Die Kontroversen um die Theorie des „Demokratischen Friedens“ bilden ein breites Forschungsfeld in den Internationalen Beziehungen. Seit dem Ende des Kalten Krieges spielt dabei die Idee, dass eine durch den Westen nachdrücklich geförderte Demokratisierung weltweit zu mehr Frieden führen würde, eine zunehmend wichtige Rolle. Dieser Gedanke beruht auf der weit verbreiteten These, dass Demokratien (fast) keine Kriege gegeneinander führen.
Im Fokus dieser Arbeit steht die Frage, warum Demokratien eher als andere politische Systeme in der Lage sind Kooperationsprobleme zu überwinden und untereinander stabile Friedensordnungen ausbilden, die dem kantischen Ideal des „Friedensbundes“ (foedus pacificum)1 nahe kommen. Wie kann der demokratische Frieden trotz unfriedlicher Demokratien erklärt werden?
Zwei Erklärungsversuche sollen auf ihre Stichhaltigkeit untersucht werden: der normativ-kulturelle Ansatz und der strukturellinstitutionalistische Ansatz. Ich werde zeigen, dass obwohl beide Erklärungsversuche empirisch belegt werden können, der normativ-kulturelle Ansatz in Verbindung mit sozialkonstruktivistischen Elementen das selektive Außenverhalten von Demokratien am besten erklären kann.
Die vorliegende Arbeit geht in fünf Schritten vor: Zunächst ist es notwendig den Friedensbegriff näher zu erläutern, um die anschließend dargelegten empirischen Befunde zum Verhältnis von Demokratie und Frieden bewerten zu können. Im zweiten Teil werde ich beide theoretischen Ansätze erläutern, um sie anschließend auf ihr Erklärungspotential hin zu prüfen. Im dritten Teil wird nach der Eindeutigkeit der empirischen Befunde der Wissenschaftler Zeev Maoz und Bruce Russett gefragt. Sie haben beide Ansätze gegeneinander getestet. Im vorletzten Teil dieser Arbeit wird am Beispiel der Angloamerikanischen Beziehungen in der Zeit von 1845 bis 1920 die Wirkung demokratischer Institutionen und gemeinsamer Normen im Detail überprüft. Zum Ende wird es eine Zusammenfassung geben, mit dem Ziel weitere Perspektiven für die zukünftige Forschung aufzuzeigen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Der Friedensbegriff
3. Empirische Befunde zum Verhältnis von Demokratie und Frieden
4. Theoretische Erklärungsansätze zum Verhältnis von Demokratie und Frieden
4.1. Strukturell-institutionalistische Erklärungsversuche
4.1.1. Schwerfälligkeit und Komplexität demokratischer Institutionen
4.1.2. Partizipationschancen und Kosten-Nutzen-Kalküle
4.1.3. Kritik
4.2. Normativ-kulturelle Erklärungsversuche
4.2.1. Kritik
5. Der empirische Befund: Das Erklärungspotential demokratischer Normen und Institutionen im Vergleich
6. Angloamerikanische Beziehungen, 1845-1930: Friedliche Beziehungen durch gemeinsame Werte oder demokratische Institutionen?
6.1. Konflikte zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten
6.1.1. Die Oregon Krise
6.1.2. Schlussfolgerungen für die Theorie des „Demokratischen Frieden“
6.2.1. Die Venezuelanische Grenzfrage
6.2.2. Schlussfolgerungen für die Theorie des „Demokratischen Frieden“
6.3. Die friedliche Annäherung
6.4. Fazit
7. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Kontroversen um die Theorie des „Demokratischen Friedens“ bilden ein breites Forschungsfeld in den Internationalen Beziehungen. Seit dem Ende des Kalten Krieges spielt dabei die Idee, dass eine durch den Westen nachdrücklich geförderte Demokratisierung weltweit zu mehr Frieden führen würde, eine zunehmend wichtige Rolle. Dieser Gedanke beruht auf der weit verbreiteten These, dass Demokratien (fast) keine Kriege gegeneinander führen.
