„Als meine Mutter kurz nach der Geburt meines Bruders an Schizophrenie erkrankte, war ich knapp drei Jahre alt. Meine Mutter war deshalb das erste und einzige Mal zwei bis drei Monate in einer Klinik. Sie kam völlig verändert nach Hause. […] Sie war manchmal völlig abwesend, saß nur auf dem Sofa und war nicht ansprechbar. Meinen Bruder, der ja noch ein Baby war, behandelte sie nach Aussage meiner Tanten wie einen Gegenstand. Sie war nicht in der Lage sich um ihn zu kümmern. Mein Vater war beruflich eingespannt und den ganzen Tag über im Büro.“ ( Scherber, 2008, S. 14).
So oder so ähnlich beginnen viele Biographien von Kindern psychisch kranker Menschen. Hochrechnungen zufolge beläuft sich die Zahl der Betroffenen jährlich auf etwa drei Millionen, das heißt, „dass in der Bundesrepublik Deutschland etwa drei Millionen Kinder im Verlauf eines Jahres einen Elternteil mit einer psychischen Störung erleben.“ (Mattejat, 2008, S. 75). Deutlich zeigen sich die Hauptbelastungen, die mit einer Erkrankung mindestens eines Elternteils einher gehen. In jedem Fall ist ein „normales“ Familienleben nur begrenzt möglich. Nun liegt der Fokus aber meist auf der erkrankten Person. Oft werden Angehörige und Familie nur am Rande wahrgenommen, insbesondere wenn zwischen psychiatrischer Hilfe, sei es ambulant oder stationär und (sozial-) pädagogischen Angeboten kein adäquater Austausch herrscht. Dass aber gerade die Kinder hohen Belastungen ausgesetzt sind bleibt oft ungesehen. Deshalb ist es wichtig auch für sie schon früh eine Betreuung anzubieten, um die Gefahr von Verhaltensauffälligkeiten oder einer Selbsterkrankung im weiteren Lebenslauf zu minimieren. Hier kann nur ein Netzwerk greifen, das die Problemlagen aller Beteiligten mit einbezieht.
Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Arbeit mit den Risiken, denen explizit die Kinder psychisch Kranker ausgesetzt sind und wie dem aus professioneller Sicht Abhilfe geschaffen werden kann, genauer: Wo und wie angemessen schon früh Unterstützung angeboten werden kann und welchen Problemen sich Institutionen und Eltern dabei gegenübergestellt sehen. Dabei gilt: Je eher diese greift, desto größer ist die Chance für das Kind eine stabile Entwicklung zu durchlaufen und schmälert das Risiko selbst zu erkranken.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Risiken für Kinder mit psychisch krankem Elternteil
2.1 Kindesvernachlässigung
2.2 Selbsterkrankungsrisiko der Kinder
2.3 Psychosoziale und kognitive Defizite
3. Handlungsansätze
3.1 Rechtliche Grundlagen
3.2 Unterstützung von Anfang an – Frühe Hilfen
3.3 Familienhilfe als pädagogische Dimension
3.4 Ein Netzwerk schaffen – Kooperation und Organisation der Institutionen
4. Schluss
5. Literaturverzeichnis
- Arbeit zitieren
- Martina Rona (Autor:in), 2011, Frühe Hilfen für Kinder mit psychisch krankem Elternteil, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/187405