Die Arbeit bietet einen Überblick über das duale Rundfunksystems der Bundesrepublik. Im Zentrum steht ein Vergleich zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Rundfunk
2.1. Klärung des Rundfunkbegriffs sowie weiterer grundlegender Begriffe
2.2. Rechtliche Grundlagen und öffentliche Funktion des Rundfunks
3. Die Entwicklung des Rundfunks in Deutschland nach 1945
3.1. Die Phase des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
3.2. Die Einführung des privaten Rundfunks
3.3. Das duale Rundfunksystem
4. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
4.1. Struktur
4.2. Finanzierung
4.3. Öffentlich-rechtlicher Hörfunk
4.4. Öffentlich-rechtliches Fernsehen
5. Privatrechtlicher Rundfunk
5.1. Struktur
5.2. Finanzierung
5.3. Privatrechtlicher Hörfunk
5.4. Privatrechtliches Fernsehen
6. Zusammenfassung
7. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mitte der achtziger Jahre kam es in Deutschland zu einem grundlegenden Wandel der Medienlandschaft. Das nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführte Rundfunksystem, in welchem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine absolute Monopolstellung zukam, fand mit Einführung des privatwirtschaftlichen Rundfunks sein Ende. Seitdem hat das so genannte „duale Rundfunksystem“ Bestand, welches durch das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern gekennzeichnet ist. Dieses einschneidende Ereignis hat der Publizistikwissenschaft neue Forschungsfelder eröffnet. Auch mehr als zwanzig Jahre nach jener Medienwende beschäftigt das deutsche Rundfunkwesen Wissenschaftler mehrerer Disziplinen. Seine pausenlos voranschreitende Entwicklung ist es, die den Rundfunk zu einem stets aktuellen und spannenden Thema macht.
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem dualen Rundfunksystem der Bundesrepublik und möchte einen Überblick über das deutsche Rundfunkwesen geben. Im Mittelpunkt stehen dabei Entstehung und Ausgestaltung des dualen Systems sowie die Gegenüberstellung seiner beiden Säulen, dem öffentlich-rechtlichen und dem privatrechtlichen Rundfunk. Nicht genauer beleuchtet werden hingegen technische Aspekte, welche den Rundfunk betreffen.
Formal gliedert sich die Arbeit im Wesentlichen in drei Bereiche. Zunächst werden in Kapitel 2 grundlegende Begriffe geklärt und rechtliche Grundlagen des Rundfunks in Deutschland erläutert, was den Einstieg in die nachfolgenden Kapitel erleichtern soll. Im dritten Kapitel wird auf die Entwicklung des deutschen Rundfunkwesens nach 1945 eingegangen, wobei wie bereits angeführt, dem dualen Rundfunksystem besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Kapitel 4 und 5 fassen schließlich jeweils den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk ins Auge. Beide Kapitel bedienen sich dabei einer identischen Struktur, was eine einfache Gegenüberstellung und einen exakten Vergleich ermöglichen soll.
2. Rundfunk
2.1. Klärung des Rundfunkbegriffs sowie weiterer grundlegender Begriffe
Im wissenschaftlichen Verständnis umfasst der Begriff Rundfunk heute Hörfunk und Fernsehen (vgl. Mathes/Donsbach 2002: 547) sowie „Textdienste, die mithilfe von Rundfunktechnik an die Allgemeinheit verbreitet werden“ (Beck 2003: 330). Trotz seiner wissenschaftlichen und alltäglichen Verwendung herrscht in der Literatur jedoch keine übereinstimmende Meinung, was genau unter dem Begriff Rundfunk zu verstehen ist (vgl. Stuiber 1998: 21). Eine umfassende Definition, welche die technische, juristische und verfassungsrechtliche Dimension des Rundfunkbegriffs berücksichtigt, ist deshalb äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich (vgl. Stuiber 1998: 35). Verfassungsrechtlich haben die Bundesländer den Begriff im Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) von 1991 festgelegt. Rundfunk wird bezeichnet als „die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind, sowie Fernsehtext“ (RfStV siehe Beck 2003: 330; Mathes/Donsbach 2002: 546). Der letzte Satz dieser Definition zeigt, dass der Begriff neue Techniken und Rundfunkformen zu berücksichtigen hat und daher stets flexibel sein muss (vgl. Beck 2003: 330). Aus der Definition geht hervor, dass es sich beim Rundfunk um öffentliche Kommunikation handelt, die sich an die Allgemeinheit, an die Öffentlichkeit richtet (vgl. Beck 2003: 331; Stuiber 1998: 26).