Mit meiner Hausarbeit erhebe ich nicht den Anspruch zu beweisen, dass liberale Demokratien per se friedlicher sind als andere politische Systeme. Diese These lässt sich angesichts der zahlreichen empirischen Untersuchungen, die die Verwicklung von Demokratien in Rüstungswettläufen, Krisen und kriegerische Auseinandersetzungen mit autoritären Systemen belegen, auch kaum halten. Im Fokus dieser Hausarbeit steht vielmehr die Frage, warum Demokratien eher als andere politische Systeme in der Lage sind Kooperationsprobleme zu überwinden und untereinander stabile Friedensordnungen ausbilden, die dem kantischen Ideal des „Friedensbundes“ (foedus pacificum)[1] nahe kommen. Wie kann der demokratische Frieden trotz unfriedlicher Demokratien erklärt werden? Zwei Erklärungsversuche, unter denen sich wiederum verschiedene Varianten finden, sollen in diesem Zusammenhang auf ihre Stichhaltigkeit untersucht werden: der normativ-kulturelle Ansatz und der strukturell-institutionalistische Ansatz. Ich werde zeigen, dass obwohl beide Erklärungsversuche empirisch belegt werden können, der normativ-kulturelle Ansatz in Verbindung mit sozial-konstruktivistischen Elementen das selektive Außenverhalten von Demokratien überzeugender erklären kann.
Die vorliegende Arbeit geht in fünf Schritten vor: Zunächst ist es notwendig den Friedensbegriff näher zu erläutern, um die anschließend dargelegten empirischen Befunde zum Verhältnis von Demokratie und Frieden besser bewerten zu können.
Im zweiten Teil werde ich beide theoretischen Ansätze mit ihren verschiedenen Varianten erläutern, um sie anschließend auf ihr Erklärungspotential hin zu prüfen. Darüber hinaus soll im dritten Teil nach der Eindeutigkeit der empirischen Befunde der Wissenschaftler Zeev Maoz und Bruce Russett gefragt werden, die beide Ansätze gegeneinander getestet haben. Im vorletzten Teil dieser Arbeit wird am Beispiel der Angloamerikanischen Beziehungen in der Zeit von 1845 bis 1920 die Wirkung demokratischer Institutionen und gemeinsamer Normen im Detail überprüft. Zum Ende dieser Arbeit wird es eine kurze Zusammenfassung geben, mit dem Ziel weitere Perspektiven für die zukünftige Forschung aufzuzeigen.
2. Der Friedensbegriff
Trotz vielfältiger Differenzierungsversuche ist der Friedensbegriff auch in der heutigen Forschung noch weitgehend unscharf. Häufig ist von einem weiten und einem engen Friedensbegriff die Rede. Die Problematik besteht vor allem in der Fülle der Bedeutungsmöglichkeiten dieses Begriffes sowie in dessen zeitliche Bestimmung. Wann kann vom Anfang oder Ende des Friedens die Rede sein? Steht Frieden nur in Verbindung mit Gerechtigkeit und Demokratie oder kann auch die Abwesenheit eines Krieges schon als Frieden bezeichnet werden? Inwieweit lassen sich Krieg und Frieden angesichts des beobachtbaren Wandels der Gewalt im internationalen System noch hinreichend unterscheiden? Da die ausführliche Beantwortung dieser Fragen den Rahmen meiner Arbeit übersteigen würde, kann ich in diesem Kapitel nur ansatzweise darauf eingehen[2]. Zu diesem Zweck sollen einige Definitionsvarianten vorgestellt werden, um auch die folgenden Erklärungsansätze und empirischen Befunde zum Verhältnis von Demokratie und Frieden besser bewerten zu können.
Für viele Wissenschaftler verbietet sich die einfache Unterscheidung zwischen Krieg und Frieden unter anderem deshalb, weil das Correlates of War Projekt[3], auf dessen Datensatz in Arbeiten zu diesem Thema am häufigsten zurückgegriffen wird, zunächst nur zwischen Krieg und Nichtkrieg unterscheidet, ohne den Nichtkrieg automatisch als Frieden zu qualifizieren.
Dieses Vorgehen rechtfertigt sich dadurch, dass für die empirische Erfassung des Kriegsgeschehens im Rahmen des CoW-Projekts eine Operationalisierung gewählt wird, die nicht jeden gewaltsamen zwischenstaatlichen (und auch innerstaatlichen) Konfliktaustrag als Krieg kategorisiert. (Nielebock 1993: 180)
Zu den bekanntesten Unterscheidungen seit Ende der sechziger Jahre gehören die zwischen kaltem und heißem Krieg bzw. zwischen negativem und positivem Frieden (vgl. Russett 1990: 231) Unter dem eingeschränkten, negativ bestimmten Friedensbegriff wird Frieden zunächst nur als Zustand der Kriegsabwesenheit gefasst. Da Frieden jedoch mehr als die Abwesenheit von Krieg bedeutet, ist der so genannte positive Friedensbegriff entstanden. Dieser meint die Abwesenheit jeglicher struktureller und personeller Gewalt. Er steht auch für die Achtung der Menschenrechte, dass heißt die Realisierung sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit, politischer und persönlicher Freiheit sowie die Möglichkeit der Selbstverwirklichung.
