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Hausarbeit, 2011
31 Seiten, Note: 1,7
1. Begriffsbestimmung Epidemiologie und die Versorgungslage psychischer Erkrankungen im Gesundheitswesen der BRD
1.1 Epidemiologie
1.1.1 Definition der Epidemiologie
1.1.2 Aufgaben und Ziele der Epidemiologie
1.1.3 Methoden der Epidemiologie
1.2 Die gesundheitliche Bedeutung psychischer Erkrankungen
1.3 Die Versorgungslage psychischer Erkrankungen im Gesundheitswesen der BRD
2. Die Epidemiologie, Versorgungslage und Pflege von älteren Menschen in der BRD mit einer Demenz
2.1 Begriffsbestimmung Demenz
2.1.1 Definition Demenz
2.1.2 Die Formen der Demenz
2.2 Die Epidemiologie der Demenzerkrankungen
2.3 Die Versorgungssituation der Menschen mit einer Demenzerkrankung
2.3.1 Die aktuelle Versorgungslage in der BRD
2.3.2 Probleme und Ressourcen in der Versorgung
2.4 Herausforderungen an die Pflege
2.5 Das Versorgungskonzept „Pflegeoase“
3. Erkenntnisse aus der Arbeit und Ausblicke
Abkürzungs- und Abbildungsverzeichnis
Quellenverzeichnis
Der Begriff Epidemiologie leitet sich aus der griechischen Sprache aus folgenden Teilen ab: „epi = über“, demos = das Volk“ und logos = die Lehre“. Somit bedeutet Epidemiologie so viel wie „die Lehre von dem, was über das Volk kommt“ oder „was im Volk verbreitet ist“. (Weyerer & Bickel 2007: 15)
Die Epidemiologie versteht sich als eine Basiswissenschaft von Public Health, das global auf die Verbesserung der Gesundheitssituation in der Bevölkerung abzielt. Mit diesem positiven Vorhaben liefert die Epidemiologie wissenschaftliche Erkenntnisse zur Quantität und Distribution von Erkrankungen innerhalb der Bevölkerung. Darin erörtert die Epidemiologie die beeinflussenden Faktoren für die Entstehung, den Verlauf und die Folgen von Erkrankungen. (s. Weyerer & Bickel 2007: 15)
Man unterscheidet zwischen der deskriptiven und der analytischen Epidemiologie. In der deskriptiven Epidemiologie stehen die Häufigkeit und die Verteilung einer Krankheit im Vordergrund. Zentrale Komponenten der deskriptiven Epidemiologie sind Zeit, Ort und Person.
Die analytische Epidemiologie hingegen befasst sich konkret mit der Pathogenese sowie Ätiologie der Krankheiten. Hier gilt es, die hypothesengeleiteten Risikofaktoren einer Erkrankung in Bezug zu dem Auftreten der Erkrankung in der Bevölkerung zu setzen, denn die analytische Epidemiologie geht davon aus, dass Krankheiten nicht zufällig, sondern immer unter bestimmten Voraussetzungen auftreten.
Selten wird die Epidemiologie auch in experimentellen Fällen eingesetzt, wenn es um besonders aussagekräftige Interventionsstudien geht. (s. Weyerer & Bickel, 2007: 16)
Durch die standardisiert gemessenen sowie die quantitativ ausgewerteten Daten bildet die Epidemiologie eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Maßnahmen in Public Health – sei es für Bevölkerungsgruppen, die Gesamtbevölkerung oder die Gesundheitsplanung insgesamt. (s. Schwartz et al. 2003: 394)
Neben der Bereitstellung des rein quantitativen Informationsspektrums ist es der Epidemiologie, besonders durch die in der analytischen Verfahrensweise beschriebenen Inhalte, möglich, die individuellen Krankheitsrisiken und -ursachen zu determinieren. Diese Erkenntnisse haben prospektiv gesehen einen großen Wirkungsgrad und sind global handlungsweisend für Interventions-, Präventions- und Therapiemaßnahmen. (s. Schwartz et al. 2003: 394)
Weyerer et al. (2008: 43) nennen 2 konkrete praktische Bedeutungsfelder der Epidemiologie, die die Aufgaben derselben auf den Punkt bringen:
- Die Entwicklung von Methoden der Vorbeugung, Behandlung und Rehabilitation und Prüfung ihrer Wirksamkeit und Risiken (Therapieforschung);
- Die Evaluation von Einrichtungen und Systemen der Versorgung kranker Menschen, die der organisierten Umsetzung bewährter Therapie- und Rehabilitationsverfahren dienen, besonders im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und auf ihre Kosten (Versorgungsforschung).
Eine besondere Aufgabe kommt der Epidemiologie in Bezug auf die Erforschung von psychischen Erkrankungen zu, da hier eine rein quantitativ erhobene Studie nach Anzahl der ambulanten oder auch stationären Konsultationen unzureichend repräsentativ wäre. Gerade im Bereich der psychischen Morbidität muss die Epidemiologie Wege finden, die Fälle vollständig zu erfassen, um differenzierte Aussagen über Ätiologie, Prävalenz und Verlauf der psychischen Erkrankungen treffen zu können (Weyerer & Bickel 2007: 17).
