Ein guter Wein muss reifen. Ein gutes Gesetz auch. Erstmals wurde das BilMoG im Bilanzrechtsreformgesetz 2004 angekündigt. Nach dreijähriger Ausbauphase durch das Bundesministerium der Justiz kam es 2007 über den Referentenentwurf zu einer ersten landesweiten Verkostung. Die Komposition stimmte noch nicht ganz und so wurde im Frühjahr 2008 ein veränderter Entwurf präsentiert. Auch dieser wollte noch nicht ganz munden und so kam es zu einer erneuten Überarbeitung des Entwurfes.
Mit dem nun am 26. März 2009 im Deutschen Bundestag verabschiedeten, am 3. April 2009 vom Bundesrat gebilligten und am 29. Mai 2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts setzt der Gesetzgeber die umfassendste Reform des deutschen Rechnungslegungsrechtes seit der Einführung des Bilanzrichtliniengesetzes im Jahr 1985 um. Der Großteil des BilMoG ist für Geschäftsjahre ab dem 01.01.2010 verpflichtend anzuwenden, kann aber auf freiwilliger Basis auch für den Abschluss 2009 verwendet werden, dann allerdings nur als Gesamtheit. Des Weiteren muss grundsätzlich festgehalten werden, dass die Wirkung des BilMoG stark von der Rechtsform und der Unternehmensgröße abhängen wird. Zweifelsohne werden die Änderungen der materiellen Bilanzierung maßgeblichen Einfluss auf die Bilanzkennzahlen haben.
Vor dem Hintergrund, dass das BilMoG auf 254 Seiten die umfangreichste Gesetzesänderung im HGB seit 1985 darstellt, beschränkt sich diese Ausarbeitung auf die wesentlichen Änderungen des handelsrechtlichen Abschluss mit Wirkung auf die Unternehmer. Der Grund der Fokussierung auf den Jahresabschluss ist, dass sich der Groß- teil der Bilanzierenden in Deutschland, der Mittelstand, auf die Änderungen, die den Jahresabschluss betreffen, einstellen muss. Das Für und Wider des BilMoG wird an Teilen der Reformpunkte, wie die sich ergebenden Gestaltungsspielräume durch neu ermöglichte Wahlrechte sowie die neuen Ansatz- und Bewertungsvorschriften veranschaulicht und deren Auswirkung auf die Unternehmer aufgezeigt. Dazu gehören auch die Aussagen zur Deregulierung und Kostenersparnis. Ferner wird auf vereinzelte steuerliche Gesichtspunkte und Pflichtangaben nur an wenigen Stellen verkürzt Stel- lung genommen. Die Bereiche der Konzernrechnungslegung und der Prüfung werden weggelassen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit
2 Das BilMoG
2.1 Die Zielsetzung des BilMoG
2.2 Überblick über die Neuregelungen
3 Wesentliche Änderungen durch das BilMoG im handelsrechtlichen Einzelabschluss
3.1 Herstellungskosten
3.2 Wertkorrekturen auf Basis des beizulegenden Zeitwertes
3.3 Selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter
3.3.1 Forschungs- und Entwicklungskosten
3.3.2 Geschäfts- oder Firmenwert
3.4 Ansatz und Bewertung von Rückstellungen
4 Auswirkungen des BilMoG auf die Bilanzierungspraxis
4.1 Deregulierung
4.2 Kostenersparnis
5 Zusammenfassung
6 Anhang
7 Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Herstellungskosten nach altem, neuem und Steuerrecht
Abb. 2:Zeitwertbewertung - Vergleich zum bisherigen Recht
Abb. 3:Aufhebung der Ausschüttungssperre
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes
Tab. 2: Größenkriterien nach altem und neuem Recht
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Ein guter Wein muss reifen. Ein gutes Gesetz auch. Erstmals wurde das BilMoG im Bilanzrechtsreformgesetz 2004 angekündigt. Nach dreijähriger Ausbauphase durch das Bundesministerium der Justiz kam es 2007 über den Referentenentwurf zu einer ersten landesweiten Verkostung. Die Komposition stimmte noch nicht ganz und so wurde im Frühjahr 2008 ein veränderter Entwurf präsentiert. Auch dieser wollte noch nicht ganz munden und so kam es zu einer erneuten Überarbeitung des Entwurfes.
