Nachdem sich die Kunstgeschichte rund 400 Jahre mit der bloßen Aufzeichnung befasst hat, kam im 20. Jahrhundert die Wende. Traditionelle Methoden werden weiterhin angewandt und durch neue Forschungsansätze ergänzt. Zwangsläufig führte dies zu einer Öffnung der Kunstgeschichte gegenüber anderen Wissenschaften und bedingte ein Umdenken der Kunsthistoriker. Nicht nur, dass sich ihr Berufsfeld änderte, auch die Form und Art der bisherigen Publikationen war überaltert. Neue Kunstrichtungen wie Performance, Land art und Videokunst brachen mit dem Medium Text und forderten eine andere Dokumentationsweise. So war und ist das Interesse in diesem Bereich sehr groß und die derzeitige Forschungslage reichlich unübersichtlich. Zahlreiche Literatur, die sich mit den neuen Medien in der Kunstgeschichte befasst, gerät zu technischen Anleitungen und Informatikhandbüchern. So möchte ich meine Ausführungen auf zwei Pfeiler stützen, die mir sehr relevant für dieses Thema scheinen. Zum einen sind das die niederländischen Kulturhistorikerinnen Marlite Halbertsma und Kitty Zijlmans, die aus der Praxis heraus die Notwendigkeit einer Überarbeitung bisheriger Kunstgeschichtseinführungen sahen. Dies haben sie Anfang der 90er für mich sehr überzeugend zu Papier gebracht in ihrer Publikation „Gesichtspunkte. Kunstgeschichte heute“. Zum anderen ist es der Münchner Kunsthistoriker Hubertus Kohle, einer der wenigen, der zu diesem Thema seit Anfang der 90er Jahre zahlreich publiziert hat und auch kritisch hinterfragt. Natürlich nutzt er als moderner Kunsthistoriker das Medium Internet. Nur am Rande möchte ich einen Artikel aus dem Bestseller „Megatrends 2000“ besprechen, der da heißt „Die Renaissance der schönen Künste“. Eindrucksvoll beschreiben die Autoren, dass die Wohlstands- und Informationsgesellschaft von heute ein Suchtbedürfnis nach Kultur durch Kunst stillt. [...]
1. L` introduction
Diese Arbeit entstand im Rahmen des Seminars „Einführung in die Kunstgeschichte“ im Wintersemester 2005/6. Das Thema des am 26. Januar 2006 gehaltenen Referates bezieht sich auf „Chancen, Probleme und neue methodische Ansätze der Kunstgeschichte im Medien- und Computerzeitalter“. Die Vorstellung der Ergebnisse fand als Power-Point-Präsentation statt. In der Verschriftlichung des Themas möchte ich mich neben der Vorstellung verschiedener didaktischer Ansätze der Kunstgeschichte auf die Zukunft der Kunstgeschichte konzentrieren.
Forschungslage
Nachdem sich die Kunstgeschichte rund 400 Jahre[1] mit der bloßen Aufzeichnung befasst hat, kam im 20. Jahrhundert die Wende. Traditionelle Methoden werden weiterhin angewandt und durch neue Forschungsansätze ergänzt. Zwangsläufig führte dies zu einer Öffnung der Kunstgeschichte gegenüber anderen Wissenschaften und bedingte ein Umdenken der Kunsthistoriker. Nicht nur, dass sich ihr Berufsfeld änderte, auch die Form und Art der bisherigen Publikationen war überaltert. Neue Kunstrichtungen wie Performance, Land art und Videokunst brachen mit dem Medium Text und forderten eine andere Dokumentationsweise. So war und ist das Interesse in diesem Bereich sehr groß und die derzeitige Forschungslage reichlich unübersichtlich. Zahlreiche Literatur, die sich mit den neuen Medien in der Kunstgeschichte befasst, gerät zu technischen Anleitungen und Informatikhandbüchern. So möchte ich meine Ausführungen auf zwei Pfeiler stützen, die mir sehr relevant für dieses Thema scheinen. Zum einen sind das die niederländischen Kulturhistorikerinnen Marlite Halbertsma und Kitty Zijlmans, die aus der Praxis heraus die Notwendigkeit einer Überarbeitung bisheriger Kunstgeschichtseinführungen sahen. Dies haben sie Anfang der 90er für mich sehr überzeugend zu Papier gebracht in ihrer Publikation „Gesichtspunkte. Kunstgeschichte heute“. Zum anderen ist es der Münchner Kunsthistoriker Hubertus Kohle, einer der wenigen, der zu diesem Thema seit Anfang der 90er Jahre zahlreich publiziert hat und auch kritisch hinterfragt. Natürlich nutzt er als moderner Kunsthistoriker das Medium Internet. Nur am Rande möchte ich einen Artikel aus dem Bestseller „Megatrends 2000“[2] besprechen, der da heißt „Die Renaissance der schönen Künste“. Eindrucksvoll beschreiben die Autoren, dass die Wohlstands- und Informationsgesellschaft von heute ein Suchtbedürfnis nach Kultur durch Kunst stillt.
