„Was kann ich mit meinem Leben sinnvolles anfangen?“ ist eine Frage, die sich heutzutage besonders viele junge Menschen stellen. Die Antwort liegt für die meisten nicht – und vor allem: nicht mehr – nur in der Wahl und Ausübung des vermeintlich richtigen Berufes. Die Kriterien, die der Beantwortung dieser Frage heute zugrunde gelegt werden, sind vielfältig und komplex. Die Antwort heißt nicht (mehr) einfach: „Wenn ich eigenes finanzielles Einkommen habe, kümmert mich alles Übrige nicht oder zweitrangig“. Die Fülle von möglichen Antworten, die es heute auf diese Frage gibt, und derer jede einzelne beinahe ein eigenständiges Sinnsystem voraussetzt, macht die Lage so unübersichtlich und für viele so ausweglos. Die Orientierung an der eigenen Biografie verknüpft themenübergreifend diese vereinzelten Handlungsstränge und –motivationen.
Der Themenbereich der Biographisierung erweist sich bei der Bearbeitung als außerordentlich komplex und vielfältig. Er stellt ein ideales Anwendungsfeld für interdisziplinäre Ansätze dar, auf dem beispielsweise Einzelanschauungen aus der Soziologie, der Sozialpsychologie, der Sozialphilosophie, aber auch der Politikwissenschaft und nicht zuletzt, in Anbetracht der Verwendbarkeit sozialisationstheoretischer Analysen, der Pädagogik zur Aufklärung der Problematik beitragen.
In der vorliegenden Arbeit wird das Theoriepotential eines noch immer wenig erschlossen Forschungsfeldes umrissartig angedeutet und ansatzweise erhellt. Ziel der Arbeit ist es nicht, die historische Perspektive auszuleuchten, das heißt den Wandel von „früher war alles einfacher“ zu „heute ist alles so komplex“ zu belegen. Vielmehr wird herausgestellt, inwiefern die aktuelle Situation strukturimmanente Schwierigkeiten bei der konkreten und planerischen Orientierung individuellen Handelns innerhalb eines Lebenslaufes aufweist. Eine gelegentliche Bezugnahme auf historisierende Betrachtungen erweist sich hierbei als hilfreich
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Die Narrative Biographieforschung und ihre theoretischen Prämissen
- 1.1. Identität als leitendes Prinzip der narrativen Selbstdarstellung
- 1.2. Erinnerung als retrospektives Element der Selbstwahrnehmung
- 1.3. Erfahrung als konstitutives Element des Lebenslaufs
- 2. Wichtige Einflussgrößen der zeitgenössischen Biographiegestaltung
- 2.1. Institutionalisierung und Deinstitutionalisierung
- 2.2. Das Paradox der Individualisierung
- 3. Sinnverlust - Biographisierung als neuer Sinn?
- 4. Gestaltungsprinzipien des Lebenslaufes: Biografisierung oder Alltagsbewältigung ?
- 5. ArbeiterInnenbiographien: Ein generalisierbares Fallbeispiel?
- 6. Anstelle eines Fazit: Versuch einer analytischen Thesengenerierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung der Biographisierung für die individuelle Handlungsorientierung im Kontext des aktuellen Lebenslaufregimes. Sie befasst sich mit der Frage, wie die Orientierung an der eigenen Biografie angesichts des Sinnsverlustes und der Komplexität des modernen Lebens neue Sinnmöglichkeiten eröffnen kann.
- Die Bedeutung narrativer Biographieforschung und ihre theoretischen Prämissen
- Die Rolle von Institutionalisierung und Individualisierung in der Gestaltung des Lebenslaufes
- Die Frage nach dem Sinnverlust und der Biographisierung als neuer Sinn
- Die Gestaltungsprinzipien des Lebenslaufes: Biografisierung vs. Alltagsbewältigung
- Die Analyse von ArbeiterInnenbiographien als Beispiel für die Herausforderungen der biographischen Selbstbestimmung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die narrative Biographieforschung als eine wichtige Methode zur Erhebung von biographischen Daten vor. Es beleuchtet die theoretischen Prämissen dieser Forschungsrichtung und fokussiert auf die Rolle von Identität, Erinnerung und Erfahrung in der biographischen Selbstdarstellung. Das zweite Kapitel geht auf wichtige Einflussgrößen der zeitgenössischen Biographiegestaltung ein, wobei es insbesondere die Themen Institutionalisierung und Deinstitutionalisierung sowie das Paradox der Individualisierung beleuchtet.
Die weiteren Kapitel befassen sich mit dem Zusammenhang zwischen Biographisierung und Sinnverlust sowie mit den Gestaltungsprinzipien des Lebenslaufes in der Gegenwart. Es wird untersucht, ob Biografisierung als neue Form der Sinnstiftung fungieren kann und inwiefern sie im Spannungsfeld zwischen individueller Handlungsorientierung und den Anforderungen des Alltagslebens steht.
Schlüsselwörter
Narrative Biographieforschung, Lebenslaufregime, Biographisierung, Sinnsuche, Individualisierung, Institutionalisierung, Handlungsorientierung, ArbeiterInnenbiographien
- Arbeit zitieren
- Thomas Schröder (Autor:in), 2003, Biografisierung der individuellen Handlungsorientierung, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/18647