Mit dem nun am 26. März 2009 im Deutschen Bundestag verabschiedeten, am 3. April 2009 vom Bundesrat gebilligten und am 29. Mai 2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts setzt der Gesetzgeber die umfassendste Reform des deutschen Rechnungslegungsrechts seit der Einführung des Bilanzrichtliniengesetzes im Jahr 1985 um. Der Großteil des BilMoG ist für Geschäftsjahre ab dem 01.01.2010 verpflichtend anzuwenden, kann aber auf freiwilliger Basis auch für den Abschluss 2009 verwendet werden, dann allerdings nur als Gesamtheit. Des Weiteren muss grundsätzlich festgehalten werden, dass die Wirkung des BilMoG stark von der Rechts- form und der Unternehmensgröße abhängen wird. Zweifelsohne werden die Änderun- gen der materiellen Bilanzierung maßgeblichen Einfluss auf die Bilanzkennzahlen ha- ben.
Vor dem Hintergrund, dass das BilMoG auf 254 Seiten die umfangreichste Gesetzes- änderung im HGB seit 1985 darstellt, beschränkt sich diese Ausarbeitung auf die we- sentlichen Änderungen des handelsrechtlichen Abschluss mit Wirkung auf die Unter- nehmer. Der Grund der Fokussierung auf den Jahresabschluss ist, dass sich der Groß- teil der Bilanzierenden in Deutschland, der Mittelstand, auf die Änderungen, die den Jahresabschluss betreffen, einstellen muss. Das Für und Wider des BilMoG wird an Teilen der Reformpunkte, wie die sich ergebenden Gestaltungsspielräume durch neu ermöglichte Wahlrechte sowie die neuen Ansatz- und Bewertungsvorschriften veran- schaulicht und deren Auswirkung auf die Unternehmer aufgezeigt. Dazu gehören auch die Aussagen zur Deregulierung und Kostenersparnis. Ferner wird auf vereinzelte steuerliche Gesichtspunkte und Pflichtangaben nur an wenigen Stellen verkürzt Stel- lung genommen. Die Bereiche der Konzernrechnungslegung und der Prüfung werden weggelassen.
1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit
Zunächst wird im zweiten Kapitel eine Übersicht der Zielsetzung des BilMoG (2.1) gegeben. Dabei werden die einzelnen Ziele aufgegriffen und näher erläutert. Außerdem wird ein Überblick über die wichtigsten Neuregelungen des BilMoG (2.2) gegeben. Auch hier findet eine kurze Erläuterung der einzelnen Punkte statt.
Im darauf folgenden Kapitel erfolgt eine Untersuchung wesentlicher Änderungen durch das BilMoG im handelsrechtlichten Einzelabschluss. Hierfür wird das Kapitel in Herstellungskosten (3.1), Wertkorrekturen auf Basis des beizulegenden Zeitwertes (3.2) und selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (3.3) unterteilt. Im letzten Gliederungspunkt wird nochmals eine Unterteilung in Forschungs- und Entwicklungskosten (3.3.1) sowie dem Geschäfts- oder Firmenwert (3.3.2) vorgenommen.
Kapitel 4 setzt sich mit den Auswirkungen des BilMoG auf die Bilanzierungspraxis auseinander. Hier werden die Schwerpunkte bei der Deregulierung (4.1) und der Kostenersparnis (4.2) gesetzt. Hierbei sollen die Punkte wie Buchführungserleichterung, die Größenklassen und Größenmerkmale sowie die mit dem BilMoG einhergehende Kostenersparnis bzw. Kostenerhöhung genauer betrachtet werden.
Das fünfte Kapitel bildet den Schlussteil dieser Arbeit, in dem eine Analyse der einzel- nen Punkte, mit dem Hintergrund der Auswirkungen auf den Unternehmer, gegeben wird.