Traditionelle Kunstgeschichte vs. New Art History
Nachdem wir in unseren Betrachtungen festgestellt haben, dass die Kunstgeschichte einen ganz wesentlichen Bereich in den Geisteswissenschaften einnimmt und ihre Bezüge auch weit in die Naturwissenschaften hinein ragen, verdeutliche ich in dieser Arbeit die Relevanz ihres Erhalts und ihrer Neu- oder Wiederbelebung.
Die so genannte traditionelle Kunstgeschichte ist eine ganz konservative Betrachtungsweise. Die Betrachtung erfolgt bis dato synchron, d.h. es werden nur die wichtigsten Entwicklungen dargestellt. Mögliche Einflüsse werden vollkommen vernachlässigt. Dazu Kitty Zijlmans[3]:
„Stile werden mit einer bestimmten Epoche mit nachweisbarem Anfang und Ende identifiziert und fungieren dann auch als Epochenbezeichnung bzw. Epochencode.“
So kommt es dazu, dass sich aufeinander folgende Epochen kausal bedingen. Des Weiteren sagt Zijlmans
„[…] die traditionelle Kunstgeschichte ist fest in ihrem Denken in Stil- und Epochencodes verankert“.
Zijlmans geht sogar soweit und unterstellt der Kunstgeschichte eine permanent vorhandene Diskontinuität. So belegt sie schlüssig, dass Kunst weitaus komplexer ist als bisher gedacht.
So ist es nur noch eine Frage der Zeit gewesen bis sich Neuerungen ergeben. Die Feststellung, dass die traditionelle Kunstgeschichte eine „verwaiste“ Kunstgeschichte sei[4], schrie förmlich nach Modifizierung. In ihrem Aufsatz beschreiben Halbertsma und Zijlmans das Problem folgendermaßen:
„Die Krise der Kunstgeschichte liegt in der Tatsache, dass sie sich nur langsam erneuert und kaum Anschluss an die anderen Kulturwissenschaften findet.“[5]
Nur so konnte sich die New Art History in Folge von Umwälzungen in anderen Geisteswissenschaften seit Anfang der 60er Jahre herausbilden. Sie wird heute noch von vielen als Kritik der traditionellen Kunstgeschichte gesehen. So ist sie jedoch kein spezifischer kunsthistorischer Ansatz, sondern bis dato lediglich ein Sammelbegriff für theoretische und methodische Ansätze. In ihr bündeln sich miteinander verwandte Fragestellungen. Die New Art History ist eine diachrone Betrachtungsweise, d.h. sie geht davon aus, dass viele Faktoren und Einflüsse einen Stil, eine Epoche bedingen. Das steigende Bewusstsein und die autonome politische Stellung akademischer Intellektueller führten seit den 60er Jahren zur Herausbildung zahlreicher theoretischer Ansätze, die bis heute aktiv diskutiert werden. So machten sie es sich zu Eigen, erstmals Tatsachen nicht nur hinzunehmen, sondern auch zu hinterfragen. Diese Umwälzung betraf somit nicht nur ausschließlich die Kunstgeschichte, sondern auch den Großteil geisteswissenschaftlicher Bereiche. So zählen zur New Art History neben kunsthistorischen Betrachtungen auch soziologische Ansätze und ihre Kombinationsmöglichkeiten miteinander. So seien hier der Vollständigkeit halber die verschiedenen Ansätze benannt: Ideologiekritik, feministische Kunstgeschichte, Psychoanalyse, Semiotik, Dekonstruktivismus, Differenzdenken, Systemtheorie, Kulturanthropologie, Soziologie und Wissenschaftsphilosophie. Auf die nähere Erläuterung verzichte ich, um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen.
Vielleicht zum Ende dieser Betrachtung nochmals die relevanten Unterschiede zwischen traditioneller Kunstgeschichte und New Art History. Erstmals wird auch die Präsenz des Forschers im Forschungsprozess betrachtet. Der Forscher verschwindet nicht mehr hinter seiner Publikation, sondern auch die Spezifik seiner Forschung wird in die Geschichtsschreibung mit aufgenommen. So kann es für die Forschung von Relevanz sein, welchem Geschlecht oder welcher Rasse der Forscher angehört. Die Kenntnis darüber kann den Hintergrund eines gelesenen Textes vollkommen verändern. Die Bedeutung des Kunstwerkes wurde bis dato als statische Größe bemerkt. Man ging davon aus, dass die Bedeutung vorhanden ist und nur entdeckt werden muss. Die New Art History fasst das Werk als Ereignis auf. Das Werk kommuniziert mit seinem Betrachter und erlangt erst dann die für diesen Betrachter ganz spezifische Bedeutung. Ein weiterer Unterschied ist das Problem der Repräsentation. Damit ist nicht die Art der Ausstellung oder des Zeigens gemeint. In der New Art History wird das Kunstwerk als Repräsentation gesehen.
[...]
[1] seit Vasari
[2] Naisbitt, Aburdene: Megatrends 2000.
[3] in Halbertsma, Zijlmans: Gesichtspunkte, S. 265.
[4] entnommen Halbertsma, Zijlmans, S. 280.
[5] in Halbertsma, Zijlmans: Gesichtspunkte, S. 278.