Auch Immanuel Kant unterscheidet zwischen verschiedenen Friedensarten, indem er es für möglich hält, dass ein Friedensvertrag (pactium pacis) einen aktuellen Krieg zwar beenden, nicht aber den Krieg generell beseitigen kann.
So muss es einen Bund von besonderer Art geben, den man den Friedensbund (foedus pacificum) nennen kann, der vom Friedensvertrag (pactium pacis) darin unterschieden sein würde, dass dieser bloß einen Krieg, jener aber alle Kriege auf immer zu endigen suchte.
(Kant 1795: 118)
Um die Gegenüberstellung von Krieg und Frieden weiter auszudifferenzieren, wurden im Laufe der 80er Jahre im Rahmen des CoW-Projekts folgende vier Typen so genannter „militarized interstate disputes“ (MIDs) mit einem abnehmenden Grad an Feindseligkeit eingeführt: der Krieg, der „use of force“, der „display of force“ und der „threat of force“. (vgl. Nielebock 1993: 180) Diese Unterscheidung von Konflikten ist meiner Meinung nach insofern sinnvoll, um die Beziehungen zwischen Staaten so spezifisch wie möglich charakterisieren zu können.
In den folgenden Kapiteln dieser Arbeit werde ich mich auf die drei Interaktionstypen von Kenneth Boulding (1978) beziehen. Seine Unterscheidung in Krieg, instabilen Frieden und stabilen Frieden bietet den Vorteil einer relativ eindeutigen Zuordnung zwischenstaatlicher Beziehungen, bestimmt durch die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes militärischer Mittel zur Konfliktregelung. Während im Krieg der Einsatz von militärischer Macht offensichtlich ist, wird im Falle von instabilen Frieden der Einsatz von Militär zur Konfliktlösung vermieden, ist aber dennoch nicht ausgeschlossen. Militärische Machtdemonstrationen sowie die Bereitstellung und Rechtfertigung von Militär als letztes Mittel sind in diesem Fall durchaus möglich. Als geeignetes Beispiel sind hier die deutsch-französischen Beziehungen in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg zu nennen. Von einem stabilen Frieden kann insbesondere dann gesprochen werden, „wenn der Einsatz von kriegerischen Mitteln in einer Staatenbeziehung nicht nur undenkbar geworden ist, sondern gar nicht mehr „bedacht“ wird“. (Nielebock 1993: 180) Als Beispiel wäre hier unter anderem die derzeitige Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland anzuführen.
Die Definition von Frieden als Nicht-Krieg scheint fassbarer als andere sprachliche Ableitungen. Dennoch, so muss an dieser Stelle festgehalten werden, ist Frieden nicht nur auf die Abwesenheit von Krieg und militärische Konflikte zu beschränken. Vielmehr handelt es sich um einen lang andauernden Prozess, der sich an der Wahrnehmung und Durchsetzung der Menschenrechte orientiert. Demokratie und Gerechtigkeit sind deshalb eng mit dem Frieden verbunden. Nur durch einen stabilen Frieden besteht die Möglichkeit, dass Gewalt, Not und Unfreiheit abnehmen sowie demokratische Partizipation und Verteilungsgerechtigkeit an Bedeutung gewinnen.
3. Empirische Befunde zum Verhältnis von Demokratie und Frieden
Zwar ist die Idee der friedlichen Demokratie nicht sonderlich neu, jedoch haben sich die empirische Hinweise auf eine tatsächliche Existenz des demokratischen Friedens seit den 70er Jahren zunehmend verdichtet. Bevor ich im Hauptteil dieser Arbeit untersuchen werde, welcher der beiden Ansätze überzeugender erklären kann, warum Demokratien eher als andere politische Systeme in der Lage sind Kooperationsprobleme zu überwinden und versuchen untereinander stabile Friedensordnungen ausbilden, bietet es sich an einige Befunde zum Themenkomplex „Demokratie und Frieden“ darzulegen.