2 Das BilMoG
2.1 Die Zielsetzung des BilMoG
„Mit der Modernisierung des Bilanzrechts wird das Ziel verfolgt, den Unternehmen - im Verhältnis zu den International Financial Reporting Standards (IFRS), bis zum 1. April 2001 auch als International Accounting Standards (IAS) bezeichnet - eine gleichwerti- ge, aber einfachere und kostengünstigere Alternative zu bieten.“1 Der handelsrechtli- che Jahresabschluss bleibt dabei genauso Grundlage der Gewinnausschüttung, wie die Vorzüge der Maßgeblichkeit für die steuerliche Gewinnermittlung und das System der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bewahrt werden.2 „Darüber hinaus sol- len die Unternehmen - wo möglich - von unnötigen Kosten entlastet werden.“3 Zusätzlich soll eine Deregulierung in Form von Befreiungen bzw. Erleichterungen von Rechnungslegungspflichten erfolgen. Hierfür sollen die Schwellenwerte der Größenklassen der Unternehmen angehoben und eine Untergrenze für die handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht eingeführt werden.4
Ein weiteres Ziel des BilMoG ist es, die Aussagekraft, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen zu erhöhen. Des Weiteren soll dadurch eine Stärkung der Informationsstruktur des Jahresabschlusses/ der Konzernbilanz erreicht werden. Außerdem hält der Gesetzgeber weiterhin an der Steuerneutralität als Zielvorgabe fest und betont dabei, dass die Modernisierung des Bilanzrechts kein trojanisches Pferd für eine Steuererhöhung sein soll.5
„Nebenbei sollen mit dem BilMoG auch zwei EU-Richtlinien - die sog. Abschlussprüferrichtlinie und die sog. Abänderungsrichtlinie - in deutsches Recht transformiert werden, soweit dies nicht bereits vorher geschehen ist.“6
2.2 Überblick über die Neuregelungen
Die wesentlichen Inhalte des Regierungsentwurfes zum BilMoG:7
Zum einen wäre hier der Wegfall der Pflicht zur Führung von Büchern und der Erstel- lung eines Inventars gem. § 241 a HGB n.F. für Einzelkaufleute, die an zwei aufeinan- der folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 50.000 EUR JÜ und 500.000 EUR UE ausweisen, zu nennen. Auch die Schwellenwerte für die den Informationsumfang des Jahresabschlusses beeinflussenden Größenklassen zur Abgrenzung der kleinen, mitt- leren und großen KGs und ihnen gleichstellte GmbH & Co. KG wurden um 20% ange- hoben. Durch das BilMoG wird erstmals eine Vorschrift eingeführt, die die bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten regelt, die zum Ausgleich gegenläufiger Wertän- derungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken gebildet wer- den. Die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz, die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit, wird abgeschafft. Aber: Die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steu- erbilanz bleibt erhalten. Bei der Bewertung Rückstellungen sind zukünftige Kosten- und Preissteigerungen zu berücksichtigen und sie müssen mit dem durchschnittlichen laufzeitadäquaten Marktzinssatz der letzten sieben Jahre abgezinst werden. Eigene Antei- le werden künftig nicht mehr auf der Aktivseite ausgewiesen, sondern - wie in der internationalen Rechnungslegung - offen vom Eigenkapital abgesetzt. Ferner ist künftig das Planvermögen, das ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversor- gungsverpflichtungen dient, mit diesen Schulden zu verrechnen. Des Weiteren kommt es zur Streichung von Bewertungswahlrechten, wie beispielsweise dem entgeltlich er- worbenen GoF, der Passivierung von Aufwandsrückstellungen, der Rechnungsabgren- zungsposten gem. § 250 HGB oder den Abschreibungswahlrechten. Auch wird zukünf- tig die handelsrechtliche Wertuntergrenze der HK der steuerlichen angepasst. Die Ge- meinkosten sind nun in den Herstellungskostenbegriff nach HGB einzubeziehen. Für die Aktivierung der Entwicklungskosten selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte des Anlagevermögens wird ein Wahlrecht eingeführt. Gleiches gilt für latente Steuern, die immer mehr an Bedeutung gewinnen werden. Die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente sind nun mit dem Zeitwert (Fair Value) zum Bilanzstichtag zu be- werten. Allerdings wurde diese Neuregelung nur auf Kreditinstitute beschränkt. Auch dürfen ausstehende Einlagen und eigene Anteile einer Kapitalgesellschaft nur noch auf der Passivseite ausgewiesen werden und müssen vom Eigenkapital abgesetzt werden. Hinzu kommen noch zahlreiche Änderungen der Anhangsvorschriften.
