Seit jeher haben Menschen nach anderen, neuen Daseinsformen gesucht. Immer wieder wurden Konzepte und Visionen eines ,Neuen Menschen′ entworfen, die das gegenwärtige Leben verändern und in eine höher entwickelte Phase bringen sollten. Die Suche der Menschen nach Erlösung aus den und ihr Streben nach Überwindung der gegebenen Lebensverhältnisse scheint ein Phänomen zu sein, das nicht von Religions- und Kulturzugehörigkeit abhängt, sondern als anthropologische Konstituente bezeichnet werden kann.
Dem ,Neuen Menschen′ als einer zentralen Denkfigur kam besonders im Nationalsozialismus eine besondere Bedeutung zu. Der heroische Mensch war die Hoffnungsvision, auf dem sich ein ,Drittes Reich′ gründen sollte. So verkündete die nationalsozialistische Literatur einen ,Neuen Menschen′ auf nationaler Basis.
Hanns Johst, ein aus dem literarischen Expressionismus stammender Autor, veröffentlichte nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 sein Drama Schlageter, mit dem er sich offen zum Nationalsozialismus bekannte1. Schon fünf Jahre zuvor hatte Johst in seinem programmatischen Bekenntniswerk ,,Ich glaube!" den Zustand der Gesellschaft beschrieben, der ihm die Forderung nach einem ,Neuen Menschen′ als dringend notwendig erscheinen ließ: ,,Der Mensch als treibende Idee hat abgewirtschaftet. Die Mechanik der menschlichen Weltbestimmung treibt die innere Triebkraft der Seelen nicht mehr zu Ekstasen und Erhebungen über Menschenmacht hinaus." (Johst 1928, S. 30).
In dieser Arbeit soll nun versucht werden, das Bild des ,Neuen Menschen′, wie Hanns Johst es in Schlageter entwirft, darzustellen und somit die Ideologie der Nationalsozialisten, denen die Titelfigur des Stückes als ,,[...] der erste politische Soldat des neuen Reiches" galt, der ,,[...] mit seinem Opfergang das Signal für den Freiheitsmarsch in die Zukunft"2 gebe, zu umreißen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Fall,Albert Leo Schlageter'
- Ablehnung der Weimarer Republik
- Die, Dolchstoẞlegende'
- Satire der Regierung der Republik
- Die ideologische Krise in der Nachkriegszeit
- Die Konzeption des „Neuen Menschen' in Schlageter
- Soldatentum und Kampf als Berufung
- Die Idealisierung des,Deutschen'
- Kameradschaft
- Heldentum
- Bereitschaft zum,Opfer des eigenen Lebens
- Die Zukunft liegt in der Jugend
- Verachtung des Auslands
- Innere Determination statt Rationalität
- „Wir sind Deutsche!“ – Der „Neue Mensch' als Teil der, Volksgemeinschaft' . .. .
- Exkurs: Die Erweckung des,Neuen Menschen' durch das,Erlebnistheater'
- Schlußbemerkung und Kritik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Hanns Johsts Schauspiel Schlageter, um die Konzeption des „Neuen Menschen“ in diesem Werk aufzuzeigen und somit die Ideologie der Nationalsozialisten zu umreißen, in der die Titelfigur als ein „politischer Soldat des neuen Reiches“ und „Opfergang für den Freiheitsmarsch in die Zukunft“ dargestellt wird.
- Die Ablehnung der Weimarer Republik und die Verbreitung der „Dolchstoßlegende“
- Die Idealisierung des „Deutschen“ in Schlageter, insbesondere der Werte Kameradschaft, Heldentum und Opferbereitschaft
- Die Konzeption des „Neuen Menschen“ als Teil der „Volksgemeinschaft“
- Die Bedeutung von Soldatentum und Kampf als „Berufung“
- Die Kritik an der Rationalität und die Betonung der inneren Determination im „Neuen Menschen“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des „Neuen Menschen“ ein, die im Nationalsozialismus eine besondere Bedeutung erlangte. Sie erläutert Hanns Johsts Motivation zur Veröffentlichung seines Dramas Schlageter und die Bedeutung der Titelfigur als „politischer Soldat“ des neuen Reiches.
Kapitel 2 beschreibt den Fall Albert Leo Schlageter und seinen Einsatz im „Ruhrkampf“ gegen die französische Besetzung des Ruhrgebiets. Es beleuchtet die Umstände seiner Verhaftung und Hinrichtung durch ein französisches Exekutionskommando.
Kapitel 3 analysiert die Ablehnung der Weimarer Republik durch Schlageter und seine Anhänger. Es beleuchtet die Verbreitung der „Dolchstoßlegende“, die die Schuld für die Niederlage im Ersten Weltkrieg den demokratischen Politikern zuweist. Des Weiteren zeigt das Kapitel, wie Schlageter die Regierung der Republik satirisch darstellt und einen kompromisslosen Aufruf zu Terror und Revolution formuliert.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Konzeption des „Neuen Menschen“ in Schlageter. Es stellt den Soldatentum und Kampf als „Berufung“ dar und zeigt, wie Schlageter den „Deutschen“ idealisiert, insbesondere in Bezug auf Kameradschaft, Heldentum und Opferbereitschaft. Das Kapitel beleuchtet auch die Betonung der inneren Determination und die Verachtung des Auslands.
Kapitel 5 untersucht den „Neuen Menschen“ als Teil der „Volksgemeinschaft“. Es analysiert die scheinbare Individualität der Figuren in Schlageter und zeigt, wie die „Volksgemeinschaft“ der Deutschen als ein zentrales Element des neuen Reiches dargestellt wird.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Thema des „Neuen Menschen“ im Kontext des Nationalsozialismus. Sie analysiert Hanns Johsts Schauspiel Schlageter und beleuchtet dabei die Konzeption des „Neuen Menschen“ als „politischer Soldat“ des neuen Reiches, der durch Werte wie Kameradschaft, Heldentum und Opferbereitschaft geprägt ist. Die Arbeit behandelt die Ablehnung der Weimarer Republik und die Verbreitung der „Dolchstoßlegende“. Des Weiteren werden Themen wie „Volksgemeinschaft“, Soldatentum und „Berufung“ sowie innere Determination und Verachtung des Auslands behandelt.
- Quote paper
- Daniela Schroeder (Author), 1998, NS-Idole: Hanns Johsts Schauspiel ´Schlageter´ und die Wiederbelebung des Heldenmythos, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1819