In Kamerun, einem Land im Herzen des afrikanischen Kontinents mit fast 20 Millionen EinwohnerInnen, zählen Sprachforschende gegenwärtig über 280 verschiedene Sprachen. Mit dem europäischen Imperialismus verbreitete sich hier auch das Französische, das heute als eine offizielle Amtssprache einen festen Bestandteil der kamerunischen Gesellschaft ausmacht.
Die vorliegende Arbeit, welche im Rahmen eines Seminars zur Romania in Afrika entstand, möchte sich mit der heutigen sprachlichen Situation in Kamerun auseinandersetzen. Dabei soll vor allem auf die Rolle des Französischen im dortigen mehrsprachigen Kontext sowie auf die Charakteristika des français camerounais (im Vergleich zur hexagonalen Standardvarietät) eingegangen werden.
Zu diesem Zwecke werden zunächst grundlegende Informationen zu Geografie, Wirtschaft, Bevölkerung und zu den Sprachen des Landes in einem Kurzportrait vorgestellt. Hieran schließt sich ein Blick in die Geschichte Kameruns, der für ein Verständnis der heutigen sprachlichen Zweiteilung (Englisch / Französisch) unabdingbar ist. Der umfassendste Teil dieser Arbeit wird daraufhin die aktuelle sprachliche Wirklichkeit in den Blick nehmen. Hier werden Phänomene wie lokale Verkehrssprachen, das kamerunische Pidgin-Englisch und die Mischsprache Camfranglais thematisiert. Es folgt eine Untersuchung der tatsächlichen Umsetzung des in der Verfassung verankerten Bilingualismus sowie der Verbreitung der englischen und französischen Sprache in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Darüber hinaus soll aber auch auf die Rolle der einheimischen Sprachen eingegangen werden. Die Vorstellung einer jüngeren Studie zu den Einstellungen der KamerunerInnen bezüglich ihrer Sprachen wird die Ergebnisse empirisch untermauern. Abschließend erfolgt eine Betrachtung des kamerunischen Französischs unter linguistischen Gesichtspunkten, die sich insbesondere auf den lexikalischen Bereich konzentrieren wird.
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Französische im mehrsprachigen Kontext Kameruns
2.1 Kamerun – ein Kurzportrait
2.1.1 Geografische Einordnung
2.1.2 Wirtschaft
2.1.3 Bevölkerung und ethnische Zusammensetzung
2.1.4 Einführendes zur sprachliche Situation
2.2 Blick in die Geschichte
2.2.1 Beginn der europäischen Besiedlung
2.2.2 Deutsche Kolonisierung 1884-1918
2.2.3 Französische und britische Kolonisierung 1919-1960
2.2.4 Das unabhängige Kamerun 1961 bis heute
2.3 Sprachliche Situation
2.3.1 Lokale Verkehrssprachen, Pidgin-Englisch, Camfranglais
2.3.2 Der ungleiche Bilingualismus Französisch – Englisch
2.3.2.1 Staatsregierung
2.3.2.2 Rechtswesen
2.3.2.3 Verwaltung
2.3.2.4 Bildungswesen
2.3.2.5 Medien
2.3.2.6 Zusammenfassung
2.3.3 Die Rolle der einheimischen Sprachen
2.3.4 SprecherInnen-Einstellungen zum Französischen und zu den indigenen (Mutter-)Sprachen
2.3.4.1 Ergebnisse zum Französischen
2.3.4.2 Ergebnisse zu den einheimischen Sprachen
2.3.5 Das français camerounais
3. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Bibliographie
1. Einleitung
In Kamerun, einem Land im Herzen des afrikanischen Kontinents mit fast 20 Millionen EinwohnerInnen, zählen Sprachforschende gegenwärtig über 280 verschiedene Sprachen. Mit dem europäischen Imperialismus verbreitete sich hier auch das Französische, das heute als eine offizielle Amtssprache einen festen Bestandteil der kamerunischen Gesellschaft ausmacht.
Die vorliegende Arbeit, welche im Rahmen eines Seminars zur Romania in Afrika entstand, möchte sich mit der heutigen sprachlichen Situation in Kamerun auseinandersetzen. Dabei soll vor allem auf die Rolle des Französischen im dortigen mehrsprachigen Kontext sowie auf die Charakteristika des français camerounais (im Vergleich zur hexagonalen Standardvarietät) eingegangen werden.
Zu diesem Zwecke werden zunächst grundlegende Informationen zu Geografie, Wirtschaft, Bevölkerung und zu den Sprachen des Landes in einem Kurzportrait vorgestellt. Hieran schließt sich ein Blick in die Geschichte Kameruns, der für ein Verständnis der heutigen sprachlichen Zweiteilung (Englisch / Französisch) unabdingbar ist. Der umfassendste Teil dieser Arbeit wird daraufhin die aktuelle sprachliche Wirklichkeit in den Blick nehmen. Hier werden Phänomene wie lokale Verkehrssprachen, das kamerunische Pidgin-Englisch und die Mischsprache Camfranglais thematisiert. Es folgt eine Untersuchung der tatsächlichen Umsetzung des in der Verfassung verankerten Bilingualismus sowie der Verbreitung der englischen und französischen Sprache in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Darüber hinaus soll aber auch auf die Rolle der einheimischen Sprachen eingegangen werden. Die Vorstellung einer jüngeren Studie zu den Einstellungen der KamerunerInnen bezüglich ihrer Sprachen wird die Ergebnisse empirisch untermauern. Abschließend erfolgt eine Betrachtung des kamerunischen Französischs unter linguistischen Gesichtspunkten, die sich insbesondere auf den lexikalischen Bereich konzentrieren wird.