Des Weiteren ist es wichtig zwischen grundlegenden Begriffen wie Rundfunkveranstalter, Sender und Programmen zu unterscheiden. Während man mit Rundfunkveranstaltern „juristische Personen“ bezeichnet, die Programme erstellen und dafür verantwortlich sind, versteht man unter dem Begriff Sender eine „technische Einrichtung“, die fähig ist, ein Programm zu verbreiten (Beck 2003: 331). Bezüglich des Programmterminus ist zwischen Voll-, Sparten- und Fensterprogrammen zu differenzieren (ebenfalls im Rundfunkstaatsvertrag festgelegt). Ein Vollprogramm bietet demnach vielfältige Inhalte, die Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung umfassen, während sich Spartenprogramme auf weitgehend gleiche Inhalte beschränken. Fensterprogramme schließlich sind zeitlich beschränkte Programme regionalen Charakters (vgl. Stuiber 1998: 33).
2.2. Rechtliche Grundlagen und öffentliche Funktion des Rundfunks
Das rechtliche Fundament des Rundfunks bildet Art. 5 GG, wo neben Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, auch die Rundfunkfreiheit explizit garantiert wird (vgl. Stuiber 1998: 461f). Die Interpretation und Ausgestaltung dieser Grundrechtsgarantie wurde maßgeblich durch die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts bestimmt (vgl. Ricker 2002: 253). Im „ersten Fernsehurteil“ von 1961 wies das Gericht die Regelungskompetenz für den Rundfunk den Bundesländern zu, da Rundfunk als Kulturgut interpretiert wurde, während dem Bund lediglich die Kompetenz für die Sendetechnik zugesprochen wurde (vgl. Mathes/Donsbach 2002: 557). Die tiefgehenden rechtlichen Bestimmungen sind also von den einzelnen Bundesländern zu treffen. Dies äußert sich einerseits im gemeinsamen Rundfunkstaatsvertrag der Länder (seit 1991 mit dem Zusatz „im vereinten Deutschland“), in dem länderübergreifende Regelungen geschaffen wurden (vgl. Stuiber 1998: 329-342). Andererseits hat jedes Bundesland die rechtlichen Bedingungen für die Rundfunkveranstalter im jeweils eigenen Sendegebiet selbst zu schaffen. Diese sind in den Landesrundfunkgesetzten (für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk) sowie für private Rundfunkveranstalter in den jeweiligen Landesmediengesetzten festgeschrieben (vgl. Stuiber 1998: 386-403). Des Weiteren können mehrere Bundesländer auch einen Staatsvertrag über eine gemeinsame Rundfunkanstalt abschließen (vgl. Stuiber 1998: 383-386).
Fassen wir zusammen: Der Rundfunk genießt in der Bundesrepublik eine in der Verfassung verankerte Freiheit, die ihn grundsätzlich vom Staat oder anderen Personengruppen unabhängig macht (vgl. Ricker 2002: 254). Das Bundesverfassungsgericht wies im Laufe der Jahre den Bundesländern die Gesetzgebungskompetenz zu. Dieser kamen die Länder durch die Schaffung des Rundfunkstaatsvertrages, sowie gemeinsamer Staatsverträge und entsprechender Landesgesetze nach. Ebenfalls hat das Gericht dem Rundfunk eine besondere gesellschaftliche Bedeutung hinsichtlich der demokratischen Willensbildung zugesprochen (vgl. Beck 2003: 331). Nach seiner Rechtsprechung obliegt dem Rundfunk (durch die in Art. 5 GG garantierte Rundfunkfreiheit) die verfassungsrechtliche Aufgabe (öffentliche Funktion), dass „die verschiedenen Meinungen innerhalb eines inhaltlich ausreichend breiten Programmangebots zum Ausdruck gelangen (sog. klassischer Auftrag des Rundfunks) und dieses Angebot der gesamten Bevölkerung zugänglich gemacht wird (sog. Vollversorgung)“(Giehl 1993: 58).