3 Wesentliche Änderungen durch das BilMoG im handelsrechtlichen Einzelab schluss
3.1 Herstellungskosten
„Herstellungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Erzeugnisses entstehen. Danach gehören zu den Herstellungskosten sowohl die Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen, als auch die Aufwendungen, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsgutes anfallen oder mit der Herstellung in einem engeren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.“8
Im Rahmen der Bewertung von Vermögensgegenständen wird nun der handelsrechtli- che an den steuerrechtlichen Herstellungskostenbegriff angeglichen.9 „Gleichzeitig wird klar, dass die während der Entwicklung anfallenden Herstellungskosten die Bewer- tungsgrundlage von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen sind. In diesem Zusammenhang definiert der Gesetzgeber nun legal, was unter Forschung und Entwicklung zu verstehen ist.“10
„Nach R 6.3 Abs. 1 bis 3 EStR sind notwendige Teile der Material- und Fertigungsge- meinkosten sowie die auf die Zeit des Herstellungsvorgangs entfallende AfA auf das Anlagevermögen in die Herstellungskosten einzubeziehen (Wertuntergrenze).“11 Bis- lang bestand für die eben genannten Aufwandsbestandteile handelsrechtlich ein Ein- beziehungswahlrecht. Durch die Neufassung des § 255 Abs. 2 HGB n. F. ist dieses Wahlrecht nun abgeschafft. Vielmehr werden diese Komponenten nach § 255 Abs.2 Satz 2 HGB n.F. aktivierungspflichtig. Somit wird die handelsrechtliche Herstellungs- kostenuntergrenze an die steuerliche - und damit letztlich auch an den Vollkostensatz nach IFRS - angeglichen.12
Durch den Wegfall des Bewertungswahlrechts bezüglich der Gemeinkosten ergeben sich nun folgende Wertunter- und obergrenzen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Herstellungskosten nach altem, neuem und Steuerrecht13
Variable Gemeinkosten (Material- und Fertigungsgemeinkosten) sind nunmehr verpflichtend in die Herstellungskosten einzubeziehen. Fixe Gemeinkosten dürfen mit einem angemessenen Teil einbezogen werden. Zu den fixen Gemeinkosten zählen Kosten der allgemeinen Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung. Ein Einbeziehungsverbot besteht weiterhin für Vertriebskosten und Forschungskosten.14
Eine besondere Bedeutung, in Hinsicht auf die Herstellungskosten, hat die begriffliche Trennung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten. Diese wurde den IFRS ent- nommen. Sie spielt eine besondere Rolle bei dem künftigen Aktivierungswahlrecht von Entwicklungsaufwendungen bei selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstän- den. Hierauf wird in Punkt 3.3.1 „Forschungs- und Entwicklungskosten“ näher einge- gangen.