Noch schwieriger wird es für die Epidemiologie bei der Erhebung der Versorgung von Menschen mit dementiellen Erkrankungen, da hier die Krankheitserkenntnis, das subjektive Krankheitsempfinden, die Konsultation eines Haus- oder sogar eines Facharztes und der richtigen Diagnosestellung inklusive Therapie leider noch zu selten richtig, frühzeitig und fachlich korrekt geschieht.
Nicht zuletzt aus diesem Gesichtspunkt heraus ist es auch die Aufgabe der Epidemiologie, Fehlerquellen in ihren Studien zu erkennen und zu vermeiden. Man unterscheidet zwischen zufälligen Fehlern (random error), die in der „zufällig falschen“ Auswahl der Stichprobenkandidaten liegen kann und den systematischen Fehlern (Bias), die sich in 3 Formen zeigen können (s. Schwartz et al. 2003: 401 f.):
- Verzerrungseffekte durch Störgrößen (Confounding)
- Fehler bei der Auswahl der Studienteilnehmer (Selektion-Bias)
- Fehler bei der Informations- und Datengewinnung (Informations-Bias).
Anschließend zum letzten Punkt erfährt die Epidemiologie in der Kausalitätsprüfung ganz bestimmte Kriterien, die sie erfüllen muss, um zu einer Schlussfolgerung über eine Krankheitsursache zu kommen (s. Weyerer et al. 2008):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Bereich der Methodik bedient sich die Epidemiologie verschiedener Projektdesigns, die in Weyerer et al. (2008) beschrieben werden:
Die ökologische Studie, auch Korrelationsstudie genannt, ist der simpelste Studientyp; aus makroperspektivischer Sicht werden hier die Zusammenhänge zwischen Krankheits- und Expositionshäufigkeit rein quantitativ untersucht, ohne dabei einzelne Individuen der Bevölkerung zu thematisieren. Ökologische Studien bedürfen durch ihre Einfachheit nur geringem Aufwand; sie sind dadurch jedoch sehr fehleranfällig.
Ein weiteres retrospektives Design stellt die Querschnittstudie dar; damit definiert die Epidemiologie den aktuellen IST-Zustand des Gesundheitszustandes der Bevölkerung oder innerhalb derer festgelegte Teile.
In der Fall-Kontroll-Studie werden – ebenso retrospektiv – die Ursache, Risikofaktoren und das Ausmaß der Exposition anhand eines Vergleichs der schon betroffenen Fälle (Indexgruppe) und Menschen, die diese Erkrankung noch nicht haben (Kontrollgruppe), ermittelt.
Im Gegensatz zu den retrospektiven Studien, in denen die Differenzierung von Expositions- und Krankheitsstatus gleichzeitig erfolgt und damit schwieriger zu trennen ist, bieten prospektive Designs die Möglichkeit, die Ätiologie und Inzidenz einer Erkrankung natürlich und in einer zeitlichen Ordnung zu erfassen.
Hierzu gehört das Design der Längsschnittstudie. Bestimmte Menschengruppen werden über einen festgelegten Zeitraum, meist mehrere Jahre, entsprechend den Dispositionen einer bestimmten Erkrankung hin untersucht, um eine hypothesengestützte Annahme der Verbindung von Exposition und einer Erkrankung zu erörtern (s. Schwartz et al. 2003: 413).
Nach den bisher beschriebenen Studien beobachtender Natur, stellt die prospektive experimentelle Studie eine Ausnahme dar. In diesem Projektdesign setzt die Epidemiologie „die Studienteilnehmer bewusst und gezielt dem Einfluss bestimmter Faktoren aus“, um „…die Wirksamkeit von Interventionen [zu beurteilen].“ (Schwartz et al. 2003: 415)
Um gezielt auf das Hauptthema dieser Arbeit hinzuarbeiten, ist es von großer Wichtigkeit, den generellen Zusammenhang psychischer Erkrankungen und deren Auswirkung auf die Gesundheit des Erkrankten zu beleuchten.
Wir kennen in unserem Sprachgebrauch die Verwendung des Wortes „Psychosomatik“, was laienhaft ausgedrückt bedeutet, dass körperliche Erkrankungen durch pathogene psychische Veränderung ausgelöst werden.
Die enge Beziehung von Körper, Geist und Seele wird in der Definition in Wikipedia deutlich: „Als Psychosomatik (altgr. ‚ psyché ‘ für Atem, Hauch und Seele und ‚ soma ‘ für Körper, Leib und Leben) wird in der Medizin die Betrachtungsweise und Lehre bezeichnet, in der die geistig-seelischen Fähigkeiten und Reaktionsweisen von Menschen in Gesundheit und Krankheit in ihrer Eigenart und Verflechtung mit körperlichen Vorgängen und sozialen Lebensbedingungen in Betracht gezogen werden.“
In Kellnhauser et al. (2004: 910) werden die Dimensionen der psychischen Funktionen beschrieben, von denen jede eine Störung erleiden kann. Hier werden das Ich-Erleben, die Affekte / Emotionen, der Bereich Auffassung, Gedächtnis und Intelligenz, das Denken, das Bewusstsein, die Wahrnehmung, der Antrieb und die Psychomotorik als Bestandteile genannt.