3. Die Entwicklung des Rundfunks in Deutschland nach 1945
3.1. Die Phase des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren für die Entwicklung des deutschen Rundfunkwesens von entscheidender Bedeutung. Das deutsche Rundfunksystem wurde entsprechend den Vorstellungen der Besatzungsmächte gestaltet. In der Bundesrepublik wurde das britische Modell des öffentlich-rechtlich organisierten Rundfunks eingeführt. Ziel der Alliierten war die Errichtung eines föderalen, staatsfernen Rundfunks, der von demokratischen Aufsichtsgremien kontrolliert werden und ein ausgewogenes Programm der Meinungsvielfalt garantieren sollte (vgl. Beck 2003: 331f; Mathes/Donsbach 2002: 553f). Auf dieser Grundlage gründeten sich bereits ab 1948 (also noch vor Gründung der BRD) mehrere öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalten. Es waren diese der Bayerische Rundfunk (BR), der Süddeutsche Rundfunk (SDR), der Südwestfunk (SWF), der Hessische Rundfunk (HR), der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR, später in WDR und NDR aufgeteilt) sowie Radio Bremen (RB) (vgl. Buchwald 1999a: 316; Mathes/Donsbach 2002: 554f; Pürer 2003: 250). Diese Anstalten gründeten 1950 die „Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD). Sollte diese Arbeitsgemeinschaft zunächst der Erstellung und dem Austausch von Hörfunkprogrammen dienen, wurde schon 1953 die Basis für ein gemeinsames Fernsehprogramm („Deutsches Fernsehen“) hergestellt. Dieses nahm schließlich am 1. November 1954 seinen Betrieb auf und wurde 1959 durch einen Staatsvertrag der Bundesländer rechtlich abgesichert (vgl. Mathes/Donsbach 2002: 555). Eine erste Änderung erfuhr das öffentlich-rechtliche System dann Anfang der sechziger Jahre. Die Regierung Adenauer plante die Regelung des Rundfunks durch Bundesgesetz sowie die Einführung eines zweiten, privatwirtschaftlich organisierten Fernsehprogramms. Diese Pläne stießen auf den Widerstand einiger Bundesländer, da der Einfluss des Bundes unübersehbar zu sein schien und klagten deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses gab der Klage Recht (Erstes Rundfunkurteil 1961) und wies den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk zu (vgl. 2.2.), schloss jedoch generell die Möglichkeit, privatrechtlichen Rundfunk einzuführen, nicht aus. Am 6. Juni 1961 beschlossen die Ministerpräsidenten in einem Staatsvertrag aller Länder die Gründung einer zweiten öffentlich-rechtlich organisierten, bundesweit agierenden Fernsehanstalt, dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Das ZDF nahm seinen Sendebetrieb im April 1963 auf (vgl. Mathes/Donsbach 2002: 556f). Im Gegensatz zum föderalen Strukturprinzip der ARD, ist das ZDF eine Fernsehanstalt mit zentralistischem Organisationsmuster (vgl. Pürer 2003: 253). In Folge beschlossen ARD und ZDF ihre Programme aufeinander abzustimmen. Dieses Abkommen dauerte bis 1991 und wurde wohl durch die Konkurrenz der privaten Rundfunkanbieter obsolet (vgl. Pürer 2003: 253). Die Phase des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist also durch ein bis Anfang der sechziger Jahre andauerndes Monopol der ARD sowie der Konkurrenz zwischen ARD und ZDF bis Mitte der achtziger Jahre gekennzeichnet (vgl. Mathes/Donsbach 2002: 553). Im Gegensatz hierzu, entwickelte sich in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR das Modell eines staatlich gelenkten (und als propagandistisches Instrument eingesetzten) Rundfunks durch die SED, das bis zum Kollaps des sozialistischen Regimes Bestand hatte (vgl. Mühl-Benninghaus 1999; Stuiber 1998: 243-268). Auf die Rundfunkgeschichte der DDR wird allerdings nicht näher eingegangen.
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