3.2 Wertkorrekturen auf Basis des beizulegenden Zeitwertes
Das bisherige Handelsrecht regelt in § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB, dass Vermögensge- gen- stände höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind. Zukünftig erfolgt die Bewertung gem. § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB, für die zu Han- delszwecken erworbene15 Finanzinstrumente,16 mit ihrem beizulegenden Zeitwert (fair value). Hierzu gibt es Spezialregelungen die in § 255 Abs. 4 HGB enthalten sind. Demnach wird der beizulegende Zeitwert grundsätzlich mit dem auf einem aktiven Markt17 ermittelten Marktpreis18 definiert und entspricht damit dem Fair Value nach IFRS.19 Somit würden noch nicht realisierte, aber zukünftig realisierbare, Gewinne aus positiven Wertänderungen, die über die Anschaffungskosten hinausgehen, zum Bi- lanzstichtag erfolgsmäßig erfasst.20 Sollte kein aktiver Markt vorhanden sein, so ist der beizulegende Zeitwert mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu ermit- teln.21 Führen auch diese Methoden zu keinem sachgerechten Ergebnis, so sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 253 Abs. 4 HGB fortzuführen.22 So ergibt sich nun aus dem § 255 Abs. 4 HGB n.F. folgendes Bewertungsschema für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes23
„Aufgrund der mit der Zeitwertbewertung einhergehenden Ausdehnung des handels- rechtlichen Realisationsprinzips, das bisher nur die erfolgswirksame Vereinnahmung von durch einen Umsatzakt realisierten Gewinnen zulässt, sind künftig - beschränkt auf die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente - auch (nur) realisierbare Gewinne erfolgswirksam zu vereinnahmen. Gleichzeitig wird - soweit in diesem Zu- sammenhang Derivate betroffen sind - der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwe- bender Geschäfte eingeschränkt.“24 Somit wird eines der fundamentalsten Prinzipien handelsrechtlicher GoB, das Anschaffungskostenprinzip, durchbrochen.
Damit hier dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip weiterhin Rechnung getragen werden kann, unterliegen die realisierbaren Gewinne gemäß § 268 Abs. 8 HGB einer Ausschüttungssperre.25
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Zeitwertbewertung - Vergleich zum bisherigen Recht26
Steuerlich entfaltet die Zeitwertbewertung der zu Handelszwecken erworbenen Finanz- instrumente keine Wirkung auf die steuerliche Gewinnermittlung. Ausdrücklich klarges- tellt wird dies durch § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG, der die Bewertung von Finanzinstrumenten zum beizulegenden Zeitwert nur für Steuerpflichtige mit steuerlicher Wirkung ausges- taltet, die in den Anwendungsbereich des § 340 HGB fallen.27 Somit haben Banken und Finanzdienstleister die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente, die nicht in einer Bewertungseinheit im Sinn des § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG abgebildet wer- den, mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlages gem. § 340e Abs. 3 HGB zu bewerten28 und einen ausschüttungsgesperrten Sonderposten als zu- sätzlichen Risikopuffer zu bilden. „Dieser Sonderposten ist in guten Zeiten aus einem Teil der Handelsgewinne aufzubauen und kann in schlechteren Zeiten zum Ausgleich von Handelsverlusten verwendet werden.“29
Zum Abschluss dieses Kapitels ein Beispiel zur Verdeutlichung:
„Eine Bank kauft 10 Aktien zu einem Kurs von 100 € pro Aktie. Die Aktien wurden mit der Zielsetzung erworben, Kursgewinne zu erzielen und können börsentäglich wieder verkauft werden. Zum Bilanzstichtag haben die Aktien einen Kurs von 125 € pro Aktie. Bei Bewertung der Aktien zum Marktwert (125 €) abzüglich eines Risikoabschlags (z.B. 5 €) sind sie in der Bilanz mit insgesamt 1.200 € (10 Stück x 120 €) anzusetzen. Es ergibt sich für die Bank ein Gewinn von 200 €. Von den Gesamthandelserträgen sind dann noch 10 % in einen gesperrten Sonderposten einzustellen, der bei Handelsverlusten späterer Bilanzstichtage aufgelöst werden kann.“30