Ausgehend von den drei vorgestellten Interaktionstypen – Krieg, instabiler Frieden, stabiler Frieden – soll zunächst geklärt werden, wie friedlich Demokratien wirklich sind. Dabei stellt sich die Frage, ob demokratische Staaten eher zu kriegsvermeidender oder gewaltüberwindender Außenpolitik neigen bzw. einen instabilen oder stabilen Frieden beabsichtigen. Zur Beantwortung dieser Frage müsste zum einen gezeigt werden, dass Demokratien (fast) keine Kriege im Vergleich zu Nichtdemokratien initiieren. Zum anderen sollte in diesem Zusammenhang auch geklärt werden, ob Demokratien eher zu friedlichen Kompromisslösungen bereit sind und auf vorteilsversprechende Gelegenheiten zum Krieg verzichten. (vgl. Nielebock 1993: 181-182)
Die Befunde von Bruce Russett, der anhand zweier Datensätze - die Daten des Correlates of War Project sowie des International Crisis Behavior Project[4] - mittels quantitativer Methoden das Konfliktverhalten liberaler Demokratien von 1946 bis 1986 untersucht hat, bestätigen, dass es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges keinen Krieg zwischen Demokratien gegeben hat und dass MIDs unter liberalen Systemen seltener vorkommen als bei anderen Staatensystemen. (vgl. Russett 1993: 72-93/ Ko-Autor: Zeev Maoz) Seine Untersuchung stützt die These, dass Demokratien (fast) keine Kriege gegeneinander führen. Das „fast“ bezieht sich demzufolge auf die Zeit vor 1945 und auf Grenzfälle wie den britisch-amerikanischen Krieg von 1812 oder den spanisch-amerikanischen Krieg von 1898.
Dass Demokratien jedoch nicht seltener als andere Staaten auf militärische Macht zurückgreifen, zeigt unter anderem die Untersuchung von Klaus-Jürgen Gantzel und Jörg Meyer-Stammer. Beide kommen zu dem Befund, dass Großbritannien, Frankreich und die USA im Zeitraum von 1945 bis 1984 zu den Ländern mit der häufigsten Kriegsbeteiligung zählen. (Ganzel/Meyer-Stammer 1986: 81) Allerdings ist die Kriegsbeteiligung der genannten Staaten entweder als dritte Macht oder im Rahmen einer VN-Truppe erfolgt. In den restlichen Fällen handelte es sich vorwiegend um Verteidigungskriege. Gantzel und Meyer-Stammer stellen außerdem fest, dass jene Staaten in diesem Zeitraum nur selten als Aggressor auftraten (USA: 1983 Grenada; GB: 1956 Suez-Krieg; Frankreich: Algerien, Indochina, Suez-Krieg). In einer späteren Untersuchung für die Zeit von 1980 bis 1986 kommt Gantzel (1987) letztlich zu dem Schluss, dass Demokratien keinesfalls weniger Kriege begonnen haben als Nicht-Demokratien.
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, lässt sich eine kriegsvermeidende Außenpolitik nicht grundsätzlich festmachen, da auch Demokratien bereit sind mit Krieg ihre Interessen durchzusetzen oder zu wahren. Allerdings eskalieren Demokratien in Konflikten nicht in gleichem Maße wie Nicht-Demokratien. Die Schwelle zum Krieg zwischen Demokratien scheint äußerst hoch zu sein. Bei ihrer Untersuchung der Art und Weise wie Demokratien Gewalt einsetzen und Interventionen ausüben kommen Kegley und Hermann für die Zeit von 1974 bis 1991 zu dem Ergebnis, dass
In effect, democracies sometimes fight, but their interventionary acts seldom result in large-scale destruction. Of the 15 incidences of countries with democratic characteristics intervening against other democratically oriented states […], almost all were symbolic and shortterm uses of armed force […]. (Kegley/Hermann 1996: 319)
Kegley und Hermann scheinen damit andere wissenschaftliche Studien zu bestätigen, die ergeben haben, dass die Verhandlungsbereitschaft von Demokratien in Krisenzeiten (conflict management) höher ist als die autokratischer Regime. (vgl. Maoz/Abdolali 1989) So kommt William Dixon bei seiner Untersuchung zum Verhältnis von Demokratie und friedlicher Konfliktbeilegung zu dem Ergebnis, dass die Anzahl friedlich bewältigter Konflikte am höchsten ist (46,3 %), wenn beide beteiligten Staaten Demokratien sind. (vgl. Dixon 1994: 22) Gleichzeitig gibt er aufschlussreiche Hinweise, warum Drohpolitik und Krisen zwischen Demokratien fast niemals in zwischenstaatliche Kriege eskalieren. Dixon kann zeigen, dass MIDs, in die liberale Systeme auf beiden Seiten verwickelt waren, überproportional häufig durch die Vermittlung Dritter z.B. durch andere Demokratien sowie internationale Organisationen aufgelöst werden konnten.
