der Frage nachzugehen sein, wie stalinistische Architektur definiert werden kann und welche Spezifika in ihr zum Ausdruck kommen. Dabei können im Wesentlichen zwischen zwei Phasen in der architektonischen Debatte der Zwischenkriegszeit, analog zur denen der bildenden Kunst, unterschieden werden. Die erste Phase, die als avantgardistisch bzw. pluralistisch bezeichnet werden kann, ist durch das Ringen der verschiedenen Architekturströmungen in den 20er Jahren, bei dem die Vertreter moderner, konstruktivistischer Vorstellungen unterlagen, gekennzeichnet.
In der sich anschließenden Unifizierungsphase kam die Verengung der Diskussionsmöglichkeiten durch den Primat des Sozialistischen Realismus als Voraussetzung für die Durchsetzung eines einheitlichen sowjetischen Stils zum tragen. Die Beobachtungen werden darauf folgend anhand von drei Beispielen konkretisiert, die für die stalinistische Architektur in Moskau von herausragender Bedeutung sind. Zunächst wird in diesem Zusammenhang auf den Wettbewerb um den Palast der Sowjets eingegangen, mit dem die Suche nach dem sowjetischen Stil zu Ende gebracht wurde. Daraufhin sollen die Rolle Moskaus als „rote Hauptstadt“ und die vorgenommenen bzw. projektierten Veränderungen, die aus dem Generalplan zur Stadterneuerung Moskaus von 1935 resultierten, illustriert werden. Als letztes Beispiel verdeutlicht die Kampagne, die den Bau der Moskauer Metro begleitete, das Instrumentarium und die Funktionsweise der sowjetischen Propaganda und ihre Rezeption.
Die der Betrachtung übergeordnete Frage nach dem Wesen der stalinistischen Architektur soll nicht das ästhetische Für und Wider abwägen, sondern vielmehr zeigen, wie sich die sowjetische Staatsmacht der Architektur mittels des propagandistischen Vehikels gezielt bediente und welche Effekte damit erzielt werden sollten und wurden, wobei auch auf die Außenwirkung der Propaganda zur Selbstdarstellung des Sowjetstaates gegenüber dem Ausland eingegangen wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1.0. Einleitung
- 1.1. Forschungsstand
- 1.2. Definitionsansätze zur stalinistischen Architektur
- 2.1. Die pluralistische Periode: Kräftemessen zwischen Modernisten und Traditionalisten
- 2.2. Der Weg zur Unifizierung und die Erfindung des sozialistischen Realismus
- 3.1. Der Wettbewerb um den Palast der Sowjets: Endgültige Bestimmung des stalinistischen Stils
- 3.2. Moskau - Die Rote Metropole und der Generalplan zur Stadterneuerung
- 3.3. Der Bau der Metro als Propagandafeldzug
- 4.0. Schlussbemerkung
- 5.0. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit untersucht die Verwendung stalinistischer Architektur als Instrument der sowjetischen Propaganda. Der Fokus liegt dabei auf dem Beispiel Moskaus, da sich dort die enge Verflechtung von Architektur und Propaganda besonders deutlich zeigt.
- Definition und Entwicklung der stalinistischen Architektur
- Die Rolle des Sozialistischen Realismus und die Durchsetzung eines einheitlichen sowjetischen Stils
- Die Bedeutung des Palastes der Sowjets als Beispiel für die Suche nach dem sowjetischen Stil
- Moskaus Stadterneuerung und die propagandistische Nutzung der Metro
- Die Außenwirkung der Propaganda und die Selbstdarstellung des Sowjetstaates
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit führt in das Thema der stalinistischen Architektur und ihrer propagandistischen Verwertung ein, mit besonderem Fokus auf Moskau als exemplarischem Fall. Sie skizziert die zeitlichen Rahmenbedingungen und die wichtigsten Forschungsfragen.
- Forschungsstand: Dieser Abschnitt beleuchtet die aktuelle geschichtswissenschaftliche Forschung zum Thema und hebt die Bedeutung von Dietmar Neutatz' Arbeit über den Bau der Moskauer Metro hervor. Er konstatiert die noch vorhandene Forschungslücke in Bezug auf die stalinistische Architektur.
- Definitionsansätze zur stalinistischen Architektur: Dieses Kapitel diskutiert die komplexe Natur der stalinistischen Architektur, indem es sowohl die Einflüsse des totalitären Regimes als auch die Verwendung eklektizistischer Elemente in demokratischen Kontexten berücksichtigt.
- Die pluralistische Periode: Der Abschnitt beschreibt die Auseinandersetzung zwischen Modernisten und Traditionalisten in den 1920er Jahren, die nach einem geeigneten Stil für die Architektur des ersten sozialistischen Staates suchten.
- Der Weg zur Unifizierung: Dieses Kapitel erläutert die Verengung der architektonischen Debatte durch den Primat des Sozialistischen Realismus und die Entstehung eines einheitlichen sowjetischen Stils.
- Der Wettbewerb um den Palast der Sowjets: Der Abschnitt schildert den Wettbewerb um den Palast der Sowjets, der als Höhepunkt der Suche nach dem sowjetischen Stil gilt und die endgültige Festlegung des stalinistischen Stils markierte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der stalinistischen Architektur, sowjetischer Propaganda, Stadtplanung, dem Sozialistischen Realismus und der propagandistischen Verwertung von Architektur. Die Untersuchung konzentriert sich auf das Beispiel Moskaus, mit Fokus auf den Bau der Metro und den Generalplan zur Stadterneuerung. Zu den wichtigsten Begriffen gehören auch die "rote Hauptstadt", der "Zuckerbäckerstil" und die "Außenwirkung" der sowjetischen Propaganda.
- Quote paper
- Marc Zivojinovic (Author), 2003, Architektur und Hauptstadtplanung in der stalinistischen Sowjetunion am Beispiel Moskaus, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/20026