3.3 Selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter
„Bislang bestand für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens31, die nicht entgeltlich erworben worden sind, ein Aktivierungsverbot (§ 248 Abs. 2 HGB a. F.).“32 Ursprünglich sollte daraus, in Anlehnung an IAS 38, eine Aktivierungspflicht werden. Mit der Verabschiedung des BilMoG wurde jedoch von der Aktivierungspflicht für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des AVs abgese- hen.33 Jedoch wird ein Aktivierungswahlrecht für nicht entgeltlich erworbene immate- rielle Vermögensgegenstände des AV in § 248 Abs. 2 HGB verankert und wird nun wie folgt gefasst: „Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlage- vermögens können als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden. Nicht aufge- nommen werden dürfen selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kunden- listen oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.“
„Aus diesem Grund wurde auch die Überschrift des § 248 HGB von „Bilanzierungsverbote“ in „Bilanzierungsverbote und Wahlrechte“ erweitert.“34
„Das bisherige Ansatzverbot des § 248 Abs. 2 HGB stellte eine Ausprägung des Vor- sichtsprinzips dar und wurde damit begründet, dass nicht entgeltlich erworbene imma- terielle Vermögensgegenstände schwer schätzbar und unsichere Werte sind.“35 „Die Vorschrift beruhte auf der richtigen - dem Gedanken des Gläubigerschutzes entsprin- genden - Überlegung, dass selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstän- den des Anlagevermögen auf Grund ihrer nicht vorhandenen Körperlichkeit sowie der regelmäßig nicht eindeutig zurechenbaren Herstellungskosten und der hohen Unsi- cherheit hinsichtlich ihrer künftigen Nutzungsdauer nur schwer ein objektivierter Wert zugewiesen werden kann.“36 Aus diesem Grund durften diese bisher nur angesetzt werden, wenn sie entgeltlich erworben wurden und damit der Wert durch den Markt, in Form von Anschaffungskosten, bestätigt wurde.37 Folglich konnte die Existenz eines verwertbaren immateriellen Vermögensgegenstandes nachweisbar bewiesen wer- den.38
Durch die Neufassung des § 248 Abs. 2 HGB dürfen nun - bis auf die bereits oben genannten Ausnahmen - auch nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensge- genstände des Anlagevermögens, die in Verbindung mit § 246 HGB die Kriterien eines Vermögensgegenstandes erfüllen, aktiviert werden.39 „Vom Vorliegen eines Vermö- gensgegenstandes ist auszugehen, wenn das selbst erstellte Gut nach der Verkehrs auffassung einzeln verwertbar ist.“40 Nach allgemeiner Auffassung ist ein Gut einzeln verwertbar, wenn es durch ein Geschäft mit Dritten in Geld umgewandelt werden kann.41 Nebensächlich dabei ist, ob die aus dem Gut generierten Zahlungsströme aus dessen Veräußerung oder anderweitig, beispielsweise durch entgeltliche Einräumung einer Nutzungsüberlassung, resultieren.42 „Ob vom Vorliegen eines Vermögensge- genstandes ausgegangen werden kann, ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen.“43
Um eine Ausschüttung von den als immateriellen Vermögensgegenständen aktivierten Beträgen auszuschließen, wird im § 268 Abs. 8 HGB eine Ausschüttungssperre einge- baut, wonach das Volumen selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände nicht ausschüttbar ist. „Werden selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in der Bilanz ausgewiesen, dürfen gemäß § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleiben frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Ver- lustvortrags den insgesamt angesetzten Beträgen abzüglich der hierfür gebildeten la- tenten Steuern entsprechen.“44 Dies soll durch folgende Abbildung noch einmal deut- lich gemacht werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Aufhebung der Ausschüttungssperre45