Um herauszufinden, ob Demokratien eine gewaltüberwindende Außenpolitik betreiben, wäre es notwendig die strukturellen Bedingungen eines stabilen Friedens auszumachen. Da die Forschung hier jedoch weitgehend am Anfang steht, bleibt es schwierig zu analysieren, inwieweit die Außenpolitiken der einzelnen Staaten einen stabilen Frieden sichern und als gewaltüberwindend bezeichnet werden können. Maoz/Abdolali (1989) kommen bei der inhaltlichen Analyse verschiedener Staaten zu dem Befund, dass die demokratische Verfasstheit von zwei Staaten zwar eine notwendige Bedingung für die Begründung eines stabilen Friedens ist, allein aber nicht ausreicht, um MIDs zu verhindern. Diese These wird mit den insgesamt 73 Fällen von MIDs zwischen Demokratien im Zeitraum von 1816 bis 1976 belegt. 19 davon fallen in das 19.Jahrhundert, 34 in die Zeit zwischen der Jahrhundertwende und 1945. Die restlichen 20 MIDs sind im Atomzeitalter anzuordnen.
Für dieses Kapitel lässt sich festhalten, dass Demokratien zu einer kriegsvermeidenden Außenpolitik neigen, die Bereitschaft zur Kriegsführung oder der Einsatz militärischer Gewalt jedoch nicht ausgeschlossen sind.
Die relativ geringe Anzahl an MIDs im Vergleich zu Nichtdemokratien legt allerdings die Vermutung nahe, dass eine hohe Bereitschaft von Demokratien an der Etablierung einer dauerhaften Friedensstruktur mitzuwirken besteht. Das Bemühen demokratischer Staaten einen stabilen Frieden zu sichern, wird sowohl durch deren überdurchschnittliche Mitarbeit in internationalen Organisationen als auch durch deren „Bereitschaft und Fähigkeit zur Verflechtung, Umverteilung und partiellen Souveränitätsabtretung“ deutlich. (Nielebock 1993: 184)
[...]
[1] Das kantische Ideal eines Friedensbundes meint eine friedliche Allianz zwischen Staaten, die dauerhaft alle Kriege beenden könnte. Anders gesagt, es handelt sich dabei um denjenigen Teil der Welt, der als friedfertig und kriegsfrei bezeichnet werden kann.
[2] Eine Einführung in die systematisch mehrdeutige Verwendung des Friedensbegriffs kann bei Helmut Metzler nachgelesen werden. (www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-90/9030801m.htm)
[3] Das Correlates of War Projekt, welches 1963 unter der Aufsicht von J.David Singer und Melvin Small an der Universität Michigan begann, untersucht die Bedingungen, die mit dem Ausbruch eines Krieges oder so genannter militarized interstate disputes verbunden sind. Die Datensammlung umfasst alle Kriege im Zeitraum von 1816 bis 1986. Mit Hilfe statistischer Korrelationsmethoden werden die Zusammenhänge zwischen einzelnen unterschiedlichen Faktoren wie Machtpotential, Zahl der Grenzen, Staatsform usw. einerseits und Kriegsneigung andererseits daraufhin untersucht, ob sie zufälliger Natur sind oder ursächlichen Charakter haben. Die Aussagekraft des Datensatzes ist umstritten. Die Tatsache, dass die meisten Studien sich nur auf zwischenstaatliche Kriege beschränken und zahlreiche Berechnungen ambivalente Deutungen zu lassen oder sich einander widersprechen, stellt den Nutzen für die Friedensforschung und Theoriebildung in Frage.
(vgl. www.umich.edu/~cowproj; Nohlen 2001: 270)
[4] Das International Crisis Bevavior Project, welches 1975 in den USA ins Leben gerufen wurde, umfasst zahlreiche Informationen über 434 internationale Krisen, 33 langwierige Krisen sowie 956 krisenbeteiligte Staaten seit dem Ende des Ersten Weltkrieges bis 2001. Ausschlaggebend für dieses Projekt war die Erkenntnis, dass eine systematische Untersuchung der Ursachen, Entwicklung und Auswirkungen von Konflikten auf das internationale System sowie des Verhaltens von politischen Entscheidungsträgern durchaus möglich ist und Aufschluss über die Minimierung weiterer Krisen geben könnte. (vgl. www.icbnet.org )
- Arbeit zitieren
- Ariane Peters (Autor:in), 2003, Das Theorem des demokratischen Friedens. Zur Plausibilität normativ-kultureller und strukturell-institutionalistischer Erklärungsversuche, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/18910