An dieser komplexen Auflistung zeigt sich, dass psychische Störungen eine massive und oft auch unterschätzte Auswirkung auf die verschiedensten Lebensbereiche eines Menschen haben können. So sind neben den eigenen betroffenen Variablen, wie organische Erkrankungen, Veränderung der eigenen Leistungsfähigkeit oder der Angst vor der Stigmatisierung durch die Gesellschaft, auch die Familie sowie das soziale Umfeld des psychisch erkrankten Menschen unmittelbar mit involviert.
Die somatische Komorbidität psychischer Erkrankungen zeigt sich deutlich in einer von der DGPPN bis Juni 2011 durchgeführten Versorgungs-Analyse von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen in der BRD:
Die Diagnose einer psychischen Erkrankung erhielten knapp 3,3 Mio. der insgesamt 10 Mio. Befragten. Von diesen 3,3 Mio. psychisch erkrankten Menschen erhielten 99% (!) während ihres Behandlungszeitraums auch eine somatische Haupt- oder Nebendiagnose.
Ebenso zeigt diese Studie die oben beschriebenen weitreichenden Folgen psychischer Erkrankungen auf das Umfeld der betroffenen Menschen. So waren 22% (= 726.000) der 3,3 Mio. Erkrankten durchschnittlich 2,5 Jahre arbeitsunfähig.
Die Versorgungsforschung hat in den letzten Jahrzehnten einen Wandel erlebt. Bis zum Ende der 80er Jahre standen die ambulanten und stationären Behandlungsbedingungen im Vordergrund. Daran schloss sich eine Verlagerung des Forschungsinteresses auf die Evaluation von Therapien, Behandlungsmethoden und deren Anwendung. Aufgrund der heute bekannten mehrdimensionalen Auswirkung psychischer Erkrankungen rücken neben der psychopathologischen Erforschung sowie der sozialen Integration immer mehr die individuelle Lebensqualität und die subjektive Zufriedenheit ins Zentrum der Versorgungsstudien. (s. Schwartz et al. 2003)
Dem voraus gingen sehr veraltete Versorgungseinrichtungen und –methoden, die in den 1960er Jahren zu massiven Protesten und Neuausrichtungen führten. In der Psychiatrie-Enquete von 1975 wurden folgende Prinzipien zur Neuausrichtung festgelegt (s. Hurrelmann et al. 2006):
- Das Prinzip der gemeindenahen Versorgung
- Das Prinzip der bedarfsgerechten und umfassenden Versorgung aller psychisch Kranker und Behinderter
- Das Prinzip der bedarfsgerechten Koordination aller Versorgungsdienste
- Das Prinzip der Gleichstellung psychisch Kranker mit körperlich Kranken.
Durch die Dezentralisierung der Versorgung entstehen folgenreiche Verlagerungen zum und hohe Ansprüche an den ambulanten Bereich. Damit gemeint sind einerseits die Herausforderungen für die Schnittstellenorganisation der einzelnen Versorgungsangebote und andererseits die Verunsicherung des einzelnen Patienten, für den das Versorgungsangebot unübersichtlich wird. (s. Schwartz et al. 2003: 611)
In Bezug auf die Psychotherapie als Therapieform, welche in ihrer Wirkungseffizienz evident ist, stellt sich die Frage, warum einerseits durch zu hohen Kostendruck und andererseits durch die in der BRD immer noch vorherrschende Kopplung der neurologisch-psychiatrischen Praxisführung und die bestehenden Niederlassungsbeschränkungen nicht gewährleistet ist, dass das qualifizierte Versorgungsspektrum – besonders auch die sozialpsychiatrische Therapie – nicht der Gesamtbevölkerung und schon gar nicht wohnortnah zur Verfügung steht. (s. Schwartz et al. 2003: 611)
Im Gegensatz zur Versorgungslage somatischer Erkrankungen steht die Erforschung der Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen vor einigen Problemen. So ist es unmöglich, die vollständige Anzahl der psychisch Erkrankten festzustellen und daraus resultierend deren Versorgungslage zu determinieren. Gründe hierfür liegen laut Schwartz et al. (2003: 608) in dem „komplexen Zusammenwirken verschiedener Faktoren“, die den „Weg in eine fachgerechte Behandlung“ ermöglichen müssen.
Um die Versorgungslage psychischer Erkrankungen detailliert beleuchten zu können, schlagen Goldberg und Huxley die Eingruppierung in 5 Versorgungsebenen vor:
- Gemeinde / keine Behandlung
- Allgemeinarzt / keine Fallerkennung
- Allgemeinarzt / Fallerkennung
- Facharzt bzw. spezialisierte ambulante Versorgung
- fachspezifische stationäre Versorgung. (Schwartz et al. 2003: 608)
Von besonderer Bedeutung in der Versorgungslage sind die Allgemeinärzte. In unserem heutigen meist vorherrschenden „Hausarzt-Prinzip“ geht der subjektiv
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