In der Steuerbilanz bleibt es beim Aktivierungsverbot gem. § 5 Abs. 2 EStG.46 Außerdem ist die Neufassung des § 248 HGB für alle bilanzierenden Kaufleute, also auch für nicht prüfungspflichtige Kaufleute, anzuwenden.47
3.3.1 Forschungs- und Entwicklungskosten
„Bei der Ausübung des Aktivierungswahlrechts nach § 248 Abs. 2 HGB n. F. sind die Vermögensgegenstände mit den Herstellungskosten für ihre Entwicklung anzuset- zen.“48 Dabei orientiert sich der Umfang der HK an dem allg. Begriff gem. § 255 Abs. 2 HGB.49 „In diesem Zusammenhang ist nun zu klären, ab welchem Zeitpunkt die wäh- rend der Entwicklung angefallenen Herstellungskosten zu aktivieren sind und wie die Abgrenzung der Forschungs- von der Entwicklungsphase zu erfolgen.“50 Bereits hier ist klar, dass für Forschungskosten weiterhin ein Aktivierungsverbot besteht. Mit dem neuen § 255 Abs. 2a Satz 2 HGB wird der Begriff „Entwicklung“ in Abgrenzung zu dem Begriff „Forschung“ definiert. Demnach ist Entwicklung „die Anwendung von For- schungsergebnissen oder anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen.“ Forschung hingegen „ist die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemei- ner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wissenschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können.“
Ist die Trennung zwischen F&E-Phase nicht möglich, weil beispielsweise die Prozesse miteinander verknüpft sind, wird die Aktivierung eines selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstandes gem. § 255 Abs. 2a S. 4 HGB verboten51 und alle angefallen Aufwendungen aufwandswirksam erfasst. Wer also aktivieren will, muss für entsprechende interne Dokumentation und Aufzeichnung sorgen. Wenn trotz dieser internen Organisation keine eindeutige Trennung zwischen F&E sachverhaltsspezifisch möglich ist, kann eine Aktivierung nicht in Betracht gezogen werden.52
Ein aus der Entwicklung entstehender immaterieller Vermögenswert ist nur dann anzusetzen, wenn das Unternehmen alle nachfolgenden Voraussetzungen für die Aktivierung von Entwicklungskosten erfüllen kann:53
Zum einen muss die technische Realisierbarkeit der Fertigstellung des immateriellen Wertes gegeben sein, damit er auf diese Weise zur internen Nutzung oder zum Ver- kauf zur Verfügung stehen kann.
[...]
1 Petersen, Karl; Zwirner, Christian (2009), S. 159
2 Vgl. Petersen, Karl; Zwirner, Christian (2009), S. 159
3 BMJ (2008), S. 1, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
4 Vgl. Kaminski, Bert (2009), S. 198
5 Vgl. Hickethier, Eberhard (2009), S. 1503; Dettmeier, Michael (2008), S. 3159
6 Hoppen, Christian; Husemann, Walter; Schmidt, Marc (2009), http://www.betrifft-unternehmen.de/ aktuelles/fachbeitraege/fachbeitraege/fachbeitraege-einzelansicht/article/bilmog-neues-rechnungs- legungsrecht.html, Stand 08.06.2009
7 Vgl. hierzu und im Folgenden: Wiechers, Elmar W. (2009), S. 30ff.; Künkele, Kai, Peter; Zwirner, Christian (2009), S. 1277ff.; Theile, Carsten (2009), S. 22ff.
8 Falterbaum, Hermann; Bolk, Wolfgang; Reiß, Wolfram; Eberhart, Roland (2003), S. 621
9 Vgl. Zülch, Henning; Hoffmann, Sebastian (2009), S. 746
10 Zülch, Henning; Hoffmann, Sebastian (2009), S. 746
11 Theile, Carsten (2009), S. 30
12 Vgl. Wiechers, Elmar W. (2009), S. 32
13 Quelle: Zingel, Harry (2009), http://www.bwl-bote.de/20090424.htm, Stand 08.06.2009
14 Vgl. Anhang 4: Wahlrechte, Pflichten und Verbote der Herstellungskosten, S. 33
15 Finanzinstrumente sind nach Gesetzesbegründung „zu Handelszwecken erworben“, wenn die Absicht besteht, aus kurzfristigen Preisschwankungen Gewinne zu erzielen. Vgl. BMJ (2008), S. 53, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009; „Der Begriff „erworben“ um- fasst jede rechtsgeschäftliche Transaktion.“, BMJ (2008), S. 53, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/ RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