2. Das Französische im mehrsprachigen Kontext Kameruns
2.1 Kamerun – ein Kurzportrait
Im Folgenden soll der Staat Kamerun zunächst kurz vorgestellt werden. Neben aktuellen Daten und Fakten zu Geografie, Wirtschaft und Bevölkerung soll auch eine grundlegende Einordnung der sprachlichen Situation des Landes vorgenommen werden, welche dann in Kapitel 2.3 noch weitaus ausführlicher behandelt werden wird.[1]
2.1.1 Geografische Einordnung
Die Republik Kamerun liegt im westlichen Zentralafrika und erstreckt sich, als östlicher Nachbar Nigerias, von einem Küstenstreifen am Atlantischen Ozean bis ans südliche Ufer des Tschadsees. Mit einer Fläche von über 475.000 km2 ist der Staat um nahezu ein Drittel größer als Deutschland (vgl. Karte 1). In der Hauptstadt Yaoundé leben heute etwa 1,7 Mio. Menschen. Die größte Stadt und zugleich Wirtschaftszentrum des Landes ist das an der Küste gelegene Douala (ca. 2 Mio. Einwohner). Administrativ ist Kamerun in zehn Provinzen gegliedert (vgl. Karte 2).
(Karte 1, Quelle: Anonymus 2011f)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Karte 2, Quelle: Anonymus 2011a)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1.2 Wirtschaft
Kamerun ist ein hauptsächlich landwirtschaftlich geprägtes Land. Etwa 70% der arbeitenden Bevölkerung ist in diesem Bereich tätig. Die Hauptanbauprodukte sind Kakao, Kaffee, Tabak, Bananen und Baumwolle. Im Jahr 2001 lag die Arbeitslosenrate bei 30%. Der Tourismus ist eher unterentwickelt.
2.1.3 Bevölkerung und ethnische Zusammensetzung
Derzeit leben in Kamerun über 19 Millionen Menschen. Wie in den meisten afrikanischen Ländern wächst die Bevölkerung stetig (2010 um 2,2%) und zeichnet sich durch einen hohen Anteil junger Menschen aus (40% sind unter 14 Jahre alt). Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 54 Jahre. Die Vereinten Nationen listeten das Land im Jahr 2010 auf Rang 131 des Human Development Index (von insgesamt 169 untersuchten Staaten) und zählten es damit zu den niedrig entwickelten Ländern der Erde. Heute sind etwa 68% der EinwohnerInnen alphabetisiert, wobei die Zahlen zwischen Frauen und Männern noch immer ungleich verteilt sind (Frauen: 60%, Männer: 77%) und in den ländlich geprägten nördlichen Provinzen deutlich höher liegen als in den Städten (cf. Leclerc 2011).
Unter den Religionen stellen die christlichen Konfessionen die größte Gruppe dar (ca. 70% aller Kameruner/innen). 20% der Bevölkerung werden dem Islam zugerechnet, etwa 6% gehen einheimischen Glaubensrichtungen nach.
Kamerun zeichnet sich durch eine immense ethnische Vielfältigkeit aus. Mit einem Anteil von 20% hinsichtlich der Gesamtbevölkerung stellen die im Zentrum und im Süden lebenden Fangs dabei die größte Gruppe dar. Weitere bedeutende Ethnien sind etwa die Bamouns und die Bamilékés (zusammen 18,5%) sowie die muslimischen Foulbés (ca. 9,6%), die im Norden des Landes beheimatet sind (cf. Leclerc 2011).
2.1.4 Einführendes zur sprachliche Situation
Der Reichtum an ethnischen Gruppen findet auch in der sprachlichen Situation Kameruns seinen Niederschlag. So finden sich hier heute etwa 280 indigene Sprachen, welche zudem unterschiedlichen Sprachfamilien angehören (Bantu-, Niger-Kongo-, afroasiatische und nilo-saharanische Sprachen). Im Ethnologue werden für das afrikanische Land derzeit 286 Einzelsprachen aufgeführt (einschließlich Englisch und Französisch) (cf. Lewis 2011). Diese sprachliche Vielfalt hatte zur Folge, dass sich mehrere einheimische Sprachen als Verkehrssprachen zur interethnischen Verständigung herausgebildet haben. Darüber hinaus war sie ein gewichtiges Argument für die Beibehaltung der Sprachen der beiden ehemaligen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich auch nach der Unabhängigkeit des Landes – Englisch und Französisch sind heute die beiden Amtssprachen Kameruns (cf. Leclerc 2011).
[...]
[1] Sofern nicht anders angegeben, entstammen die Zahlen dem deutschen und französischen Wikipedia-Artikel ("Kamerun" / "Cameroun") (Anonymus 2011a; Anonymus 2011b) bzw. dem Internetportal The World Factbook des CIA (CIA 2011).