16 Eine abschließende Definition des Begriffs „Finanzinstrumente“ findet sich weder im HGB noch im Re- gierungsentwurf zum BilMoG. Es wird jedoch deutlich, dass es sich um einen relativ weit gefassten Be- griff handelt, wonach auch Derivate dazugehören. Vgl. BMJ (2008), S. 53, http://www.bmj.bund.de/files/- /3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
17 „Ein aktiver Markt liegt vor, wenn der Preis für einen zu bewertenden Vermögensgegenstand oder eine zu bewertende Schuld an einer Börse, von einem Händler, von einem Broker, von einer Branchengrup- pe, von einem Preisberechnungsservice oder von einer Aufsichtsbehörde leicht und regelmäßig erhält-
lich ist und auf aktuellen und regelmäßig auftretenden Markttransaktionen zwischen unabhängigen Dritten beruht.“, Künkele, Kai, Peter; Koss, Claus (2009), S. 446
18 „Unter Marktpreis ist der Gleichgewichtspreis zu verstehen, d.h. der Preis, der zu einer weitestgehenden Markträumung führt. Die volkswirtschaftliche Literatur definiert einen Markt als Gesamtheit der Angebots- und Nachfragebeziehungen für ein Gut oder eine Gütergruppe.“, Künkele, Kai, Peter; Koss, Claus (2009), S. 446
19 Vgl. Künkele, Kai, Peter; Koss, Claus (2009), S. 445
20 Vgl. Oser, Peter ; Roß, Norbert ; Wader, Dominic ; Drögemüller, Steffen (2008), S. 683
21 Vgl. Petersen, Karl; Zwirner, Christian (2009), S. 70
22 Vgl. Künkele, Kai, Peter; Koss, Claus (2009), S. 445
23 Quelle: Eigendarstellung; Vgl. Künkele, Kai, Peter; Koss, Claus (2009), S. 445
24 BMJ (2008), S. 53, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
25 Vgl. BMJ (2008), S. 53, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
26 Quelle: Eigendarstellung
27 Vgl. BMJ (2008), S. 53, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
28 Vgl. BMJ (2009 a), S. 1120, http://www.bmj.bund.de/files/-/3691/bilmog_gesetz_bundesgesetzblatt.pdf, Stand 08.06.2009
29 BMJ (2009 b), S. 3f., http://www.bmj.bund.de/files/-/3542/wesentliche_aenderungen_bilmog.pdf, Stand
08.06.2009
30 BMJ (2009 b), S. 4, http://www.bmj.bund.de/files/-/3542/wesentliche_aenderungen_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
31 Zu den immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gehören gem. § 266 Abs. 2 HGB selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte; entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen
Rechten und Werten; der Geschäfts- oder Firmenwert sowie geleistete Anzahlungen.
32 Theile, Carsten (2009), S. 28
33 Vgl. Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 390
34 Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 390
35 Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 391
36 BMJ (2009), S. 49f., http://www.bmj.bund.de/files/-/3691/bilmog_gesetz_bundesgesetzblatt.pdf, Stand 08.06.2009
37 Vgl. Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 391
38 Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 391
39 Vgl. Padberg, Thomas (2009 a), S. 8
40 BMJ (2008), S. 50, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
41 Vgl. Baetge, Jörg; Kirsch, Hans-Jürgen; Thiele, Stefan (2007), S. 162
42 Vgl. Baetge, Jörg; Kirsch, Hans-Jürgen; Thiele, Stefan (2007), S. 162
43 BMJ (2008), S. 50, http://www.bmj.bund.de/files/-/3152/RegE_bilmog.pdf, Stand 08.06.2009
44 Lanfermann, Georg; Röhricht, Victoria (2009), S. 1216
45 Quelle: Eigendarstellung, Vgl. Padberg, Thomas (2009 b), S. 16
46 Vgl. Oser, Peter (2009), S. 36
47 Vgl. Theile, Carsten (2009), S. 28
48 Meyer, Claus (2009), S. 763
49 Vgl. dazu Kapitel 3.1 „Herstellungskosten“
50 BMJ (2008), S. 60
51 Vgl. Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 393
52 Vgl. Theile, Carsten (2009), S. 28
53 Vgl. hierzu und im Folgenden Padberg, Thomas (2009 a), S. 16; Padberg Thomas (2009 b), S. 12; Mindermann, Thorsten; Brösel, Gerrit (2009), S. 392f.